Das Gräfchen auf der Schulter

2,30 Stern(e) 3 Bewertungen
Das edle Gräfchen Balduin
Ist fürwahr nur selten gross.
Es wohnt auf einer Burgruin'
Und sitzt der Mutter auf dem Schoss.

Die Mutter streichelt zärtlich und
Voller Stolz durch Gräfchens Haar
Und, das macht die Sache rund,
Gebraucht genau ein Fingerpaar.

"Was willst Du heute Abend essen?"
Fragt die Mutter. "Wachtelei?" -
"Oh, ich hab' heut viel gesessen."
So spricht das Gräfchen: "Keine zwei!"

Die Mutter schnippt, der Diener schreitet,
Und erzählt dem Koch die Mär.
Das Ei sich in der Pfann' ausbreitet.
Der Koch meint:"Mensch, der frisst wie'n Bär!"

"Hab acht!" sagt da der Diener gleich.
"Kennst Du unser'n Grafen nicht?
Erstochen wird mit einem Streich,
Wem Ironie die Zunge spricht!"

"Ach ja..." Es lässt den Koch ganz kalt.
Fürchten tut er sich wohl nicht.
"Ich werd' hier sowieso nicht alt!
Und Schweigen ist nicht meine Pflicht!"

Doch steht des Dieners Haar zu Berge.
Er glaubt kaum, was er hier hört.
"Die Grösse fehlt nicht jedem Zwerge!"
Schnaubt er und schreit: "Wie unerhört!" -

"Nun geh' und sag' dem Gräfchen dein,
Dass sein Ei in Bälde käme!
Ich geb ihm noch ein Sösschen fein,
Und wiss', dass ich mich hier nicht schäme!"

So spricht der Koch, der Diener geht,
Gräfchen Balduin zu sagen,
Das Ei sei auf dem Weg. Auch steht
Ihm an, über den Koch zu klagen.

Das Gräfchen auf der Mutter lauscht.
Wort für Wort hört es hier zu,
Bevor es in die Küche rauscht
Auf Mutterns Schulter und im Nu.

"Das", spricht Gräfchen, "war kaum weise!
Was denkt er denn, wer er sei?" -
"Mein Herr, Ihr sprecht mir gar zu leise!"
Der Koch grinst. "Wollt Ihr euer Ei?"

An dieser Stelle spricht die Mutter,
Laut und deutlich, gar nicht weich:
"Mein guter Koch, Du wirst wohl Futter
Für Hund und Hundesohn zugleich!" -

"Ach, Gräfchenmutter, mir könnt's kaum
Gleichgültiger sein, was Ihr
Mir androht. Ich verlass' den Raum
Am Ende doch wie ich will! Hier!"

Und damit bekommt das Gräfchen
Ei und Teller vor das Näschen.
"Nun, iss er gut, dann halt ein Schläfchen,
Wenn aufgewacht, trink er ein Gläschen!

Doch dieser Koch verbeugt sich nimmer,
Geht hinfort und kommt nicht mehr!
Und wenn Ihr wollt, bleibt klein für immer!
Ansonsten iss den Teller leer!"

So spricht der Koch und schnippt die Finger.
Graf und Mutter steh'n allein
Und fühl'n sich plötzlich doch geringer,
Konfus, verwirrt und beide klein...
 
Zuerst mal danke für die ehrlichen Worte.
Wenn Du allerdings schreibst, dass die beiden Punkte, die Du ansprichst schade sind, bekomme ich das Gefühl, dass Du davon ausgehst, dass das Gedichtchen schon zu 100% fertig ist. Das ist NICHT der Fall!
Hm, wenn ich darüber nachdenke...ich habe nur zwischendurch Threads gesehen, in denen wirklich Schreibtechnik usw. in einem Text diskutiert wurde...vielleicht verstehe ich die Leselupe doch ein klein wenig falsch oder weiss zumindest nicht, wo auf der Seite ich was veröffentlichen sollte...naja, wie auch immer! Auf jeden Fall nochmals Dank für die aufrichtige Antwort! Ich schätze das...

lg
Alex
 
Ne, das allermeiste dessen, was ich in die LL stelle, ist noch nicht fertig...
;-)
Die Rhythmusprobleme habe ich (an manchen Stellen zumindest) letzthin auch entdeckt. Bin mal gespannt, ob ich da alles erwischt haben werde, wenn die Korrektur fertig ist.

