Das Ende des Schweigens

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stuyvesant

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Peter fühlte sich immerzu im Stich gelassen. Das hatte schon in seiner Kindheit angefangen. Seine Eltern waren beide berufstätig, hatten selten Zeit für ihn. Sie waren beide Karrieristen und hatten vornehmlich ihren Erfolg und gesellschaftlichen Status im Sinn. Ihre alte Villa im Ostviertel war auf das Nobelste renoviert und eingerichtet. Peter fühlte sich allein und fremd darin. Er mußte oft und mit vielem alleine klar kommen. Obwohl das Kindermädchen Lydia sich alle Mühe gab, blieb Peter für sich.
In seiner Jugend wurde es eher schlimmer; er schien seinen Eltern völlig egal zu werden. Wenn schon in der Kindheit auf Fragen mit Schweigen geantwortet wurde, so war er in der Pubertät gar froh, nichts von seinen Eltern hören zu müssen. Freunde hatte er immer nur einzelne gehabt, zu denen sein Verhältnis aber meist ebenso distanziert war, wie das zu seinen Eltern. Vertrauen kannte er kaum - er war schon früh ein einsamer, schweigsamer Mensch. Sein Leitmotiv wurde sein Vertrauen in sich selbst: nur er alleine, so seine Theorie, konnte sich weiterhelfen. Er vergrub sich in Büchern - vor allem Abenteuerromanen. Hier lebte er auf, hier waren seine Helden und hier konnte er sein. Es war nicht nur eine Traumwelt - in ihm keimte die Saat der Freiheit. Mit 17 Jahren hatte er schließlich genug von Allem, er haute von zuhause ab, er kehrte Göttingen den Rücken.
Er wollte nur frei sein, ohne all den Ballast, den seine Eltern ihm vorlebten und so machte er sich auf den Weg. Er hatte nur das Notwendigste eingepackt: einen Notizblock, ein paar Stifte sowie Klamotten zum Wechseln, ebenso seinen Schlafsack. Als er ging, schnitt er sich seine langen Haare ab. Seine Eltern würden nach ihm suchen lassen und so mußte er sich verändern, um nicht gleich wieder aufgegriffen zu werden. Er hatte seine Entscheidung sorgsam überlegt: mit diesen Eltern würde er irgendwann übel enden, sprich, genauso wie diese werden und das wollte er partout nicht. Was bedeutete er ihnen schon? Er wußte keine Antwort darauf! Alleine würde er glücklicher sein, so hoffte er.

Er war meist zu Fuß unterwegs und suchte die nächstgelegenen größeren Städte auf, Kassel zunächst; denn eins war ihm klar: nur in den Städten konnte er überleben. Er war in der ersten Zeit sehr in sich gekehrt, traute niemandem über den Weg. Gleichzeitig schlug ihm Gleichgültigkeit entgegen.

Seinen Eltern fiel sein Verschwinden erst nach einem Tag auf. Nicht das sie nicht nach ihm suchen ließen. Die Polizei wurde alarmiert, aber man machte den Eltern nicht allzuviele Hoffnungen, alldieweil sie auch allzuwenig über ihren Sohn zu wissen schienen. Ein Foto ging heraus, aber Peter war schon nach kurzer Zeit ein anderer.

