Bronstein weiß nicht, ob er sich freuen soll

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Jo Galinski

Mitglied
Bronstein wusste nie genau, ob er sich freuen sollte oder nicht: Wenn Karl sein Antiquariat betrat, erstand er fast immer einen der alten Bände über Alchemie oder Sternenkunde und zahlte jeden Preis. Der Oberstudienrat im Ruhestand war alleinstehend, soviel hatte Bronstein schon herausbekommen - und außer für sein Aquarium interessierte sich der ehemalige Physiklehrer nur für seltene alte Ausgaben naturwissenschaftlicher Werke.

Manchmal hörte Bronstein schon an dem hektischen Gebimmel der Ladenglocke, dass Karl wieder auf der Jagd war und ihm gleich außer Atem und nach Luft schnappend die Angaben zu einem seltenen Band vorlegen würde, den er für ihn aufspüren sollte. An solchen Tagen schien er fast unansprechbar: die wenigen Haare, die ihm geblieben waren, standen wirr vom Kopf ab, einmal hatte er sogar vergessen, sich die Schuhe zuzubinden.

Wenn Bronstein dann mit der guten Nachricht das Buch aufgespürt zu haben, bei Karl zu Hause anrief, schien es ihm jedes Mal, als hätte der neben dem Telefon gesessen: es klingelte kaum ein Mal, da riß Karl schon den Hörer von der Gabel. Er ging auf jeden Preis ein, den Bronstein nannte und langsam wunderte sich der Buchhändler.

Sicherlich war Karl Einzelkind gewesen und Alleinerbe eines kleinen Vermögens geworden, anders konnte Bronstein sich nicht erklären, wie jemand mit einer schlichten Beamtenpension diese Preise zahlen konnte.

Jedenfalls kam Karl dann sofort im Laden vorbei - und mit völlig verändertem Auftreten. Die Glocke bimmelte ganz normal, vor dem Ausgehen hatte er sich gekämmt und an seiner Kleidung war alles in Ordnung.

Karl pflegte bar zu zahlen, den Geldbeutel zog er aus seinem altmodischen karierten Männerhandtäschchen. Bronstein wusste lange nicht, wieso ihm sein bester Kunde eigentlich so unsympathisch war, bis Karl ihn einmal in seine Wohnung um die Ecke eingeladen hatte, um bei einem Gläschen Wein seine neueste Anschaffung zu feiern.

Im Treppenhaus überholten die beiden Männer eine zierliche alte Dame, die sich fürchterlich abmühte, ihre beiden schweren Einkaufstüten die Treppe hinauf zu schleppen. Karl würdigte sie keines Blickes und grüßte nicht einmal zurück. Bronstein dagegen bot ihr Hilfe an, die sie dankbar annahm.

Karl hatte ihn ungeduldig in seiner Zwei-Zimmer-Wohnung erwartet und verlor weiter kein Wort über seine Nachbarin, ja er schien nicht einmal zu wissen, wie sie hieß. Wäre die ansonsten kahle und graue Wohnung nicht voll mit alten Büchern gestanden, hätte Bronstein geglaubt, dass Karl gar nicht darin wohne. Alles war makellos, unberührt, und vor allem farblos.

Statt eines Fernsehers hatte Karl ein Aquarium, auf das er Bronstein stolz hinwies, nachdem er ihm nachlässig einen billigen Rotwein aus dem Supermarkt angeboten hatte.

Der Wein war schlecht und die Fische in dem Aquarium waren auf eine seltsame Weise unbunt, als hätten sie in dieser Umgebung all ihre Farben verloren.
 
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xzar

Gast
hallo

schlecht find ichs nicht - ich weiß nur nicht, wo du hinwillst. ich sehe keine handlung darin, mehr so ein stimmungsbild mit rückbesinnungen auf bronsteins vergangenheit.

lg
co
 

Jo Galinski

Mitglied
hallo xzar,

hab recht vielen dank für deinen eindruck.

ich will eigentlich nirgendwohin mit dem text muss ich ehrlich sagen, ich dachte halt, wenn er dann bei kurzposa steht, ist das okay.

hast du das gefühl, dass noch etwas fehlt?

b. macht gute geschäfte mit k., aber es ist ihm unbehaglich dabei. wichtig waren mir die beiden charaktere, ich bin nicht so der handlungsfanatiker
wie ich zugeben muss.

danke dir.

jo
(ist das jetzt guten gewissens textarbeit? wegen dieses buttons*smile*)
edit: ich meinte meinen eigenen komment jetzt*hmpf*
 



 
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