Bericht aus Wingding

4,00 Stern(e) 1 Stimme

Alo Isius

Mitglied
Neulich war das Feuer wieder einmal ausgegangen. Unser Feuermacher und Heizer war wieder einmal unter der Last seiner Verantwortung eingeschlafen. Wir verfluchten ihn. Doch er beschimpfte uns als unwürdige Kleingläubige. Er allein wisse, wie neues Feuer in die Höhle zu bringen sei, weil er von uns allen der einzige sei, der zu glauben wisse, wo der Feuergeist zu finden, wie der zu behandeln und zu bewegen sei, uns wenigsten an einem Fünkchen seines ewig lodernden Gnadenfeuers teilhaben zu lassen.
Zugegeben, schon dreimal hatte er wieder Feuer in die Höhle gebracht. Den einen war das Beweis genug, ihm erneut zu vertrauen.
Andere waren skeptischer, besonders angesichts der Erinnerung, dass jedes mal, wenn er Feuer holen gegangen war, sich draußen vor der Höhle alle Feuerdämonen mit Blitz und Donner in die Haare geraten waren und ganze Wälder abfackelten. Diesmal allerdings herrschte eitel Sonnenschein.
Und das blieb auch so, bis er nach drei Tagen ohne Feuer aber mit einem Riesenkorb voller Ausreden zurückkam. Und obwohl er auch der Redegewandteste von uns allen war, glaubten wir ihm in der Mehrheit kein Wort mehr. Im Gegenteil: wir hätten ihn beinahe erschlagen – hätten wir Feuer gehabt, hätten wir ihn verbrannt – als seine Phrasendrescherei sogar noch darin gipfelte, dass wir ganz allein schuld seien, weil wir mit unserem frevelhaften Unglauben an die allmächtigen Feuergötter dieselben derart verstimmt hätten, dass diese selbst ihm, ihren Stellvertreter, kein Feuer mehr anvertrauen würden.
Überraschenderweise stellte sich aber unser etwas närrischer Außenseiter schützend vor ihn und sprach – wir hatten bis dahin keine Ahnung, dass er das kann – irgendwas wie: wer frei von Schuld sei, haue die erste Keule auf ihn... oder so. Zwar hielten wir ihn nach wie vor für einen Spinner und wussten aber nicht so recht, wen er mit ’ihn’ meinte: sich oder den anderen?
Überrascht ließen wir das Keulen sein, friedfertig wie wir notfalls auch sein können, wenn wir was vor die Rübe geknallt kriegen, worüber sich Nachdenken vielleicht auch mal lohnen könnte.
Was wollte uns der kleine Spinner sagen? Der überflüssige Fresser, der noch zu keiner Mammutjagd je mitgenommen worden war – nicht mal von den Frauen zum Beerensammeln mitgenommen wurde –, sich stets im dunkelsten Teil der Höhle aufhielt und die Zeit nur mit irgendwelchen Spielereien vertrödelte. Mit Steinen irgendwelche Zeichen in die Wände ritzte und Stöckchen aneinander rieb... und anderen unnötigen Kinderkram. Was war mit dem plötzlich los? Dass der sich einzumischen wagte, war schon erstaunlich genug und nun sollten wir auch noch darüber nachdenken? Was glaubte der Kerl, wer erwar? Was wusste der, was wir nicht wussten?
Wir waren nach sieben Tagen mit der ungewohnten Schwerarbeit des Nachdenkens noch gar nicht richtig in Gang, geschweige denn zu Ende gekommen, da kam er auch schon auf seinen Höhlenkabuff hervor und trug Feuer in der Hand. Feuer! In der Hand! Feuer an einem dicken Stock, den er fröhlich schwenkte und psalmodierte; „Da denkt ihr schon, es geht nicht mehr, da bring ich Euch ein Lichtlein her.“
Er schwärmte von einem neuen Zeitalter, von goldener Zukunft, in der jeder wissen könne wie man Feuer macht. Wir haben natürlich gelacht. Da hat er einfach die Fackel ausgemacht. Nun saßen wir schon wieder im Dunkeln. Doch als wir uns ans spärliche Licht vom Höhleneingang gewöhnt hatten, sahen wir, wie er schnell ein Stöckchen drehte und darunter schon wieder ein klitzekleines Feuerchen züngelte. Nach kurzer Zeit brannte und leuchtet seine Fackel schon wie kurz zuvor.
Der alte Feuermacher fand als erster die Sprache wieder und zeterte was von Ketzerei gegen die guten Feuergeister, doch nur die gläubigsten seiner Anhänger hörten noch drauf. Wir ließen den neuen Feuermacher hochleben und verbrannten uns freudig die Pfoten am Feuer unserer zu Fackeln der Zukunft erhoben Keulen.
Das war die erste einer Reihe von ungezählten Revolutionen in der Geschichte der Menschheit... ...und der Beginn einer wunderbaren Feindschaft – zwischen dem alten und dem neuen Feuermacher und Einheizer.
Der alte spinnt Mythen und der neue macht immer neue Erfindungen, so schnell kann gar keiner schauen, wie der immer was neues erfindet.

