Bierdosen

bassimax

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Bierdosen



'Wenn ich alt bin werde ich bestimmt den ganzen Tag aus dem Fenster schauen' dachte Matthias. Er stand auf dem Balkon, seine Ellenbogen auf der Brüstung aufgestützt und rauchte eine. Die Wohnung befand sich im vierten Stock eines Mietshauses, eines hässlichen grauen Mietshauses, das wie ein Fremdkörper in einer ansonsten recht schönen Wohngegend stand. Was er von hier oben sah gefiel ihm. Der kleine Park vor dem Haus, schmucke Einfamilienhäuser und einen wunderbaren Sonnenuntergang, der den Himmel in ein Fernweh erweckendes rot tauchte. Dazu das Vogelgezwitscher. Es war ein Frühsommertag der sich hier seinem Ende zu neigte. Matthias streckte sich, atmete tief ein um ein bisschen von dieser Atmosphäre einzusaugen.
Matthias hatte den ganzen Tag vertrödelt. Ein bisschen Musik gehört, telefoniert, ein Buch begonnen und wieder beiseite gelegt.
Er ging wieder in rein und stand unschlüssig im Wohnzimmer. Es war eine gemütliche Wohnung. Viel Massivholz, Pflanzen, und Posterdrucke an den Wänden. Er sah sich um, in der Hoffnung das er etwas sehen würde das sein Interesse wecke könnte.Fehlanzeige. Erst mal hinsetzen. Matthias wusste nicht so recht was er mit sich anfangen sollte. 'Blöd genug einen solch schönen Tag zu verpennen', tadelte er sich. 'Fast peinlich'.
Er ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Aus purer Langeweile nahm er ein paar Salamischeiben heraus, die er vor dem Kühlschrank hockend gleich verzehrte. Dann bemerkte er das noch Kaffee in der Kanne war. Er goss sich etwas davon in ein Glas das zufällig herumstand und trank den kalten Kaffee. Wieder ins Wohnzimmer.
"Scheiße, ist das öde!" sagte er laut.
Unmotiviert legte er eine CD ein. Im fiel auf, dass er schmutziges Geschirr auf dem Tisch in der Essecke hatte stehen lassen und das Klamotten von ihm herumlagen.
Am Morgen hatte er Sabine verabschiedet. Sie war von ihrem Chef zu einer Fortbildung verdonnert worden, über das Wochenende. Ihre Abwesendheit schien den normalerweise mühsam gebändigten Schlamper in ihm zu reaktiviert haben. Montag Mittag würde sie erst wiederkommen. Matthias saß in seinem Sessel vor dem dunklen Fernseher. Er hatte keine Lust das Gerät einzuschalten.
'Langeweile ist der würdelose Bruder der Freiheit' fiel ihm ein und hielt diesen Satz für ziemlich gut. Rechts neben seinem Sessel stand ein kleines Tischchen. Darauf, in einem silbernen Art-deco- Rahmen, ein Bild von sich und Sabine.
'Sabine!' dachte er und nimmt das Bild in die Hand. Es ist bereits fünf Jahre alt. Und genauso lange waren sie jetzt zusammen. Ein schönes Foto. Ein Freund hatte es in einem Park aufgenommen. Sie saßen auf einer Bank, hatten die Arme umeinander gelegt und sahen sich lächelnd an. Man konnte erkennen das Matthias recht groß ist, einsneunzig. Seine braunen Haare waren auf dem Bild nach hinten gekämmt, seine blauen Augen glitzerten vor Verliebtheit. Sabine trug damals einen Pagenkopf, sie hat blonde Haare und hat auch blaue Augen. Eine hübsche Frau. Ein kleines Näschen. Matthias mochte es nicht wenn Frauen große Nasen hatten.
Sabine hatte sich in den letzten fünf Jahren durchaus verändert, was ihr Aussehen betrifft. Ihr Arsch war breiter geworden, insgesamt ist sie etwas molliger geworden. Und das Gespenst der Cellulitis war auch an ihr nicht vorübergegangen. Eine ausgleichende Gerechtigkeit zum männlichen Haarausfall, fand Matthias. Denn seine Stirn war in letzter Zeit etwas höher geworden. Beide waren 33 Jahre alt.
'Liebe ich sie eigentlich noch?' fragte er sich, so als hoffe er eine interessante Diskussion mit sich selbst beginnen zu können. Aber diese Frage wurde von seinem Innersten nicht aufgenommen.
Er stellte das Bild zurück. Entschlossen erhob er sich plötzlich aus dem Sessel, so als habe er sich aufgerafft etwas lange verschobenes endlich zu erledigen. Und stand wieder tatenlos im Raum.
Im Zimmer umherschlendernd dachte er über Sabine nach. Er wunderte sich das ihm so langweilig war nur weil sie fort war. Wäre sie da gewesen, wäre ihm nicht so fade zumute, selbst wenn er nichts getan hätte. Das wusste er genau. Dabei war sie keine besonders aufregende Frau. Eher eine liebe Frau. Immer geduldig und verständnisvoll. Bescheiden und beharrlich fraß sie sich durch ihren Lebenskuchen, weder sich noch irgendwelche Schwierigkeiten besonders wichtig nehmend.