Danke fürs Lesen auf jeden Fall!

Grüssle,
Alex
 
Jetzt bin ich aber doch mal gespannt...

...ob ich alle Fehlerchen gefunden habe! Falls nicht, bitte nicht scheu sein und mich drauf hinweisen...ich mag das Gedichtchen nämlich, und würde gerne am Ende eine fehlerfreie Version dastehen haben...schon im Voraus vielen Dank fürs Lesen!
;-)

DAS GRÄFCHEN AUF DER SCHULTER

Das edle Gräfchen Balduin
Ist fürwahr nur selten gross.
Es wohnt auf einer Burgruin'
Und sitzt der Mutter auf dem Schoss.

Die Mutter streichelt zärtlich und
Voller Stolz durch Gräfchens Haar
Und braucht, das macht die Sache rund,
Dafür genau ein Fingerpaar.

"Was willst Du heute Abend essen?"
Fragt die Mutter. "Wachtelei?" -
"Ich habe heute viel gesessen."
So spricht das Gräfchen: "Keine zwei!"

Die Mutter schnippt, der Diener schreitet,
Und erzählt dem Koch die Mär.
Das Ei sich in der Pfann' ausbreitet.
Der Koch meint:"Mensch, der frisst wie'n Bär!"

"Hab acht!" sagt da der Diener gleich.
"Kennst Du unser'n Grafen nicht?
Erstochen wird mit einem Streich,
Wem Ironie die Zunge spricht!"

"Ach ja..." Es lässt den Koch ganz kalt.
Fürchten tut er sich wohl nicht.
"Ich werd' hier sowieso nicht alt!
Und Schweigen ist nicht meine Pflicht!"

Doch steht des Dieners Haar zu Berge.
Kann's kaum glauben, was er hört.
"Die Grösse fehlt nicht jedem Zwerge!"
Er schnaubt und schreit: "Wie unerhört!" -

"Nun geh' und sag' dem Gräfchen dein,
Dass sein Ei in Bälde käme!
Ich geb ihm noch ein Sösschen fein,
Und wiss', dass ich mich hier nicht schäme!"

So spricht der Koch, der Diener geht,
Gräfchen Balduin zu sagen,
Das Ei sei auf dem Weg. Auch steht
Ihm an, über den Koch zu klagen.

Das Gräfchen auf der Mutter lauscht.
Wort für Wort hört es hier zu,
Bevor es in die Küche rauscht
Auf Mutterns Schulter und im Nu.

"Oh, das", spricht Gräfchen, "war kaum weise!
Denn was denkt er, wer er sei?" -
"Mein Herr, Ihr sprecht mir gar zu leise!"
Der Koch grinst. "Wollt Ihr euer Ei?"

An dieser Stelle spricht die Mutter,
Laut und deutlich, gar nicht weich:
"Mein guter Koch, Du wirst wohl Futter
Für Hund und Hundesohn zugleich!" -

"Ach, Gräfchenmutter, mir könnt's kaum
Gleichgültiger sein, was Ihr
Mir androht. Ich verlass' den Raum
Am Ende doch wie ich will! Hier!"

Und damit dann bekommt das Gräfchen
Ei und Teller vor das Näschen.
"Nun, iss er gut, dann halt ein Schläfchen,
Wenn aufgewacht, trink er ein Gläschen!

Doch dieser Koch verbeugt sich nimmer,
Geht hinfort und kommt nicht mehr!
Und wenn Ihr wollt, bleibt klein für immer!
Ansonsten esst den Teller leer!"

So spricht der Koch und schnippt die Finger.
Graf und Mutter steh'n allein
Und fühl'n sich plötzlich doch geringer,
Konfus, verwirrt und beide klein...
 

Udogi-Sela

Mitglied
Hallo Alexander Kongegaard,

die zuletzt eingestellte Version Deines Gedichtes habe ich mir mal angesehen und habe dazu folgende Anmerkungen:
(Das sind natürlich immer meine persönlichen Kritikpunkte und Überlegungen, die nicht unbedingt vom Autor oder anderen Lesern geteilt werden müssen. Außerdem sollte man perfekte Werke direkt an einen Verlag schicken und nicht hier einstellen)

Als erstes: Den ersten Buchstaben jeder Zeile großzuschreiben ist fällt unter die Rubrik „dichterische Freiheit“; ich würde mich aber sozusagen dem „Lauf der Sätze“ anpassen.

