Basarbummel

Intonia

Mitglied
Hallo Gegge, hallo liebe Leserinnen und Leser!
Ich habe mich nicht so streng an die Vorgabe gehalten. Ich hoffe, Ihr habt trotzdem Spass an der Geschichte und erinnert Euch vielleicht, Ähnliches selber erlebt zu haben.

Basarbummel
Der erste Urlaubstag vor Ort. Der Wind weht vom Meer und schiebt dunkle Wolken vor sich her. Ab morgen wird es schön. Also erstmal in die Stadt. Buntes Treiben überall. Faszinierend für jemand, der noch nie im Orient war. Geschäfte, fliegende Händler, Basare soweit das Auge reicht. Bei uns zuhause gibt es einen Supermarkt pro Viertel. Wie können die hier alle existieren? Wir stürzen uns ins Getümmel wohl wissend, dass wir stark sein müssen, um all den Versuchungen zu widerstehen. Wir haben uns fest vorgenommen, nichts zu kaufen, selbst wenn wir es gebrauchen könnten. Meine Freundin bleibt vor einem Schaufenster mit Goldschmuck stehen.
"Sieh mal, für diesen Ring bezahlst du bei uns garantiert das Doppelte!"
"Du irrst dich Schatz, ich würde auch nicht die Hälfte dafür bezahlen!"
"Dieser Korallenschmuck würde zu meiner Mutter passen, nur 30 Mark."
"Deine Mutter weiss schon jetzt nicht wohin mit ihrem Schmuck. Sie hängt sich ja zwei Ketten auf einmal um den Hals."
"Musst du immer so fies sein, Schatz?"
Von links und rechts wird unaufhaltsam auf uns eingeredet. Bekannte Weltmarken werden zu Spottpreisen feil geboten.
"Sag mal, haben die hier nichts eigenes? Wer kauft denn all die Raubkopien und den Ramsch, doch nur unsere Landsleute!"
Langsam beginne ich mich für sie zu schämen und mich zu ärgern. So habe ich mir einen türkischen Basar doch nicht vorgestellt. Da, endlich orientalische Gerüche! Ein Duftgemisch aus Zimt, Safran, Vanille und wasweissich für Kräutern reizt die Geruchsnerven. Türkischer Honig, eingelgte Feigen, Pistazien in Honig und andere fremde Spezialitäten breiten sich vor uns aus.
"Schatz, du magst doch so gerne Pistazien!"
"Ein Glas fünf Millionen, zwei Gläser acht Millionen!" Schon sind wir in der Mangel des freundlichen Verkäufers. "Hier, bitte probieren! Ganz toll!"
Ehe ich protestieren kann, wird mir ein Löffel in den Mund geschoben. Nicht übel, denke ich. Eigentlich bin ich nicht für Süsses zu haben, ausser Marzipan, dafür habe ich eine Schwäche.
"Letzter Preis! Ein Glas vier Millionen, zwei Gläser sieben Millionen."
"Viel zu teuer", sage ich auf Verdacht, denn der Umrechnungskurs hat sich mir am ersten Tag noch nicht eingeprägt.
"Du ruinierst mich, aber ich gebe dir die zwei Gläser für sechs Millionen."
Schon sind sie eingepackt und ich gebe mich geschlagen. Wie kann ich auch wissen, dass ich zuhause bei meinem Türken um die Ecke nur die Hälfte bezahlt hätte. Ich nehme mir fest vor, beim nächsten Mal den Mut zum Neinsagen aufzubringen.

"Schau dir mal die Rucksäcke an. Sowas könntest du auch für den Strand gebrauchen. Da kannst du Handtuch, Buch und Proviant bequem auf dem Rücken transportieren. Ich möchte meinen nicht mehr missen!" Meine Freundin ist hell begeistert. Zwar passten mein Handtuch und mein Buch beim letzten Badeurlaub bequem in ihren Rucksack und die Verpflegung ist sowieso gemeinsam, aber ich zeige verhaltenes Interesse.
"Das ist ja schön und gut, aber ich laufe doch nicht Reklame für adidas oder Reebok".
"Fragen wir mal, ob es auch Rucksäcke ohne Aufschrift gibt". Wir fragen und der Verkäufer holt einen Rucksack hervor, auf dem der geklaute Markenname nicht ganz so schreiend aufgedruckt ist. Dafür ist der Preis umso grandioser. Wir nehmen dankend reissaus um gleich darauf einem Tücherverkäufer in die Arme zu rennen.
"Seidentücher, nur zwölf Mark! Oh, die sind aber schön!" Meine Freundin kriegt sich nicht mehr ein und ich ahne Schlimmes.

Zwei Stunden später traue ich meinen Augen nicht. Wieder ein Rucksackstand und ganz oben hängt zwischen den hundert anderen schreienden Raubkopien ein einsames bildschönes Exemplar im türkischen Teppichdesign. Der Verkäufer spürt sofort mein echtes Interesse und angelt schon den Rucksack mit einer langen Stange vom Haken. Ich bitte meine Freundin, die vier Tragetaschen einen Moment zu halten und besehe mir das gute Stück genauer. Es gibt nichts daran auszusetzen. Nur die Farbe gefällt mir nicht so ganz.
"Haben sie noch andere in dieser Art?"
Der Verkäufer wieselt nach hinten und kommt gleich darauf mit einem Arm voller Rucksäcke zurück, alle im gleichen Design, aber unterschiedlicher Farbe, einer schöner als der andere. Ich finde meinen Rucksack und nehme mir fest vor, wenigstens einen Händler gründlich zu ruinieren. 33 Mark ist der Ausgangspreis und 50% Rabatt habe ich mir als Ziel gesetzt. Bei 18 Mark stockt das Verkaufsgespräch meinerseits. Das Angebot des Händlers liegt bei 22 Mark. Als er meinen eisernen Willen spürt, erfindet er schnell einen Chef, den er fragen muss, um nicht das Gesicht zu verlieren. Er eilt wieder nach hinten und kommt gleich darauf strahlend zurück. 18 Mark wechseln den Besitzer.

Es wird ein schöner Urlaub, obwohl meine Freundin es ein wenig bereut, mich zum Rucksackkauf angestiftet zu haben. Sie muss jetzt nämlich selber ihren Rucksack zum Strand tragen. Aber in der Heimat sind die kleinen Strapazen schnell vergessen und sie sagt erfreut: "Schatz, dein Rucksack war ein genialer Kauf. Wie hätten wir sonst all die Souvenirs nach Hause schleppen sollen?"
 
G

Gegge

Gast
Hallo Intonia,

Es sei Dir verziehen ... ;-)

... denn es ging mir diesmal in erster Linie um die Dialoge.

Und eben diese waren einfach Klasse.


Gruß Gegge
 



 
Oben Unten