Die ersten Wochen waren die Härtesten. Er schlief auf Parkbänken, in Unterführungen oder in Gartenlauben. Geld hatte er wenig dabei, so mußte er sich aufs Betteln und Stehlen kaprizieren. Ab und an hörte er von Armenhäusern, in denen es eine warme Suppe gab. Es galt sich erst einmal an dieses neue Leben zu gewöhnen, denn auch hier war nicht alles Gold.
In Bielefeld traf es ihn hart. All seine Sachen wurden ihm gestohlen. Er wähnte sich bereits am Ende, doch schließlich fand er auf seinem Weg anscheinend Gleichgesinnte. Es waren die Ausgestossenen der Gesellschaft mit denen er sich identifizieren konnte: Streuner, Obdachlose, in Wagenburgen Lebende. Aber auch unter denen gab es eben gute und schlechte Menschen, wie er erfahren mußte.
Mittlerweile hatte er so etwas wie eine neue Ausrüstung zusammengestellt, Klamotten von Mitstreunern, einen Schlafsack vom Obdachlosenhilfsdienst sowie einen zerzausten Rucksack, den er auf dem Sperrmüll gefunden hatte. Jetzt war er wirklich einer von ihnen, da er auch kein Geld mehr besaß. Er fühlte sich mehr denn je frei.
Das Ruhrgebiet tat ihm gut, die Menschen waren anders hier: offener, freundlicher. Er durchstreifte es einmal: Dortmund, Bochum, Essen überall fand er herzliche Aufnahme, doch er selbst fand keinen Ruhepunkt. Immer trieb ihn etwas weiter.
Seine Sehnsucht nach Liebe wurde an einem frühen Sommertag durch einen zugelaufenen Hund erfüllt, einen Border Collie Rüden - in Wuppertal. Die beiden mochten sich auf Anhieb. Peter, der bisher still und zurückgezogen war, lebte nun etwas auf. Er hatte endlich jemanden gefunden, mit dem er sich verstand, der ihn brauchte und seine Zuneigung teilte. Er zog mit seinem Hund, den er Ahraf nannte, weiter durch die Lande, fröhlicher als vorher je gewesen und mit einem Ziel: im Westen.

In Köln hatte er sich vorgenommen etwas zu bleiben und auszuprobieren, ob er dort leben konnte. Die Rheinländer hatten es ihm sofort angetan. All der Ballast der Existenz schien hier nur ein Teil von Vielem zu sein und eben nicht Alles.
Er traf auf eine Kommune, die in einer Wagenburg am Stadtrand lebte und die noch Plätze frei hatten für Neuankömmlinge wie ihn. Er hatte es gut getroffen, die Leute waren alle supernett wie ihm schien und er bekam einen eigenen, alten, ausgedienten Bauwagen als Bleibe.
Es war wie in einem Clan - Oberhaupt war Christian, er hatte drei Frauen und sieben Kinder. Viele andere dagegen lebten alleine - auch Frauen. Peter lernte Klaus kennen, der um einige Jahre älter war als er. Er war schon seit Jahren auf der Walze, von ihm könnte er einiges lernen. Die beiden waren oft zusammen und Peter merkte kaum, wie Klaus ihn, nach einer gewissen Zeit, immer wieder ausnutzte. Im Gegenteil, er glaubte, in ihm einen Freund gefunden zu haben. Wahrscheinlich war es gerade die Sehnsucht nacht einem Menschen, den man mochte, die einem blind werden ließ gegenüber dessen Avancen.
All dies änderte sich, als Peter Kontakt zu Birgit aufnahm, die, ebenfalls in der Wagenburg lebend, ihm öfters schon nachgesehen hatte und auf die auch er aufmerksam wurde. Birgit war ebenfalls sehr jung, erst 16 Jahre alt. Sie kam aus Köln und kannte sich somit gut aus. Auch sie hatte ihre - allerdings Stiefeltern - verlassen.
Peter, Birgit und Klaus streiften in den folgenden Wochen mit Ashraf öfters durch die Stadt. Sie bettelten abwechslungsweise und versuchten in den großen Kaufhäusern zu stehlen. Das Leben auf der Straße war eben hart und es wurde einem selten etwas geschenkt.
Durch Birgit fühlte sich Peter plötzlich lebendig, er merkte kaum, wie er dabei war, sich in sie zu verlieben. Allerdings kam er durch sie auch zu Alkohol und zu Drogen. Wein war eigentlich Standard unter den Streunern, ab und an Marihuana. Birgit schleppte dazu noch Ekstasy und Shore an. Sie nehme das schon lange und sei dadurch immer gut drauf, erklärte sie ihm und versuchte ihn dazu zu überreden es auszuprobieren. Peter war neugierig und so nahm er es mit ihr. Es tat ihm nicht gut. Er glitt ab. Es entfesselte in ihm schizoide Gedanken. Er bekam Wahnvorstellungen, Verfolgungsängste und hörte Stimmen. Er reagierte zunehmend aggressiv. Die sich entwickelnde Beziehung zu Birgit wurde dadurch gefährdet. Birgit verstand es nicht, konnte, wollte es nicht verstehen. Peter dagegen sah etwas auf sich zukommen, was größer war als er und vor dem es sich zu schützen galt, denn er fühlte sich mit einem Male von aller Welt verraten - wieder einmal. In Klaus erkannte er zunehmend einen Konkurrenten. Auch dieser hatte ein Auge auf Birgit geworfen und Klaus war nicht wählerisch in seinen Mitteln. Er versuchte Peter den Drogen hörig zu machen; er selbst kiffte nur ab und an. Peter stieg zunächst immer tiefer ab. Seine Wahnvorstellungen erschreckten Birgit immer mehr. Was war aus diesem netten Jungen geworden? Konnte sie ihm helfen? Doch sie war bereits selbst so tief im Sumpf, das Hilfe nur noch von außen kommen konnte.
Peter erkannte, dass er keinen Einfluß mehr auf sein Leben hatte. Er lebte, wie Birgit, für die Drogen. Obwohl beide schon seit einiger Zeit zusammen waren, kam es zum Bruch. Peter schaffte schließlich den Absprung; er konnte, er wollte nicht mehr. Er sah ein, dass dies nicht sein Weg war. Die Drogen oder ich, stellte er Birgit alsbald vor ein Ultimatum. Birgit aber war schon zu tief abgesunken, sie konnte Peter nichts versprechen. Jener, sie liebend, schlug einen Entzug vor. Birgit wollte es probieren - aus Liebe zu Peter.
Birgit\'s Entzug schleppte sich so dahin: doch es zeigte sich, dass sie nicht aufhören konnte. Heimlich konsumierte sie die Drogen mit anderen. Peter kam dahinter, er war frustriert. Er wollte nicht mehr. Er erinnerte sich an seine Ursprünge: er erwartete nichts mehr von seiner Umwelt, hatte Birgit abgeschrieben. Es war eine zu große Aufgabe für ihn - woher sollte er auch gelernt haben, damit umzugehen? Er war verzweifelt. Einzig Ashraf gab ihm noch Vertrauen.
Birgit und Peter trennten sich nach kurzer Zeit unter schmerzhaften Gefühlen. Peter war schwer enttäuscht, hatte er doch in Birgit eine Chance gesehen - bot denn das Leben nur Frustrationen für ihn? Klaus, der die ganze Zeit die Szene beobachtet hatte, stellte sich anscheinend fürsorglich zu Birgit. Verlogener Hund, dachte sich Peter, ihm ging es doch nur um den Sex. Das Leben war grausam.

