Berlin Husum

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Uschka

Mitglied
Seit Jahren fuhren wir Ostern mit der Bahn nach Husum, um dem Stau der Feiertage zu entgehen. Das Ostertreffen mit unseren Freunden war uns heilig. Mein Mann und ich hatten wie immer Fensterplätze gebucht und schauten am Bahnsteig noch kurz hinaus, um unserer Tochter noch einmal zu zuwinken. Plötzlich ertönte eine schrille Stimme hinter uns.
„Nehmt gefälligst eure Plünnen (Plunder) von meinem Sitz.“ Beide drehten wir uns gleichzeitig herum, um dann sprachlos auf die junge Frau zu starren. Mein Mann hatte als erster die Sprachlosigkeit überwunden.
„Das sind keine Plünnen“, sagte er unwirsch und nahm gelassen die kleine Reisetasche, die ich auf den Sitzplatz neben der Tür dort schnell hingestellt hatte, um ans Fenster zu eilen.
“Unerhört, was sich manche Leute erlauben“, meckerte die Frau weiter, und wischte demonstrativ den vermeintlich verschmutzten Sitzplatz mit ihrem Taschentuch ab und warf es dann mit spitzen Fingern in den Papierkorb.

Als der Zug anfuhr, setzte sich jeder auf seinen Platz. Ein Glück, dass wir Fensterplätze hatten, so blickten wir raus und schauten uns Berlin wieder mal aus dem Zug an, denn die Stadt veränderte sich laufend. Im Spiegelbild des Fensters zeigte ich meinem Mann den Vogel und schmunzelte dabei. Er wusste gleich, dass ich damit die junge Frau meinte, die sich gleich hinter einer Zeitung versteckt hatte. Stumm nickte er zurück. Als wir genug gesehen hatten, lasen auch wir Zeitung, denn es war eine komische Stimmung im Abteil und uns zu unterhalten hatten wir beide keine Lust. Hin und wieder musterte ich unbemerkt die Frau, konnte aber nichts Besonderes an ihr feststellen. Sie war eine ganz normale Durchschnittsfrau, nur mit unmöglichem Benehmen.
Leider mussten wir die Dame bis Hamburg ertragen, denn hier stieg sie aus, nicht aber ohne uns noch einen abfälligen Blick zu zuwerfen und schnaubte: „Asoziales Pack“ vor sich hin. Mein Mann wollte sich erheben, aber ich hielt ihn zurück. Diese Frau war es gar nicht wert, dass man sich mit ihr anlegte.
Dann stiegen unsere Freunde aus Frankfurt ein. Mit großem Hallo begrüßten wir uns. Froh und heiter ging die Fahrt weiter. Wir hatten uns viel zu erzählen, denn so oft sahen wir uns ja nicht. So manch lustiges Gelächter hallte durch den Zug.

„Sag mal, Fritz, was hast du für Wünsche zu Ostern?“, fragte ich neugierig und blickte ihn gespannt an, denn er überraschte uns des Öfteren mit seinen ausgefallenen Wünschen.
„Einen Bagger will ich, ja, einen Bagger“, rief er belustigt und schaute dabei schelmisch in die Runde. „Was willst du denn mit einen Bagger?“, fragte mein Mann erstaunt.
„Na, am Strand buddeln“, antwortete Fritz prompt. Na klar, wie konnte man auch nur so dumm fragen, dachte ich und die anderen konnten ein Lachen nicht verkneifen. „Wo sollen wir heut am Karfreitag einen Bagger hernehmen?“, fragte Werner sanft, um Fritz nicht all zu arg zu reizen.
„Ist mir egal, ich will einen Bagger haben“, erklärte Fritz trotzig, verzog wie ein ungezogenes Kind sein hübsches Gesicht und hob dabei seine Stimme etwas an. „Verstehst du nicht, es gibt heut keinen Bagger“, fuhr mein Mann Fritz etwas schroff an. Ich konnte den Disput nicht mehr mit anhören, und ging zum Rauchen in den Gang hinaus.
„Also, wenn doch Fritz einen Bagger haben will, so soll er einen bekommen“, wurde ich höflich angesprochen. Ich drehte mich um und schaute fragen deine junge Mutter mit Kind an.
„Sehen Sie, mein Junge hat so viele davon und wenn wir Fritz damit eine Freude machen können, gibt mein Sohn gerne einen Bagger ab“, sprach sie weiter und drückte mir einen sehr schönen in die Hand. Er war sogar in Fritz Lieblinksfarbe rot. Erst war ich sprachlos, dann fing ich laut und herzlich zu lachen an. Etwas pikiert musterte mich die Frau.
„Entschuldigung“, prustete ich weiter. „Das bedarf einer Erklärung“, meinte ich, nahm die junge Frau bei der Hand und öffnete unser Abteil. Alle schauten mich gespannt an, als ich Fritz den Bagger in die Hand drückte.
„So, Fritz, hier hast du deinen Bagger.“ Da musste dann auch die Frau herzlichst lachen und der kleine Junge machte große Augen, denn unser Fritz war schon dreiundvierzig Jahre alt und wir führten in der Clique öfter solche Wortspiele.
„Er darf den Bagger trotzdem behalten“, lachte die Frau erheitert und zog ihren erstaunten Bub wieder in den Gang hinaus und verschwand in ihrem Abteil. Die restliche Bahnfahrt lachten wir noch so viel, bis uns die Augen tränten.