Du hast das Gedicht in der Gegenwartsform geschrieben. Da es sich aber offensichtlich um eine Geschichte aus der Vergangenheit handelt, würde ich sie auch so formulieren.

DAS GRÄFCHEN AUF DER SCHULTER

Das edle Gräfchen Balduin
Ist fürwahr nur selten gross.
Es wohnt auf einer Burgruin'
Und sitzt der Mutter auf dem Schoss.
Mit dem Begriff „Gräfchen“ in der Überschrift weist Du schon darauf hin, dass es sich um einen körperlich kleinen Grafen handelt, was Du in der ersten Zeile bestätigst. Aber das „selten“ in der zweiten Zeile heißt, manchmal ist er eben doch „groß“. Da er, wie die Überschritt sagt, auf einer Schulter sitzen kann, muss die Größe dann „Größe“ im übertragenen Sinne sein. (Das Gräfchen hat ab und an seltene „Größe“, was aber im Verlauf dieser Geschichte nicht bestätigt wird.)

Kann man AUF einer RUINE wohnen?

Widerspruch? Das Gräfchen auf der Schulter sitzt der Mutter auf dem Schoss.


Die Mutter streichelt zärtlich und
Voller Stolz durch Gräfchens Haar
Und braucht, das macht die Sache rund,
Dafür genau ein Fingerpaar.
„macht die Sache rund“ bedeutet: Ich weise bestätigend darauf hin, dass das Gräfchen so klein ist, dass die Mutter nur zwei Finger benötigt, um ihm durchs Haar zu streicheln.
Das denkt sich man aber auch ohne den Hinweis: „das macht die Sache rund“.

"Was willst Du heute Abend essen?"
Fragt die Mutter. "Wachtelei?" -
"Ich habe heute viel gesessen."
So spricht das Gräfchen: "Keine zwei!"

Die Mutter schnippt, der Diener schreitet,
Und erzählt dem Koch die Mär.
Das Ei sich in der Pfann' ausbreitet.
Der Koch meint: "Mensch, der frisst wie'n Bär!"
„Die“ würde ich weglassen.

Der Diener „erzählt dem Koch die Mär“. Was ist mit „Mär“ gemeint? Dass das Gräfchen viel gesessen ist oder nur ein bis anderthalb Wachteleier essen mag oder beides? „Mär“ ist die Kurzform für Märchen, doch es handelt sich eher um eine Kurzmitteilung.

Ein Wachtelei BREITET SICH in der Pfanne aus? Ich würde eher beschreiben wollen, dass es sich mehr um einen kleinen Klecks handelt, um die Aussage des Kochs in der nächsten Zeile noch ironischer klingen zu lassen.

Die Zeilen 3 und 4 sind jeweils um eine Silbe zu lang.

"Hab acht!" sagt da der Diener gleich.
"Kennst Du unser'n Grafen nicht?
Erstochen wird mit einem Streich,
Wem Ironie die Zunge spricht!"
unser'n = unsern

Da das Gräfchen so brutal sein kann, wird er folgerichtig in den Augen des Dieners zum „Grafen“.

"Ach ja..." Es lässt den Koch ganz kalt.
Fürchten tut er sich wohl nicht.
"Ich werd' hier sowieso nicht alt!
Und Schweigen ist nicht meine Pflicht!"

Doch steht des Dieners Haar zu Berge.
Kann's kaum glauben, was er hört.
"Die Grösse fehlt nicht jedem Zwerge!"
Er schnaubt und schreit: "Wie unerhört!" –
Grösse = Größe

"Nun geh' und sag' dem Gräfchen dein,
Dass sein Ei in Bälde käme!
Ich geb ihm noch ein Sösschen fein,
Und wiss', dass ich mich hier nicht schäme!"
Wer spricht so: „... in Bälde käme!“ oder „und wiss’, ...“ ?

So spricht der Koch, der Diener geht,
Gräfchen Balduin zu sagen,
Das Ei sei auf dem Weg. Auch steht
Ihm an, über den Koch zu klagen.