Peter war wieder alleine mit seinem Hund Ashraf. Er wollte weg, wollte vergessen. Er wurde wieder zurückhaltender, in sich gekehrter, schweigsamer. Er hatte es versucht, eine Beziehung aufzubauen, doch er war gescheitert. Was ihm blieb war die Flucht - wieder einmal. Er wollte in den Osten. Er hatte gehört, das Dresden ein Mekka für Aussteiger sei.
Die Geschichte mit Birgit hatte Peter arg mitgenommen. Sie beschäftigte ihn fortwährend auf seinem Weg. Er fühlte sich am Ende - er litt sehr unter der Trennung und seinem Weggang aus Köln; so wie eben nur ein junger Mensch leiden konnte. Es schmerzte sein Herz, seine Seele - er weinte, wenn er alleine war, einzig Ashraf gab ihm Trost. Schließlich wendete sich seine Trauer, je weiter Köln hinter ihm lag und er begann zu überlegen, was er denn wohl mit seinem Leben noch anfangen könnte. Er machte sich zunehmend Notizen, um herauszufinden, wo seine Interessen ihn hinführen mochten.
Auf dem nach Osten kam er durch seine Heimatstadt Göttingen. Er hatte ein mulmiges Gefühl als er ankam. Er dachte, er kenne alles, doch die Szene der Obdachlosen war ihm fremd. Es galt sich also erstmal umzuschauen.
Er traf Michael, einen Aussteiger der besonderen Art unter einer Eisenbahnbrücke. Michael war noch vor Jahren an einem Uni-Institut angestellt. Eines Tages trieb es ihn heraus. Er hatte genug von permanenter Bevormundung, ständiger Kritik und zu allem Überfluß, dem Tratsch der Kolleginnen und Kollegen. Er wollte endlich er selbst sein. Peter hatte Glück, diesen Menschen getroffen zu haben, der ihm in den nächsten Wochen so etwas die Augen öffnen sollte. Michael lud Peter ein, bei ihm zu bleiben; er habe schon lange keine Gesellschaft mehr gehabt und ihm sei gerade danach. Peter stimmte zu, auch ihm war danach.
Peter und Michael blieben fortan zusammen, zwar machte jeder von ihnen auch sein eigenes Ding, aber abends trafen sie sich meist wieder, erzählten sich ihre Tageserlebnisse und philosophierten des nächtens am Lagerfeuer: \"Laß Vergangenes nicht dir das Heutige diktieren, aber lass es dir für das Zukünftige hilfreich sein\" - das war Michael. Ein außerordentlicher Mensch, dachte Peter und so wurde Michael eine Art Mentor für ihn.
In den folgenden Tagen öffnete sich Peter Michael immer mehr und erzählte ihm schließlich auch die Geschichte über seine Eltern und weswegen er überhaupt unterwegs sei. Michael hörte geduldig zu, sagte aber zunächst weiter nichts zu all dem. Trotzdem fühlte sich Peter erleichtert, endlich einmal seinen Schmerz jemandem erzählt zu haben. Durch Michael kam Peter erst wieder zurück ins Leben. Er erzählte ihm von seinen Träumen und Michael sah, wieviel Lebendigkeit in diesem Jungen steckte. Er gehörte nicht auf die Straße.

