Eine vorsichtige Stille liegt über der Stadt. Es ist die Zeit zwischen dem Schlafengehen der Einen und dem Aufstehen der Anderen. Die letzten Kneipiers und Bartender entledigen sich der Unverdrossenen und es ewig Aushaltenden; derer, die vielleicht kein Zuhause haben oder nicht dorthin zurückgehen wollen, weil sie dort nichts erwartet, als eine kalte, klamme Einsamkeit.
Zu dieser Stunde gehören die Straßen niemandem; ein, zwei der Unverdrossenen stören das Bild der vollkommenen Ruhe und die Jungfräulichkeit des frühen Morgens.
Die Häuser sind dunkel. Noch erreicht das fahle Licht des heller werdendenden Himmels nicht die Fenster, vermag die beobachtenden Augen dahinter nicht zu enttarnen. Kein Scheinwerfer eines verirrten Autos durchbricht das Zwielicht; noch nicht einmal der Mond erhellt die Szenerie. Die hohen, gebogenen Laternen sind tot, dunkel, ihr kaltes Licht eingespart.
Tief unten, am Grund des Molochs, fällt scheppernd eine Tür ins Schloss.
Eine Gestalt löst sich aus dem schwarzen Schatten eines Hauseingangs und schleicht fast lautlos durch die Häuserschluchten, nur vereinzelt hört man die Absätze der schmalen Stiefel auf dem Pflaster klappern. Sie trägt einen seltsam altmodisch anmutenden Kapuzenumhang, den sie, in sich selbst geduckt, enger um die Schultern zieht. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, den Kopf gesenkt sieht sie fast nachdenklich aus, wie sie an jeder Hausecke verharrt und sich umschaut.
Die Luft ist lau und ein leiser Windhauch lässt die Krönchen der überlebenden Bäume flüstern und wispern. Lauschend, mit schräg gelegtem Kopf steht sie da, die Augen geschlossen, dem Lied des Windes lauschend. Als hätte sie verstanden, was er ihr sagen wollte, nickt sie kaum merklich und setzt ihrem Weg am Grund der Schluchten fort, immer darauf achtend, sich nicht aus dem schwarzen Schutz der Häuserzeile herauszuwagen.
Eine Böe reißt ihr die Kapuze vom Kopf und enthüllt, selbst im herrschenden Zwielicht zu erkennen, leuchtend rotes, wild gelocktes Haar. Überrascht greift sie danach, um es wieder gut geschützt zu verstecken, als es plötzlich taghell wird. Direkt neben ihr ist eine der Fensteröffnungen in gleißendes Licht getaucht, als hätte jemand einen Suchscheinwerfer auf sie gerichtet - entsetzt wähnt sie sich entdeckt, starrt mit grünen, grazil geschwungenen Katzenaugen und einem, zu einem ängstlichen Schrei aufgerissenen Mund, hinauf – doch erleichtert erkennt sie, dass nur jemand den, für das winzige Zimmer viel zu großen, Kronleuchter eingeschaltet hat.
Mit einem tiefen Seufzer und wild klopfendem Herzen bändigt sie mit schnellen Griffen ihre Haarpracht und wendet sich vom hellen, feindlichen Licht ab. Alles, was man nun noch von ihr erkennen könnte, selbst wenn man direkt neben ihr stünde, ist ihre schmale, großgewachsene Gestalt, die sich deutlich unter dem halblangen Umhang abzeichnet und das ein wenig zu spitze Kinn mit dem vollen, sinnlichen Mund darüber.
Hastig rafft sie Umhang und Kapuze enger um sich und verfällt in schnelleren Laufschritt, ungeachtet des nun lauten Klapperns ihrer schwarzen, eng geschnürten Stiefel.
Ein paar Querstrassen weiter findet sie endlich ihren Wagen, öffnet die Tür mit einer Fernbedienung und gleitet erleichtert aber elegant wie eine Tänzerin hinter das Lenkrad. Ihre brilliantengeschmückten, langgliedrigen Finger umklammern es fest, wenn man jedoch in ihr Gesicht blicken könnte, sähe der Betrachter Triumph, Befriedigung und höchste Zufriedenheit - und ein strahlendes Lächeln.
