Das Buch (aus dem Buch Ferdinand)

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das Buch (aus dem Buch Ferdinand)

1
Ferdinand besorgt sich Adenin,
Guanin, Thymin und Zytosin,

und er knetet stückchenweise Worte,
und erwärmt sie sacht in der Retorte.

Während es in der Retorte brodelt,
sieht man, wie er weitre Worte modelt,

sie zu Sätzen koppelt in Gestalt
einer langen Doppelhelix bald,

sie mit Gelatine übergießt
und den Anblick sichtlich auch genießt.

2
Bald beginnt die Helix, sich zu teilen,
Ferdinand muss sich etwas beeilen.

Und er rührt mit einem Quirl das Bad,
und erzeugt erzeugt vom Text ein Duplikat.

Doch der Stoff beginnt sich einzutrüben,
Ferdinand gibt Schnitzel zu von Rüben.

Im Reaktor bilden sich Peptide,
ganz exakt entsprechend jedem Gliede

jeden Satzes, und er spricht entzückt:
hier ist die Vermehrung mir geglückt.

3
Es gab leider eine Mutation,
und - verdammt - das Zeug entweicht ja schon.

Doch da naht aus irgendeinem Grund
ziemlich rasch dem Ferdinand sein Hund.

Und er stürzt sich auf die Wörterbrühe,
und er schlürft sie ohne große Mühe.

So missglückt am Ende der Versuch
zu vererben der Natur ein Buch.

Ferdinand erkennt: In der Natur
ist das oberste Prinzip: Zensur.
 

Bernd

Foren-Redakteur
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Ferdinand ging früh durch die Natur

Ferdinand ging früh durch die Natur,
das sei gut für Muskeln und Verstand
und verbessere auch die Figur.

Ferdinand durchschritt das halbe Land
und erblickte eine Bahnhofsuhr,
und er sah verwirrt die Uhr, sie stand.

Und er fragte sich: Steht wohl die Zeit?
Rinnen die Sekunden gar nicht mehr?
Ob ich weiterkomme und wie weit?

Und er trat erst hin, dann wieder her,
und so rief er laut: Vermaledeit!
und er fragte sich, was wohl jetzt wär.

Ferdinand trieb "Üben in Geduld",
stand auf beiden Füßen fest im Raum,
und er fragte sich, was sei hier schuld,

und Bewegung gäbe es wohl kaum -
sei es Religion? Vielleicht ein Kult?
Moos wuchs sacht auf seinem Mantelsaum.
 

Bernd

Foren-Redakteur
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Ferdinand trinkt kühle Limonade

Ferdinand trinkt kühle Limonade
und begibt sich gleich zu seinem Bade.

Ferdinand erscheint's, als sei das Wasser
in der Wanne im Vergleiche nasser.

Als er endlich aus der Wanne steigt,
zeigt es sich, dass sich da gar nichts zeigt.

Es ist dunkel, wie in finstrer Nacht;
Ferdinand geht durch die Wohnung sacht,

hin zum Schalter, knipst, jedoch das Licht
dass jetzt angehn soll, tut dieses nicht.

Nur die Umwelt scheint das nicht zu stören,
Ferdinand kann alles ringsum hören.

Ferdinand denkt nach, und ihm wird klar:
er ist jetzt vollkommen unsichtbar.
 



 
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