Diese Gleichförmigkeit war es die ihn manchmal störte. Selten stritten sie. Der letzte Streit dürfte bereits ein halbes Jahr zurückliegen. Matthias hatte ihn begonnen. Er war, ohne das er wusste warum, den ganzen Tag schon gereizt gewesen. Als er heimkam spürte Sabine das er sauer war und wurde noch lieber als sonst. Was an Matthias jedoch abprallte. Er wollte streiten, so wie andere Paare das gelegentlich auch taten. An diesem Tag konnte er die üblichen Harmonie einfach nicht ertragen, fühlte sich eingeengt durch das ewig Nette das ihn umgab und das auch ihn zwang nett zu sein. Es wäre ihm nur recht gewesen wenn sie mal Anlass zu Ärger und Wut gegeben hätte. Aber das tat sie nicht. Sie gab keinerlei Anlass zu Beschwerden. Denn Streit und Kritik warfen
sie nur allzu leicht in ein dunkles Loch des Selbstzweifels. Selbst
wenn er nur schlecht gelaunt war, aus Gründen die überhaupt nichts mit ihr zu tun hatten, erweckte das allergrößte Sorge in ihr,
ließ sie nach imaginären Fehlern suchen, die sie wohlmöglich begangen hatte.
Am damaligen Tag des Zornes war ihm das egal gewesen. Er wollte streiten und zwar mit ihr. Und es war ihm scheißegal gewesen das sie noch zahmer und lieber als sonst war. Wütend war er im Zimmer umhergegangen.
"Was ist denn Schatz?" hatte Sabine gefragt.
Er hatte nicht geantwortet . Ihm war zwar kurz in den Sinn gekommen wie unmöglich sein Verhalten auf sie wirken musste, aber das hatte ihn nur noch ärgerlicher gemacht.
"Soll ich dir einen Tee machen?"
"Nein!" abweisend war seine Antwort gewesen.
Gebannt und ängstlich hatte sie sein Verhalten betrachtet und das Schlimmste befürchtet. Befürchtet das die Geister die sie durch tadelloses Benehmen in seinem Wesen bannen wollte doch noch aus seinem Munde sprechen würden und schlimmstenfalls die Beziehung beenden.
Sein Blick war auf seinen Arbeitsplatz gefallen, der sich neben der Essecke zusätzlich im geräumigen Wohnzimmer befand. Sie hatte ihn wieder mal aufgeräumt. Gegen seinen mehrfach erklärten Willen, das ihm vertraute Chaos durch die Bildung ordentlicher Papierstöße zerstört. Das hatte er zum Anlass genommen sich etwas von seinem Druck zu entlasten. Ungerecht klagte er sie an, da sich gerechte Klagen ums Verrecken nicht auftreiben ließen. Weitere, dumme Vorwürfe fielen ihm ein. Das sie sich langweilig kleide, das sie immer so lang mit ihrer Mutter telefoniere, und das es endlos dauere bis sie sich vor dem monatlichen Kinobesuch zurechtgemacht habe. Er stichelte solange bis sie sich der Mühe die sie sich gab um eine harmonische Beziehung zu führen bewusst wurde und endlich auch sauer wurde. Denn sie fühlte sich ungerecht behandelt. Und dachte 'Was soll ich denn noch alles tun?' So war es schließlich zu einem Streit gekommen. Endlich war es mal laut in dieser Wohnung gewesen. Sabine allerdings hatte nicht lange nach fiktiven Vorwürfen suchen müssen. Denn Matthias war ein Chaot, er war unordentlich. Außerdem wirkte sein Erscheinungsbild oft schlampig. Seine Haare waren wirr, sein Hemd hing hinten immer aus der Hose und oft rasierte er sich tagelang nicht.
Insgesamt wirkte so ein Streit sehr wohltuend auf Matthias. Matthias liebte es, Sabine hasste es.
Hatte man sich beruhigt und auch angemessen lange geschmollt, wurden vorsichtige Annäherungsversuche unternommen. Die Nachstreitphase hatte nur Vorteile. Man schätzte den anderen wieder mehr, denn man fühlte das man es mit einem Menschen zu tun hatte der, wenn es drauf ankam, bereit war sein Revier zu verteidigen. Leichte Verlustängste gingen damit einher und steigerten die Begehrlichkeit des anderen. Den man haben wollte. Am Ende dieser seltenen, aber durchaus notwendigen Grabenkämpfe stand immer wunderbarer Sex. Sex von der besonderen Art, mit viel Liebe, Hingabe und Vertrauen. Kein Vergleich zu den, mittlerweile etwas rarer gewordenen, normalen Vereinigungen. Diese hatten doch manchmal einen leichten Touch von gegenseitiger Pflichterfüllung und dem Ausleben gewisser biologischer Notwendigkeiten.

