Díe Frau muss weg

JuDschey

Mitglied
Die Frau muss weg

"Fakt ist, die Frau muss weg!", sagte Bruno, während er sich mit seinen Wurstfingern an der Wange rieb, einen eitrigen Pickel fand und ihn mechanisch mit seinen langen, dreckigen Fingernägeln zerkratzte. Die drei Männer saßen in einem weiß getünchten, flurähnlichen Raum. Die Monotonie des Zimmers war erdrückend. Ein Waschbecken, daneben eine Tür, die in eine winzige Toilette führte und vor dem Sanitärbereich, sozusagen als Sichtschutz, ein großer Kleiderschrank mit Nussbaumfurnier. Bruno und Max schliefen nachts in dem Metall-Etagenbett, während Jo, der eigentlich Johannes hieß und von den meisten oft mit Jo, der Teufel tituliert wurde, das einzelne Bett hatte. Bis auf eine 60 mal 60 cm große Pinnwand über dem kleinen eckigen Tisch waren alle Wände leer wie ein weißes Blatt Papier. Aber auch die Pinnwand selbst war leer, bis auf zehn bunte Pikser.
"Das ist klar. Das ist uns allen klar. Nur wie? Das ist das Problem", sagte Max, der von den Dreien der Einzige war, der schulterlange Haare hatte wie zu Hippie-Zeiten. Wie immer, wenn er keine Lösung für ein Problem fand, steckte er sich den rechten Zeigefinger in die Nase, um darin - im übertragenen Sinne - nach einer Lösung zu bohren.
Während gleichzeitig Bruno die mit Blut und Eiterschleim benetzten Finger an seiner schwarzen, viel zu weiten Jogginghose abwischte. "Ja. Das ist das Problem. Wie kriegen wir sie weg? Jo! Sag du auch mal was!"
Jo hatte, wie immer, seine Bibel in den Händen und tat, ebenfalls wie immer, als würde er darin lesen. "He Jo! Wie kriegen wir die Frau weg?", donnerte Bruno mit seiner herrischen Stimme, nachdem er etwa eine Minute auf eine Antwort gewartet hatte.
Jo blickte auf wie immer wenn ihn jemand direkt ansprach, mit völlig abwesendem und sprachlosem Gesicht. Dann kratzte er sich an seinem beinahe kugelförmigen Kopf und sagte: "Die Frau ... die Frau ... die Frau. Die Frau ist ein Teufel u .. und m .. muss weg."
Aus Brunos Gesicht fiel die Spannung. Enttäuscht wieder keine gute Idee gehört zu haben sagte er teils resigniert und teils verletzend: "Ja. Danke Jo, dass du uns das noch mal gesagt hast."
In der Zwischenzeit war Max fündig geworden, allerdings nur, was den großen, gelblich grünen Popel betraf, der ekelig anzuschauen auf seiner Fingerspitze thronte. Zufrieden betrachtete er das Ergebnis seiner unermüdlichen Bohrung und steckte den Finger, geradezu lüstern, in seinen Mund. Jo schüttelte sich vor Ekel und machte seinen Mund zu einer Bemerkung auf. Aber es kam kein Wort heraus. Verständlich, wenn man weiß, dass Max ihn erst vor einer Woche, mitten in der Nacht, gewürgt hatte, wobei sich Jo in Todesangst voll gemacht hatte. Groß und Klein, eine tierische Sauerei.
"Ich glaube deine Zunge ist ganz übel belegt, Jo", meinte Max, der genau wusste, warum Jo nicht wagte, eine Bemerkung zu seiner "Popelfresserei" zu machen. Jo knallte seine speckige und abgegriffene Bibel auf den Tisch, stand abrupt auf und ging hinter den Kleiderschrank, um sich im Spiegel seine Zunge zu betrachten.
Als Bruno und Max allein am Tisch vor dem Fenster saßen, funkelte Bruno Max gefährlich an, doch er sagte nichts. Max verstand auch ohne Worte, dass Bruno ihm sagen wollte, er solle Jo nicht immer "verarschen". Bruno war der älteste von ihnen und er hatte Jo und Max sofort überzeugt, wer hier im Zimmer der Boss war.
"Meine Zunge sieht ganz normal aus!", schrie Jo hinter dem Schrank.
