Bergspaziergang

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Walther

Mitglied
Bergspaziergang

Auf eines Berges Spitze stehend:
Der Blick streift in die Weite.
Ich lege meinen Plan zur Seite.
Nur oben, weiß ich, ist man sehend.

Ich spüre freudig, wie ich gleite,
Um warme Steigungswinde flehend,
Im Höhenrausch beinah vergehend,
Dass mich der Berggott leite.

Zu bleiben hab ich nicht gekonnt.
Zurück ins Dunkel, grüne Matten:
Hier ist der Tag nur kurz besonnt.

Da drunten, in der Täler Schatten,
Dort ahnt man kaum den Horizont.
Was wir für Enge uns gestatten!
 
G

Gelöschtes Mitglied 8146

Gast
Da drunten, in der Täler Schatten
Was wir für Enge uns gestatten

Du hast hier zwei Sätze mit jeweils 9 Silben. Der Erste hat jedoch drei Worte mit jeweils zwei, und der Zweite einen mit zwei und einen mit drei. Diese Unregelmäßigkeit kannst Du ausgleichen, indem Du eine Silbe vorne wegnimmst. Da gibt’s keine Regel, da muss man ein Gefühl für bekommen.

Drunten, in der Täler Schatten
Was wir für Enge uns gestatten
 

Walther

Mitglied
Hallo Tigerauge!

Wie Du nachstehend siehst, haben wir hier einen klassischen vierhebigen Jambus, dieser ist auch als Knittelvers bekannt:
Zu bleiben hab ich nicht gekonnt.
xXxXxXxX
Zurück ins Dunkel, grüne Matten:
xXxXxXxXx
Hier ist der Tag nur kurz besonnt.
xXxXxXxX

Da drunten, in der Täler Schatten,
xXxXxXxXx
Dort ahnt man kaum den Horizont.
xXxXxXxX
Was wir für Enge uns gestatten!
xXxXxXxXx
Was Weglassen der Silben würde einen Übergang für diese beiden Verse in den Trochäus bedeuten. Dies würde "holpern".

Ich hoffe, das erläutert Dir meinen Standpunkt.

Weihnachtsgruß W.
 

llceres

Mitglied
Kann mich leider nur zum Inhalt
äußern, da ich von Sonetten und
Reimen keine Ahnung hab.

Sehr gern gelesen von einer
begeisterten Bergsteigerin,
verstehende und liebe Grüße

Ceres
 

Walther

Mitglied
Danke für die freundlichen Worte, Ceres. Bilder aus der Natur wirken immer auf uns im Innern. Sie zeigen Grenzen und Fernen auf.

Weihnachtsgruß W.
 

revilo

Mitglied
Hallo Walter,
durch den Besuch eines altsprachlichen Gymnasiums bin ich zwar mit dem üblichen germanistischem Grundwissen ausgestattet.Aber das ist einfach zu lange her. Ich beurteile ein Gedicht nicht danach, ob es einem perfekten Jambus entspricht. Das überlasse ich getrost denen, die davon Ahnung haben.Ich kann mich sehr bruchstückhaft daran erinnern, daß mein damaliger Klassenlehrer stolz darauf war, Klassenbucheinträge im Hexameter ( ???? ) zu schreiben.
Für mich ist ein Gedicht gut, wenn es ein Gefühl erweckt. Und das hast Du mit Deinen Zeilen geschafft. Ich bin als Flachlandtiroler in sehr bescheidenem Maße mit meiner Familie begeisteter Bergsteiger oder korrekt ausgedrückt Bergwanderer.
Du hast das - neudeutsch -Bergfeeling nahe zu perfekt auf die Erde geholt. Es war mir, als stünde ich auf dem Gipfel umgeben
von vollkommener Stille nur begleitet von dem Lachen meiner Kinder. Dafür herzlichen Dank.
Ich verbinde mit diesen Zeilen die Hoffnung, das wir auch im kommenden Jahr einen fruchtbaren und repektvollen Gedankenaustausch pflegen werden.Vielleicht finde ich die Zeit, mit Schiller zu chillen.Herzlich revilo
 

Walther

Mitglied
Hallo Oliver,

ich grüße aus dem Flachland den Tiroler, da selbst die Kombination aus beidem. Für Deinen Eintrag danke ich. Das Bergfeeling ist ja keines, denn es findet nur in der Phantasie des LyrIchs statt. In Wahrheit lebt es in der Enge des Tals.