Das Gräfchen auf der Mutter lauscht.
Wort für Wort hört es hier zu,
Bevor es in die Küche rauscht
Auf Mutterns Schulter und im Nu.

"Oh, das", spricht Gräfchen, "war kaum weise!
Denn was denkt er, wer er sei?" -
"Mein Herr, Ihr sprecht mir gar zu leise!"
Der Koch grinst. "Wollt Ihr euer Ei?"
Erste und zweite Zeile holpern mit unregelmäßiger Zeilenanzahl.

An dieser Stelle spricht die Mutter,
Laut und deutlich, gar nicht weich:
"Mein guter Koch, Du wirst wohl Futter
Für Hund und Hundesohn zugleich!" -

"Ach, Gräfchenmutter, mir könnt's kaum
Gleichgültiger sein, was Ihr
Mir androht. Ich verlass' den Raum
Am Ende doch wie ich will! Hier!"
Auch hier holpern die Zeilen.

Und damit dann bekommt das Gräfchen
Ei und Teller vor das Näschen.
"Nun, iss er gut, dann halt ein Schläfchen,
Wenn aufgewacht, trink er ein Gläschen!
Ei und Teller scheinen hier getrennte Dinge zu sein.

Doch dieser Koch verbeugt sich nimmer,
Geht hinfort und kommt nicht mehr!
Und wenn Ihr wollt, bleibt klein für immer!
Ansonsten esst den Teller leer!"
Warum spricht der Koch in der dritten Person?
Normal würde man sagen: „Ich geh fort und komm nicht mehr!“

So spricht der Koch und schnippt die Finger.
Graf und Mutter steh'n allein
Und fühl'n sich plötzlich doch geringer,
Konfus, verwirrt und beide klein...
Der Koch schnippt mit den Fingern und verschwindet? Wie ein Geist oder wie muss man sich das vorstellen? Denn: „Graf und Mutter steh'n allein“

Der Schluss will mich nicht so richtig befriedigen. Das Wort „doch“ bedeutet, dass sie sich vorher irgendwann jegliches Geringsein abgesprochen hätten und sich jetzt DOCH gering fühlen.

Wie fühlt man sich „konfus“?

Ich hoffe, nicht zu sehr bevormundend zu klingen. Ich habe auch mal eine eigene Version des Gedichtes versucht. So richtig wollte mir das nicht gelingen, denn wenn ich meinen eigenen Anmerkungen folgen soll, dann muss das Gedicht in weiten Teilen völlig neu formuliert werden.

Wenn man sich wiederum vorstellt, dass ein „Gräfchen“ als gewalttätiger Herrscher auf der Schulter seiner Mutter sitzt, dann ist das doch eine ziemlich skurrile Idee.

Vielleicht haben andere ja noch andere Einfälle dazu.

Herzlichst
Udo
 
R

rmdp

Gast
lieber Alexander -

abgesehen von der unrythmischen art der verse und den klaren kommentaren unseres freundes und moderators Udogi versteh ich die geschichte i.g.u.g. nicht.(offenbar habe ich da eine komplette blockade) das gräfchen scheint mir eher eine meerkatze denn von klein-menschlichem wuchse, wenn ich das anmerken darf.

zitiere

Das edle Gräfchen Balduin
Ist fürwahr nur selten gross.
Es wohnt auf einer Burgruin'
Und sitzt der Mutter auf dem Schoss.


schliesse mich Udogi mit noch mehr ratlosigkeit an.

ein gräfchen ist auf grund seiner aristo abstammung edel und sollte "edel" hier nur in der anredeform erfolgen, in welcher ich überhaupt die geschichte etwa nur vom koch o.a. erzählen lassen würde, weil da viele ecken ohne schmerzen abgerundet werden könnten, wie auch immer ich komm trotzdem nicht hinter den sinn:

oh edles gräflein balduin,
ihr seid zwar selten gross, (versteh ich überhaupt nicht)
wohnt nur auf einer burgruin,
sitzt mutter auf dem schoss.

