Das Glühschwein

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DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das Glühschwein wühlte sich aus der Erde. Es hatte keinen Kalender, nur seinen Instinkt, aber auf den war Verlass. Es konnte nur der 21. November sein. Obwohl total abgemagert, schaffte das Glühschwein den vollkommenen Durchbruch an die Oberfläche und hob schnuppernd die Schnauze.

Da, nicht weit entfernt, strömte ein unvergleichlicher Duft vorbei, ein Duft, den das Glühschwein allem anderen vorzog: Lieblich, süßlich, nach Beeren, vor allem aber nach Alkohol. Das war sein geliebter Glühwein, nach dem das Schwein seinen Namen erhalten hatte, denn es ernährte sich ausschließlich davon. Natürlich nur vom Original, nicht verfälscht von diversen Schüssen, die das Glühschwein nur benommen machten. Ein Mal hatte es einen derartigen Schuss probiert und dermaßen einen vor den Bug bekommen, dass es den gesamten nachfolgenden Tag im Laubbett verbringen musste. Bäh!

Das Glühschwein folgte seiner Nase und wuselte sich durch den Wald zur Straße hin und schon bald geriet es zielstrebig in die Stadt. Die Anzeichen mehrten sich, dass hier heute der Weihnachtsmarkt eröffnet worden war. Immer mehr Menschen störten das Fortkommen des Glühschweins und als es endlich den Ort seiner Träume erreicht hatte, blieb es zunächst ratlos stehen.

Trauben von Menschen umstanden den größten Glühweinstand des Marktes. Alle Altersklassen hielten mit verzückten Blicken Becher mit heißem, duftenden Inhalt umklammert, als wären es Rettungsanker. Sogar Kinder tranken schluckweise aus bunten Tassen. Das Glühschwein erschnupperte mit Ekel, dass es sich beim Inhalt nur um Eierpunsch handeln konnte, in den die Kleinen Kinderschokolade tunkten. Widerlich, befand das Schwein.

Es schlängelte sich durch die Beine der Menschen, um an den großen Kessel zu kommen. Die Menschen nahmen keine Notiz von ihm. Eine Gruppe Jugendlicher betrieb systematisch Komasaufen, in dem sie neuen Glühwein orderte, sobald die Becher leer waren. Arbeitnehmer feierten eine After-Work-Party mit allgemeiner Verbrüderung und tausend Glühweinschüssen. Das Glühschwein stellte fest, dass alle Schichten vertreten waren. Auch Ärzte und Priester ließen es sich nicht nehmen, den Glühwein aus kitschigen Bechern zu kosten. Diese Berufsgruppen fand das Glühschwein praktisch für einen solchen Stand. Konnten sie doch später den Komasaufenden beistehen, entweder durch lebensrettende Maßnahmen oder durch Spendung der letzten Ölung.
Zufrieden stellte es fest, dass einige brav das Pfand für die Becher zurückhaben wollten, aber eigentlich war es den meisten scheißegal, was sie bezahlen mussten.

Endlich war es dem Glühschwein gelungen, ins Innere der Bude vorzudringen und mit einem gewagten Sprung landete es direkt im heißen Wein. Seine Natur war so angelegt, dass ihm die Hitze nichts ausmachte, im Gegenteil, es suhlte sich erstmal zufrieden in der Brühe und nahm dann einen tiefen Schluck. Bäh, das war ja wieder dieses Tetrapackzeugs, dieser fertige Kram, der hier serviert wurde! Aber egal, jetzt trank es, bis es bald zu platzen drohte.

Und die Menschen? Die achteten nicht darauf, einige meinten zwar, ein rosafarbenes Schweinchen im Glühweinkessel schwimmen zu sehen, schoben es aber auf ihren Tasseninhalt. Musste ein verdammt guter Glühwein sein, wenn man schon Schweine sah.

Nach einer halben Stunde hopste das Glühschwein zufrieden aus dem Kessel. Naja, es hatte schon bessere Weine getrunken, aber für's erste war sein Durst gestillt. Ungesehen huschte es zum Blätterbett. Morgen würde es wiederkommen. Und übermorgen auch. Und wie es gehört hatte, sollte der Weihnachtsmarkt bis zum Jahresende dauern. Das heißt, der Glühweinstand sollte so lange aufgebaut bleiben. Sehr gut, dachte das Schwein. Mein schönstes Weihnachtsgeschenk!


(Gewidmet einem heimlichen Fan ;-)
 

Ironbiber

Foren-Redakteur
Ein satirisches Erwachsenenmärchen, eine nette Idee mit Potential für skurrile Situationen, die du aber leider nicht ausgeschöpft hast. Ich vermute mal, dass das Absicht war und du lediglich die glühweingeschwängerte Atmosphäre eines Weihnachtsmarktes im Sinne hattest, wo so manche Rotnase anstatt der sonst üblichen weißen Mäuse, den Rücken eines Schweinchens im Glühweintopf entdeckt.

