Begegnung mit dem Weihnachtsmann

Intonia

Mitglied
Begegnung mit dem Weihnachtsmann

"Willkommen, lieber Weihnachtsmann, wie geht's?
Trotz klirrender Kälte pünktlich, wie stets!"

"Fürwahr, vereist bin ich von Kopf bis Fuss,
und dennoch pünktlich kommt mein Festtagsgruss.
Durch dunkle Wälder führte mich der Pfad,
da knackt und knirscht der Frost bei 30 Grad."

"Ja, lieber Weihnachtsmann, dein Los ist schwer ,
leg deinen Mantel ab und setz dich zu mir her.
Die Ofenbank ist wohlig warm und breit,
du hast doch sicher noch ein bisschen Zeit."

"Gewiss ist Zeit für einen kleinen Schnack,
ich hab auch was für dich in meinem Sack."

"O, lieber Weihnachtsmann, du bist famos,
ich setz mich einfach frech auf deinen Schoss."

"Ach, du bist lieb und wärmst mich ohne Scheu,
du weisst, wie ich mich immer auf dich freu.
Leg deine warme Hand an meine kalte Brust,
mein Herz, es pocht, dass du es spüren musst."

"O ja, ich fühle es, wie es mit schnellem Schlag
den kalten Hauch vertreibt, der auf ihm lag.
Doch lieber Weihnachtsmann, leg deine kalte Hand
doch auch an meine Brust - unter das Miederband."

" Mein Kind, wie ist dein Busen warm und weich,
erlaube mir, dass ich auch deine Schenkel streich'."

"Nur zu, mein Schoss ist wie ein Ofenrohr,
das deine Hand verbrennt, drum sieh dich vor."

"Recht hast du, und wie Seide ist die zarte Haut,
nun sind die Hände bald schon wieder aufgetaut.
Ach, wären alle Glieder doch schon frei vom Eis,
leg du auch deine Hand in meinen Schoss ganz leis'."

"Mein Gabenbringer, gern folg' ich dem Wunsch,
doch stossen wir erst an mit einem heissen Punsch,
er wärmt von innen, löst die Zunge, ist gesund,
aah, das tut gut, jetzt lös' ich deinen Hosenbund."

"Wie gut sich deine Hand an meinem Beutel fühlt,
er war bestimmt noch nie so schrecklich unterkühlt."

"Was hast du, Weihnachtsmann, in deinem Säckchen, sprich!
Sind das die Nüsse für den bunten Gabentisch?"

"Oh, liebes Kind, es sind die Mandeln meiner Männlichkeit,
dein zarter Griff verschafft mir unendliche Lustbarkeit.
Nimm auch den kleinen Michel fest in deine Hand,
er ist so kalt, dass ich beim Pullern ihn erst gar nicht fand."

"O ja, er ist so unscheinbar und wie mit Eis belegt,
ich will ihn streicheln, dass er sich bald kräftig wieder regt.
O, sieh das Wunder, wonach mein Schoss schon lechzt,
sieh nur den Eiszapfen, der beim Schmelzen wächst."

"Wo gute Pflege ist, gedeiht das unscheinbarste Ding,
wächst schnell zum Zapfen, wo vorher nur ein Zäpfchen hing."

"Wie kräftig schwillt in seinen Adern schon das Blut,
Ich glaube, meiner Hände Wärme tut ihm sichtlich gut."

"Ooh, mehr als gut tut deiner Hände Zärtlichkeit,
ich fühl mich wieder jung und wie von einer Last befreit,
so ungestüm drängt meine Manneskraft empor.
Ach, öffne schnell des Garten Eden goldnes Tor."

"Stoss du es auf mit deiner Liebe festem Schwert,
ich hab schon lange nicht so stark die Leidenschaft begehrt.
O, süsses Ziehen! Drin im Herzen steckt Freund Amors Pfeil,
stoss zu, mein lieber Weihnachtsmann, ich bin ja richtig geil!"

"Mein Kind, des Erdendaseins höchste Freude ist die Lust,
drum gib dich ihr mit ganzem Herzen hin und voller Brust."

"Das will ich tun und öffne ohne falsche Scham mein Herz,
vereint mit dir geniesse ich den süssen Liebesschmerz."

"Oooo, herrlich drängt das Lustgefühl in mir empor.
Ich höre Sphärenklänge, als wär in mir ein Engelchor.
Ach, würde doch das Wort von Liebe überall zu Fleisch,
die Menschen machte es auch ohne materielle Dinge reich."

"Oh, lieber Weihnachtsmann, die Weisheit deiner Jahre spricht!
Wir Menschenkinder sind nur taub und hör'n sie nicht.
Begrenzt ist unser Potential für Liebe und Gefühl,
Wir zieh'n den Eigennutz zu oft mit ins Kalkül."

"Ja, du hast recht, mein Kind, so denkt der Mensch zu oft,
und tut nur das, wovon er selbst sich Vorteil gleich erhofft."