....ihr seid zwar nicht sehr gross,
 
R

rmdp

Gast
also gut wenn das gräfchen in der neuzeit als verarmter adel (=ruine) lebt und noch dazu (ver) oder klein gewachsen wäre, dann meint der dichter hier die geschichte eines respektlosen koches zu erzählen...da der koch nicht im verlies landet oder um einen kopf kürzer von den wildschweinen im burgraben verzehrt wird...und mutter und kind am ende eher verblüfft durch den abgang des - nicht unbedingten haubenkoches - sind, will er (für mich) mit der geschichte zeigen wie schwer es der adel heutzutage hat in zerfallenden bauwerken personal zu halten. nicht gerade spannend und könnte wahrscheinlich sehr sarkastisch geschrieben werden, wobei kaum viel vom ursprünglichen satzgebäude übrig bleiben würde.

vlg
ralf
 
An Udo:

...sollte man perfekte Werke direkt an einen Verlag schicken und nicht hier einstellen
Da stimme ich absolut zu!

Hallo Udo,

zuerst mal vielen Dank für die ausführliche Arbeit, die Du Dir mit dem "Gräfchen" gemacht hast! Es war nämlich sehr hilfreich zu lesen, was Du geschrieben hast.
Also, dann gehen wir es einmal an, in "chronologischer" Reihenfolge, damit ich auch nichts vergesse...

Als erstes: Den ersten Buchstaben jeder Zeile großzuschreiben ist fällt unter die Rubrik "dichterische Freiheit"; ich würde mich aber sozusagen dem "Lauf der Sätze" anpassen.
Ich weiss* nicht, warum ich angefangen habe, das zu machen. Es gehört für mich mittlerweile dazu, ohne dass* ich es allerdings erklären könnte.

Du hast das Gedicht in der Gegenwartsform geschrieben. Da es sich aber offensichtlich um eine Geschichte aus der Vergangenheit handelt, würde ich sie auch so formulieren.
Ich weiss* nicht so recht, ob man der Geschichte wirklich eine Zeit zuordnen muss*. Natürlich tut man das intuitiv schon, doch geht es mir hier hauptsächlich um ein Hintergrundgefühl (ein Ausdruck, zu dem ich gleich noch mehr schreiben werde), das hinter dem kompletten Text steht. Das Präsens bringt dieses Gefühl etwas näher an mich heran. Da ich aber hier eben von mir ausgehe, bin ich sehr interessiert daran zu erfahren, wie es anderen in diesem Punkt geht.

Mit dem Begriff "Gräfchen" in der Überschrift weist Du schon darauf hin, dass es sich um einen körperlich kleinen Grafen handelt, was Du in der ersten Zeile bestätigst. Aber das "selten" in der zweiten Zeile heißt, manchmal ist er eben doch "groß". Da er, wie die Überschritt sagt, auf einer Schulter sitzen kann, muss die Größe dann "Größe" im übertragenen Sinne sein. (Das Gräfchen hat ab und an seltene "Größe", was aber im Verlauf dieser Geschichte nicht bestätigt wird.)
Stimmt grundsätzlich. Es geht hier am Anfang des Gedichtes darum, Gräfchen und Mutter vorzustellen. Mehr soll diese Strophe auch nicht erreichen. Die selbstgeglaubte 'Grösse*' kommt übrigens später zum Ausdruck in der Tatsache, dass* das Gräfchen dem Spötter zu Leibe rückt.

Kann man AUF einer RUINE wohnen?
Hm...wenn ich mir das so überlege...es könnte sein, dass* das falsch ist. Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher. Wenn man AUF einer Burg wohnen kann, kann man doch sicher auch auf einer BURGRUIN' wohnen? Muss ich mal nachkucken.

Widerspruch? Das Gräfchen auf der Schulter sitzt der Mutter auf dem Schoss.
:) Danke. Ich bin erstaunt, dass* ich das nicht gemerkt habe!

"macht die Sache rund" bedeutet: Ich weise bestätigend darauf hin, dass das Gräfchen so klein ist, dass die Mutter nur zwei Finger benötigt, um ihm durchs Haar zu streicheln.
Das denkt sich man aber auch ohne den Hinweis: "das macht die Sache rund".
Stimmt. Man braucht es nicht. Es stört aber meiner Meinung nach auch nicht.

"Die" würde ich weglassen.
Betonung auf der zweiten Silbe ist geplant in der ersten Zeile jeder Strophe. Deswegen habe ich ein wenig Probleme damit, "die" einfach so wegzunehmen.

