Bitterböse Träume 3

Fredy Daxboeck

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Douglas verharrte einen Moment und überlegte fieberhaft, suchte nach einem Ausweg oder eine Möglichkeit zur Flucht, konnte aber nichts dergleichen ausmachen. Jeder Atemzug brannte in seinen Lungen. Er würde nicht mehr lange durchhalten. Nun, sie hetzten ihn auch seit gut einer Stunde durch diese verdammte Wildnis. Sie hatten ihn wahrscheinlich bereits umzingelt und würden ihm keine Chance lassen. Also suchte er nach einer Rückendeckung zum Kämpfen und fand sie in einer kleinen Felsgruppe rechts von ihm. Hier stürzte er hin und stellte sich breitbeinig davor auf. Vor ihm standen eine Reihe hoher Fichten. Sie würden ihn vor den Lang-bogen seiner Feinde schützen. Hier waren sie sinnlos. Seine Gegner mussten einzeln oder zu zweit kommen. Und damit würde er fertig werden. Douglas sog tief die Luft in seine Lungen und machte sich bereit. Seine Jacke war zerrissen, sein Gesicht und die Arme von Dornen und Zwei-gen zerkratzt. Aber seine Miene drückte böse Entschlossenheit aus. Er hielt seine Streitaxt fest in der rechten Hand und ließ sie hin und her schwingen, bereit sofort zuzuschlagen, sobald der erste seiner Feinde in seine Reichweite kam. Sie wollten seinen Tod?
Nun den würden sie erst verdienen müssen. Seine grauen Augen glitzerten hart, wie zwei dunkle Kieselsteine in kristallklarem Quellwasser.
Doch bevor Douglas richtig zum Verschnaufen kam, brach auch schon eine wild heulende, joh-lende Menge auf ihren Pferden durch den Wald. Sie kamen von zwei Seiten und ließen ihm wirk-lich keine Chance. Es waren Krieger vom benachbarten, feindlichen Stamm der Cawener, die auf dieser Seite der Ache lebten. Sie waren vor vielen Jahren, noch weit vor der Geburt seines Va-ters, aus dem Norden gekommen und hatten sich auf dieser Seite der Ache angesiedelt. Seitdem machten sie den Vidumern das Jagdgebiet streitig und es kam immer wieder zu kleineren Reibe-reien oder sogar Kampfhandlungen. Für die jungen Krieger der Stämme diente das Jagen auf fremden Gebiet seit jeher dem Beweis für ihren Mut und ihre Geschicklichkeit. Die Cawener wa-ren anscheinend selbst auf der Jagd und hatten ihn auf ihrem Stammesgebiet aufgestöbert und trotz seiner Vorsicht entdeckt. Douglas war nur überrascht über die Wut, mit der sie ihn ver-folgten. Er hatte höchstens mit fünf oder sechs Kriegern gerechnet, denen er auch schon bei früheren Gelegenheiten entkommen war. Aber diesmal war beinahe das halbe Dorf hinter ihm her. Und sie wollten seine Haut. Das war unmissverständlich.
Mit wachsamen Augen, die Streitaxt noch immer schwingend, beobachtete Douglas die fremden Krieger, die von ihren Pferden sprangen, diese wegtrieben und sich rund um ihn aufbauten. Sie schwangen Keulen, Äxte, Schwerter und Speere. Manche von ihnen stießen wilde, unartikulierte Laute aus. Andere wiederum starrten ihn nur stumm und böse an.
Sie waren schäbig und zum Teil nur spärlich bekleidet, mit Fellüberhängen, schlecht gebunde-nen Hosen und manche sogar barfuss; so als wären sie überhastet aufgebrochen. Das war kein Spähtrupp, denen er in die Falle gelaufen war; das war eine zornige Meute, die ihn bestrafen wollte.
Zum Teufel mit ihnen. Douglas spuckte zum Zeichen seiner Verachtung vor ihnen aus und schüttelte drohend die linke Faust.
"Verdammte Hunde, seid ihr heute hier, um eine Tracht Prügel zu kassieren? Oder haben euch eure Frauen zum Teufel gejagt, he?"
"Hört, hört, der Vidumer hat noch etwas zu sagen, bevor wir ihn töten!"
"Wer will mich töten? Diese heruntergekommene Meute jaulender Hunde? Dass ich nicht lache! Ihr wart wohl auf Hasenjagd, he?" Douglas brüllte noch einige böse Worte, die sie aber nur hä-misch grinsend quittierten. Er fluchte und ärgerte sich über seine eigene Ungeschicklichkeit. Wie konnte er sich nur derart übertölpeln lassen? Gleichzeitig begann er auch zu ahnen, dass dies vielleicht sein letzter Fehler auf dieser Welt gewesen war. Vor seinen staunenden Augen traten immer noch Krieger zwischen den Bäumen hervor und gesellten sich zu seinen Gegnern. Der Feind, der zuvor schon in der Überzahl war, schien ihn schier erdrücken zu wollen.
Douglas schüttelte ungläubig und mit offenem Mund den Kopf. Er überlegte wie viele er wohl mitnehmen konnte, hinüber ins Reich der Toten. Noch standen sie abwartend vor ihm. Starrten ihn an, erwiderten seine Beleidigungen und waren sich ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit wohl bewusst. Aber um ihn zu töten, mussten sie näher kommen. Und dann würden sie sehr schnell merken, mit wem sie es zu tun hatten. Ein wenig fühlte er sich fast geehrt, weil sie so viele Krieger aufgeboten hatten, ihn zu jagen.

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sieh hinter den Horizont und finde . . . mich
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Fredy Daxboeck

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Hallo Sanne

Es war nicht Mut, liebe Sanne, sondern Verzweiflung,
die mich diesen Roman schreiben ließ.
Es ist ein Ding, das sich auf zwei Ebenen abspielt.
In der Zwischenzeit ist er zu zwei Drittel fertig,
aber er fordert mich ziemlich.

danke für´s lesen

liebe Grüße

fredy
 



 
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