Blick in die Zukunft

2,80 Stern(e) 5 Bewertungen

Conny

Mitglied
„Ich wünsche dir, dass du einen echten Mann bekommst. So einen wie meinen. Der weiß, wie man Frauen nehmen muss!“
Adriana verdrehte die Augen und blies den Rauch ihrer Zigarette aus.
Sie ließ die Worte lange verhallen, bevor sie weiterredete.
„Jack ist noch immer ein kerniger Bursche. Du müsstest ihn mal in Unterhosen sehen! Knackig wie ein frischer Apfel.“
„Adriana! Hör schon auf!“
Ich wollte nichts mehr hören von herbem Männerduft und behaarten Armen.
„Kind! Du brauchst einen Mann! Gerade jetzt, wo der Kleine unterwegs ist!“
Sie legte ihre Hand auf meinen Bauch.
„Strampelt er schon?“
„Nicht er, es ist eine sie.“
Adriana lächelte, zog ihre Augenbrauen hoch. Ihre Hände spielten mit einem ihrer goldenen Armreifen.
„Glaub mir, Sally, es wird ein Junge!“
„Woher willst du das so genau wissen?“
Sie legte den Armreifen auf den Tisch, hob ihre Hand und tippte mir an die Nase.
„Ich sehe es dir an. Genau da!“
Als Adriana sich verabschiedet hatte, wollte ich nur noch ein heißes Bad und ein Glas Wein. Nur einen ganz kleinen Schluck, um die Verspannung von meinen Schultern zu nehmen und meine Beine zu lockern. Ich streckte mich, machte einige Dehnübungen , wie Adriana sie mir empfohlen hatte. Auf dem Tisch lagen Adrianas Zigaretten. Der Aschenbecher war randvoll. Wie konnte eine Frau in zwei Stunden so viel rauchen?
Gerade als ich mir ein Glas Rotwein einschenken wollte, klingelte es. Natürlich war es Adriana. Ihr Haar hatte sie auf große Lockenwickler gerollt. Und auf ihrem Gesicht klebte eine grüne, cremige Masse.
„Guck nicht so! Das ist eine Reinigungsmaske. Was tut man nicht alles, um schön zu sein! Und jung, vor allem jung!“
Sie hastete an mir vorbei ins Wohnzimmer, ließ sich auf das Sofa fallen und griff nach der Fernbedienung.
„Wein?! Und der Kleine?“
„Nur einen Schluck. Für meine verspannten Schultern.“
„Du brauchst einen Mann!“
Adriana nahm das Glas und füllte es bis zum Rand. Sie prostete mir zu und fragte:
„Wie wird er eigentlich heißen?“
„Es ist ein Mädchen. Und sie wird Stella heißen.“
Sie winkte ab, ihre Armbänder schlugen aneinander wie Glöckchen an einem Katzenhalsband.
„Wie findest du Jimmy? Klingt wild!“
Ich schüttelte den Kopf.
Adriana schlürfte den Wein wie eine alte Baronin. Mit spitzen Fingern hielt sie das Glas, schwenkte die dunkelrote Kostbarkeit hin und her, schnüffelte an ihr und verdrehte die Augen. Sie musste meinen schmachtenden Blick bemerkt haben.
„Alkohol? Auf keinen Fall!“
„Schon gut, ich lass es!“
„Sehr schön, Kindchen! Und jetzt werden wir einen Blick in die Zukunft wagen! Ich bin gleich zurück!“

Blick in die Zukunft? Ich wollte nur ein bisschen Ruhe. Vielleicht noch einen spannenden Krimi und dann ins Bett. Ich ging zum Fenster und schaute hinaus. Es war bereits stockfinster. Einige Sterne funkelten wie Diamanten. Ich schaute zu ihnen hinauf und wünschte mir etwas. Ob Adriana Recht hatte? Fehlte mir tatsächlich ein Mann? Die Vorstellung, wie eine Männerhand langsam über meinen Bauch strich und eine tiefe Stimme meinen Namen flüsterte, war sehr verlockend.

