Brauchen wir eine Männerbeauftragte?

Mortimer

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Es muss ja nicht gleich die ganze harte Kost sein. Solariumgebräunt, goldfarben lackiertes Bügelschloss um den Hals und UV-filtervernachlässigende Spiegelreflexsonnenbrille, die schlimmstenfalls das verdutzte Antlitz des Gegenübers reflektiert, wie es besorgniserregend auf das bis zum Gürtel aufgeknöpfte Hemd starrt, aus dem ungebändigtes Bisonfell hinauswuchert und den Eindruck erweckt, der Hemdenträger sei aus einem Versuchslabor für Haarwuchsmittel entflohen. Nein, heutzutage reicht es schon aus, wenn man als ganz normaler Notfallchirurg dem Drängen der Frau, doch als Mann die Elternzeit zu nehmen, entgegensetzt, man sei im nächsten Jahr in der Klinik unabkömmlich, da kein Kollege einspringen könne. „Du Scheißmacho, nur weil da möglicherweise ein paar Leute ihre Brust-OP verschieben müssen, willst du den ganzen Kram auf mich abwälzen. Glaubst, ich bin als halbtags arbeitende Aushilfe beim Imker nicht genauso unverzichtbar? Hast du noch nichts von diesem mysteriösen Bienensterben gehört? Ich hab in der Sache ne ganze heiße Spur, ich kann mich da unmöglich um ein Kind kümmern.“ – „Elke, ich bin doch kein Schönheitschirurg. Es geht um Menschenleben.“ – „Bei dir geht’s immer um Menschenleben, hau bloß ab, du Chauvi!“

Nehmen wir ein anderes Beispiel. § 10 I SGB II schreibt vor, dass der – hoffentlich – arbeitssuchende Hartz-4-Empfänger jede zumutbare Arbeit annehmen muss. „Zumutbar“ ist dabei ein sogenannter unbestimmter Rechtsbegriff, bei dem der Gesetzgeber der Behörde einen Beurteilungsspielraum zugestanden hat. Nun kommt also unser mittlerweile arbeitslos gewordener Notfallchirurg – er hat dem Drängen seiner Frau nachgegeben, gleichwohl hat das Bienensterben leicht zugenommen – zur ARGE. Ihm gegenüber sitzt Frau Stahl. Neben der Arbeit engagiert sie sich ehrenamtlich für psychisch angeschlagene Thaiboxerinnen, die ihre meist tragischen Beziehungskisten dadurch beendeten, dass sie ihren Ex-Partner um einige Zähne erleichtert haben. Sie hat unseren Chirurgen, nennen wir ihn Claus, zum Rapport bestellt, da er es gewagt hatte, einen Job als Hilfskellner in einer Oben-Ohne-Bar im Hafenviertel abzulehnen. „Sie können wohl nicht gut mit frei gelegten Brüsten umgehen, wa?“, faucht sie ihn an. „Doch, ich habe schon einige unfallbedingt korrigieren müssen.“, erwidert er eingeschüchtert. „KORRIGIEREN MÜSSEN? Da haben wir es wieder, die Frau wie Gott sie schuf ist ihnen wohl nicht gut genug. Prall und fett müssen die Dinger sein, bei jedem Schritt wippen wie die Titanic vor der Kollision mit dem Eisberg. Sie sind so ein ekliger Frauenfeind, dass mir die Galle hochkocht. Raus mit ihnen!“