Matthias dachte jetzt kurz daran Freunde anzurufen. Verwarf diese Idee aber wieder. Schließlich waren aus diesen Freunden mittlerweile nur noch Bekannte geworden. Er hatte sich Stück für Stück zurückgezogen, und ließ nur noch selten von sich hören. Es wäre ihm peinlich gewesen diese jetzt zu aktivieren, nur weil er mal allein war.
Begonnen hatte seine schleichende Abkehr am Beginn seiner Beziehung zu Sabine. Hochverliebt wie er war ein verständliches, auch von den Freunden akzeptierte Verhalten. Nur das Wiederauftauchen, nachdem der erste Rausch einer gefestigten Partnerschaft gewichen war, hatte nicht stattgefunden. Denn er hatte bemerkt das Sabine darunter litt wenn er mit Kumpels um die Häuser zog. Natürlich hätte sie das nie zugegeben, und auch nie versucht das zu verhindern. Aber er spürte es doch. Und wusste das sie große Angst hatte das er, Matthias, bei seinen Streifzügen eine andere Frau kennen lernen würde. Und irgendwie fühlte er sich durch diese Angst geehrt. Er fühlte sich bedeutsam und fand es schön für einen anderen Menschen sehr wichtig zu sein. Und das hatte ihn glücklich gemacht.
Sabine war erst seine zweite Freundin. Seine erste Beziehung, die er mit Anfang zwanzig begonnen hatte, war ein Desaster gewesen. Seine damalige Freundin hieß Alexandra. Sie war sehr schön gewesen. Eigentlich zu schön und Matthias hatte sich gewundert warum sie ihn gewählt hatte. Sie hatte ihn oft betrogen, was die schlimmsten Schmerzen in seiner unerfahrenen Seele anrichtete. Mit Zuckerbrot und Peitsche hatte sie ihn behandelt. Und egal was sie ihm damals angetan hatte, ein nettes Lächeln und ein tiefer Blick, verbunden mit einer Umarmung ließen ihn wieder dahinschmelzen und alles vergeben. Dann wog er sich einige Tage in Sicherheit, bis sie das nächste Attentat auf ihn verübt hatte. Schließlich hatte Matthias versucht sich Treue und berechenbares Verhalten zu erkaufen. Seine Ersparnisse wurden für Schmuck und Einladungen geopfert. Woraufhin sie ihm euphorisch versichert hatte wie wichtig er für sie sei.
Matthias floh in den Alkohol. Und an einigen Tagen, wenn sie z.B. am Vortag in seiner Gegenwart mit einer Frau geknutscht hatte, denn sie war bisexuell, begann er schon am morgen damit.
Er war ihr nicht gewachsen gewesen. Schließlich war sie es gewesen die diese Beziehung beendet hatte. In einer Kneipe. Im Beisein zweier ihm kaum bekannter Freunde von ihr. Aus
Aber Matthias hatte sich schnell wieder aufgerappelt. Der Alkohol spielte zwar immer noch eine Rolle in seinem Leben, hatte aber keine lebenserhaltende Bedeutung mehr. In den kommenden Jahren begann er einige kurze Affären, ließ sich aber auf nichts Ernsteres ein. Zu deutlich lebten in ihm die Erinnerungen an Alexandra.
Bis er Sabine getroffen hatte. Dankbar war er gewesen, und ist es noch. Dem Schicksal und ihr gegenüber. Und diese Dankbarkeit war es, die ihn bei seinem Rückzug aus alten Freundschaften unterstützte, es ihm leicht machte. Denn zuhause hatte er einen Schatz, der immer froh war das es ihn gab. So war es gewesen.