Schöne neue Welt... und ihre ewigen Sternstunden
Eigentlich schad, dass AI schon so alt bin. Oder? Ha?

ca. 5000 v.Chr.
 
N

nobody

Gast
... und verbrannten uns freudig die Pfoten am Feuer unserer zu Fackeln der Zukunft erhoben Keulen.​

Mit diesem Satz sollte die Geschichte enden, um meinen uneingeschränkten Beifall zu finden.
Gruß Franz
 

Alo Isius

Mitglied
Hallöchen nobody,
Danke für den guten Rat.
Doch siehe: Am Anfang war das Ende - das von Dir für 'uneingeschränkten Beifall' für überflüssig erachtete. Das hatte ich - allerdings als Frage (WAS war war die erste einer Reihe ungezählter Revolutionen in der Gescgichte der Menschheit?) - zuerst fertig und mußte mir mit der KurzGESCHICHTE sozusagen selbst erst mal erklären, was ich damit gemeint haben könnte.
Aber Du hast insofern Recht: ich sollte Leser nicht für noch begriffsstutziger halten als mich selbst.
LG
AI
 

Alo Isius

Mitglied
Neulich war das Feuer wieder einmal ausgegangen. Unser Feuermacher und Heizer war wieder einmal unter der Last seiner Verantwortung eingeschlafen. Wir verfluchten ihn. Doch er beschimpfte uns als unwürdige Kleingläubige. Er allein wisse, wie neues Feuer in die Höhle zu bringen sei, weil er von uns allen der einzige sei, der zu glauben wisse, wo der Feuergeist zu finden, wie der zu behandeln und zu bewegen sei, uns wenigsten an einem Fünkchen seines ewig lodernden Gnadenfeuers teilhaben zu lassen.
Zugegeben, schon dreimal hatte er wieder Feuer in die Höhle gebracht. Den einen war das Beweis genug, ihm erneut zu vertrauen.
Andere waren skeptischer, besonders angesichts der Erinnerung, dass jedes mal, wenn er Feuer holen gegangen war, sich draußen vor der Höhle alle Feuerdämonen mit Blitz und Donner in die Haare geraten waren und ganze Wälder abfackelten. Diesmal allerdings herrschte eitel Sonnenschein.
Und das blieb auch so, bis er nach drei Tagen ohne Feuer aber mit einem Riesenkorb voller Ausreden zurückkam. Und obwohl er auch der Redegewandteste von uns allen war, glaubten wir ihm in der Mehrheit kein Wort mehr. Im Gegenteil: wir hätten ihn beinahe erschlagen – hätten wir Feuer gehabt, hätten wir ihn verbrannt – als seine Phrasendrescherei sogar noch darin gipfelte, dass wir ganz allein schuld seien, weil wir mit unserem frevelhaften Unglauben an die allmächtigen Feuergötter dieselben derart verstimmt hätten, dass diese selbst ihm, ihren Stellvertreter, kein Feuer mehr anvertrauen würden.
Überraschenderweise stellte sich aber unser etwas närrischer Außenseiter schützend vor ihn und sprach – wir hatten bis dahin keine Ahnung, dass er das kann – irgendwas wie: wer frei von Schuld sei, haue die erste Keule auf ihn... oder so. Zwar hielten wir ihn nach wie vor für einen Spinner und wussten aber nicht so recht, wen er mit ’ihn’ meinte: sich oder den anderen?
Überrascht ließen wir das Keulen sein, friedfertig wie wir notfalls auch sein können, wenn wir was vor die Rübe geknallt kriegen, worüber sich Nachdenken vielleicht auch mal lohnen könnte.
Was wollte uns der kleine Spinner sagen? Der überflüssige Fresser, der noch zu keiner Mammutjagd je mitgenommen worden war – nicht mal von den Frauen zum Beerensammeln mitgenommen wurde –, sich stets im dunkelsten Teil der Höhle aufhielt und die Zeit nur mit irgendwelchen Spielereien vertrödelte. Mit Steinen irgendwelche Zeichen in die Wände ritzte und Stöckchen aneinander rieb... und anderen unnötigen Kinderkram. Was war mit dem plötzlich los? Dass der sich einzumischen wagte, war schon erstaunlich genug und nun sollten wir auch noch darüber nachdenken? Was glaubte der Kerl, wer erwar? Was wusste der, was wir nicht wussten?
Wir waren nach sieben Tagen mit der ungewohnten Schwerarbeit des Nachdenkens noch gar nicht richtig in Gang, geschweige denn zu Ende gekommen, da kam er auch schon auf seinen Höhlenkabuff hervor und trug Feuer in der Hand. Feuer! In der Hand! Feuer an einem dicken Stock, den er fröhlich schwenkte und psalmodierte; „Da denkt ihr schon, es geht nicht mehr, da bring ich Euch ein Lichtlein her.“
Er schwärmte von einem neuen Zeitalter, von goldener Zukunft, in der jeder wissen könne wie man Feuer macht. Wir haben natürlich gelacht. Da hat er einfach die Fackel ausgemacht. Nun saßen wir schon wieder im Dunkeln. Doch als wir uns ans spärliche Licht vom Höhleneingang gewöhnt hatten, sahen wir, wie er schnell ein Stöckchen drehte und darunter schon wieder ein klitzekleines Feuerchen züngelte. Nach kurzer Zeit brannte und leuchtet seine Fackel schon wie kurz zuvor.
Der alte Feuermacher fand als erster die Sprache wieder und zeterte was von Ketzerei gegen die guten Feuergeister, doch nur die gläubigsten seiner Anhänger hörten noch drauf. Wir ließen den neuen Feuermacher hochleben und verbrannten uns freudig die Pfoten am Feuer unserer zu Fackeln der Zukunft erhoben Keulen.

