Blümchens Leid

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LuMen

Mitglied
Blümchens Leid


Ein Blümchen, frisch erblüht am Morgen,
macht sich schon in der Frühe Sorgen,
weil niemand, der vorüber kam,
von seinem Dasein Kenntnis nahm.

Es schaut beklommen rings sich um:
Sein Herzeleid bleibt still und stumm!
Kein Blumenkind wohnt nebenan,
dem es den Kummer klagen kann!

Denn es bemerkt, es wächst allein
für sich an einem Mauerstein!
Und traurig läßt´s die Blätter sinken,
voll Mitleid schau´n vom Baum die Finken.

Dann aber piept ein kluger Spatz:
„Du bist im Wortsinn doch ein Schatz
und, wenn auch Mauerblümchen nur,
bereicherst deutsche Sprachkultur!“

Das Blümchen, noch bedenkenvoll,
weiß nicht, was es nun sagen soll.
Da nimmt sein Schicksal ganz am Ende
und unerwartet eine Wende:

Des Weges kommt ein Wandersmann
und steckt es sich ans Knopfloch an!
 
Ich finde den Text gelungen. Wieder einer von den ganz unauffälligen, ungezwungenen, in denen viel mehr Arbeit steckt, als man ihnen ansieht.

Ein wenig traurig schon, denn das Mauerblümchen stirbt am "röslein auf der heide-Syndrom": Nach Entdeckung vernichtet. Aber oft real.
 

Schakim

Mitglied
Mir gefällt's auch - ohne Heiderösleinstimmung...

Hallo, LuMen!


Das Mauerblümlein ist nun froh,
Getragen wird's nach anderswo,
Muss nicht mehr an der Mauer stehn,
Wird viele, neue Sachen sehn...

Im Knopfloch von dem Wandersmann
Sieht's die Welt von oben an;
Es spürt sogar die warme Brust
Und auch des Wandrers Freud' und Lust.

Des Blümleins Schicksal scheint nicht schlecht.
Es blüht zwar nicht mehr lange echt.
Doch vielleicht wird's schon bald gedrückt,
Zum schönsten Buchzeichen bestückt...

VG + schönes Wochenende!
Schakim
 
K

Klopfstock

Gast
Hallo, LuMen,

ein wirklich gelungener, wenn auch ein wenig trauriger Text!!! Und Waldemar Hammel hat schon recht, das Blümchen
stribt an, wie er schon so passend sagte, dem
"Röslein- auf- der- Heide-Syndrom".

Sende Dir liebe Grüße
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo, Lumen, hallo Schakim,

Eure Trostworte an das Blümchen sind wirklich umwerfend, irgendwie muß es sich danach besser fühlen! Darauf muß man erst einmal kommen, ein ganzes Gedicht über ein Mauerblümchen zu schreiben. Großartig, LuMen!

Einen schönen Valentinstag!

Liebe Grüße Vera-Lena
 
Das allerletzte!

Ach wie schade! Auch der Spatz
nahm das Blümchen nicht zum Schatz.
Genau so geht´s unserm Gedicht!
Was ist mit ihm? Man braucht es nicht!
Beim Schreiben, wie im echten Leben,
wird´s immer Mauerblümchen geben.
Des Blümchens letzte Hoffnung ist,
dass einer kommt, der alles frisst!

Dein schreibender Kollege -Bernhard-
 

LuMen

Mitglied
Allen Blumenfreund(inn)en herzlichen Dank für die mitfühlenden Worte und kongenialen Dichtungen!

Ein schönes,friedvolles Wochenende wünscht Euch
LuMen
 

aboreas

Mitglied
klasse Idee

Das Gedicht ist nicht nur gelungene Kurzweil,
sondern verleitet auch zum Nachdenken.

Interessant finde ich die Rolle des Spatzen, der das Mauerblümchen sozusagen veröffentlicht. Eigentlich entspricht dies unserer heutigen medial orientierten Welt. Nur das, was erklärt wird, wird beachtet.

Gruß. aboreas
 



 
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