Als wir dann in Husum ausstiegen, winke uns die nette Frau mit dem Kind noch einmal herzlichst zu und zwinkerte dabei belustigt mit dem rechten Auge Fritz zu. Der sich artig mit einem angedeuteten Diener bedankte. Wir zogen ihn noch nach Jahren mit seinem Bagger auf. Die Tage bei unserem Freund Hackel waren wie immer ein toller Erfolg und wir freuten uns schon auf das nächste Ostertreffen natürlich wie immer mit der Bahn.
 
H

HFleiss

Gast
Berlin - Husum

Na ja, das ist eine Bahnfahrt. Und wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben. Ganz klar ist mir aber nicht geworden, was du eigentlich erzählen wolltest: dass man komische Leute in der Bahn trifft? Oder den Spaß mit dem Bagger? Wobei mir der Spaß nicht spaßig genug ist, es fehlt die Pointe. Dass der Knabe kein Kind mehr ist, erfährt man ja schon vorher, und da braucht es am Ende noch eins drauf, damit es komisch wird.

Lieben Gruß
Hanna
 

Uschka

Mitglied
Berlin-Husum

Dankeschön :) für deine Rückmeldung. Hm, wollte nur erzählen, wie ich den Reisetag erlebt hatte. Ich überleg mir vielleicht noch eine Pointe rein, damit es lustiger rüber kommt.Was dann aber nicht mehr der Wahrheit entspricht.
LG Uschka
 
H

HFleiss

Gast
Berlin - Husum

Schreiben ist sowieso nur Lüge. Man muss nur sehen, dass sie der Wahrheit ähnlicher wird, als selbst die Wahrheit es könnte. Damit sie einem abgenommen wird. Nicht das Leben schreibt die Geschichte, sondern der Autor. So finstere Abgründe. Aber welch wahrhafte Welt.

Lieben Gruß
Hanna
 

Uschka

Mitglied
Berlin-Husum

Stimmt. Was ist schon die Wahrheit. Jeder erlebt sie sowieso anders.Man kann sich die Wahrheit zurecht biegen-lach.
LG Uschka
 

Josi

Mitglied
Hallo Uschka,

mir hat deine Erzählung, die sehr bildlich von dir dargestellt wurde,gefallen. Sie lässt sich leicht lesen und sie hat auch einen gewissen Witz.

Ein kleiner Fehlerteufel hat sich eingeschlichen:
...Ich drehte mich um und schaute fragen deine (fragend eine) junge Mutter mit Kind...
...drückte mir einen sehr schönen (Schönen) in die Hand...
...Als wir dann in Husum ausstiegen winke (winkte) mir die nette Frau mit dem Kind noch einmal...

Liebe Grüße
von Josi
 

Ofterdingen

Mitglied
Hallo Uschka,

Mir hat dein Text gefallen. Er macht zwar literarisch nichts her, aber ich fand es schön, all diese norddeutschen Menschen - deine Freunde und deine Feinde - vorgeführt zu bekommen, mit denen ich selber zwanzig Jahre lang äußerst üble Erfahrungen gemacht habe, und gleichzeitig denken zu können, dass ich mit denen hoffentlich nie wieder zu tun haben werde, weil ich jetzt weit entfernt von ihnen wohne. Solche Texte machen mir Mut, erinnern mich immer daran, wie schön mein Leben jetzt ist, und dafür bin ich dir dankbar.

LG,
Ofterdingen
 

Uschka

Mitglied
Nun, das freut mich, das du von der Geschichte doch noch etwas abgewinnen konntest. Die Geschichte habe ich damals bei einem Wettbewerb der Bahn hin geschickt und sie kam unter die letzten 10 von zig Tausenden.
LG Uschka
 



 
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