Begegnung - Part III

Senerva

Mitglied
Part I: http://www.leselupe.de/lw/showthread.php?threadid=46586

Part II: http://www.leselupe.de/lw/showthread.php?threadid=46620

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„Ich habe da jemanden kennen gelernt.“ Sarah blickte auf und kam kichernd über die Couch zur mir gekrabbelt. „Ach ja? Erzäääählen!“ Vergnügt kicherte sie weiter. Ich betrachtet sie. Sarah war meine beste Freundin – wir kannten uns gute 5 Jahre, eigentlich, seit ich neben dem Studium noch tanze. Damals hatte sie noch über mich abgelästert mit ihren Freundinnen, doch, als wir uns näher kennen lernten, wurden wir umso unzertrennlicher. Ich ließ das Referat, das ich soeben noch überarbeitet hatte, aus der Hand auf den Tisch gleiten und faltete die Hände in meinem Schoß. „Was soll ich großartig erzählen? Er ist nett und er heißt Craig.“ Sarahs Grinsen wurde immer breiter. „Und weiter?“ „Was und weiter?“ Ich wurde zusehends nervös, umso länger wie über das Thema Craig sprachen. Meine Hände fühlten sich schweißnass an, als ich jene schließlich aus meinem Schoß zurückzog und flach auf meine Oberschenkel legte. „Mein Gott, Jana, nu stell dich doch nicht so an. Wie, wo, wann habt ihr euch kennen gelernt? Und besonders … wird mehr draus? Ich kenne dich doch, was das Thema Männer angeht!“ Freundschaftlich klopfte sie mir auf die Schulter. Ich fing an zu stottern, als ich ihr davon erzählte, wie ich ihn als Gothic kennen gelernt hatte, von seiner Wandlung vom Gothic in einen ‚normalen’ Menschen, sowie, dass wir Handynummern ausgetauscht hatten. Sarahs Grinsen schien immer mehr in die Breite zu wachsen, was schlicht und weg an das Unmögliche grenzte. Ich lachte leise. Ich liebte Sarah einfach! Mit ihrem runden Gesicht, ihren blonden, schulterlangen Haaren, ihren blauen Augen und ihrer etwas pummeligen Figur. „Was grinst du so?“ Ich neigte den Kopf leicht zur Seite. „So, wie du von ihm redest, grenzt es schon fast an Schwärmerei!“ Sie kicherte. „Sarah. Na warte!“ Lachend stürzte ich mich auf sie und gemeinsam kullerten wir von der Couch auf den Teppichboden. Lachend wälzten wir uns umher, bis das leise Piepen eines Handys uns in die Gegenwart zurückholte. Sarah löste sich von mir und war als Erste bei ihrem Handy. Sie seufzte leise. Ihr Freund, Matthias, hatte ihr wohl keine SMS geschickt. „Also müsste es dein Handy gewesen sein, Jana.“ Ich nickte. Ich dachte, dass es wohl meine Schwester war, die mir nur mitteilen wollte, wann ich morgen bei meinen Eltern sein sollte. Ich atmete tief ein und umfasste das Handy. Es war nicht meine Schwester – sondern Craig! Ich stieß einen leisen Pfiff aus. Neugierig kam Sarah nähergekrochen. „Wer schreibt dir denn?“ Ich beachtete sie nicht, sondern las mir die SMS durch. „Hey Jana. Können wir uns morgen Abend nicht bei mir zu Hause treffen? Oder bei dir? Ich würde auch Essen mitbringen. Ich bin gespannt auf deine Geschichten. C.“ Sarah fing lauthals an zu lachen. „Bei mir oder bei dir?“, sagte sie provozierend, doch sie merkte, dass ich sie schlicht und weg ignorierte. Ich tippte nervös auf dem Handy rum. Meine Antwort lautete: „Ja, klar. Komm zu mir nach Hause. Ich hole dich um 7 Uhr an dem Cafe ab, okay? Bis dann und liebe Grüße, Jana.“ „Ach Sarah. Ich glaube, ich muss nach Hause. Meine Bude sieht wie die reinste Baustelle aus, da ich eigentlich alte Sachen ausmisten wollte. Dein Referat ist fertig überarbeitet.“ Sarah hatte kaum Zeit mir eine Antwort zu geben, denn ich griff schon nach meinem Mantel und meiner Umhängetasche. „Du rufst mich am nächsten Morgen an, okay? Oder wir gehen zusammen frühstücken. Ich will doch wissen, was zwischen dir und diesem Craig gelaufen ist.“ Ich musste schmunzeln und nickte. „Ich melde mich bei dir. Bis dann.“