Die Sonne hat längst den Zenit überschritten, als unsere Schönheit, sich zwischen ihren seidenen Laken räkelnd, erwacht. Eine senkrechte, tiefe Falte aufkeimender Unzufriedenheit zeigt sich jedoch bald auf ihrer ansonsten glatten, makellosen Stirn. Im Aufstehen greift sie nach einem sündig leichten, dünnen Mantel, den sie sich im Gehen über den ansonsten nackten Körper streift.
In der luxuriösen Küche schaltet sie noch vor der Kaffeemaschine die Stereoanlage ein und sucht nach einem Radiosender. Während sie nervös mit den tiefrot lackierten Fingernägeln auf der Marmorplatte herumtrommelt, plärrt eine weibliche Stimme, nach dem Jingle, der die Nachrichten ankündigt, den Namen ihrer Stadt, gefolgt von der Meldung, ein stadtbekannter Kunstmäzen sei am Morgen von der Putzfrau tot in einer seiner Wohnungen aufgefunden worden - grausam ermordet, in den frühen Morgenstunden.
Als der Duft des frischen Kaffees schon durch die ganze Villa zieht, sitzt die Schönheit bereits am Küchentisch, vor ihr ein Laptop. Mit leicht geröteten Wangen, die Zungenspitze konzentriert zwischen den mittlerweile wieder dezent rot bemalten Lippen, gleiten ihre Finger schnell, fast liebevoll über die Tastatur. Auf dem Bildschirm eine Internetseite, unaufdringlich, mit dezenter Farbauswahl in weiß, creme und einem dunklen gelb, links oben in der Ecke ein Logo. In der Mitte die Überschrift Kontaktanzeige und ein graues Kästchen, in dem ungeduldig der Cursor hinter dem bereits Geschriebenen blinkt:
Gelangweilte, einsame Ehefrau, die durch ihren Modeljob nicht ausgefüllt ist, sehr gut situiert, Abschluss der Kunstakademie mit Auszeichnung, sucht interessanten, gutaussehenden, eloquenten Herrn, der sie wieder daran erinnert, warum es sich zu leben lohnt ...
Eisig lächelnd klickt sie mit ihrem kleinen Finger, an dem unübersehbar ein riesiger Diamantring steckt, auf die Return-Taste ...
Bist Du der Nächste?
Zu dieser Stunde gehören die Straßen niemandem; ein, zwei der Unverdrossenen stören das Bild der vollkommenen Ruhe und die Jungfräulichkeit des frühen Morgens.
Die Häuser sind dunkel. Noch erreicht das fahle Licht des heller werdendenden Himmels nicht die Fenster, vermag die beobachtenden Augen dahinter nicht zu enttarnen. Kein Scheinwerfer eines verirrten Autos durchbricht das Zwielicht; noch nicht einmal der Mond erhellt die Szenerie. Die hohen, gebogenen Laternen sind tot, dunkel, ihr kaltes Licht eingespart.
Tief unten, am Grund des Molochs, fällt scheppernd eine Tür ins Schloss.
Eine Gestalt löst sich aus dem schwarzen Schatten eines Hauseingangs und schleicht fast lautlos durch die Häuserschluchten, nur vereinzelt hört man die Absätze der schmalen Stiefel auf dem Pflaster klappern. Sie trägt einen seltsam altmodisch anmutenden Kapuzenumhang, den sie, in sich selbst geduckt, enger um die Schultern zieht. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, den Kopf gesenkt sieht sie fast nachdenklich aus, wie sie an jeder Hausecke verharrt und sich umschaut.
Die Luft ist lau und ein leiser Windhauch lässt die Krönchen der überlebenden Bäume flüstern und wispern. Lauschend, mit schräg gelegtem Kopf steht sie da, die Augen geschlossen, dem Lied des Windes lauschend. Als hätte sie verstanden, was er ihr sagen wollte, nickt sie kaum merklich und setzt ihrem Weg am Grund der Schluchten fort, immer darauf achtend, sich nicht aus dem schwarzen Schutz der Häuserzeile herauszuwagen.