Es grüßt, ganz ganz leicht enttäuscht, der Ironbiber
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Biber, ja, aus dem Text könnte man noch viel mehr machen, ich gehe mal nach dem nächsten Weihnachtsmarktbesuch in mich. Dann müsste ich aber die Intention verändern. Schaun wir mal.
Trotz Deiner Enttäuschung sage ich vielen Dank für die gute Bewertung.

LG Doc, ohne Schweinchen unterwegs. ;-)
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das Glühschwein wühlte sich aus der Erde. Es hatte keinen Kalender, nur seinen Instinkt, aber auf den war Verlass. Es konnte nur der 21. November sein. Obwohl total abgemagert, schaffte das Glühschwein den vollkommenen Durchbruch an die Oberfläche und hob schnuppernd die Schnauze.

Da, nicht weit entfernt, strömte ein unvergleichlicher Duft vorbei, ein Duft, den das Glühschwein allem anderen vorzog: Lieblich, süßlich, nach Beeren, vor allem aber nach Alkohol. Das war sein geliebter Glühwein, nach dem das Schwein seinen Namen erhalten hatte, denn es ernährte sich ausschließlich davon. Natürlich nur vom Original, nicht verfälscht von diversen Schüssen, die das Glühschwein nur benommen machten. Ein Mal hatte es einen derartigen Schuss probiert und dermaßen einen vor den Bug bekommen, dass es den gesamten nachfolgenden Tag im Laubbett verbringen musste. Bäh!

Das Glühschwein folgte seiner Nase und wuselte sich durch den Wald zur Straße hin und schon bald geriet es zielstrebig in die Stadt. Die Anzeichen mehrten sich, dass hier heute der Weihnachtsmarkt eröffnet worden war. Immer mehr Menschen störten das Fortkommen des Glühschweins und als es endlich den Ort seiner Träume erreicht hatte, blieb es zunächst ratlos stehen.

Trauben von Menschen umstanden den größten Glühweinstand des Marktes. Alle Altersklassen hielten mit verzückten Blicken Becher mit heißem, duftenden Inhalt umklammert, als wären es Rettungsanker. Sogar Kinder tranken schluckweise aus bunten Tassen. Das Glühschwein erschnupperte mit Ekel, dass es sich beim Inhalt nur um Eierpunsch handeln konnte, in den die Kleinen Kinderschokolade tunkten. Widerlich, befand das Schwein.

Es schlängelte sich durch die Beine der Menschen, um an den großen Kessel zu kommen. Die Menschen nahmen keine Notiz von ihm. Eine Gruppe Jugendlicher betrieb systematisch Komasaufen, in dem sie neuen Glühwein orderte, sobald die Becher leer waren. Arbeitnehmer feierten eine After-Work-Party mit allgemeiner Verbrüderung und tausend Glühweinschüssen. Das Glühschwein stellte fest, dass alle Schichten vertreten waren. Auch Ärzte und Priester ließen es sich nicht nehmen, den Glühwein aus kitschigen Bechern zu kosten. Diese Berufsgruppen fand das Glühschwein praktisch für einen solchen Stand. Konnten sie doch später den Komasaufenden beistehen, entweder durch lebensrettende Maßnahmen oder durch Spendung der letzten Ölung.
Zufrieden stellte es fest, dass einige brav das Pfand für die Becher zurückhaben wollten, aber eigentlich war es den meisten scheißegal, was sie bezahlen mussten.

Endlich war es dem Glühschwein gelungen, ins Innere der Bude vorzudringen und mit einem gewagten Sprung landete es direkt im heißen Wein. Seine Natur war so angelegt, dass ihm die Hitze nichts ausmachte, im Gegenteil, es suhlte sich erstmal zufrieden in der Brühe und nahm dann einen tiefen Schluck. Bäh, das war ja wieder dieses Tetrapackzeugs, dieser fertige Kram, der hier serviert wurde! Aber egal, jetzt trank es, bis es bald zu platzen drohte.

Und die Menschen? Die achteten nicht darauf, einige meinten zwar, ein rosafarbenes Schweinchen im Glühweinkessel schwimmen zu sehen, schoben es aber auf ihren Tasseninhalt. Musste ein verdammt guter Glühwein sein, wenn man schon Schweine sah.

Nach einer halben Stunde hopste das Glühschwein zufrieden aus dem Kessel. Naja, es hatte schon bessere Weine getrunken, aber für's erste war sein Durst gestillt. Ungesehen huschte es zum Blätterbett. Morgen würde es wiederkommen. Und übermorgen auch. Und wie es gehört hatte, sollte der Weihnachtsmarkt bis zum Jahresende dauern. Das heißt, der Glühweinstand sollte so lange aufgebaut bleiben. Sehr gut, dachte das Schwein. Mein schönstes Weihnachtsgeschenk!


(Gewidmet einem heimlichen Fan ;-)
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das Glühschwein wühlte sich aus der Erde. Es hatte keinen Kalender, nur seinen Instinkt, aber auf den war Verlass. Es konnte nur der 21. November sein. Obwohl total abgemagert, schaffte das Glühschwein den vollkommenen Durchbruch an die Oberfläche und hob schnuppernd die Schnauze.