Das Telefon klingelte. Ich sprintete vom Wohnzimmer ins Esszimmer und sprang zwischendurch über einige umherliegenden Kartons. „Ja, hallo?“, meldete ich mich. Ich war völlig außer Atem. „Hallo Jana. Na, bist du schon nervös?“ Ich erkannte die Stimme eindeutig und murrte leise. „Sarah, man, willst du mich vom aufräumen abhalten oder wie?“ „Oh, sorry, ich dachte, du bist dich am fertig machen für Craigilein.“ „Sarah, verdammt! Ich sagte dir doch, dass ich dich morgen früh anrufe. Ich muss noch schnell zu Ende aufräumen, dann geh ich duschen und sprinte dann Richtung Cafe.“ „Nackt?“ „SARAH!“ Ich lachte los. „Nein, nicht nackt. Ich zieh mir vorher noch einen Mantel über.“ Mit diesen Worten legte ich den Hörer auf.

Ich steckte meine Haare, mit Hilfe einer schwarzen Spange, hoch und strich meine Kleidung zu Recht. Für den Abend hatte ich etwas einfaches und bequemes gewählt. Über der schwarzen, verwaschenen Schlagjeans trug ich mein Lieblingsoberteil, eine graue Tunika, die mir ungefähr bis zu den Knien reichte. Ich griff nach meinem Mantel und den Autoschlüsseln, ehe ich meine Wohnung verließ.
Ich sah Craig schon von weitem, als ich an den Randstreifen fuhr und ihn zu mir winkte. In den Händen trug er zwei Stofftaschen; aus der einen lugte neugierig eine Tüte Spaghetti heraus. Er öffnete die Tür und setzte sich neben mich auf den Beifahrersitz; die Tüten klemmte er zwischen seine Beine, sodass nichts herausfiel. „Hallo Jana.“ Er lächelte mich an und sprach weiter, als ein Nicken meinerseits folgte. „Ich hatte leider keine Zeit mehr, zu Hause zu kochen. Ich denke, es macht dir nichts aus, wenn wir bei dir … ?“ Fragend schaute er mich an. „Nein, natürlich nicht. Ich habe extra die Küche aufgeräumt, damit man überhaupt Teller findet.“ Wir beide lachten. Ich fuhr wieder auf die Straße, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass jene frei war. Während der 10 Minuten Autofahrt, erzählte mir Craig, was er am Morgen alles getan hatte. Von den nervigen Tutoren, die auf seiner Uni herumgeistern, sowie von den Stunden, die einen schlicht und weg langweilten.
Ich hielt in der Auffahrt des Hauses und stellte den Motor ab. Ohne, dass ich Craig gefragt hatte, griff ich nach einer der Stofftaschen und stieg aus; Craig blickte mir etwas verdutzt nach, stieg jedoch dann ebenfalls aus.

