Bittersalz

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Dieses Poemissimo

gehört zu den besten linear-dynamischen, die ich je las!

Hier wird mittels Bittersalz = Magnesiumsulphat(MgSO4) = einem altbewährten Mittel gegen (auch geistige) Verstopfung, diarrhoe-isch die Obstipation eines ungesehenen Silbervogels beschworen.

Bei diesem Vogel aus Halbedelmetall(Ag) kann es sich um ein düsen- oder propellergetriebenes Aggregat handeln, wie sie heutzutage üblich sind. Muss aber nicht, da im Text keinerlei Geräusche Erwähnung finden.

Die Frage "wer vermag ihn zu sehen?" hebt auf moderne anti-Radar-Techniken ab= "stealth".

Und dieser wundersame Vogel fliegt, richtig beobachtet, "unter dem Mond", denn alternativ wäre nur noch ein sehr hoher orbit denkbar, von den Lagrange-Punkten usw. einmal abgesehen.

Nehmen wir zur Kenntnis, dass ihm bei seinem Flug Blumen "umsonst" in die Geräte seiner Fernortung ("wartendes, lauerndes Auge") hineingeraten, können wir mit großer Verstehenssicherheit davon ausgehen, dass sich die Maschine oder die automatische Bombe (cruise-missile) nachts im Tiefflug befindet, und sie daher ihre Ortungsfähigkeiten grenzwertig ausreizt, wobei hier und da Bodengewächse die Ortungsechos stören mögen.

Nun sind Flugzeuge oder Tomahawks, die im Tarnkappenmodus nachts im Tiefflug unterwegs sind, als Mittel zu Kriegshandlungen wohlbekannt, weshalb die Autorin mit Fug und Recht erwähnt, dass jeder Versuch diese mentale Obstipation einer projektierten und offenbar bereits im Ablauf befindlichen Kriegshandlung mittels der bitteren ("Bittersalz") Schilderung ihrer vorhersehbaren Folgen zu unterbrechen oder gänzlich abzuwenden, erfolglos bleiben muss, zumal das Fluggerät evtl. eine robotische Bombe sein mag.

Da laut Freud'scher Befunde Liebe und Erotik triebig mit der Todessehnsucht gekoppelt sind (und sei es der Tod aus der Luft-Boden-Fernlenkwaffe), ist es auch völlig kohärent, dass dieser Text unter der Rubrik "Liebe+Eros" erscheint.

Der scheinbare Widerspruch, dass hier von einem "Silbervogel" geredet wird, den text-intentional jedoch niemand sehen kann, erklärt sich aus dem supervisionären Aspekt der Dichterin, ihrer angemuteten "höheren Warte" der Observation.

Insgesamt ein sehr gelungener Text, der nicht sagt, was er nicht sagt, also hält, was er nicht verspricht, indem die Lücke unter dem Text, selbst fast von Textlänge, die Aussagebedeutung für den bewussten Leser noch einmal ultimativ unterstreicht.
 
H

Holger

Gast
An Kommentar hast Du ja schon genug

Ich kann das auch nicht so wissenschaftlich auf den Punkt bringen. Wärs Dir Recht, wenn ich ganz einfach sage, dass ich es als sehr gut empfinde.

Beste Grüße
Holger
 
C

caruso

Gast
zu Lieben

Liebe Alma Marie,

kurz, leicht und dennoch sehr aussagekräftig ist Dein Gedicht geschrieben.

Wer eine solche Autorin lieben darf und sich auch in ihren Gedichten wiederfindet, darf von 'Glück' sprechen.

Einen sonnigen Frühlingstag wünscht caruso
 
L

Lonelysoul

Gast
liebe alma marie

ein klasse text,
der in mir tausend bilder
und unmengen von gefühlen weckt.

danke fürs lesen dürfen! :)

mit lieben grüßen

lonelysoul
 

Nachtigall

Mitglied
Uiiiiiiiiiiiiiiii

Lieber Waldemar Hammel,

solch einen Kommentar habe ich noch NIE bekommen.

Mit tief nachgedachten und ausgefeilten Formulierungen machst du mich sprachlos.
So kann ich mich nur bei Dir dafür bedanken.
Ein besonderer Genuss waren für mich natürlich dabei Deine gedanklichen Exkursionen in die technische Welt.
Einen kleinen Hüpfer machte mein Herz zudem noch. DU hast sie bemerkt, die Lücke UNTER dem Text.
Das Wochenende ist gerettet (mit und ohne Silbervogel).

Ein Lächeln
Alma Marie
 

Nachtigall

Mitglied
Lieber Holger,

danke für Deine Meinung. Über Lob freue ich mich natürlich.

Liebe Grüße und schönes Wochenende
Alma Marie
 

Nachtigall

Mitglied
Lieber Enzio,

ein schönes Kompliment. Danke!
Fast war ich schon der Meinung, meine Muse wäre für immer verschwunden und ich müßte das Dichten begraben.

