Das Geräusch von Ewigkeit

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Das Geräusch von Ewigkeit



Von draußen schimmert schwach ein Licht
und fließt kaum sichtbar in die Kissen
Das Klavier aus Nachbars Wohnung stört nicht
Die Nacht verspinnt sich traumzerrissen

tief in deinen Narbenkranz
in den ich leis den Finger leg
So flieht das Ungeliebte ganz
aus spaltbreit offnem Fenstersteg

und legt sich dunkel draußen nieder
auf nasse Kopfsteinpflasterhaut
und du willst meine Hände wieder
streifst dein Nachthemd ohne Laut

in kühle Decken ungestillt
und zeigst mir offen deine Wunde
dein unvollkommen schönes Bild
das mich erschüttert bis zum Grunde

Alles Immer wird zum Jetzt
und Tränen werden weißes Glas
Ich hab mich schweigend aufgesetzt
Du lächelst und glänzt silbrig-nass

mir deine Bitte in den Schoß
mit flüsternder Geschmeidigkeit
wie ein verlornes Herbstblatt bloß
und dem Geräusch von Ewigkeit



08/2004​
 

gareth

Mitglied
Liebe Freifrau,

wieder einmal bedaure ich, kein umfangreiches lyrik-kritisches Vokabular zur Verfügung zu haben.

Dein Gedicht beschreibt eine intime, nächtliche, sehr erotische Szene zweier Liebender, die gleichzeitig auch eine schmerzhafte Verarbeitung von Vergangenem zu sein scheint.
Es enthält sehr schöne und einprägsame Bilder und Handlungen und ich wünschte mir, es umrahmte die Gedanken in angemessener formaler Weise.

Von draußen schimmert schwach ein Licht
und fließt kaum sichtbar in die Kissen
Das Klavier aus Nachbars Wohnung stört nicht
Die Nacht verspinnt sich traumzerrissen

der radikale Bruch der dritten Zeile widerspricht dem offenbaren Willen des ganzen Gedichtes, die Gedanken rhythmisch zu tragen. Er erscheint ungewollt und wirkt zerstörerisch.

Musik durch Wände stört uns nicht

soll als Alternative zeigen, was ich meine.

tief in deinen Narbenkranz
in den ich leis den Finger leg
So flieht das Ungeliebte ganz
aus spaltbreit offnem Fenstersteg

Die Formulierung der ersten beiden Zeilen erzwingt eigentlich die Vollendung der auf den Narbenkranz bezogenen Handlung, bleibt aber, anscheinend unbeabsichtigt, unvollendet

Auch hier eine alternative Formulierung unter (fast) Erhaltung des Endreims, die lediglich zeigen soll, was ich meine

soll ich, sagst du, den Finger legen


und legt sich dunkel draußen nieder
auf nasse Kopfsteinpflasterhaut
und du willst meine Hände wieder
streifst dein Nachthemd ohne Laut

die vierte Zeile würde so ihre Metrik erhalten:

nun willst du meine Hände wieder
und streifst dein Nachthemd ohne Laut


und abschließend sagt mir mein Gefühl, dass die schöne letzte Zeile sehr viel stärker wäre, wenn sie nicht bereits im Titel stünde.

dies ist, was ich anzumerken hätte
gareth
 
I

IKT

Gast
Liebe freifrau,
viel Textarbeit ist hier nicht zu leisten, da ich dieses Gedicht als rundum weich, geschmeidig, und bis ins Innere dringend, empfinde.
Dabei stört wirklich nur der "Klaviervers" etwas.
Ansonsten - wunderschön.
LG IKT
 



 
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