"Komm wieder her!", entgegnete Bruno, "wir sind noch nicht fertig!"
Obwohl sich Jo leicht "verarscht" vorkam, setzte er sich schweigend wieder auf seinen Platz. Trotzdem warf Max ihm noch einmal einen provozierenden Blick zu, als wolle er Jo damit suggerieren, doch noch mit einer dummen Bemerkung ins Fettnäpfchen zu treten. Aber Jo blieb standhaft. Der gemeine Scherz von Max, vor eine Woche, hatte ihm gereicht.
Gerade als Bruno sagte, "Wo waren wir stehen geblieben, meine Herren?", klopfte es zaghaft an der Tür. "Reinkommen!!", schrie Bruno und im selben Moment betrat ein schlanker, ziemlich schwächlich aussehender Mann das Zimmer.
"Ach u Scheiße ne. Wat willst du dann he?", begrüßte Max den scheuen, jungen Mann und verunsicherte ihn dadurch noch mehr. Aber er fing sich gleich wieder, denn er hatte den Dreien etwas Wichtiges zu sagen: "Eigentlich bin ich nur gekommen, um mich von euch zu verabschieden. ...". Die Pause, die er machte, bevor er weitersprechen wollte, war einfach zu lang ausgefallen, so dass Bruno ihm zuvor kam: "Ja super. Du willst dich also verabschieden. Von uns. Und wo will der kleine schüchterne Willi hin? Etwa wieder zurück in sein kleines dreckiges Zimmer?"
Bis auf Willi brachen alle in ein fürchterliches Gelächter aus.
"Nein! Nein! Nein! Nicht in mein Zimmer", schrie Willi, als das Gelächter nicht mehr enden wollte. "Er wird mich heute Nacht abholen."
Abrupt war es still geworden. "Er wird dich abholen?", fragte Bruno mit gespielter Ungläubigkeit. "Etwa Captain Fukari vom Planeten Jaboda?"
Willi nickte eifrig und erkannte nicht, dass Bruno ihn nur foppen wollte. "Ja. Ja. Stellt euch das mal vor. D .. d .. der Captain holt mich tatsächlich ab. Ich hab´s euch ja immer gesagt: Eines Tages wird er mich abholen und mich mit hinaus ins Weltall nehmen. Ist das nicht super mega hyper toll?"
Bruno wusste natürlich, dass Willi hier auf der Station der Einzige war, der wirklich voll sämtliche Tassen in seinem Regal zersprungen hatte. Gut, Jo mit seinem Teufeltick hatte zwar auch ordentlich ein paar Blumen in seinem Hirn sprießen, aber das kam und ging wie Harndrang. Zwischendurch war Jo eigentlich völlig normal. Bis auf die ständige Rumschlepperei seiner Bibel. "Ja Willi, da kann ich dir, und ich glaube, da spreche ich wohl im Namen aller hier Anwesenden, nur noch eines wünschen: Gute Reise!"
Willi stotterte ein Danke und fragte: "S..s...soll ich den Captain von euch grüßen?"
"Na klar Willi. Das mach mal", kam es munter im Chor zurück.
Willi drehte sich um und hatte die Tür schon geöffnet, als Jo plötzlich auch noch etwas Wichtiges einfiel: "Warte mal Willi! Mir fällt da gerade ein: Was ist, wenn dein Captain Fukari vom Planeten Jaboda der Teufel ist?"
"Oh geht das wieder los", murmelten Bruno und Max still vor sich hin, während Willi antwortete: "Das glaube ich nicht, dass der Captain der Teufel sein soll. Wie kommst du denn darauf?"
Jo wurde sichtlich aufgeregt und man hatte den Eindruck, er stand ganz gewaltig neben sich, dann fing er an, immer wieder dasselbe zu wiederholen: "Der Teufel, der Teufel, der Teufel, der Teufel, der Teufel, ...".
Willi machte etwa beim dreißigsten Teufel den Scheibenwischer und schloss eilig die Tür hinter sich.
"Hast du das gesehen?", fragte Max Bruno und hatte schon eine gemeine Idee im Kopf, wie er seinen Zimmergenossen für Willis Scheibenwischer rächen konnte. Bruno blieb völlig gelassen und antwortete knapp, aber bestimmt: "Dieser Willi kriegt auch noch sein Fett weg."