Der Diener „erzählt dem Koch die Mär“. Was ist mit „Mär“ gemeint? Dass das Gräfchen viel gesessen ist oder nur ein bis anderthalb Wachteleier essen mag oder beides? „Mär“ ist die Kurzform für Märchen, doch es handelt sich eher um eine Kurzmitteilung.
Was den Gebrauch des Wortes "Mär" angeht, lasse ich gerne mit mir reden. Mir gefällt das selbst auch nicht besonders.
Das einzige, was mir an "Mär gefällt", ist, dass* es hineinpasst in die Sprache des Gedichtes. Mehr aber auch nicht.
Wenn es um die Bedeutung der Mitteilung geht, sehe ich keine Probleme hier. Der Empfänger der Mitteilung ist immerhin ein Koch.

Ein Wachtelei BREITET SICH in der Pfanne aus? Ich würde eher beschreiben wollen, dass es sich mehr um einen kleinen Klecks handelt, um die Aussage des Kochs in der nächsten Zeile noch ironischer klingen zu lassen.
Ja, warum nicht. Hast Du schon mal ein Ei in die Pfanne geschlagen? Ein Ei ist zwar kein Pfannkuchenteig, aber eine gewisse Ausbreitung lässt sich da schon feststellen... :)
Ok, jetzt wieder im Ernst: Du hast recht, man könnte die Ironie noch deutlicher herausstellen. Ich werde mir überlegen, wie das am besten geht.

Die Zeilen 3 und 4 sind jeweils um eine Silbe zu lang.
Wo genau? Du musst wissen, dass ich manchmal (echt nur manchmal!) blind bin in solchen Dingen.

*)
Grösse = Größe
Das liegt an meiner norwegischen Tastatur (ich wohne in Tromsø). Hat alles, was man braucht, um deutsch zu schreiben, ausser* eben einem "ß", das ich jetzt mit copy-paste aus deinem Zitat holen musste*.

Wer spricht so: „... in Bälde käme!“ oder „und wiss’, ...“ ?
Hier kommen wir wieder zum Hintergrundgefühl. Hier geht es nicht um einen "Gegenwartsgrafen". Immerhin will die Mutter den Koch am Ende den Hunden vorwerfen (Anmerkung an rmdp: Nicht den Wildschweinen...).
Mit anderen Worten: Das hier ist lediglich eine Anspielung an die teilweise etwas verstaubte Sprache etwas älterer Werke.

Erste und zweite Zeile holpern mit unregelmäßiger Zeilenanzahl.
Die ungleiche Anzahl Silben in den ersten beiden Zeilen einer Strophe zieht sich durch das ganze Gedicht und ist gewollt. Bis auf die Zeile mit "gleichgültiger" lese ich das persönlich recht flüssig durch. Meine Freundin übrigens auch (ausser* uns beiden habe ich leider keine Anhaltspunkte mehr, wenn es um den Lesefluss* geht).
Was mir allerdings recht häufig passiert, ist das ich ein wenig zu fokusiert auf den Lesefluss bin und dann nicht merke, dass* ich eine Hebung in der Zeile zuviel oder zuwenig habe o.ä.

Ei und Teller scheinen hier getrennte Dinge zu sein.
Glaubst Du das wirklich? Auch hier wieder stellst Du mir grammatische Zweideutigkeit über Kontext. Ich glaube, hier setzen wir unsere Prioritäten anders.

Warum spricht der Koch in der dritten Person?
Normal würde man sagen: „Ich geh fort und komm nicht mehr!“
Auch hier geht es wieder um das Hintergrundgefühl, von dem ich rede. Natürlich hast Du recht, wenn Du sagst, dass* "man" das normal anders sagt. Die Figuren in dem Gedicht reden aber nicht normal.

Der Koch schnippt mit den Fingern und verschwindet? Wie ein Geist oder wie muss man sich das vorstellen? Denn: „Graf und Mutter steh'n allein“

Der Schluss will mich nicht so richtig befriedigen. Das Wort „doch“ bedeutet, dass sie sich vorher irgendwann jegliches Geringsein abgesprochen hätten und sich jetzt DOCH gering fühlen.
Genau, der Koch ist einfach weg. Ich gebe aber zu, dass* der Hintergrund des Koches u.U. ein wenig schwach entwickelt ist.
Und auch im bezug auf das "Geringsein" hast Du recht. Welchen anderen Grund hat das Gräfchen, so stark auf den Koch zu reagieren als sich nicht klein machen zu lassen?