Eines Tages, als Peter mit Ashraf durch die Stadt zog, erkannte er in der Fußgängerzone seine Eltern. Er rastete innerlich aus, alles Vergangene brach aus ihm hervor. Er machte sie für sein Sein verantwortlich. Er spürte abgrundtiefen Hass. Er verfolgte sie durch mehrere Straßen und Geschäfte, merkte dann aber doch, dass er sich damit nur selber schadete und ging zurück zu Michael, dem er davon erzählte und der bereitwillig zuhörte. Als Peter ihm dann noch von seinen schizophrenen Vorstellungen erzählt hatte und seinem Wahn, seine Eltern gar zu töten, lenkte Michael ein. Er wüßte etwas Besseres. Da seine Eltern anscheinend sehr materialistisch eingestellt seien, würde er vorschlagen, einfach ihre Hütte abzufackeln. Das würde sie mehr treffen, als alles andere. Peter fand Gefallen an dem Gedanken, wobei er bemerkte, das sie wahrscheinlich gut versichert seien. Michael wußte auch hier einen Ausweg: wenn der eigene Sohn die Villa in Brand setzte, würde wahrscheinlich keine Versicherung zahlen. Aber wie das bewerkstelligen? Peter und Michael machten sich einen Plan.
Nach drei Tagen hatten sie alles beisammen und wollten am Wochenende losschlagen. Peter\'s Eltern wären wahrscheinlich auf irgendeiner Veranstaltung und so hätten sie freien Zugang. So geschah es denn auch. Mit Benzinkanistern und Spraydosen machten sie sich auf den Weg.
Die Villa brannte bereits lichterloh, als die ersten Sirenen der Feuerwehr zu hören waren. \"Peter was here\" stand in großen Lettern auf dem Gehweg. Michael und Peter beobachteten das Feuer aus sicherer Entfernung und mischten sich, als die Feuerwehr ankam, unter die Schaulustigen. Das Feuer faszinierte Peter dermaßen, dass er kaum Jubelschreie unterdrücken konnte. Das war es, Michael hatte Recht behalten, das war viel mehr wert, als alles Andere. Im Feuer lag die Vernichtung, die Vernichtung seiner vermasselten Kindheit und Jugend. Noch lange standen sie da und schauten zu, wie die Villa niederbrannte.

Peter blieb noch einige Tage bei Michael, versuchte ihn zu überreden, mit nach Dresden zu kommen, dort sollte eine wahre Aufbruchstimmung unter den Alternativen sein.
Aber Michael wollte bleiben, seine Bestimmung würde er hier finden. Sie besprachen sich noch einige Tage: Peter wollte endlich etwas Kreatives tun, sich ausdrücken, sich verwirklichen - in der Künstlerszene. Michael war erfreut, dass der Junge selbst darauf gekommen war. Es war augenscheinlich, dass er ein anderer geworden war, in der Zeit, die sie zusammen waren und das freute Michael. Etwas hatte er ihn auf dessen Weg begleiten dürfen, was ihn froh machte und letztlich blieb ihm nur, ihm viel Glück zu wünschen, als er ging.