„So, da bin ich wieder.“
Mit einer dunkelblauen Schachtel in den Händen, auf der winzige Sterne funkelten, hastete Adriana ins Wohnzimmer.
„Lösche das Licht! Hast du Kerzen? Ohne Kerzen geht es nicht! Ach, Schätzchen, nun mach schon! Ich fühle fantastische Kräfte in mir!“
„Ja doch....Kerzen....wo habe ich Kerzen? Ah, ich weiß!“
Ich holte die Kerzenstumpen von meinem letzten Geburtstag und stellte sie lustlos auf den Tisch.
„Ein bisschen mehr Anmut, Sally! Du verärgerst mir sonst die Mondgöttin!“
Anmut? Dieses Lockenwicklermonster sprach tatsächlich von Anmut.
„Also gut!“
So grazil und feierlich wie möglich zündete ich die Kerzen an, setzte mich Adriana gegenüber und wartete.
Mit großen Augen öffnete sie die blaue Schachtel. Hervor kam eine glänzende Wahrsagekugel, etwa so groß wie eine Honigmelone.
„Oh nein, Adriana!“
Ich musste lachen.
„Pssst! Das hier ist kein Vergnügen!“
Es fiel mir schwer, mir das Lachen zu verkneifen, also dachte ich an meine Einsamkeit.
Einige Minuten herrschte Stille, nur der Regen prasselte gegen die Fensterscheiben..
„Schon besser! Jetzt geht`s los!“
Adriana schloss die Augen, ließ ihren Kopf kreisen und fing an zu Summen. Wieder musste ich mir ein Lachen verkneifen. Das Summen wurde lauter.
Plötzlich öffneten sich Adrianas Augen, klar und rund wie Murmeln.
Sie starrte in die Kugel und runzelte die Stirn. Nach einigen Sekunden atmete sie laut auf.
„Aha! Aha! Ich sehe etwas!”
Auch ich warf einen Blick in die Kugel, entdeckte aber nur meine eigenen Augen. Unheimlich sahen sie aus.
„Ich auch. Meine Augen!“
„Pssst.....Sally......ein Mann!“
„Adriana! Du machst dich lustig über mich!“
Sie schnalzte mit der Zunge, hob beide Hände über die Kugel und begann sie zärtlich zu streicheln.
„Wundervoll! Er sieht wahnsinnig gut aus! Und er ist näher, als du glaubst! Es dauert nicht mehr lange, dann...!“
Ein Klingeln durchbrach Adrianas Worte.
„Das ist er!“
„Wer?“
„Der Mann!“
Mühsam erhob ich mich, stützte meinen Rücken mit einer Hand und ging zur Tür. Verrücktes Weib! Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.
Ich öffnete die Tür.
„Hallo, ich bin neu hier....im Haus. Könnten sie mir den Keller öffnen? Ich habe noch keinen Schlüssel.“
Ein Mann! Gutaussehend, blond, jung....allein?
Er grinste.
„Sie haben da einen kleinen Stern!“, sagte er.
„Wo?“
Seine Hand kam näher und zeigte auf meine Nasenspitze.
„Genau da!“
„Adrianas Wahrsagekiste! Sie müssen wissen, Adriana ist völlig verrückt!“
Ich schloss die Tür und führte ihn in den Keller.
 

Concorde

Mitglied
Hallo,
sehr gut....auf einem Klappentext gelesen würde ich dieses Buch kaufen. Sie macht neugierig auf mehr. Nur eine Kleinigkeit ist mir aufgefallen. Aus einem stockfinsteren Himmel mit funkelnden Sternen prasselt kurze Zeit später Regen gegen das Fenster. Ein sanfter Windstoß der die Vorhänge bewegt oder Kerzenflammen zucken läßt hätte die Stimmung evtl. noch mystischer gestalten können. Aber das ist jetzt reine Kosmetik.
einen lieben Gruß Concorde
 

Conny

Mitglied
Danke

Hallo!

Danke für deine Tipps. Sind wirklich gut. Und das mit dem Sternenhimmel...Regen....du hast Recht. Aber so etwas übersieht man als Autor zu oft...Und das mit dem Windhauch ist auch cool. Danke!

Liebe Grüße

Conny
 

Conny

Mitglied
Hallo Oldicke!

Danke für`s Lesen und für deinen Kommentar! Ich freue mich, dass die Geschichte sich gut lesen läßt. :)


Grüße

Conny
 
N

niclas van schuir

Gast
Hallo Conny, sehr schön und flüssig erzählt. Solche Geschichten mag ich. Bitte mehr.
Liebe Grüße, Nic
 

Conny

Mitglied
Hallo!

Danke für deinen Kommentar.
Seid bitte nicht so zimperlich und sagt mir, was ich besser machen könnte.

Im Gegensatz zu manchen hier, habe ich gegen Kritik nichts einzuwenden - im Gegenteil - ich bin dankbar dafür!

;)
 

itsme

Mitglied
.....

Gefällt mir, dein Erzähl-Stil. Deine Charakterisierungen sind knapp, genau ausreichend für den Faden, deine Dialoge sind lebendig und es ist Stringenz in der Geschichte.

Wenn du mit Pünktchen arbeitest (...), ist die Regel, drei Punkte und jeweils davor und dahinter ein Leerzeichen. Ein paar Details weiter unten.

Grüßlinge
itsme




Es war bereits stockfinster. Einige Sterne funkelten wie Diamanten [red] zwischen den aufziehenden Wolken[/red]. Ich schaute zu ihnen hinauf und wünschte mir etwas.

Mit einer dunkelblauen Schachtel in den Händen, auf der winzige Sterne funkelten [blue] glitzerten?[/blue], hastete Adriana ins Wohnzimmer.
" Lösche das Licht [blue] Mach das Licht aus[/blue]! [blue] Ist das nicht eher die Sprache von Adriana? [/blue] Hast du Kerzen? Ohne Kerzen geht es nicht!"


"Pssst! Das hier ist kein Vergnügen!"
Es fiel mir schwer, mir das Lachen zu verkneifen, also dachte ich an meine Einsamkeit.
Einige Minuten herrschte Stille, nur der Regen prasselte gegen die Fensterscheiben..
"Schon besser! Jetzt geht`s los!"
Adriana schloss die Augen, ließ ihren Kopf kreisen und fing an zu Summen. Wieder musste ich mir ein Lachen verkneifen. [strike] Das[/strike] [red] Ihr [/red]Summen wurde lauter.
Plötzlich öffneten sich Adrianas Augen, klar und rund wie Murmeln.



Ich schloss die Tür und führte ihn in den Keller.
[red] Diese Adriana ...[/red]

Den Schluss finde ich so wie er ist unbefriedigend. Der Focus gerät auf "Nasenspitze" und "Wahrsagekiste". Du könntest mit meinem Vorschlag Sallys Gedanken andeuten. "Hat Adriana dran gedreht? Wie hat sie das angestellt?"
 



 
Oben Unten