Jetzt aber war er allein und hatte niemanden den er anrufen konnte. Er wunderte sich das ihm nichts einfiel was er tun könnte. Denn eigentlich, so überlegte er, war er heute frei. Es galt keine Rücksicht auf irgendjemanden zu nehmen. Matthias begann zu grübeln.
"Bin ich denn nur jemand wenn Sabine da ist? Bin ich nur ein halber Mensch, wenn ich ohne sie bin?" Dabei vermisste er sie nicht einmal. Hatte sich im Vorfeld darauf gefreut, das sie mal einige Tage fort ist, dachte an etwas unbefangenere Tage, und hatte eine vage Vorstellung von Zügellosigkeit gehabt.
"Wo bin ich nur hin verschwunden?" fragte er sich. Er ging zum Kühlschrank und griff sich zwei Dosen Bier. Setzte sich wieder und trank. Seine Gedanken kreisten weiter um das leere Gefühl in seinem Schädel und darum woher es wohl kommen mag.
Er bekam auf einmal Lust sich seine "Vergangenheitskiste" anzusehen. Das war ein großer Schuhkarton voller alte Fotos, Briefen, und anderen Dingen, die er für würdig befunden hatte offiziell Bestandteil seiner Vergangenheit zu sein. Er holte die Schachtel unter dem Bett hervor und blieb gleich dort sitzen. Er öffnete die Schachtel. Das erste war er sah waren einige Musikcasetten. Er erinnerte sich sie in seinem ersten Auto pausenlos gespielt zu haben. Die besten Lieder all seiner Platten hatte er aufgenommen. Um dadurch sowohl sein erstes Auto als auch den wunderschönen Sommer zu feiern. Den er damals genossen hatte wie noch keinen. Frei hatte er sich gefühlt, auf Parties und Grillfeste war er gegangen. Und es war ihm gelungen einen One-Night-Stand zu ergattern. Das war der schönste Sommer seinen Lebens. Neunzehn war er gewesen.
Als nächstes fand er einen Teelöffel, der auf groteske Art verbogen war. Der Löffel erinnerte ihn an ein Treffen mit einem Freund. In einem Biergarten hatten sie sich verabredet. Mussten jedoch feststellen das die Saison beendet war. Bänke und Tisch lagenzusammen- geklappt im Kies. Trostlos war es, herbstlich grau. Ein leichter Nieselregen machte alles feucht. Das einzige was ihnen blieb war, von einem Pennerkiosk in der Nähe Bierdosen zu holen und einen der Tische wieder aufzuklappen. So waren sie dagesessen und wurden immer besoffener und alberner. Es war, als hätte man angesichts der Tristesse nur die Möglichkeit gehabt vor dem Ansinnen sich einen schönen Tag zu machen zu kapitulieren, sei von dieser Pflicht entbunden gewesen. Und lachte statt dessen lieber laut, machten Witze und blödelte. Und das hatten sie stundenlang getan. Kurz bevor sie gegangen waren fand Matthias einen Teelöffel im Kies liegen. Um ein Andenken an diesen Nachmittag zu haben, hatte er ihn kreisförmig verbogen. Er wollte nicht vergessen wieviel Glück aus größter Trostlosigkeit entstehen kann.