Das war der Beginn einer wunderbaren Feindschaft zwischen dem alten und dem neuen Feuermacher. Seitdem predigt der alte über die alten Mythen im Glaubensgewölbe und der neue belehrt uns in diversen Messehallen der Höhle über immer neuere Erfindungen; so schnell kann gar keiner frieren, wie uns die beiden immer wieder einheizen.

___________________________________
Anmerkung des Übersetzers:
Obige Geschichte ist eine Übersetzung aus der neulich in Wingding entdeckten Mammut-Bibliothek. Zehn beschriebene Mammut-Häute zum Zyklus: Altwingding, schöne neue Welt.
Geschrieben ca. 5000 v.Chr.? Experten meinen, das sei ein
Irrtum, das müsse schon viel früher, noch in der Steinzeit, geschehen sein.
Wer dazu mehr erfahren möchte?! kontakt@bsprehl.de
 

Alo Isius

Mitglied
Neulich war das Feuer wieder einmal ausgegangen. Unser Feuermacher und Heizer war wieder einmal unter der Last seiner Verantwortung eingeschlafen. Wir verfluchten ihn. Doch er beschimpfte uns als unwürdige Kleingläubige. Er allein wisse, wie neues Feuer in die Höhle zu bringen sei, weil er von uns allen der einzige sei, der zu glauben wisse, wo der Feuergeist zu finden, wie der zu behandeln und zu bewegen sei, uns wenigsten an einem Fünkchen seines ewig lodernden Gnadenfeuers teilhaben zu lassen.
Zugegeben, schon dreimal hatte er wieder Feuer in die Höhle gebracht. Den einen war das Beweis genug, ihm erneut zu vertrauen.
Andere waren skeptischer, besonders angesichts der Erinnerung, dass jedes mal, wenn er Feuer holen gegangen war, sich draußen vor der Höhle alle Feuerdämonen mit Blitz und Donner in die Haare geraten waren und ganze Wälder abfackelten. Diesmal allerdings herrschte eitel Sonnenschein.
Und das blieb auch so, bis er nach drei Tagen ohne Feuer aber mit einem Riesenkorb voller Ausreden zurückkam. Und obwohl er auch der Redegewandteste von uns allen war, glaubten wir ihm in der Mehrheit kein Wort mehr. Im Gegenteil: wir hätten ihn beinahe erschlagen – hätten wir Feuer gehabt, hätten wir ihn verbrannt – als seine Phrasendrescherei sogar noch darin gipfelte, dass wir ganz allein schuld seien, weil wir mit unserem frevelhaften Unglauben an die allmächtigen Feuergötter dieselben derart verstimmt hätten, dass diese selbst ihm, ihren Stellvertreter, kein Feuer mehr anvertrauen würden.
Überraschenderweise stellte sich aber unser etwas närrischer Außenseiter schützend vor ihn und sprach – wir hatten bis dahin keine Ahnung, dass er das kann – irgendwas wie: wer frei von Schuld sei, haue die erste Keule auf ihn... oder so. Zwar hielten wir ihn nach wie vor für einen Spinner und wussten aber nicht so recht, wen er mit ’ihn’ meinte: sich oder den anderen?
Überrascht ließen wir das Keulen sein, friedfertig wie wir notfalls auch sein können, wenn wir was vor die Rübe geknallt kriegen, worüber sich Nachdenken vielleicht auch mal lohnen könnte.