*


Inzwischen hatte Schwester Gertrud die geschlossene Station A4 des Landeskrankenhauses betreten. Sie setzte sich kurz ins Schwesternzimmer und besprach mit ihren Kollegen und Kolleginnen, die im Begriff waren ihre Schicht zu beenden, was es neues auf Station gab.
Gertrud erfuhr, dass es heute kurz vor Mittag einen Neuzugang gegeben hatte: eine junge Frau um die zwanzig, Magda, akute Depressionen, schwer Suizid gefährdet. Und dass das Dreigespann nach dem Mittagessen sein Zimmer nicht mehr verlassen hatte.
"Sie haben nicht zu Abend gegessen?"
"Nein, sag ich doch. Den ganzen Nachmittag und Abend sitzen die in ihrem Kabuff", antwortete Janine, "ihr Abendessen steht immer noch unangetastet im Tagesraum."
"Und habt ihr die Herren mal zum Abendessen gebeten?"
"Klar", meinte Janine, "weißt du doch: Jeder, der um 18 Uhr nicht mit seinem Tabltett an einem Tisch im Tagesraum sitzt, wird aufgefordert sein Abendessen einzunehmen."
"Ja weiß ich. Was haben die Drei denn gesagt?"
"Sie hätten keinen Hunger."
"Hm. Ist das schon öfter vorgekommen, dass sie ihre Mahlzeiten ausgelassen haben?"
Janine schüttelte ihren Kopf und sagte nein.
"Okay. Sonst noch was?"
Es gab weiter keine Neuigkeiten. Nachdem sich ein Kollege und zwei Kolleginnen verabschiedet und Gertrud eine ruhige Schicht gewünscht hatten, ging sie ihre vorgeschriebene erste Patrouille. Magda lag bereits in ihrem Bett und schlief. Ebenso zwei weitere Patienten. Wie jeden Abend zu dieser Stunde war der Fernsehraum zum Bersten voll. Gertrud sagte freundlich "Hallo alle miteinander" und fragte Fritz, der an der Tür saß, flüsternd, was es denn Schönes anzusehen gab. Natürlich hatte sie schon längst "Der bewegte Mann" erkannt, weil sie ihn das erste Mal im Kino und dreimal auf DVD und einmal im Fernsehen gesehen hatte. Gertrud hatte nur gefragt, um ein paar Takte mit einem oder mehreren Patienten reden zu können und um die allgemeine Stimmung zu erkunden. Aber wie immer, waren hier im Fernsehraum alle mehr oder weniger gut drauf. Es geschah selten, dass sich jemand hier her verirrte, dem es mies ging. Gertrud flüsterte noch viel Spaß und verließ leise und auf Zehenspitzen den Raum. Sie setzte sich im Tagesraum auf einen Sessel an der Wand und betrachtete nachdenklich die drei unangetasteten Tabletts auf einem der langen Tische. Sie dachte: "Ist wohl einfach nur eine Appetitlosigkeit. Aber schon merkwürdig, wenn alle drei auf einmal keinen Hunger haben. Werde wohl nicht drum herum kommen, die Herren mal nach dem Grund zu fragen." Sie schaute auf die große Analoguhr an der Wand, druckste noch ein wenig herum, dann setzte sie ihre Patrouille ordnungsgemäß fort und zwar in dem Trakt, wo die Drei ihr Zimmer hatten. Die ersten zwei Zimmer waren leer. Noch vier Zimmer bis zu den Dreien. Gertrud wurde langsam nervös. Und von Zimmer zu Zimmer breitete sich mehr Unruhe in ihr aus. Was war los mit ihr? War sie besorgt oder waren das Anzeichen von Angst? Aber wieso sollte sie Angst vor den drei liederlichen, aber freunlichen und lustigen Kerlen haben? Ihr Herz machte einen Sprung, als sie vor der Tür der Drei stand. Entschlossen klopfte sie zweimal kurz und drückte die Klinke hinunter.