Jetzt kommt er zu den Fotos. Zuerst die von der Bundeswehr, die er schnell übergeht. Ansonsten jede Menge Partyfotos, Fotos von ehemaligen Freunden und ein Foto von dem Mädchen, bei dem er seine Jungfräulichkeit verloren hatte. Sonja hatte sie geheißen. Und hübsch war sie gewesen. Nur eine Woche war man beisammen gewesen. Sie mussten ihre frische Liebe beenden, da Sonja mit ihrer Familie weggezogen ist. Aber immerhin, er hatte seinen ersten Sex gehabt und deshalb war es den Schmerz wert gewesen. Als er das Foto sieht erinnert er sich daran wie verliebt er gewesen war. Er streichelte das Foto mit dem Zeigefinger und sprach leise ihren Namen aus.
Matthias sucht jetzt ein ganz bestimmtes Foto. Und findet es. Auf diesem Foto war er 21 Jahre alt. Cool stand er gegen seinen Wagen gelehnt, mit einer Bierdose in der Hand. Aufrecht und selbstsicher
ist seine Körperhaltung. Er trägt auf dem Bild eine schwarze Lederjacke. Was er an diesem Bild mag ist sein Gesichtsausdruck.
Er was nicht aufgesetzt, oder auf die spätere Wirkung der Aufnahme bedacht. Der Ausdruck war echt und spiegelte Selbstsicherheit, Ruhe und Kraft wieder. So war er natürlich auch damals nicht immer gewesen. Oft war sogar das Gegenteil der Fall, besonders was Frauen anging. Aber an diesem Tag war es anders gewesen. Ohne äußeren Anlass war er stark und souverän gewesen.
Matthias betrachtete das Foto ganz genau. Und kam sich jetzt der abgebildeten Person unterlegen vor. Er hatte jetzt das zweite Bier geleert und seufzt. Er fühlte sich unwohl und fragte sich was aus ihm geworden ist. 'Werde ich jetzt schon langweilig? Kraftlos? Versehen mit einem dumpfen Wohlbefinden das an das Beisammensein mit einer lieben Frau gebunden ist? Und das zusammenbricht sobald sie fort ist? Fühle ich vielleicht jetzt erst meinen wahren Zustand? Der durch ihr Dasein in meinem Leben nur Kaschiert wird?'
"Ich hätte besser aufpassen sollen!" sagt er laut. "Ja, ich hätte besser aufpassen sollen!"
Er stand auf und lächelte. 'Welchem Rat würde ich jetzt einem Freund geben? ' dachte er. Laut sagte er zu sich:
"Warte nicht darauf bis die Leere verschwindet! Fülle Sie! Niemand hindert dich das zu tun was du willst. Darauf zu warten das ein unangenehmes Gefühl verschwindet heißt, sich diesem auszuliefern. Mache dir selber deine Gefühle! Krieg' deinen Arsch hoch und mache etwas aufregendes!"
'Genau!' dachte er jetzt. 'Aber was?'
Wieder sagt er laut zu sich:
"Du kannst darüber nachdenken was zu tun ist, oder etwas tun. Letzteres nennt sich 'Leben'!"
'Schon wieder hab' ich recht!' dachte er.
Nachdem er noch etwas auf und ab gegangen ist, und sein Gesicht sich dabei mehr und mehr aufgeheitert hat, bis hin zu einem frechen Grinsen, hatte er eine Idee.
'Ich werde diese Nacht nutzen!' beschloss er 'Ich mache einen Vertrag mit mir. Einen Vertrag, der folgende Klauseln enthält:
1. Heute nacht erlaube ich mir alles.
2. Ich werde niemanden fragen, auch nicht im Geiste, wie ihm das gefällt.
3. Ich gehe keiner Schwierigkeit aus dem Weg.
4. Ich erwarte nichts, denn ich will mich frei fühlen.
5. Egal was passiert, ich werde mich später nicht anklagen.
6. Ich werde all das bedingungslos durchsetzen.'