Was wollte uns der kleine Spinner sagen? Der überflüssige Fresser, der noch zu keiner Mammutjagd je mitgenommen worden war – nicht mal von den Frauen zum Beerensammeln mitgenommen wurde –, sich stets im dunkelsten Teil der Höhle aufhielt und die Zeit nur mit irgendwelchen Spielereien vertrödelte. Mit Steinen irgendwelche Zeichen in die Wände ritzte und Stöckchen aneinander rieb... und anderen unnötigen Kinderkram. Was war mit dem plötzlich los? Dass der sich einzumischen wagte, war schon erstaunlich genug und nun sollten wir auch noch darüber nachdenken? Was glaubte der Kerl, wer erwar? Was wusste der, was wir nicht wussten?
Wir waren nach sieben Tagen mit der ungewohnten Schwerarbeit des Nachdenkens noch gar nicht richtig in Gang, geschweige denn zu Ende gekommen, da kam er auch schon auf seinen Höhlenkabuff hervor und trug Feuer in der Hand. Feuer! In der Hand! Feuer an einem dicken Stock, den er fröhlich schwenkte und psalmodierte; „Da denkt ihr schon, es geht nicht mehr, da bring ich Euch ein Lichtlein her.“
Er schwärmte von einem neuen Zeitalter, von goldener Zukunft, in der jeder wissen könne wie man Feuer macht. Wir haben natürlich gelacht. Da hat er einfach die Fackel ausgemacht. Nun saßen wir schon wieder im Dunkeln. Doch als wir uns ans spärliche Licht vom Höhleneingang gewöhnt hatten, sahen wir, wie er schnell ein Stöckchen drehte und darunter schon wieder ein klitzekleines Feuerchen züngelte. Nach kurzer Zeit brannte und leuchtet seine Fackel schon wie kurz zuvor.
Der alte Feuermacher fand als erster die Sprache wieder und zeterte was von Ketzerei gegen die guten Feuergeister, doch nur die gläubigsten seiner Anhänger hörten noch drauf. Wir ließen den neuen Feuermacher hochleben und verbrannten uns freudig die Pfoten am Feuer unserer zu Fackeln der Zukunft erhoben Keulen.

Das war der Beginn einer wunderbaren Feindschaft zwischen dem alten und dem neuen Feuermacher. Seitdem predigt der alte über die alten Mythen im Glaubensgewölbe und der neue belehrt uns in diversen Messehallen der Höhle über immer neuere Erfindungen; so schnell kann gar keiner frieren, wie uns die beiden immer wieder einheizen.

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Anmerkung des Übersetzers:
Obige Geschichte ist eine Übersetzung aus der neulich in Wingding entdeckten Mammut-Bibliothek. Zehn beschriebene Mammut-Häute zum Zyklus: Altwingding, schöne neue Welt.
Geschrieben ca. 5000 v.Chr.? Experten meinen, das sei ein
Irrtum, das müsse schon viel früher, noch in der Steinzeit, geschehen sein.
Wer dazu mehr erfahren möchte?! kontakt@bsprehl.de
 
N

nobody

Gast
Nein, ein Rat (weder ein guter noch ein anderer) war das nicht von mir, ich werde mich hüten, sowas mach ich nicht! Es handelt sich lediglich um eine Information des Inhalts, dass ich mich in meiner Eigenschaft als Leser unter den genannten Bedingungen bereitfinden würde, dem Text meinen uneingeschränkten Beifall angedeihen zu lassen.

Die zweite Version gefällt mir schon besser.
Gruß Franz
 



 
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