So machte sich Peter mit Ahraf auf den Weg nach Dresden, in der Hoffnung etwas aus seinem Leben zu machen.


Ende
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
eine

geschichte voller selbstmitleid und wenig unrechtsempfinden. sag bitte, kann man für einen menschen verständnis haben, der kein verständnis für seine eltern aufbringen konnte?
mir fällt das sehr schwer.
lg
 

stuyvesant

Mitglied
Re: flammarion eine ...

Ursprünglich veröffentlicht von flammarion
geschichte voller selbstmitleid und wenig unrechtsempfinden. sag bitte, kann man für einen menschen verständnis haben, der kein verständnis für seine eltern aufbringen konnte?
mir fällt das sehr schwer.
lg
Danke für deine Kritik flammarion.
Zur Erläuterung: ich habe die Geschichte so geschrieben, dass mehr zwischen den Zeilen steht, als im Text. Für mich stellt sich die Geschichte von Peter als eine Art Befreiung dar. Was sind das für Eltern, für die jemand Verständnis aufbringen soll, die ihn vernachlässigen und der unter mangelnder Liebe leidet.
 
D

Denschie

Gast
hallo,

mich stört eher der stil der erzählung.
es wird wenig spannendes geschildert. wo sind
dialoge, details etc.?
die geschichte mit den eltern wäre mir etwas weniger
schwarz/weiß beschrieben lieber.
ich finde es nicht realistisch, dass der junge so
gar kein positives gefühl für sie aufbringen kann.
es müsste deutlicher werden, wie sehr dieses feuer
ein befreiungsschlag aus emotionaler abhängigkeit ist.

vielleicht etwas weniger protokollmäßig, "er tat dieses,
er tat jenes, traf sie, traf ihn ... dann brannte er
das haus ab." mir fehlt eine art spannungsbogen.

das nur als vorschlag.
lg, denschie
 
N

nobody

Gast
Ein (etwas zu lang geratener) Klappentext - so habe ich die Geschichte gelesen. Das ist keine negative Kritik - eher als Anregung gemeint, daraus eine spannende Sache zu machen. Wie? Da kann ich nur Denschie beipflichten (von der ich selbst viel gelernt habe) und Mut machen, es doch noch mal zu versuchen. Dabei die einfachsten Regeln nicht übersehen: den Leser von Anfang an einfangen, bei der Stange halten, Spannung erzeugen - ich habe in dieser Beziehung viel von Anderen gelernt: wie macht der es, dass ich weiterlese, welche Stilmittel setzt er ein usw. Auch der eine oder andere Leitfaden hilft weiter, z.B. Sol Stein: Über das Schreiben (Zweitausendeins). Übrigens: sprachlich habe ich an dem Text nichts auszusetzen...
Gruß
Franz
 

stuyvesant

Mitglied
Antwort auf Denschie

Ursprünglich veröffentlicht von Denschie
hallo,

Auch hallo,

mit deinen Vorschlägen kann ich richtig was anfangen, ihnen mehrheitlich zustimmen. Es ist dies meine erste Kurzgeschichte, bisher habe ich nur drei längere Werke (*40 Seiten) in einem anderem Stil geschrieben. Ich hatte hierbei Schwierigkeiten die Story unterzubringen, von daher hab ich manches weggelassen. Ich wollte es dem Leser überlassen seiner/ihrer Fantasie Auslauf zu lassen. Aber man sollte den Leser wohl mehr an die Kandarre nehmen, damit er einem nicht davonläuft - soviel habe ich verstanden.
lg
 

stuyvesant

Mitglied
Ursprünglich veröffentlicht von nobody
Ein (etwas zu lang geratener) Klappentext - so habe ich die Geschichte gelesen. Das ist keine negative Kritik - eher als Anregung gemeint, daraus eine spannende Sache zu machen. Wie? Da kann ich nur Denschie beipflichten (von der ich selbst viel gelernt habe) und Mut machen, es doch noch mal zu versuchen. Dabei die einfachsten Regeln nicht übersehen: den Leser von Anfang an einfangen, bei der Stange halten, Spannung erzeugen - ich habe in dieser Beziehung viel von Anderen gelernt: wie macht der es, dass ich weiterlese, welche Stilmittel setzt er ein usw. Auch der eine oder andere Leitfaden hilft weiter, z.B. Sol Stein: Über das Schreiben (Zweitausendeins). Übrigens: sprachlich habe ich an dem Text nichts auszusetzen...
Gruß
Franz
Hallo Franz,

ich mußte herzlich lachen über den zu lang geratenen Klappentext; ich stimme dir zu und ich hätte mehr aus der Story machen können. Danke für dein Mutmachen und Tipps.