Er hatte eine Entscheidung getroffen. Der Vertrag galt.

Er ging ins Schlafzimmer um sich ausgehfertig zu kleiden. Er zog eine Bluejeans und eine weißes Unterhemd an, setzte sich seine dunkle Baseballkappe auf. Dann schlüpfte er in seine schwarzen Bikerboots. Zum Schluss wühlte er seine alte, leicht versiffte, hüftlange Lederjacke aus dem Schrank. Er nahm seine alten Kassetten und verstaute sie in der Jackentasche. Er schloss
die Augen, dachte kurz nach was er noch gebrauchen könnte. Ahja, Zigaretten, das restliche Bier und Geld. Und ein Kondom. Er suchte alles zusammen, das Bier tat er in einen Stoffbeutel.

Matthias war überzeugt von seinem Vorhaben. Und er wusste das es gelingen würde eine aufregende Nacht zu verbringen. Denn er war entschlossen Aufregung zu erschaffen und bereit die Folgen zu tragen.
"Das wollen wir doch mal sehen, ob ich schon erledigt bin!" sagte er zu sich.

Er wollte gerade losgehen, als er hörte wie ein Schlüssel in der Wohnungstür umgedreht wurde. Und Sabine in der Tür stehen sah.
"Grüß' dich Matthias! Stell' dir vor, der Ausbildungsleiter hatte einen Unfall. Der Kurs ist abgesagt!"
Sie trat ins Wohnzimmer, noch etwas außer Atem vom Gewicht der Reisetasche. Sie sah Matthias aufbruchbereit im Raum stehen. Sie bemerkte das er seine alten Klamotten trug. Sogar die schreckliche Lederjacke. Und einen Stoffbeutel in der Rechten trägt, durch den sich deutlich Bierdosen abzeichnen.
"Grüss' dich Sabine!" antwortete Matthias,
"Oh! Gehst du weg?" fragte sie erstaunt.
Pause.
„Nein. Ich war nur bei der Tankstelle. Ich hab’ mir Bier gekauft!“
 

Libell

Mitglied
Hallo Sebastian,

Deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Du hast den unterlassenen Ausbruchsversuch aus einer eintönigen Beziehung sehr einfühlsam geschildert. Oft liebt einer mehr als der andere - oft sind Sehnsüchte nie ausgelebt worden - oft werden Konflikte ausgeschwiegen. Auch der Schluß gefällt mir, er macht die Ausweglosigkeit so richtig deutlich.

Libell
 

majissa

Mitglied
hallo bassimax,

das thema der geschichte ist interessant. das überraschende ende und das klägliche scheitern des protagonisten, den ausbruchversuch aus seinem leben in die tat umzusetzen, hat mich schmunzeln lassen.

trotzdem solltest du am lokalkolorit arbeiten und versuchen, die vielen rechtschreibe- und interpunktionsfehler zu vermeiden.
der titel gefällt mir nicht. er macht nicht neugierig.

ich glaube, daß du das thema besser umsetzen könntest.

liebe grüße
majissa
 
A

annabelle g.

Gast
da bist du ja wieder, bassimax!

ich finde das deine beste geschichte, in so etwas unspektakulärem fühle ich mich wohl, etwas das jeder kennt und mit dem sich jeder variationsreich rumschlägt den lieben langen tag

eine sache finde ich SEHR interessant, du verwendest es aber nur sporadisch: das plötzliche präsens.

"er streichelt das foto mit dem zeigefinger und spricht leise ihren namen aus."

das ist sehr intensiv, warum baust du das nicht aus, das ist ein gutes stilmittel, vielleicht auch für den schluss?