Wenn ich Dir eine kurze Freude bereiten konnte, bin ich dankbar. Verse schreibt man aus meiner unmaßgeblichen Sicht aus zwei Gründen: Perspektiven erkennen, indem man sie wechselseitig betrachtet. Leben bewältigen, indem man es entäußert.

Sollten Dritte davon profitieren, könnte man das Glück des Gelegenheitsdichters als vollkommen bezeichnen, auch wenn er genau weiß, daß seine Gedichte alles andere als "perfekt" sind. Sie sind und bleiben bescheidene Versuche, sich mit dem Mitteln der Sprache dem Kern des Seins zu nähern. Wobei die Mittel beschränkt sind und die Erkenntnis ebenfalls.

In diesem Sinne wünsche ich Deiner Familie und Dir Gesundheit und Erfolg. Wobei ich, raumgreifend, wie ich nun einmal bin, den ganzen Rest der Lupengemeinde einbeziehen darf. Ich hoffe, Du gestattest mir diese große, aber mir eigentlich nicht zustehende, Geste.

Bester Gruß W.
 

Walther

Mitglied
Hallo Herbert,

Dein Lob ehrt, wobei meine Versuche dieses Lobes eigentlich nicht wert sind. Denn sie sind - in Bezug auf das, was und wie ich das dann gerne sagen würde - immer weit weniger gut, ausgereift, geraten, als sie es sollten und könnten, hätte ich denn mehr Talent und weniger nur das Bemühen.

Alles Gute im Neuen Jahr. Ich freue mich schon heute darauf, mehr von Deinen Werken lesen zu dürfen.

Gruß der W.
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Walther,

mit dem Lesen dieses Gedichtes betrete ich Walther-Terrain im besten Sinne; ein wohlgeordnetes Sprachwerk, das mich Kraft sich öffnender Perspektiven teilhaben läßt an Wundern, die so oft in Selbstverständlichkeiten verschwinden.

Letzte Grüße aus diesem Jahr,

Elke
 

Walther

Mitglied
Bergspaziergang

Auf eines Berges Spitze stehend:
Der Blick streift in die Weite.
Ich lege meinen Plan zur Seite.
Nur oben, weiß ich, ist man sehend.

Ich spüre freudig, wie ich gleite,
Um warme Steigungswinde flehend,
Im Höhenrausch beinah vergehend,
Dass mich der Berggott gütig leite.

Zu bleiben hab ich nicht gekonnt.
Zurück ins Dunkel, grüne Matten:
Hier ist der Tag nur kurz besonnt.

Da drunten, in der Täler Schatten,
Dort ahnt man kaum den Horizont.
Was wir für Enge uns gestatten!
 

Walther

Mitglied
Liebe Elke,

und doch hatte ich zwei Silben vergessen, die man mir gütig nachsah. Wohl geordnet? Naja. Was ist schon "in Ordnung" in der Enge.

Es sind die Gegensätze und die Widersprüche, die mich magisch anziehen. Sie erzwingen die Perspektivenwechsel, die zur Selbsterkenntnis, zur Erkenntnis selbst, so nötig sind. Was will das LyrIch sagen?

Die Höhen sind mit Mühe zu erklimmen. Aber nur dort ist der Blick weit, der Überblick nahe. Die Enge täuscht Ordnung vor, weil im Schatten alles nur kurz besonnt ist. Kein Blick dahinter bleibt übrig, der Überblick verdunkelt.

Ich danke für Deinen Eintrag. Er tut wohl, wissend, daß er begütigen soll, am Ende eines Jahrs, dem es zu wohl geworden ist. Komm(t) gut rüber.