Eine Böe reißt ihr die Kapuze vom Kopf und enthüllt, selbst im herrschenden Zwielicht zu erkennen, leuchtend rotes, wild gelocktes Haar. Überrascht greift sie danach, um es wieder gut geschützt zu verstecken, als es plötzlich taghell wird. Direkt neben ihr ist eine der Fensteröffnungen in gleißendes Licht getaucht, als hätte jemand einen Suchscheinwerfer auf sie gerichtet - entsetzt wähnt sie sich entdeckt, starrt mit grünen, grazil geschwungenen Katzenaugen und einem, zu einem ängstlichen Schrei aufgerissenen Mund, hinauf – doch erleichtert erkennt sie, dass nur jemand den, für das winzige Zimmer viel zu großen, Kronleuchter eingeschaltet hat.
Mit einem tiefen Seufzer und wild klopfendem Herzen bändigt sie mit schnellen Griffen ihre Haarpracht und wendet sich vom hellen, feindlichen Licht ab. Alles, was man nun noch von ihr erkennen könnte, selbst wenn man direkt neben ihr stünde, ist ihre schmale, großgewachsene Gestalt, die sich deutlich unter dem halblangen Umhang abzeichnet und das ein wenig zu spitze Kinn mit dem vollen, sinnlichen Mund darüber.
Hastig rafft sie Umhang und Kapuze enger um sich und verfällt in schnelleren Laufschritt, ungeachtet des nun lauten Klapperns ihrer schwarzen, eng geschnürten Stiefel.
Ein paar Querstrassen weiter findet sie endlich ihren Wagen, öffnet die Tür mit einer Fernbedienung und gleitet erleichtert aber elegant wie eine Tänzerin hinter das Lenkrad. Ihre brilliantengeschmückten, langgliedrigen Finger umklammern es fest, wenn man jedoch in ihr Gesicht blicken könnte, sähe der Betrachter Triumph, Befriedigung und höchste Zufriedenheit - und ein strahlendes Lächeln.
Die Sonne hat längst den Zenit überschritten, als unsere Schönheit, sich zwischen ihren seidenen Laken räkelnd, erwacht. Eine senkrechte, tiefe Falte aufkeimender Unzufriedenheit zeigt sich jedoch bald auf ihrer ansonsten glatten, makellosen Stirn. Im Aufstehen greift sie nach einem sündig leichten, dünnen Mantel, den sie sich im Gehen über den ansonsten nackten Körper streift.
In der luxuriösen Küche schaltet sie noch vor der Kaffeemaschine die Stereoanlage ein und sucht nach einem Radiosender. Während sie nervös mit den tiefrot lackierten Fingernägeln auf der Marmorplatte herumtrommelt, plärrt eine weibliche Stimme, nach dem Jingle, der die Nachrichten ankündigt, den Namen ihrer Stadt, gefolgt von der Meldung, ein stadtbekannter Kunstmäzen sei am Morgen von der Putzfrau tot in einer seiner Wohnungen aufgefunden worden - grausam ermordet, in den frühen Morgenstunden.
Als der Duft des frischen Kaffees schon durch die ganze Villa zieht, sitzt die Schönheit bereits am Küchentisch, vor ihr ein Laptop. Mit leicht geröteten Wangen, die Zungenspitze konzentriert zwischen den mittlerweile wieder dezent rot bemalten Lippen, gleiten ihre Finger schnell, fast liebevoll über die Tastatur. Auf dem Bildschirm eine Internetseite, unaufdringlich, mit dezenter Farbauswahl in weiß, creme und einem dunklen gelb, links oben in der Ecke ein Logo. In der Mitte die Überschrift Kontaktanzeige und ein graues Kästchen, in dem ungeduldig der Cursor hinter dem bereits Geschriebenen blinkt:
Gelangweilte, einsame Ehefrau, die durch ihren Modeljob nicht ausgefüllt ist, sehr gut situiert, Abschluss der Kunstakademie mit Auszeichnung, sucht interessanten, gutaussehenden, eloquenten Herrn, der sie wieder daran erinnert, warum es sich zu leben lohnt ...
Eisig lächelnd klickt sie mit ihrem kleinen Finger, an dem unübersehbar ein riesiger Diamantring steckt, auf die Return-Taste ...
Bist Du der Nächste?