*

Jo ging es wieder besser, er war praktisch wieder normal, bis zum nächsten Anfall. "He Jo, was machen wir mit der Frau?", fragte Max und Bruno schaute ihm erwartungsvoll ins Gesicht. Doch der blickte zu Boden, zuckte mit seinen Schultern und hauchte: "Keine Ahnung."
"Sie ist böse. Absolut böse. Leute. Die muss weg!", sagte Bruno mit teuflisch aufblitzenden Augen.
"Er hat recht. Die Frau ist der Teufel. ... Eh Jo, wie wär´s, wenn du den Teufel mal fragst, ob er sich die Frau nicht einfach holen möchte?", fragte Max. Doch bevor Jo eine Antwort einfiel, klopfte es zweimal kurz an der Tür. Quietschend wurde die Klinke hinunter gedrückt, entschlossen ging die Tür auf und Schwester Gertrud betrat das Zimmer: "Hallo Jungs! Schönen Tag gehabt?"
Bruno, Jo und Max antworteten im Chor: "Jawohl Schwester Gertrud." Die Antwort klang ein bisschen militärisch, aber größtenteils ironisch. Gertrud lachte ihr freundliches Lachen, holte erleichtert Luft, weil alles in Ordnung zu sein schien, aber sie kam nicht mehr dazu, die Männer zu fragen, warum sie ihr Abendessen ausgelassen hatten.
"Schwester Gertrud, der Willi wird heute Nacht von Captain Fukari vom Planeten Jaboda abgeholt", petzte Jo und konnte sich kaum vor Lachen halten, mit dem er auch Bruno und Max ansteckte.
Auch über Gertruds Gesicht huschte ein Lächeln, allerdings ungewollt.
Natürlich kannte sie Willis Wahnfantasien. Aber sie war darauf geschult und hatte es sich selbst zur Aufgabe gemacht, die Patienten niemals wegen ihrer krankhaften Überzeugungen auszulachen, geschweige denn, sich in Gegenwart anderer darüber lustig zu machen.
Gut, Willis unerschütterliche Beteuerungen, er stehe mit einem Außerirdischen in Kontakt, klangen recht witzig, aber der Mann war krank, deshalb durfte und wollte sie sich nicht darüber amüsieren.
Gertrud schämte sich, gerade über Jos Äußerung gelächelt zu haben und sah für einen Moment recht blass aus. Doch jetzt war nicht der richtige Augenblick sich über sich selbst zu ärgern und sich Selbstvorwürfe zu machen. Sie musste nun auf Jos Bemerkung reagieren. Sie sah ganz deutlich an den Blicken der Männer, dass sie dies von ihr erwarteten.
Aus dem Gelächter war ihr klar, was die Drei von Willis Wahnfantasien hielten.
Es war Zeit für eine Belehrung: "Jo! Wie würde dir das gefallen, wenn ich mit Willi über deinen Teufelstick lachen würde?"
Jo wurde sichtbar nervös. Seine Hände waren plötzlich feucht, seine Augen blickten starr ins Leere, sein Gesicht nahm eine wutrote Färbung an, seine Füße begannen auf der Stelle zu trippeln. In seinem Innern kämpfte er heftig gegen den Drang an, jetzt Teufel, Teufel, Teufel zu sagen. Offensichtlich war Jo momentan nicht in der Lage auf Gertruds Frage zu antworten. Stattdessen gab Bruno die Antwort, nachdem er sich geräuspert hatte. "Es würde Jo nicht gefallen und mir und Max auch nicht. Aber sei doch mal ehrlich Gertrud, was Willi dauernd erzählt, ist doch wirklich zum Schießen komisch. Es ist doch etwas ganz anderes als Jos Teufelstick."
"Es ist ganz und gar nichts anderes", sagte Gertrud mit verärgerter Stimme. "Alle Patienten, die hier in der Landesklinik sind, haben eine Krankheit. Sich darüber lustig zu machen ist nicht richtig. Wenn jemand Grippe oder Diabetes hat, lacht ihn doch auch niemand deswegen aus, oder?"
Max versenkte wieder mal seinen Finger in der Nase. Mit Gertrud war ein Problem zur Tür hereingekommen. Da musste er eben nach einer Lösung bohren. Jo hatte seinen Kampf verloren und sagte: "Teufel, Teufel, Teufel, ...".
"Siehst du, was du angerichtet hast?", sagte Bruno vorwurfsvoll und anklagend zugleich. Doch Gertrud ließ sich nicht beirren. "Jo ist krank. Willi ist krank. Ihr seid alle krank. Da ist es nicht besonders anständig, wenn ihr euch gegenseitig wegen eurer Krankheit auslacht. Denkt mal darüber nach. Ich muss jetzt weiter. Tschüss und Gute Nacht meine Herren!"