lg Karl
 

Mumpf Lunse

Mitglied
Inspiriert durch die bisherigen Kommentare,

( ... "kann man für einen menschen verständnis haben, der kein verständnis für seine eltern aufbringen konnte?" oder: "es müsste deutlicher werden, wie sehr dieses feuer ein befreiungsschlag aus emotionaler abhängigkeit ist." oder: "Übrigens: sprachlich habe ich an dem Text nichts auszusetzen...")

möchte ich auch einige aufmunternde Worte beisteuern.

Peter fühlte sich immerzu im Stich gelassen. ... In seiner Jugend wurde es eher schlimmer;...
...
Sein Leitmotiv wurde sein Vertrauen in sich selbst ...
Mal abgesehen von der wirklichen/beabsichtigten Bedeutung dieses Satzes, fällt mir da am ehesten ein:
“was uns nicht umbringt, macht uns stärker” F. Nietzsche
Aus dem Nachlaß, III, S. 603; siehe auch Ecce Homo.


Allerdings ist mir das mit dem Leitmotiv noch etwas rätselhaft.

Da könnte man ja sagen: Glück gehabt Alter! Deine beschissenen Eltern haben dir geholfen deine Stärken zu finden.
Sie (die Eltern) sind sozusagen - wie Mephistopheles auf Faustens Frage wer er sei antwortet - Ein Teil von jener Kraft, Die stets das Böse will und stets das Gute schafft.

Oder versteh ich das nicht richtig? Ich bin etwas verwirrt, Entschuldigung.

Mein Favorit:

Freunde hatte er immer nur einzelne gehabt, zu denen sein Verhältnis aber meist ebenso distanziert war, wie das zu seinen Eltern.
Man beachte den Satz im Kontext der Geschichte. *ratlos guck*

- Geld hatte er wenig dabei,
(na ja, passiert schon mal.)
so mußte er sich aufs Betteln und Stehlen kaprizieren.
(ka|pri|zie|ren refl. 3; sich auf etwas k.: auf etwas bestehen, beharren, (eigensinnig) bei etwas bleiben) Aha. Er hat eigensinnig gestohlen? Oder wie jetzt?

Ab und an hörte er von Armenhäusern, in denen es eine warme Suppe gab.
Armenhäuser?
Es galt sich erst einmal an dieses neue Leben zu gewöhnen, denn auch hier war nicht alles Gold.
Ach? ... das kommt jetzt aber doch etwas überraschend. Man beachte: "nicht alles".

... einen Schlafsack vom Obdachlosenhilfsdienst.
Google sagt:
Es wurden keine mit Ihrer Suchanfrage - obdachlosenhilfsdienst - übereinstimmenden Dokumente gefunden.

Vorschläge:
- Vergewissern Sie sich, dass alle Wörter richtig geschrieben sind.
- Probieren Sie andere Suchbegriffe.
- Probieren Sie allgemeinere Suchbegriffe.

Wittgenstein sagt: "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen."
Tractatus-logico-philosophicus, 7

Ich sage: Es ist nie ganz verkehrt ein wenig zu wissen ... worüber auch immer.

Ich merke gerade wie wenig ich über das Leben auf der Strasse, das Leid überfressener Wohlstandskinder und die Sehnsucht nach Liebe welche durch Hunde gestillt resp. erfüllt wird ... (Seine Sehnsucht nach Liebe wurde an einem frühen Sommertag durch einen zugelaufenen Hund erfüllt) ... weiß. (Wobei ich das Kindermädchen vorgezogen hätte. Andererseits...)

Grund genug es - von meiner Seite - gut sein zu lassen. Freilich nicht ohne ein letztes Zitat:


"All der Ballast der Existenz schien hier nur ein Teil von Vielem zu sein und eben nicht Alles."
Genau!