„Sooooo … das ist meine Wohnung. Ich weiß, es sieht schrecklich hier aus. Aber ich werde dir eine Rundführung nicht ersparen.“ Ich grinste und stellte die Tasche auf dem Küchentisch ab. Craig folgte meinem Beispiel und ging schließlich hinter mir her, als ich ihm mein Schlafzimmer, das Bad, das Gästezimmer, das Wohn – und Esszimmer mit der Küche zeigte. Erst, nachdem diese halbe Stunde der Führung vorbei war, hörte ich, wie mein Magen knurrte. Craig schmunzelte und legte seinen Mantel über die Lehne eines Küchenstuhls, ehe er sich die Ärmel seines Pullovers hochkrempelte und sich an die Arbeit machte. Ich beobachtete ihn – er wirkte fast so, als hätte er schon sein ganzes Leben lang gekocht. Er zerhackte die Petersilie in kleine Stücke, den Salat schnitt er mundgerecht und wusch ihn. Die ganze Zeit über fragte er nicht einmal nach meiner Hilfe. „Möchtest du etwas trinken, Craig?“ Er nickte. „Ein Glas Wasser, bitte.“ Ich ging zum Kühlschrank und holte eine eisgekühlte Flasche Sprudel hervor – zwei Gläser fühlte ich damit, ehe ich sie wieder zurückstellte. Ich trat näher an den Herd und schnupperte an dem Topf, der wohl die Soße beinhalten musste. „Mhhhm … das duftet. Craig! Ich bekomme richtig Hunger!“ Ich lachte. „In 5 Minuten ist es fertig. Deck’ doch schon einmal den Tisch.“ Ich stellte die Gläser neben ihm auf die Küchenplatte und machte mich daran, den Tisch zu decken. Pünktlich war das Essen fertig und wir saßen uns wieder gegenüber – unglaublich, dass erinnerte mich sosehr an das Cafe! Ich probierte den Salat. „Du bist ein guter Koch. Möchtest du nicht öfter zur mir kochen kommen?“ Craig lachte und wickelte die Spaghetti mit seiner Gabel auf. „Gerne doch“, nuschelt er, ehe er sich die Nudeln in den Mund steckte. Wir alberten viel herum, stießen uns gegenseitig mit den Beinen unter dem Tisch – keiner von uns beiden merkte wohl, wie die Zeit rasend schnell verging. Ich blickte auf die Uhr. 23 Uhr. Ich seufzte. Craig deutete auf die Couch. „Wir könnten ein wenig durch das nächtliche Fernsehprogramm zappen.“ „Ja, okay.“ Ich stand auf, putzte mir noch mit der Serviette den Mund ab und räumte die Teller beiseite. Als Craig mir zur Hand gehen wollte, schüttelte ich den Kopf und deutete auf den Fernseher. „Geh nur, ich räume in der Zeit auf. Auf dem Tisch liegen übrigens meine Geschichten, falls du sie lesen möchtest.“

Völlig geschafft ließ ich mich neben ihm auf die Couch fallen. Es war wenig Zeit vergangen, und doch war er vertieft in meine Geschichten – es erinnerte mich an mich selbst, wie ich immer in meinen Büchern las. Ich schloss die Augen – und schlief kurz darauf ein. Craig blickte auf und schmunzelte leicht. Er zog, mit einem Griff neben sich, eine Decke herbei und legte dieser über mich. Seine Hand hielt die Blätter noch immer fest umschlossen, als er sich zurücklehnte und einen Arm um mich legte. Er wollte mich keinesfalls bedrängen, doch wollte er mir jene Ruhe und Zweisamkeit gönnen, die ich solange, laut meiner Geschichten, habe missen müssen. Es war spät, als er sich dazu entschloss, nach Hause zu gehen. Schließlich war es 2 Uhr morgens und die Stadt um diese Zeit immer ‚unruhig’. Trotz allem stand er auf, deckte mich ordentlich zu und betrachtet mich einen Augenblick. „Du bist das fehlende Puzzleteil, Jana … in meinem Leben.“ Er seufzte kaum hörbar, zog sich den Mantel über und ging.

Als ich am nächsten Morgen erwachte, fand ich die Wohnung leer vor. „Craig?“ Ich strich mir verschlafen über die Augen – die Müdigkeit würde mich wohl bald wieder übermannen. Ich bekam keine Antwort von ihm. Ich setzte mich auf und entdeckte einen Zettel auf dem Wohnzimmertisch. Ich beugte mich ein Stück vor, wobei die Decke von meinem Oberkörper rutschte, und las im fahlen Lichte, was Craig mir zurückgelassen hatte. „Guten Morgen, meine Süße. Sorry, dass du heute Morgen alleine aufwachen musstest, aber ich habe heute Morgen Unterricht. Ich melde mich bei dir, sobald ich Zeit habe. Oder komm mich einfach besuchen; ich bin ab 5 Uhr zu Hause.“ Seine Adresse stand darunter sowie sein gewohntes „C.“. Ich schmunzelte, lehnte mich zurück und schlief Augenblicklich wieder ein.
 



 
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