Lieber Gruß W.
 
B

bluefin

Gast
lieber @walther, nichts gegen weihevolle gesänge über die erhabenheit der berge oder kaspar-david-friedrichsche romantische überheblichkeiten.

du solltest nur obacht geben, dass du dabei nicht (wieder mal) allzusehr den "obersten" herauskehrt und so tust, als ob auf dem gipfel das wahre und im tal nur die dummheit und der dreck wohnten - du bei den eloys, alle walfische morlocks.

dass hinaufkraxeln auf steile bergeshöh' den blick weitet, sei unbestritten - leider gilt das aber nur für die horizontale. was sich "da unten" abspielt, erkennt man nicht mehr; man verliert dann sehr leicht die balance, stürzt ab und bricht sich den hals.

ich mag nicht, dass sich das eine auf kosten des anderen erhebt. es bedingt sich vielmehr:
dich mein stilles tal, grüß ich tausendmal...
ying und yang. alles andere wäre, jedenfalls bei berg und tal, lyro-faschismus.

pass auf dich auf, in deinen allerhöchsten höhen, und rutsch gefahrlos hinüber auf die gipfel des nächsten jahres. das wünscht dir ehrlich und aufrichtig der submerse dickhäuter

bluefin
 

Walther

Mitglied
Lb. bluefin!

Wann lernst Du zwischen LyrIch und Autor sowie zwischen dem, was ist, und dem, was Du hineinprojizierst, zu unterscheiden? Du redest, das fällt auf, immer wortreich über Dich und zu Dir selbst. Letztlich gibt alles, was Du kommentierst, doch nur den Anlaß, Dich spreizend um Dich selbst zu drehen und um Deinen Kragen zu reden.

Zum Text hast Du wie immer nichts wirklich Relevantes zu sagen vermocht. Welche eine Verschwendung!

Neujahrsgruß W.
 

gareth

Mitglied
Hallo Walther,

zuallererst einmal Dir ein Gutes Neues Jahr und weiterhin Unterstützung durch alle erforderlichen Musen :eek:)

Dann Gratulation zu der kunstfertigen, offensichtlich arbeitsreichen Reimkonstruktion Deines Bergspaziergangs, in dem ein wohlbekanntes Thema auf eigene Weise interpretiert ist.

Einen einzigen kleinen Einwand habe ich allerdings vorzubringen, der die folgende Zeile betrifft:

Zu bleiben hab ich nicht gekonnt

Grammatikalisch ist der Satz m. E. so nicht haltbar. Möglich und korrekt wäre z.B.:

zu bleiben hab ich nicht vermocht

Da Du aber aus Reimgründen das gekonnt benötigst, läge eine Möglichkeit im Durchbrechen des Rhythmus' durch Verzicht auf das einleitende Zu:

Bleiben hab ich nicht gekonnt

Das wäre aus meiner Sicht keinerlei Nachteil für das Werk.

Grüße
gareth
 
B

bluefin

Gast
o je, @walter - wie kann man so weit daneben hauen?

wie schon mehrfach bemerkt, lassen deine reime so gut wie nie interpretationsspielräume - du beschwörst meist mit größtem nachdruck die "richtige" sicht. in diesem falle die von ganz, ganz oben; was darunter liegt, ist deiner ansicht nach minder wert.

und genau das passt dem kritiker nicht - er bricht eine lanze für das "bodenpersonal" und zitiert dabei (nochmals) wilhelm ganzhorn:
1. Im schönsten Wiesengrunde ist meinen Heimat Haus,
da zog ich manche Stunde ins Tal hinaus.
Dich, mein stilles Tal, grüß ich tausend mal!
Da zog ich manche Stunde ins Tal hinaus.

2. Wie Teppich reich gewoben, steht mir die Flur zur Schau;
O Wunderbild, und oben des Himmels Blau.
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
O Wunderbild, und oben des Himmels Blau.