Herzlichst Mumpf
 

stuyvesant

Mitglied
Ursprünglich veröffentlicht von Mumpf Lunse
Inspiriert durch die bisherigen Kommentare,

( ... "kann man für einen menschen verständnis haben, der kein verständnis für seine eltern aufbringen konnte?" oder: "es müsste deutlicher werden, wie sehr dieses feuer ein befreiungsschlag aus emotionaler abhängigkeit ist." oder: "Übrigens: sprachlich habe ich an dem Text nichts auszusetzen...")

möchte ich auch einige aufmunternde Worte beisteuern.

Peter fühlte sich immerzu im Stich gelassen. ... In seiner Jugend wurde es eher schlimmer;...
...
Sein Leitmotiv wurde sein Vertrauen in sich selbst ...
Mal abgesehen von der wirklichen/beabsichtigten Bedeutung dieses Satzes, fällt mir da am ehesten ein:
“was uns nicht umbringt, macht uns stärker” F. Nietzsche
Aus dem Nachlaß, III, S. 603; siehe auch Ecce Homo.


Allerdings ist mir das mit dem Leitmotiv noch etwas rätselhaft.

Da könnte man ja sagen: Glück gehabt Alter! Deine beschissenen Eltern haben dir geholfen deine Stärken zu finden.
Sie (die Eltern) sind sozusagen - wie Mephistopheles auf Faustens Frage wer er sei antwortet - Ein Teil von jener Kraft, Die stets das Böse will und stets das Gute schafft.

Oder versteh ich das nicht richtig? Ich bin etwas verwirrt, Entschuldigung.

Mein Favorit:

Freunde hatte er immer nur einzelne gehabt, zu denen sein Verhältnis aber meist ebenso distanziert war, wie das zu seinen Eltern.
Man beachte den Satz im Kontext der Geschichte. *ratlos guck*

- Geld hatte er wenig dabei,
(na ja, passiert schon mal.)
so mußte er sich aufs Betteln und Stehlen kaprizieren.
(ka|pri|zie|ren refl. 3; sich auf etwas k.: auf etwas bestehen, beharren, (eigensinnig) bei etwas bleiben) Aha. Er hat eigensinnig gestohlen? Oder wie jetzt?

Ab und an hörte er von Armenhäusern, in denen es eine warme Suppe gab.
Armenhäuser?
Es galt sich erst einmal an dieses neue Leben zu gewöhnen, denn auch hier war nicht alles Gold.
Ach? ... das kommt jetzt aber doch etwas überraschend. Man beachte: "nicht alles".

... einen Schlafsack vom Obdachlosenhilfsdienst.
Google sagt:
Es wurden keine mit Ihrer Suchanfrage - obdachlosenhilfsdienst - übereinstimmenden Dokumente gefunden.

Vorschläge:
- Vergewissern Sie sich, dass alle Wörter richtig geschrieben sind.
- Probieren Sie andere Suchbegriffe.
- Probieren Sie allgemeinere Suchbegriffe.

Wittgenstein sagt: "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen."
Tractatus-logico-philosophicus, 7

Ich sage: Es ist nie ganz verkehrt ein wenig zu wissen ... worüber auch immer.

Ich merke gerade wie wenig ich über das Leben auf der Strasse, das Leid überfressener Wohlstandskinder und die Sehnsucht nach Liebe welche durch Hunde gestillt resp. erfüllt wird ... (Seine Sehnsucht nach Liebe wurde an einem frühen Sommertag durch einen zugelaufenen Hund erfüllt) ... weiß. (Wobei ich das Kindermädchen vorgezogen hätte. Andererseits...)

Grund genug es - von meiner Seite - gut sein zu lassen. Freilich nicht ohne ein letztes Zitat:


"All der Ballast der Existenz schien hier nur ein Teil von Vielem zu sein und eben nicht Alles."
Genau!

Herzlichst Mumpf


Hallo Mumpf,

freue mich sehr über das feedback was ich erhalte und kann kaum realisieren, dass diese "ausbaufähige" Kurzgeschichte einem zu Nietzsche und Goethe führt. Ich halte es mit Wittgenstein - eigentlich hätte ich darüber nicht schreiben sollen; aber ich habe es nun mal getan und die Kommentare können mir nur weiterhelfen auf meinem Weg. Dank dir!
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
und

was ich noch fragen wollte: ist dein prot durch das abfackeln des elternhauses nun erwachsener geworden oder nur gewissenloser? wie siehst du das?
lg
 



 
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