(das probiere ich auch mal)

der titel bierdosen ist mir auch nicht klar.
und der typ, der so cool losziehen will, hat einen stoffbeutel?

schöne grüße annabelle
 

Ronja

Mitglied
Was für ein Problem hast Du eigentlich mit Frauen?
Obwohl die Idee des Moments einer Beziehung nicht schlecht und sicher aus dem Leben gegriffen ist, hast Du sie leider phantasielos und ohne jegliche Intensität beschrieben, ja fast lieblos dahin gekritzelt. Dagegen scheint Deine Geschichte über den Hund wesentlich impulsiver, wenn auch gänzlich überzogen. Am Ende beider Geschichten bleibt ein schlechter Schauspieler mit einer dunklen Seite die er gerne ausleben möchte, aber den Mut dafür nicht aufbringt - DU!
 

Iris

Mitglied
Na na Ronja, nun werde mal nicht persönlich. Ich finde überhaupt nicht, daß bassimax die Situation phantasielos und nicht intensiv genug geschildert hat. Im Gegenteil, ich kann die inneren Monologe von dem Matthias sehr gut nachvollziehen.

Und was soll das mit dem schlechten Schauspieler und der nicht ausgelebten dunklen Seite?! Wir haben doch alle unsere dunklen Seiten und es braucht viel Mut, sich dazu zu bekennen und sie auszuleben. Manche träumen nur ihr Leben lang.

Viele Grüße
Iris
 

GabiSils

Mitglied
Stilmittel?

Hallo bassimax, ist das plötzliche Präsens wirklich als Stilmittel gedacht? Mir kam es eher unmotiviert vor, hat mich beim Lesen auch gestört - die Geschichte finde ich interessant, auch lesbar geschrieben, aber die plötzlichen Tempuswechsel irritieren mich eher. Wenns ein Stilmittel ist, bitte erklären!

Gruß
Gabi
 

bassimax

Mitglied
hallo Gabi!

Die plötzlich auftauchende Gegenwartsform war ein Fehler, ich hatte ihn beim korrigieren übersehen.
sebastian
 

Ronja

Mitglied
Lieber Sebastian,

was ich sicher nicht wollte war, Deine Psyche anzugreifen. Sollte ich es dennoch getan haben, so entschuldige ich mich in aller Form bei Dir.
Meine Meinung - wenn auch sicher nicht vorsichtig formuliert - bleibt.
Deine Antwort spricht Bände...
Kennst Du das Sprichwort: Nur getroffene Hunde bellen!

Viele Grüsse
Ronja
 
A

annabelle g.

Gast
autor und figur

ich denke, man sollte den autoren immer von der figur trennen, also wenn überhaupt, hat matthias probleme mit frauen, für mich hat der ein mittleres langeweileproblem, und das kenne ich mit männern und frauen, ist nichts geschlechtsspezifisches.
das mit dem präsens als stilmittel - auch wenn´s hier nicht beabsichtigt war, habe ich gestern nacht noch mal in einer story versucht; es hat nicht funktioniert, aber trotzdem ist es interessant. ich schreibe immer in imperfekt und plusquamperfekt; zusamen mit dem präsens würde es wohl auf drei zeiten rauslaufen, ich kann mir nicht vorstellen, ohne das imperfekt auszukommen. aber ich versuche das noch mal, denn das präsens macht die figur logisch gegenwärtiger.
schöne grüße annabelle
 

bassimax

Mitglied
hallo annabell,

leider kenne ich mich in grammatik nicht so gut aus
wie du. ich hätte in der schule besser aufpassen sollen.
normalerweise bevorzuge ich es in der vergangenheit
zu beginnen, um die geschichte zum ende hin in die gegen-
wart zu setzen. das funktioniert recht gut. aber da
ich manchmal etwas zu intuitiv arbeite, unterlaufen mir
halt gelegentlich fehler.
einen schönen gruss
sebastian
 
A

annabelle g.

Gast
na eben,

ich habe es noch nie versucht, ihn in der gegenwart enden zu lassen - eventuell in jedem abschnitt. (das ist die abteilung "entdecke die möglichkeiten"). aber drei zeiten auf einmal jonglieren klappte wie gesagt letzte nacht nicht. ciao bassimax, ich grüße dich mit meinem neuen spruch, annabelle
 



 
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