"Ganz einfach jedoch ist die Formel für das Glück:
Das, was du gibst, bekommst du tausendfach zurück!"

"Ich stimm dir zu, das was du tust, es kommt zu dir zurück,
denn tust du etwas Böses, so ist davon in dir ein Stück,
vergiftet nach und nach dir Herz und auch Verstand,
zerreisst zum Schluss der Freundschaft und der Liebe Band."

"So werden Einsamkeit und Leiden dir zum Lohn
und du versinkst am End' in tiefe Depression.
Komm, Weihnachtsmann, die Philosophen lass jetzt ruhn,
Ich möchte noch so gern dir etwas Gutes tun."

"Mein liebster Schatz, es ist an mir, dir Gutes zu bescher'n,
ich pack den Sack jetzt aus, um deine Freude zu vermehr'n."

"Gross ist die Freude wie auch meine Dankbarkeit,
doch was mich quält, ist Sehnsucht nach mehr Zärtlichkeit."

"Mit meinen Gaben, liebes Kind, will ich dich heut erfreun,
und auch der Liebe Glut soll tief in deinem Herzen sein.
Denn weisst du was? Besiegelt sei's mit diesem Kuss:
Ich bleibe hier - als Weihnachtsmann mach ich jetzt Schluss!"
 
K

Kadra

Gast
Lieber Intonia,

die Idee und auch die Umsetzung ist ja recht witzig, doch hatte ich beim Lesen ständig das Bild eines alten weißbärtigen Mannes mit einem KIND auf dem Schoss im Kopf. Und ehrlich gesagt ist mir dabei das Lachen im Hals stecken geblieben. Beabsichtigt?

Lieben Gruß von
Kadra
 

Intonia

Mitglied
Kein Kinderporno!

Liebe Kadra,

da sind Dir offensichtlich unbeabsichtigte Assoziationen durch den Kopf gegangen, die ich bisher bei diesem Gedicht nicht beobachten konnte. Ich hatte es erst unter Winterimpressionen veröffentlicht und dort reichten die Reaktionen von "schallendes Gelächter" bis "dankbare Heiterkeit". Schade, dass Du nicht lachen konntest.

Liebe Grüsse

Intonia
 
Lieber Intonia,
die Meinungen gehen hier auseinander. Bei so einem - wie soll ich sagen - erinnerungsfrohen Thema wie Nikolaus, Weihnachten usw. reagiert manch einer empfindlich. Ich kann Kadra gut verstehen, weil auch mir nie in den Sinn käme, "abfällig" darüber zu schreiben.
Das schmälert aber nicht Deine handwerkliche Leistung. Sie ist (unabhängig vom Thema) echt gut.
Liebe Grüße
Willi
 
K

Kadra

Gast
Lieber Intonia,

ich wollte dir ganz sicher keinen absichtlichen Kinderporno unterjubeln. Dazu schätze ich dich viel zu sehr.

Für mich ist der Weihnachtsmann aber nun mal eine Person aus der Kindheit. Er besucht Kinder und bringt ihnen Geschenke mit. Die Kinder glauben an ihn, vertrauen ihm und setzen sich durchaus bei ihm auf den Schoss. Wenn nun dieses Bild mit Erotik und Sexualität verknüpft wird, dann wird es eben für mich kritisch. Zumal der begehrliche Santa in deinem Text seine Beschenkte auch immer mit "mein Kind" anspricht...

Lieben Gruss von
Kadra
 
R

Rote Socke

Gast
Hallo Intonia,

ich stimme gleich zu: Handwerklich wirklich prima! Dass der Protagonist dann aber der Weihnachtsmann sein muss, klar, da scheiden sich die Geister und ich stelle mich da auf die Seite derjenigen, die dann nicht mehr herzerfrischend das Gedicht ein zweites Mal lesen mögen. Das ist halt eine persönliche Ansichtssache, wie man mit diesen mehr oder weniger religiösen Dingen umgeht. Ich gehe halt etwas mehr damit um. Für Kinder sehe ich da weniger Gefahr, so lange sie es denn nicht lesen können, bzw. vorgelesen bekommen.
Es soll ja genügend erwachsene Menschen geben, die nicht so viel am Hut haben mit der Religiösität. Na denen will ich den Spass daran dann nicht vergönnen.

Gruss
Volkmar
 

Intonia

Mitglied
Vermenschlicht!

Liebe Kritiker! Liebe Kritikerin!

Für mich hat der Weihnachtsmann nichts mit der Geburt Christi zu tun, welche ja der eigentliche Sinn unseres Weihnachtsfestes ist. Deshalb sehe ich das Thema nicht als religiös. Zwar wurden dem Jesuskind auch Geschenke gebracht, aber ich denke, der Weihnachtsmann ist eine Erfindung und Rechtfertigung der Heiden, um ebenfalls diese Fest feiern zu dürfen. Wer von der geschichtlichen Entstehung dieser Person und der damit verbundenen Bräuche mehr weiss, sollte dies hier kund tun.