Nachdem Gertrud das Zimmer verlassen hatte, erhob sich Bruno und meinte: "Habt ihr das gehört? Die spinnt doch die blöde Kuh! Wisst ihr was, da geh ich jetzt erst mal drauf scheißen, auf diese dämliche Kuh!"
"Ja. Das mach mal", sagte Max dazu und ließ sich, nachdem er mit Jo allein am Tisch saß, anstandshalber nicht weiter von den Teufelswiederholungen stören. Er bohrte weiter, holte schließlich einen schleimigen Popel aus der Nase und meinte zu Jo: "Die Frau muß weg. Das ist jetzt noch mal so richtig klar geworden."
Die Lokusspülung rauschte und kurz darauf setzte sich Bruno wieder zu seinen Zimmer- und Leidensgenossen. Niemand machte ihm einen Vorwurf, dass er sich nach seinem Geschäft nicht die Hände gewaschen hatte.
"Die Kuh muss weg. Die spül ich im Klo runter", keifte Bruno. "Habt ihr gesehen wie die uns angeschaut hat? Wie der Teufel hat die uns angeglotzt. Wie der Teufel, der unsere Seelen fressen wollte. Die muss weg die Frau. Die muss weg, das ist klar."
"Ich lach doch soviel über den irren Willi wie ich das will. Was hat sich die Kuh da einzumischen? Das geht die doch gar nichts an, über wen wir lachen. Stimmts oder hab ich recht?", fragte Max und schmierte Jo seinen Nasenschleim auf die Wange, weil ihm dessen Teufelei nun doch langsam nervte.
"Teufel, Teufel, Teufel. He, he, was soll denn das? Max du Sau. Was soll das?"
"Lieber Jo. Hast du was zu mir gesagt?", fragte Max darauf mit einem dämonischen Grinsen.
Jo dachte wieder an Max nächtliche Würgeattacke und die stinkenden Folgen. "Nein Max. I..ich habe nix gesagt. Alles klar Max. Ist alles okay. ... Die Frau muss weg. Aber wie?"

