Darin ich: Geist

2,80 Stern(e) 4 Bewertungen
L

Lame

Gast
Darin ich: Geist

Hinein
in den Wunschraum der Gegenwart,
im Scheitern den Mythos erschaffend.
Das Erkennen des Kopflosen
als Kopfmaterial
und die Gegenüberstellung mit
der verkopften Kopflosigkeit -
der eigenen Verdammnis
in Anschauung des Ideals.
Die Suche nach dem Schönen
eine Schleife in den Widerspruch.
Die Erlösung
eine Säule im Ruinenmeer -
selbst Säule,
erodiert in der Neuzeit,
ein Kind des Altertums,
hoffend auf jene
Erhaltenere,
Bausteingleiche.
Die Zeit der Feind hierin,
die ach! schon so Erschöpfte,
von uns im Endspurt Mißbrauchte,
aber des letalen Ziels Gewisse.
Dem Sog ausgeliefert,
Kraft mangelhaft im Säulenschwund.
Feld verheert und
erwartend neues Glück,
darin ich: Geist,
der es einst
betrachtet.
 
K

kaffeehausintellektuelle

Gast
könntest du mir bitte in wenigen worten wie einem fünfjährigen kind erklären. was du mir damit sagen willst.
ich verstehs einfach nicht.

die kaffeehausintellektuelle
 

Vera-Lena

Mitglied
Geist

Hallo, Lame,

Ja mein Lieber, wenn man so durch die Äonen geht, es hilft alles nichts, dies ist eine dunkle Zeit. Immerhin:"erwartend neues Glück".

Liebe Grüße Vera-Lena
 
L

Lame

Gast
Hallo kaffeehausintellektuelle, hallo Vera-Lena!

@Vera-Lena, Du hast die Richtung, in die das Gedicht geht, schon sehr schön angedeutet.

@Kaffeehausintellektuelle, ich möchte natürlich niemanden vor den Kopf stoßen (jedenfalls nicht länger als 24 Stunden ;-) ), daher hier die Gedanken, die dahinter stehen, nicht in ein paar Worten, sondern ausführlich.

