Da will mich wohl der alte Fluch ergreifen - Petrarca Sonett

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Walther

Mitglied
Da will mich wohl der alte Fluch ergreifen:
Es wird nicht rund, was sich nicht rundet, und
Es wird gesund nicht, was erkrankt. Der Schund,
Genau der, welcher, ließe man es schleifen,

Rasch um sich griffe, ließe man ihn reifen,
Ist es, dem es zu wehren gälte. Grund,
Sich zu ereifern, man tut’s lautstark kund,
Nach allen Regeln höchster Kunst zu keifen!

Das ist der Fluch, den ich hier jetzt verfluche:
Er schleicht sich ein, er macht sich breit, kennt keine,
Ich wiederhole, keine Gnade mit den Texten!

Ob ich mich nochmal am Sonett versuche?
Ach, geht mir weg und lasst mich doch alleine,
Mit diesem ganzen Formkram, dem verhexten!
 

Walther

Mitglied
Da will mich wohl der alte Fluch ergreifen:
Es wird nicht rund, was sich nicht rundet, und
Es wird gesund nicht, was erkrankt. Der Schund,
Genau der, welcher, ließe man es schleifen,

Rasch um sich griffe, ließe man ihn reifen,
Ist es, dem es zu wehren gälte. Grund,
Sich zu ereifern, man tut’s lautstark kund,
Nach allen Regeln höchster Kunst zu keifen!

Das ist der Fluch, den ich hier jetzt verfluche:
Er schleicht sich ein, er macht sich breit, kennt keine,
Ich wiederhole, Gnade mit den Texten!

Ob ich mich nochmal am Sonett versuche?
Ach, geht mir weg und lasst mich doch alleine,
Mit diesem ganzen Formkram, dem verhexten!
 

Walther

Mitglied
Da will mich wohl der alte Fluch ergreifen:
Es wird nicht rund, was sich nicht rundet, und
Es wird gesund nicht, was erkrankt. Der Schund,
Genau den, welcher, ließe man es schleifen,

Rasch um sich griffe, ließe man ihn reifen,
Ist es, dem es zu wehren gälte. Grund,
Sich zu ereifern, man tut’s lautstark kund,
Nach allen Regeln höchster Kunst zu keifen!

Das ist der Fluch, den ich hier jetzt verfluche:
Er schleicht sich ein, er macht sich breit, kennt keine,
Ich wiederhole, Gnade mit den Texten!

Ob ich mich nochmal am Sonett versuche?
Ach, geht mir weg und lasst mich doch alleine,
Mit diesem ganzen Formkram, dem verhexten!
 

Label

Mitglied
Lieber Walther

wie ich es lese, ist das ein Scheinwerfer auf die Frontlinie zwischen Formstrengen und Formlaxen.
Humorig empfinde ich die Wortwahl keifen und verflixten Formkram, die die weitest entfernten Positionen in ihrer Unnachgiebigkeit spiegeln.

Hier
Ist es, dem es zu wehren gälte. Grund,
hat sich mein Sprachempfinden gesträubt, war mir aber unsicher, ob das wie bei so vielen Worten, eine inzwischen veraltete Form sein könnte.

zufällig habe ich das gefundenhttp://conjd.cactus2000.de/showverb.php?verb=gelten gölte giltet :D immer noch.

mit einem lieben Gruß
Label

PS Das Sonett gefällt mir gut
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hier http://www.ratschlag24.com/das-petrarca-sonett_000053926 beschreibt Pia Helfferich das Petrarca-Sonnett, leider ohne Quellenangaben.

Wenn man vergleicht, stellt im vorliegenden Text die Erste Strophe die These auf, die zweite gibt die Antithese und die dritte die Synthese.

Die erste Strophe zeigt frühere Erfahrungen und wehrt dem Fluch, die zweite Strophe lässt ihn zu und führt ihn zu einer Art Extase.

Die letzten sechs Verse führen zu einer Synthese, die den Fluch durch das Schreiben von Sonetten ersetzt und zugleich das vorliegende selbstbezüglich macht.
 

Walther

Mitglied
Lb. Maren,

danke für Deinen lieben Eintrag. Es freut, wenn ein Gedicht gefällt, also Freude macht. ;)

LG W.

Lb. Label,

in der Tat gälte auch gölte, oder, anders herum, gölte gält. Nachdem es galt, wenn es gegolten hätte, hieß ichs gälten, was hoffentlich das Lesen nicht vergällte. :D

Man darf eines, denke ich, nicht tun: bei allem verbissenen Ringen um die perfekte Form die Ironie, den Humor und den Spaß am Schreiben verlieren. Und die gute Form kann einen schon zur Verzweiflung bringen, wem sage ich das! ;)

Danke und lieber Gruß W.

Lb. Bernd,

in der Tat ist das nicht ganz die Petrarca Form. So wäre es richtig(er):

Hast Du von Liebe sprechen wollen? Sprache,
Vom Wunderbarsten inspiriert: Sie streichelt
Den Traum von Nähe in die Haare, schmeichelt
Sich ein in meinen Tag. Die schönste Sache
Ist mir das Sehnen, das nie wirklich endet,
Und wär die Liebe auch perfekt geheuchelt,
Am nächsten Tag mit wenig Stil gemeuchelt,
Das Sehnen ist‘s, das Angst in Hoffnung wendet.

Ich möchte sehnen! Wie ich mich verzehre:
Der Schmerz ist süß, der die Erfüllung sucht!
Dein Duft, an dem ich, ahnend, Dich erkenne,
Polt spielend mich auf Dich wie die Antenne,
Als wäre er der Trigger einer Sucht:
Ich freu mich daran mehr, als dass ich wehre.

Der Inhaltsaufbau und die Reim in den beiden Terzetten stimmt aber schon mit dem Original recht gut überein.

Vielen Dank für Deine Ausführungen zur Form und Deine Hinweise!

LG W.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Mir fällt gerade sehr stark die kunstvolle Darstellung des Verhältnisses von Schriftsteller und Kritiker auf, einschließlich des "Selbstkritikers", ebenso wie der schöpferische Akt des Dichters, der wieder und wieder feilt, um die treffendsten Worte zu finden, stets mit sich selbst verhandelnd, wie es am besten getroffen wird, zu treffen ist.

Ist es besser, die Form zu verlassen, oder sie zu treffen? Wie dürfen Abweichungen sein?
All dies wird im Gedicht besprochen.
Und alles ist wunderbar selbstbezüglich ironisch und zyklisch.
 



 
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