Da, nicht weit entfernt, strömte ein unvergleichlicher Duft vorbei, ein Duft, den das Glühschwein allem anderen vorzog: Lieblich, süßlich, nach Beeren, vor allem aber nach Alkohol. Das war sein geliebter Glühwein, nach dem das Schwein seinen Namen erhalten hatte, denn es ernährte sich ausschließlich davon. Natürlich nur vom Original, nicht verfälscht von diversen Schüssen, die das Glühschwein nur benommen machten. Ein Mal hatte es einen derartigen Schuss probiert und dermaßen einen vor den Bug bekommen, dass es den gesamten nachfolgenden Tag im Laubbett verbringen musste. Bäh!

Das Glühschwein folgte seiner Nase und wuselte sich durch den Wald zur Straße hin und schon bald geriet es zielstrebig in die Stadt. Die Anzeichen mehrten sich, dass hier heute der Weihnachtsmarkt eröffnet worden war. Immer mehr Menschen störten das Fortkommen des Glühschweins und als es endlich den Ort seiner Träume erreicht hatte, blieb es zunächst ratlos stehen.

Trauben von Menschen umstanden den größten Glühweinstand des Marktes. Alle Altersklassen hielten mit verzückten Blicken Becher mit heißem, duftenden Inhalt umklammert, als wären es Rettungsanker. Sogar Kinder tranken schluckweise aus bunten Tassen. Das Glühschwein erschnupperte mit Ekel, dass es sich beim Inhalt nur um Eierpunsch handeln konnte, in den die Kleinen Kinderschokolade tunkten. Widerlich, befand das Schwein.

Es schlängelte sich durch die Beine der Menschen, um an den großen Kessel zu kommen. Die Menschen nahmen keine Notiz von ihm. Eine Gruppe Jugendlicher betrieb systematisch Komasaufen, in dem sie neuen Glühwein orderte, sobald die Becher leer waren. Arbeitnehmer feierten eine After-Work-Party mit allgemeiner Verbrüderung und tausend Glühweinschüssen. Das Glühschwein stellte fest, dass alle Schichten vertreten waren. Auch Ärzte und Priester ließen es sich nicht nehmen, den Glühwein aus kitschigen Bechern zu kosten. Diese Berufsgruppen fand das Glühschwein praktisch für einen solchen Stand. Konnten sie doch später den Komasaufenden beistehen, entweder durch lebensrettende Maßnahmen oder durch Spendung der letzten Ölung.
Zufrieden stellte es fest, dass einige brav das Pfand für die Becher zurückhaben wollten, aber eigentlich war es den meisten scheißegal, was sie bezahlen mussten.

Endlich war es dem Glühschwein gelungen, ins Innere der Bude vorzudringen und mit einem gewagten Sprung landete es direkt im heißen Wein. Seine Natur war so angelegt, dass ihm die Hitze nichts ausmachte, im Gegenteil, es suhlte sich erstmal zufrieden in der Brühe und nahm dann einen tiefen Schluck. Bäh, das war ja wieder dieses Tetrapackzeugs, dieser fertige Kram, der hier serviert wurde! Aber egal, jetzt trank es, bis es bald zu platzen drohte.

Und die Menschen? Die achteten nicht darauf, einige meinten zwar, ein rosafarbenes Schweinchen im Glühweinkessel schwimmen zu sehen, schoben es aber auf ihren Tasseninhalt. Musste ein verdammt guter Glühwein sein, wenn man schon Schweine sah.

Nach einer halben Stunde hopste das Glühschwein zufrieden aus dem Kessel. Naja, es hatte schon bessere Weine getrunken, aber für's erste war sein Durst gestillt. Ungesehen huschte es zum Blätterbett. Morgen würde es wiederkommen. Und übermorgen auch. Und wie es gehört hatte, sollte der Weihnachtsmarkt bis zum Jahresende dauern. Das heißt, der Glühweinstand sollte so lange aufgebaut bleiben. Sehr gut, dachte das Schwein. Mein schönstes Weihnachtsgeschenk!


(Gewidmet einem heimlichen Fan ;-)
 

John Wein

Mitglied
Hallo Doc
Die vielen versteckten Hinweise im Text vermag ich nicht zu deuten, sie scheinen mir allerdings bedeutsam für den, der hier Fan ist.
Ich überlege noch ob ein Schwein nicht eher einen Rüssel hat statt der Schnauze? Aber nein, es ist ja ein imaginäres Schwein (oder etwa Sau?), das hier am Eierpunsch schnüffelt und sich in der Menge durchwühlt.
Gruß, JW
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo John, das Schwein hat meines Wissens eine rüsselartige Schnauze, aber ich kann zur Absicherung nochmal Peter Kloeppel fragen (dessen heimlichen Fan ich bin), denn er ist eigentlich Agrarbiologe, hörte aber nicht auf seine Mutter und wurde Anchorman bei RTL. Naja, mit Schweinen hat er da vielleicht auch zu tun. Oder ich frag mal einen Schweinebauern, der eine Frau sucht. Auf jeden Fall bleibt der Hinweis am Schluss natürlich unaufgeklärt - wie es sich für Heimlichkeiten gehört.
;-)

LG Doc
 



 
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