Das Gedicht handelt von der Unmöglichkeit, individuell bzw. allgemein-in-der-heutigen-Welt im Sinne von "Schönheit" tätig zu werden. Gemeint ist ein zentrales inneres Gut, an dem es in der heutigen Welt fehlt. Der Begriff des "Schönen", bzw. mehr noch vielleicht: des Bewußtseins von Schönheit und ihres Empfindens, vielleicht auch im Zusammenhang mit dem naiv "Guten", kommt diesem Gut, das ich meine, am nächsten, daher taucht er im Gedicht explizit auf, ohne jedoch überstrapaziert zu werden. Im nachfolgenden sei er aber stellvertretend verwendet.
Ausgangspunkt ist der Wunsch und Versuch zum Schönen,
..........Hinein
..........in den Wunschraum der Gegenwart
der jedoch von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Intuitiv besteht bereits das Wissen um dieses Scheitern ("erschaffend"):
..........im Scheitern den Mythos erschaffend.
Was man bei dem Versuch vorfindet, ist aber nur die Unmöglichkeit zum Schönen, ausgedrückt durch die "Kopflosigkeit", die zwangsläufig zum Gegenstand des Versuchs wird:
..........Das Erkennen des Kopflosen
..........als Kopfmaterial,
Grund für die Unmöglichkeit zum Schönen ist der Kopf, die Ratio (des Individuums/unserer Welt), der dem Bemühen um das Ideal notwendig ("Verdammnis") entgegensteht:
..........und die Gegenüberstellung mit der
..........verkopften Kopflosigkeit -
..........der eigenen Verdammnis
..........in Anschauung des Ideals.
Der Versuch scheitert also bereits an den Grundvoraussetzungen, und da er immer wieder beim Selbst landet, also der eigenen Unmöglichkeit, ist die Suche nach dem Schönen ein Widerspruch in sich:
..........Die Suche nach dem Schönen
..........eine Schleife in den Widerspruch.
Das Ergebnis des Versuchs kann nur ein Scheitern sein, eine "Säule im Ruinenmeer" (eine Säule, die selbst Ruine und umgeben von Ruinen ist),
..........Die Erlösung
..........eine Säule im Ruinenmeer -
und zwar deshalb, weil man selbst (das Individuum/die Welt) eine Ruine ist (im Angesicht des Ziels, der Schönheit),
..........selbst Säule,
kaputt von der Zeit (der eigenen Welt),
..........erodiert in der Neuzeit,
sich sehnend nach Schönheit,
..........ein Kind des Altertums,
und nur die Hoffnung auf die Schönheit ("Erhaltenere") bleibt,
..........hoffend auf jene
..........Erhaltenere,
der man sich so verwandt wähnt/zu sein wünscht:
..........Bausteingleiche.
Doch die Zeit steht dagegen,
..........Die Zeit der Feind hierin,
sie ist, wie man selbst, müde, erschöpft (weil ihr die Schönheit fehlt),
..........die ach! schon so Erschöpfte,
gleichwohl wird sie - die Zeit -, man könnte fast sagen, in "panischer" Angst bemüht (denn die persönliche wie die allgemeine Zeit ist begrenzt),
..........von uns im Endspurt Mißbrauchte,
aber am Ende steht gnadenlos das Scheitern (die Zeit siegt immer):
..........aber des letalen Ziels Gewisse.
Dem Sehnen nach Schönheit entkommt man freilich nicht,
..........Dem Sog ausgeliefert,
aber dem dahinsiechenden Selbst mangelt es an Kraft:
..........Kraft mangelhaft im Säulenschwund.
Was bleibt, ist ein Trümmerfeld,
..........Feld verheert und
und man kann nur noch darauf warten, daß die Schönheit einst (von selbst?) wiederkommen wird:
..........erwartend neues Glück,
Das ist die Situation, in der man (das denkende Individuum/die denkende Welt) sich befindet:
..........darin, ich: Geist,
Vor meinem Tod
..........der es einst
werde ich darauf zurückblicken:
..........betrachtet.

Anmerkung zur Form: Das Gedicht ist rein intuitiv enstanden (von kleineren nachträglichen Änderungen abgesehen). Das Ergebnis ist weniger eine vordergründig verständliche Beschreibung innerer Vorgänge, als vielmehr die Wiedergabe von "Bildern inneren Empfindens": über einen Zustand der Zeit bzw.meines Empfindens über mich/die Zeit zum Zeitpunkt des Verfassens. Inneres Empfinden selbst ist ja kein "klar verständlicher Vorgang", also ist es legitim, wenn der Ausdruck solchen Empfindens sich eines intuitiven Elements bedient, hier der Metapher. Verständlichkeit in allen Teilen, zumal vordergründig, war folglich nicht Ziel des Gedichts. Es kommt mehr auf den Eindruck an, je stärker dieser (wenn denn), desto besser *g*. Die Rezeption obliegt ja dem Leser. Auch meine Interpretation kann nur Annäherung an den Empfindungsinhalt sein (wie eigentlich jede Interpretation).

Ich habe selbst Kritikpunkte an dem Gedicht. Die Verse 4 - 9 sind eine Problemzone. Insbesondere die "verkopfte Kopflosigkeit" ist zu hart; welche Analyse soll das knacken? "Verdammnis" klingt vielleicht etwas aufgesetzt, kitschig. Ab "Die Suche nach dem Schönen" gefällt mir das Gedicht wieder recht gut, für "Bausteingleiche" mag man noch etwas Besseres finden.

Das soll's gewesen sein. Danke für Euer Interesse,

liebe Grüße,

Lame
 
K

kaffeehausintellektuelle

Gast
danke vielmals für die ausführliche erklärung.
unser ehemaliger bundeskanzler hätte gesagt: das ist alles sehr kompliziert.

die kaffeehausintellektuelle
 



 
Oben Unten