Ein paar Sonnenstrahlen und ein schönes Wochenende
Alma Marie
 

Nachtigall

Mitglied
Liebe Lonelysoul,

freue mich, daß Dir das Gedicht gefällt und danke Dir für Dein schönes Lob.

Ein sonniges Wochenende wünscht Dir
Alma Marie
 
H

Harald

Gast
Liebe Alma-Marie,

vergebens versuchte ich mehrmals, mir eine Verbesserung des Gedichtes auszumalen. Ich scheiterte jedes Mal. Vielleicht ist am ehesten der Titel ... ihm würde ich gerne ein Schwebenderes geben als „Bittersalz“, eher etwas wie „Traurigkeit“, oder „Sehnsucht“ oder eben etwas in der Richtung.

Ein wirklich berührendes Gedicht.

Harald
 

Nachtigall

Mitglied
Lieber Harald,

freue mich sehr, daß Du Dir Gedanken machst. Ganz herzlichen Dank dafür.
"Sehnsucht" trifft es nicht ganz. Der Mensch glaubt doch oft sehr ferne schwierige Ziele seien es erst wert, daß man sie angehe. Doch das wirklich "Schöne" wird liegt oft sehr nahe.
Bittersalz bezieht sich auf "Umsonst".

Liebe Grüße
Alma Marie
 
H

Harald

Gast
... warum dann nicht "Umsonst"?

Aber still, ich habe ja wirklich nichts mitzureden. Vielleicht ist es auch ein grundsätzlicher Trugschluss hier in der LL, wenn Greti und Pleti (das bin ich) meint, dem Dichter (das bist Du) ins Handwerk pfuschen zu dürfen.

Ich lese Dein Gedicht auch gerne ohne den Titel.

Ganz liebe Grüße
Harald
 

Nachtigall

Mitglied
Hallo Harald,

Umsonst ist mir etwas zu "radikal". Das war mein ursprünglicher Titel.
Der Gedanke, daß es doch noch mehr und was Anderes geben muß motiviert (Salz) ja auch zu der Suche.
Finden wird man auch immer etwas. Doch ob es DAS ist, was man sucht und nicht in Worte fassen kann?

Danke auch für Deine Gedanken. Freute mich darüber.

Ein Lächeln
Alma Marie
 

B.Wahr

Mitglied
Nachtigallisch

Liebe Nachtigall,

ein tolles Gedicht!
Kam nicht umhin,
Dir das reinzuschreiben.
Es enthält sozusagen Feuer und Honig.
Auch wenn´s bitter sein mag,
es hat genügend Salz um zu bewegen.
Und wie Waldemar schon richtig bemerkte:
"... unterstreicht die Lücke unter dem Text
die Aussagebedeutung für den bewußten Leser ultimativ ..."

Ich hab´s gern gelesen,
erst ganz unbewußt! :D
Dann immer bewußter...

Gut´s Nächtle nach Franken
wünscht Dir B.Wahr
 

Nachtigall

Mitglied
...besonders die Lücke unter dem Text...

Lieber B.Wahr,

fast bin ich jetzt verlegen. Danke Dir für Dein Lob, freue mich natürlich sehr darüber.

Ein Lächeln in den Schwatzwald
Alma Marie
 

B.Wahr

Mitglied
Nur keine Verlagenheit!

Liebe Alma Marie,

da mußt Du nun wirklich nicht verlegen sein, sondern selber verlegen: Deine Gedichte! Aber sieh zu, daß man sie wiederfindet!!! :D

Es soll ja ganz schlimme Verleger geben ... die suchen heute noch, was sie schon gestern verlegt haben ...

Unbitterer Liebgruß
B.Wahr

PS: Vielleicht machst Du an einem Tach
´nen Selbverlach
Verlegst Dein Dichterleben
halt so mal eben?
 
K

Klopfstock

Gast
Liebe Alma Marie:)
was hätte ich noch sagen können, wo doch schon alles gesagt
wurde - aber eine reine Bewertung war mir dann etwas zu wenig, so will ich wenigstens eine DANKE !!! unter diesen tollen Text setzen:)

Dir ein schönes Wochenende
und ganz liebe Grüße
von Klopfstock Irene ;)
 

Nachtigall

Mitglied
was nicht ist, kann ja noch werden...

Lieber B.Wahr,

so´n "Selbverlach" kostet ja nichts. Das werde ich bestimmt öfter tun -halt so mal eben. :)

Dir ein schönes Wochenende
Alma Marie
 

Nachtigall

Mitglied
Freue mich :)

Liebe Klopfstock,

Deine Meinung bedeutet mir viel. Danke dafür.

Dir auch ein schönes Wochenende
und liebe Grüße
Alma Marie
 
D

Daniel Mylow

Gast
Hallo Nachtigall,
dein Gedicht ist wie eine Spur aus Licht, die in den Himmel (oder aus dem Himmel?) ragt- wunderschön, kristallin, schillernd.
Liebe Grüße, Daniel
 



 
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