Berlin, Ostbahnhof

Berlin, Ostbahnhof
Es ist derselbe Bahnhof.

Ich steige aus
und stehe plötzlich zwischen lauter Menschen,
die warten und nach ihren Zügen sehen.
Der Lärm, das Licht durchfluten meine Sinne.
Ich gehe halb benommen ein paar Schritte
durch diese laute, fremde Welt.

Hier hab ich ihn zum ersten Mal gesehen.

Es ist derselbe Bahnhof.

Wenn ich nach Osten in die Weite blicke,
die sich am Ende dieses Bahnsteigs in der Sonne dehnt,
fällt mir die Fahrt ein in die Sommerfrische,
an jenem hellen Junitag,
als wir uns schon seit vielen Wochen kannten,

Da standen wir als Paar an dieser Stelle
und alles in mir jubelte und sang.

Es ist derselbe Bahnhof.

Ich sehe Paare küssend Abschied nehmen.
Wie ist die Eiseskälte damals in mein Herz gedrungen
an jenem Abschiedstag. Er ging bereits,
bevor mein Zug auch nur ins Rollen kam.

Dann hab ich flüchtig in der Menge
noch einmal sein Gesicht gesehen
und war zutiefst erschrocken.

Es ist derselbe Bahnhof.

noch immer ist er es. Nur ich
bin längst nicht mehr dieselbe.
Ich steige aus
und gehe ohne Zögern, unbeirrt
durch all den Lärm und all das Licht
zu dir.