"Wir könnten sie tot machen. Sie klein schneiden und die Sauerei im Klo runterspülen", meinte Bruno mit vor Vorfreude glänzenden Augen.
Jo gefiel der Gedanke nicht. Er schüttelte heftig seinen Kopf und brachte nervös stotternd hervor: "M...mord. M..mord. M...mord ist T...Teufelswerk. D..das find i...ich k...keinen g...guten P...plan."
Jos nervöses Stottern nachahmend meinte Max dazu: "B..bei M...Mord h...haben w...w...wir sch...schl...schlechte K...Karten. Bruno."
"Wieso?", wollte Bruno wissen, der es nicht leiden konnte, wenn seine Ideen kritisiert wurden.
Max kniff sein Gesicht einen Augenblick zusammen und erklärte: "Mensch Bruno. Wenn wir die Frau tot machen, dann gibt es nur achtunddreißig Verdächtige. Nämlich nur die Patienten hier auf der Station. Dann haben die uns ziemlich flott. Kapiert?"
"Stimmt nicht. Die Ärzte, die Pfleger und Schwestern wären auch alle verdächtig."
"Ja mag sein. Aber die möglichen Täter sind ein relativ kleiner Personenkreis. Nicht wie draußen, wo praktisch jeder der Mörder sein könnte. Außerdem finden die Spuren in unserem Zimmer, denn nur hier könnten wir sie ohne Zeugen tot machen. Winzige Hautzellen. Blutspuren, die wir gar nicht sehen können. Mit der Technik heute, da haben wir einfach schlechte Karten."
Bruno schaute einen Augenblick zur Decke. "Ist doch egal. Wir sind Irre, wir bleiben in der Psychiatrie. Vielleicht ein noch sicherer Trakt, aber eben kein Gefängnis."
"Nein Bruno. Dann kommen wir ja nie mehr raus. Hier jedenfalls haben wir noch eine Chance, dass wir mal in eine offene Station kommen und vielleicht sogar irgendwann einmal ganz entlassen werden."
Das hatte Bruno vielleicht überzeugt, jedenfalls sagte er lange Zeit nichts mehr. Dafür kam Jo nun mit einem anderen Vorschlag raus: "Ich hab eine andere Idee. Die Kuh muss einfach schwanger gemacht werden. Dann ist sie ein paar Jahre weg und wir haben unsere Ruhe vor ihr."
Bruno und Max hörten gespannt zu, während Max eifrig nickte und "Ja, ja, das ist es" sagte, wurde Brunos Gesicht ganz ernst: "Blödsinn! Das glaubst auch nur du, dass Gertrud dann paar Jahre weg ist. Die Weiber heute, wisst ihr, die sind heute einfach keine Mütter mehr. Die gehen bis zwei Minuten vor der Niederkunft arbeiten, kacken ihr Baby aus und Zack sind sie schon wieder auf´r Arbeit. Das Baby ist da, mehr brauchen die modernen Mütter von heute nicht mehr machen, meinen die. Gibt ja genug andere Leute, die sich um ihr Balg kümmern können, meinen die heute, die neuen Mütter, die denken heute nur noch an ihre Karriere. Wenn das Kind später ´nen Schaden hat und jemand tot macht, ha, da kann sich dann der Staat drum kümmern. Und wieso, weil die Frau von heute keine Mutter mehr ist, die für ihr Kind sorgt und sich kümmert. So ist das heute. Deshalb is´es Blödsinn, dass Gertrud schwanger wird. Und überhaupt, wie soll sie denn schwanger werden, du Depp? Meinst du echt, die lässt sich von so´nem dreckigen Irren ficken wie du einer bist?"
Die Männer schwiegen. Draußen flog donnernd ein Kampfflieger der Luftwaffe Patrouillie und war bald darauf auch schon wieder fort, mit seinem Lärm. In den meisten Wohnungen der Stadt gingen die Lichter aus. Nur das Zentrum und die Straßen blieben hell beleuchtet. "Wir reden morgen weiter, ich bin müde", sagte Bruno und gähnte ohne sich die Hand vor den Mund zu halten.
Ja. Morgen werden die Drei weiter darüber diskutieren wie sie die Frau weg bekommen, so wie seit drei Jahren.
 
G

Gelöschtes Mitglied 8146

Gast
Hallo JuDschey,
hat mir sehr gut gefallen, Deine Geschichte. Sie ist spannend.

Als ich angefangen habe zu lesen, habe ich gedacht, dass Du zwar einen guten Stiel hast, aber dass mich das Thema nicht interessiert. Man muss sich erst in die Geschichte einlesen. Es wird erst sehr spät klar, um welche Situation es sich handelt. Vielleicht hast Du deswegen so wenig Resonanz.
 
G

Gelöschtes Mitglied 8146

Gast
Entschuldigung bitte, ich hab ein falsches Datum gelesen. Der ist ja ganz neu, der Beitrag.
 



 
Oben Unten