Wo wir gerade bei den Gesetzen sind, werfen wir doch mal einen Blick in die mittlerweile neu gefasste niedersächsische Gemeindeordnung. Dort heisst es in § 64 I 1 NGO: „Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister und die anderen Beamtinnen und Beamten auf Zeit sind verpflichtet, dem Rat auf Verlangen […] Auskunft zu erteilen“. Satz 4 fährt fort: „Bei Verhinderung der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters tritt an ihre oder seiner Stelle die allgemeine Vertreterin oder der allgemeine Vertreter, auch wenn sie oder er nicht Beamtin oder Beamter auf Zeit ist.“. Man könnte meinen, Alice Schwarzer säße im niedersächsischen Landtag. Die Feminisierung der niedersächsischen Kommunalordnung ließ das ganze Werk auf ca. 20 % anschwellen und das ohne Viagra. Wenn schon nicht die Lesbarkeit gefördert wurde, so doch zumindest die Einnahmen der papierverarbeitenden Industrie. Man stelle sich das ganze auf Goethes Faust übertragen vor.: „Heiße Magister, heiße Doktor gar - Und ziehe schon an die zehen Jahr – Herauf, herab und quer und krumm – Meine Schülerinnen und Schüler an der Nase herum – Und sehe, das wir nichts wissen können! Das will mir schier das Herz verbrennen. – Zwar bin ich gescheiter als alle die Laffinen und Laffen, - Doktorinnen, Doktoren, Magisterinnen, Magister, Schreiberinnen, Schreiber und Pfaffinen und Pfaffen.“ Das Werk wäre in etwa so erfolgreich geworden wie der Russlandfeldzug Nazideutschlands im 2. Weltkrieg.

Aber wenn wir Männer uns dann mal auf den mühsam errungenen Lorbeeren der Emanzipation ausruhen wollen - „Schatzi, wenn du die 12 Kartons Melonen, die 5 Kisten Wasser und die 6 Kisten Kartoffeln hochgetragen hast, wärst du dann so lieb und bringst noch schnell das Ikea-Regal an?“ – ja dann, dann ist die Hölle los. „Erich guck dir mal den Claus von drüben an, der lässt seine Frau den ganzen Einkauf hochschleppen, ist das ein widerlicher Macho, hoffentlich schlägt sie ihm dafür nicht die Zähne raus.“ (Wir erinnern uns: die beziehungsgestressten Thaiboxerinnen).

Nehmen wir die Musikbranche. Wer heutzutage eine Frau
rumkriegen will, der sollte es – zumindest beim ersten Date – vermeiden, nach Einnahme des Kerzenscheindinners die libidostiumlierenden E-Guitarrensounds von Rammstein aus den Boxen erklingen zu lassen. Auch die im Sommer geplante Reise nach Wacken sollte unerwähnt bleiben. Da wird flugs eine CD von Roger Cicero gekauft und im Hinblick auf das geplante Besäufnis in Wacken wird bei Abfahrt der einzige Frack im ganzen Kleiderschrank drübergestreift. „Schatzi, ich muss auf eine Dienstreise.“ – „Dienstreise? Als Pförtner? Und wieso hast du dafür 4 Kisten Bier im Auto?“

Nehmen wir die Filmbranche. Auch hier muss mit der Preisgabe eventuell anrüchig erscheinender Präferenzen hinterm Berg gehalten werden. Wer seine mühsam erkämpfte neue Liebschaft nicht schon am ersten Wochenende an einen Nebenbuhler verlieren will, der sollte bei Betrachtung des„Rambo 4“ – Plakats nicht in allzu auffällige Euphorie verfallen. Gar nicht angebracht ist in diesem Zusammenhang das unerwartete Anwinkeln des rechten Arms am Körper in Kombination mit dem Ausstrecken des linken Arms um - in der Zusammenschau betrachtet - eine "Luft-MG" zu simulieren. Wer sich diese Pose allerdings nicht verkneifen kann, sollte zumindest die mundproduzierten Schussgeräusche so zurückhaltend wie nur möglich von sich geben.

Allen breitschultrigen und hochgewachsenen Männern dieser Nation sei zum Abschluss noch der Ratschlag erteilt, dass es sich immer gut macht, wenn man die eigene Statur damit erklären kann, dass man als Möbelpacker bei der EMMA angestellt ist. Nicht packen für Wacken, sondern Wuppen für die Puppen!

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass wir Männer endlich auch mal ne Männerbeauftrage brauchen. Aber wie gesagt, da wir ja tagsüber mit Kistenhochschleppen, Regal anbauen, Elternzeit nehmen und Roger-Cicero-CDs- Kaufen beschäftigt sind und nachts bei gedämpfter Lautstärke Rammsteinmucke hören, Liegestütze machen und „Rambo 4“ gucken, wird das wohl zeitlich kaum zu schaffen sein.
 



 
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