Befreit

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Walther

Mitglied
Befreit
- In Memoriam Peter Rühmkorf -


Denn was er sprach, es hat uns angesprochen,
Es hat uns angerührt. Geärgert auch.
Die Worte kamen grad wie ihr Gebrauch,
Er formte und zerbrach, selbst ungebrochen.

Es war sein Denken: Es besiegte Bauch,
Gefühl, das Falsche hat er stets gerochen.
Und nur das Wissen, das hat ihn bestochen,
Vom Charme, so hölzern wie ein Fliederstrauch

Hat er sich aufgehoben für zu Hause,
Die Freunde. Kämpfen konnte er, den Streit
Hat er gefochten bis zur letzten Seite.

Vor kurzem dann der Weg zur Dichterklause,
Zur Kate und zur eignen Endlichkeit,
Die ihn von dieser Welt jetzt schon befreite.
 
G

Gelöschtes Mitglied 4259

Gast
Ja, ich glaube auch, der Peter Rühmkorf war ein bedeutender Dichter, und bescheiden dazu. Durch die Kommentare zu seinem Tod blinkerten Gedichte-Splitter, z.B.:

Dies Gedicht für Nicole Kidman
könnt' ich wirklich jeder widmen...

Das hier eingestellte Sonett wirkt beim ersten Lesen sehr pathetisch, aber seis drum. Die Form ist okay, Rhythmus und Reime stimmen, die Silben sind korrekt ausgezählt. Was mich ein wenig stört, sind sprachliche Ungenauigkeiten und zum Teil schwer nachvollziehbare Formulierungen. Im Einzelnen:

Sehr schöner Beginn:

Denn was er sprach, es hat uns angesprochen,
Es hat uns angerührt. Geärgert auch.


Im zweiten Teil der ersten Strophe: Die Worte kamen grad wie ihr Gebrauch - das ist noch nachvollziehbar. Der Übergang auf die Person P. R.'s auch noch. Aber dass er selbst ungebrochen war, stimmt, glaube ich, nicht ganz. Ihn quälten während seiner Krankheit tiefe Depressionen.

Die Worte kamen grad wie ihr Gebrauch,
Er formte und zerbrach, selbst ungebrochen.



Die erste Zeile der zweiten Strophe ist sehr ansprechend. Aber was soll man unter dem in der zweiten Zeile beschriebenen Sieg über "Gefühl" verstehen? Lassen sich Gefühle "besiegen"?
Desgleichen der Zusammenhang zwischen Wissen und Bestechung. Sehr gewagt...

Es war sein Denken: Es besiegte Bauch,
Gefühl, das Falsche hat er stets gerochen.
Und nur das Wissen, das hat ihn bestochen,
Vom Charme, so hölzern wie ein Fliederstrauch


Die dritte Strophe besitzt Kürze, Pragmatismus. Der Kampf "bis zur letzten Seite" ist eine treffende Formulierung.

Hat er sich aufgehoben für zu Hause,
Die Freunde. Kämpfen konnte er, den Streit
Hat er gefochten bis zur letzten Seite.


Auch die letzte Strophe enthält Aussagen unterschiedlicher Qualität bzw. Nachvollziehbarkeit. Der "Weg zur eignen Endlichkeit" gefällt mir. Aber was stelle ich mir unter einer "jetzt" erfolgten Befreiung von dieser Welt vor?

Vor kurzem dann der Weg zur Dichterklause,
Zur Kate und zur eignen Endlichkeit,
Die ihn von dieser Welt jetzt schon befreite.


LG

P.
 

Walther

Mitglied
Befreit
- In Memoriam Peter Rühmkorf -


Denn was er sprach, es hat uns angesprochen,
Es hat uns angerührt. Geärgert auch.
Die Worte kamen grad wie ihr Gebrauch,
Er formte und zerbrach, fast ungebrochen.

Es war sein Denken: Es besiegte Bauch,
Gefühl, das Falsche hat er stets gerochen.
Und nur das Wissen, das hat ihn bestochen,
Vom Charme, so knorrig wie ein Fliederstrauch

Hat er sich aufgehoben für zu Hause,
Die Freunde. Kämpfen konnte er, den Streit
Hat er gefochten bis zur letzten Seite.

Vor kurzem dann der Weg zur Dichterklause,
Zur Kate und zur eignen Endlichkeit,
Die ihn von Welt und Schmerz schließlich befreite.
 

Walther

Mitglied
Hi Penelopeia,

danke für Deine Hinweise. Ich habe die Änderungen nachgezogen und hoffe, es gefällt nun besser. :)

Grüße!
 
G

Gelöschtes Mitglied 4259

Gast
So gefällts mir besser! Mit weniger vordergründigem Pathos wird ein solcher Text in der Regel überzeugender.

Was Rühmkorf angeht: Ich kannte bisher nur seinen Namen, habe mir aber vorgenommen, den "Paradiesvogelschiss" zu lesen. Schon der Titel ist ein Kunstwerk (so wie ich Kunst verstehe).

LG

P.
 



 
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