Da der Weihnachtsmann eine fiktive Gestalt ist und beileibe kein Heiliger, habe ich mir den SPASS gemacht, ihn zu vermenschlichen. Letzten Endes ist hinter jeder Maske des Weihnachtsmannes ein Mensch, mit allen Stärken und Schwächen. Ich bin doch etwas erstaunt, dass hier kein Spass verstanden wird. Da der Weihnachtsmann in der Überlieferung sehr alt ist, kann er es sich auch erlauben, eine erwachsene Frau mit "mein Kind" anzureden. Ich finde das ganz natürlich. Dass es sich hier nicht um ein Kind handelt, geht meiner Meinung nach aus dem Text klar hervor.

Im übrigen bin ich nicht nur Weihnachten in der Kirche, sondern habe sehr enge Beziehungen in diese Richtung.

Ich wünsche Euch allen eine gesegnete Weihnacht, die geprägt ist von Liebe, Verständnis und Toleranz.
Euer Intonia
 
R

Rote Socke

Gast
Hallo Intonia,

in der Tat, da habe ich meine Worte falsch gewählt bezüglich des religiösen Hintergrundes. Er ist aber in das christliche Verständnis schon seit Jahrhunderten mit eingebunden worden und der Nikolaus gilt schlechthin als ein besonderer und gutherziger Mann. Deswegen halt ein wenig das Unverständnis, nun auch aus diesem Mann ein Lustknabe zu machen. In unserer kommerziellen Welt wird schon seit langem respektlos alles vermarktet was sich vermarkten lässt. Das stößt mir sehr auf.

Hier mache ich aber Stopp und Du sollst wissen, dass ich Dich jetzt nicht gleich verdamme. Es war meine Meinung dazu, doch weiß ich sehr wohl, dass wir größere Probleme auf der Welt haben.

Bis dann
Volkmar
 
Lieber Intonia,
hier wollte Dir gewiß niemand etwas Böses. Wir schätzen alle Deine schriftstellerische Begabung, das kommt ja auch klar zum Ausdruck. Das Problem ist: Mit dem Begriff Weihnachtsmann sind schöne Erinnerungen an die Kinderzeit verknüpft, Erfahrungen, die man nicht hergeben möchte.
Dass der Kult um den "Heiligen Mann" Menschenwerk ist, stellt niemand in Abrede, aber dennoch...
Du weißt, was ich meine, OK?
Es grüßt Dich herzlich
Willi
 

Intonia

Mitglied
Lieber Willi, hallo Rote Socke!

Ich fühle mich durch Eure Kritik überhaupt nicht angegriffen, wie Ihr vielleicht vermutet, eher angeregt. Kritik muss sein und Diskussionen sind immer fruchtbar, wenn sie sachlich geführt werden. Meinungen gehen eben auseinander und darüber ist es gut, zu diskutieren. Ich glaube, ich muss nicht extra erwähnen, dass ich Euch und Eure Arbeiten ebenfalls sehr schätze. Ebenso schätze ich Euch als kompetente Kritiker und Diskussionspartner.

Ich möchte nochmal auf den Begriff Weihnachtsmann zurück kommen. Rote Socke, Du sprichst vom Nikolaus, der m.E. eine andere Person ist und auf den heiligen St. Nikolaus zurück geht. Da ich aus einem anderen Kulturkreis komme, nämlich aus Berlin, habe ich auch ein anderes Verständnis für den Weihnachtsmann. Der Nikolaus kommt in Berlin am 6. Dezember, am Nikolaustag und steckt den Kindern Süssigkeiten in die Schuhe oder Strümpfe. Der Weihnachtsmann ist ein Volksbrauch, über den wir uns als Kinder schon lustig gemacht haben. Auch gibt es da die Anrede "du Weihnachtsmann" für jemand, der nicht gerade einer der "Hellsten" ist. Jedenfalls ist der Weihnachtsmann kein heiliger Mann und in Berlin gerne ein Objekt gutmütigen Spotts.

Es tut mir leid, wenn das Gedicht Euch unangenehm berührt hat. Anderen dagegen bereitet es Freude. Gott sei Dank sind wir Menschen nicht alle gleich und die Geschmäcker verschieden. Ich bin sicher, wir werden noch viel voneinander lesen und ich hoffe, ich kann Euch auch mal wieder Freude bereiten.

Liebe Grüsse
Intonia
 
R

Rote Socke

Gast
Tja siehste Intonia,

so ist das. Scheint es tatsächlich verschiedene Interpretationen von dem guten Mann zu geben. Werde mich in dieser Richtung mal wirklich schlau machen. Interessiert mich jetzt einfach mal.

Schöne Grüße und auch Dir eine besinnliche Zeit
Volkmar
 



 
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