3. Herab von sonn'ger Halde ein frischer Odem zieht;
Es klingt aus nahem Walde der Vögel Lied.
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Es klingt aus nahem Walde der Vögel Lied.

4. Die Blume winkt dem Schäfer mit Farbenpracht und Duft;
Den Falter und den Käfer zu Tisch sie ruft.
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Den Falter und den Käfer zu Tisch sie ruft.

5. Das Bächlein will beleben den heimlich trauten Ort;
Da kommt´s durch Wiesen eben und murmelt fort.
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Da kommt´s durch Wiesen eben und murmelt fort.

6. Das blanke Fischlein munter schwimmt auf und ab im Tanz;
Rings strahlen tausend Wunder im Sonnenglanz.
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Rings strahlen tausend Wunder im Sonnenglanz.

7. Wie schön der Knospen Springen, des Tau's Kristall im Licht!
Wollt ich es alles singen - ich könnt es nicht!
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Wollt ich es alles singen - ich könnt es nicht!

8. Kommt, kommt der Tisch der Gnaden winkt reichlich überall;
Kommt, all' seid ihr geladen ins stille Tal!
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Kommt, all' seid ihr geladen ins stille Tal!

9. Wie froh sind da die Gäste! da ist nicht Leid noch Klag';
Da wird zum Friedensfeste ein jeder Tag!
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Da wird zum Friedensfeste ein jeder Tag!

10. Wie sieht das Aug so helle im Buche der Natur!
Der reinsten Freuden Quelle springt aus der Flur.
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Der reinsten Freuden Quelle springt aus der Flur.

11. Hier mag das Herz sich laben am ew´gen Festaltar;
Kommt, bringet Opfergaben mit Jubel dar!
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Kommt, bringet Opfergaben mit Jubel dar!

12. Muss aus dem Tal jetzt scheiden, wo alles Lust und Klang;
das ist mein herbstes Leiden, mein letzten Gang.
Dich, mein stilles Tal, grüß ich tausendmal!
Das ist mein herbstes Leiden, mein letzter Gang.

13. Sterb ich, in Tales Grunde will ich begraben sein;
singt mir zum letzten Stunde beim Abendschein:
Dich, mein stilles Tal, grüß ich tausendmal!
Singt mir zur Ietzten Stunde beim Abendschein!

(1851)
vielleicht kannst du ja jetzt etwas damit anfangen: es sollte dir zu verstehen geben, dass ausser dem walfisch noch ein paar generationen von anderwesen mit ihren tälern ganz gut zurecht gekommen sind und lyrisches heruntergucken für reine hochnäsigkeit halten.

noch einen tipp für das eben angebrochene neue jahr: verwechsle doch bitte nicht immer kritk an deinen reimen mit kritik an dir. wer oder was du bist interessiert den walfisch nicht. er hält sich nur an deinen text, an sonst nichts. und wenn der so klingt, als ob ein oberst der truppe den rechten blick von oben herunter weist, dann wird's angemerkt. und sonst nichts.

liebe grüße aus dem alpenvorland

bluefin

p.s.: wenn du mit den versen nichts rechtes anfangen kannst - http://www.youtube.com/watch?v=Y9zFYf8KHvU!
 

Walther

Mitglied
Bergspaziergang

Auf eines Berges Spitze stehend:
Der Blick streift in die Weite.
Ich lege meinen Plan zur Seite.
Nur oben, weiß ich, ist man sehend.

Ich spüre freudig, wie ich gleite,
Um warme Steigungswinde flehend,
Im Höhenrausch beinah vergehend,
Dass mich der Berggott gütig leite.

Nein, bleiben hab ich nicht gekonnt.
Zurück ins Dunkel, grüne Matten:
Hier ist der Tag nur kurz besonnt.

Da drunten, in der Täler Schatten,
Dort ahnt man kaum den Horizont.
Was wir für Enge uns gestatten!
 

Walther

Mitglied
Hallo Gareth,

danke für den Hinweis. Ich habe den Vers gerade umgebaut.

Lieber Gruß, mit Neujahrswünsche verbunden,

der W.
 



 
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