Bewusstwerdung

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Hakan Tezkan

Gast
oder: schreibend denken
oder umgekehrt: denkend schreiben
 

R. Herder

Mitglied
Schreibend denken oder denkend schreiben?
Nimmernicht.

Filterprozesse, die, einmal begonnen, das Denken beschneiden, bis es sich als Buchstabenkompost auf Papier erbricht.
 

Carlo Ihde

Mitglied
"Schreibend denken oder umgekehrt denkend schreiben" halte ich für sehr flach. Sowieso scheinen sich an dieser Frage die Geister zu scheiden. So als würde man sagen: Schreiben ist für mich wie schriftliches Denken. Diese Aussage finde ich unterirdisch und unreflektiert. Vielleicht sollten solche erstmal darüber schreiben, was sie da für ein Zeug schreiben. Hoffentlich geht das Denken nicht immer den Umweg über das Schreiben.Hinterher könnte man nicht behaupten, dass man beides wirklich beherrsche...

Ich halte die Glieder "schreiben" und "denken" keinesfalls für problemfrei in eine Gleichung setzbar und umkehrbar. Wer das tut, entlarvt meist seinen Unverstand und verkrallt sich in Sätzen, die dem ungeübten Auge distinktive Funktion in der Charakteranalyse solcher Aussager sein will. Und trotzdem bleibt es billige Bauernphilosophie.



Dazu noch ein Zitat von Franz Fühmann aus "Zweiundzwanzig Tage oder Die Hälfte des Lebens", S.91:

"Kann man sagen, was man nicht denken kann? Was zum Beispiel denkt man, wenn man "aua" sagt? Denkt man da etwas, oder sagt man da etwas, ohne zu denken, undzwar etwas, was man auch denken könnte, oder sagt man da etwas, was in Gedanken nicht fassen kann? Natürlich kann ich "aua" in dem Sinn denken, dass ich diese Laute mit innerer Stimme ausspreche, aber dann denke ich nicht "aua", dann realisiere ich meinen Vorsatz, den Lautkomplex "aua" unhörbar zu reproduzieren..."



Wenn man schriftlich oder schreibend denken könnte, hieße es, dass sich Gedachtes mithilfe der Schrift eins zu eins realisieren ließe und keine Dechiffrierung vonstatten gehen müsse. Ich jedenfalls unterstütze Fühmanns Plädoyer für eine Eigenständigkeit, die das Denken vorrangig noch vor dem Schreiben hat. Und Geschriebenes ist keineswegs abschlagsfreies Wiedergeben von Gedachtem. Es sei denn, jemand möchte tatsächlich behaupten, dass er so langsam denkt, dass er Zeit hat, um all das (...wenige?) aufzuschreiben.
 
H

Hakan Tezkan

Gast
oweia, carlo, dass du immer alles so ernst nehmen musst...
 
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Hakan Tezkan

Gast
ist ja kein ding, dein beitrag ist übrigens sehr interessant, erinnert mich an meinen deutsch-lk, sprachtheorien und so... erweitert die sprache die möglichkeiten des denkens und so...
germanistik gehabsel und so...
und so...
so...
...
 

Carlo Ihde

Mitglied
Schade, dass du es als Gehabsel bezeichnest. Für mich wirds mal Beruf werden.

Na gut, dann kann ich wenigstens aufrechten Hauptes sagen: "Jawohl, ich verdiene mein Geld mit Gehabsel."
 
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Hakan Tezkan

Gast
das war auch wieder ironisch gemeint... ich glaub, ich muss das echt noch einmal üben...
 
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Hakan Tezkan

Gast
ich hasse das internet... kommunikation ist so schwierig, es ermüdet mich...
 

R. Herder

Mitglied
Carlos Anfangsbeitrag erinnert mich ein bisschen an Mead. Geist, Identität und so.

Wehe, ich komm wegen euch ins Lupanum!

Trotzdem schön, dass ihr hier kommuniziert.
 

Carlo Ihde

Mitglied
Mir scheint, man kann, unabhängig vom Gegenstand, in der LL nicht wirklich kommunzieren. Lediglich sich pirouettenreich gegenseitig am Kommunizieren hindern und sich mühsam dabei selbst beobachten.
Nichtsdestotrotziger schlägt man hier selten ein Angebot zu diesem hinkenden Versuch von Kommunikation aus. Das ist ein generelles Problem. Damit müssen wir leben. Oder schreiben. Oder denken. Jenachdem was man womit schmerzfrei verkausalisieren kann, oder will.

Achso, ich lasse eine meiner seltenen Bewertungen hier. Auch wenn ich nichts darüber gesagt haben will, welchen Aspekt an dem umfangreichen Werk darüber ich bewertet haben möchte...

Mit freundlichen, förmlichen Grüßen
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo René,

Du bist bei meinem Lieblingsfranzosen gelandet! Ich muss den "Teste" unbedingt mal wiederlesen. Erinnere mich an das Zitat gar nicht mehr. Danke für´s Ausgraben dieses Schatzes.

"Bis an die Zähne bewaffnet in sich eindringen" das ist eine gefährlich wahrhaftige Offenbahrung. Wer mit Blumen und Liebesliedern in sich geht wird Statuen seiner selbst in Schafgestalt finden.
Valéries Leben ist ebenso spannend und unspektakulär zu lesen wie seine Texte. Er hat sein Denken bravourös verfeinernd schreibend destilliert; der große Stauner seiner eigenen Monströsität.

Gruß von Elke
 



 
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