Wie fühlt man sich „konfus“?
Danke für den Hinweis. :)

Ich hoffe, nicht zu sehr bevormundend zu klingen
Mach Dir keine Sorgen. Ich finde deine Bemerkungen, wie gesagt, sehr hilfreich. Ich war ja nun nicht immer deiner Meinung, doch bin ich beeindruckt von der Mühe, die Du Dir gemacht hast. Sie fällt nicht auf unfruchtbaren Boden, wenn ich das jetzt einmal so ausdrücken darf.
Hab herzlichen Dank!

lg,
Alex


an rmdp:

z.B.:
also gut wenn das gräfchen in der neuzeit als verarmter adel (=ruine) lebt und noch dazu (ver) oder klein gewachsen wäre, dann meint der dichter hier die geschichte eines respektlosen koches zu erzählen...da der koch nicht im verlies landet oder um einen kopf kürzer von den wildschweinen im burgraben verzehrt wird...und mutter und kind am ende eher verblüfft durch den abgang des - nicht unbedingten haubenkoches - sind, will er (für mich) mit der geschichte zeigen wie schwer es der adel heutzutage hat in zerfallenden bauwerken personal zu halten. nicht gerade spannend und könnte wahrscheinlich sehr sarkastisch geschrieben werden, wobei kaum viel vom ursprünglichen satzgebäude übrig bleiben würde.

Hallo Ralf!

Ich finde es sehr schade, dass* Du das Gedicht nicht verstehst. Mir ist aber nicht ganz klar, warum das so ist, denn ich habe den Eindruck, dass* Du hier krampfhaft einen Sinn versuchst zu entdecken, der nicht im Gedicht steckt.
In einem anderen Thread auf der LL wurde das einmal "eine deutsche Krankheit" genannt. Ich weiss* nicht, ob ich es eine "Krankheit" nennen würde, doch ist der Hintergrund dieser anderswo getroffenen Aussage doch auch hier in den Vordergrund getreten meiner Meinung nach.
Dank aber auch Dir für's Lesen!

lg
Alex
 
R

rmdp

Gast
"eine deutsche Krankheit"

damit scheinst du (oder wer immer das prägte) nicht ganz unrecht zu haben alex...ich hoffe auch dass jeder dichter - sei es nun autodi oder pro dem folgt was ihm die muse zuraunt und das dann auch schreibt. deine sprache im "gräfchen" bemächtigt sich aber auch eines stiles, den ich merkwürdig und interessant finde, der aber weiter entwickelt werden muss. ich etwa experimentiere (lies mal mein 9/11) mit einer art neobarock...also ich nehme die schwarze perle und fasse sie in unser neuzeitliches sprachgefüge. der leser tut sich schwer aber ich bin nichts desto trotz unverzagt.

ich empfehle dir aber dennoch dich mit dem was udo sagt intensiv auseinanderzusetzen.

dein ralfi
 

Udogi-Sela

Mitglied
Danke für deine ausführliche Antwort.
Auf ein paar Dinge will ich noch eingehen:

Den ersten Buchstaben jeder Zeile großzuschreiben hat sich in der Lyrik offenbar eingebürgert. Vielleicht wurde das mal irgendwo und irgendwann festgeschrieben, aber ich wüsste nicht von wem.

Du schreibst von einem „Hintergrundgefühl“, um das es bei dieser Geschichte geht.
Mein Gefühl beim ersten Lesen war: Es handelt sich um eine Mischung aus Märchen, Legende und Moritat ohne „Mordtat“ in, Zitat: „etwas verstaubter Sprache etwas älterer Werke“.
Du schreibst, es geht nicht um einen „Gegenwartsgrafen“, schreibst aber dennoch im Präsens.

Um dahinter zu kommen, welche „Prämisse“ dieses Werk transportieren soll, muss man die Zeilen mehrmals lesen.
Grundaussage: „Größe“ ist nicht von Größe und Autorität nicht von Titeln abhängig.
Das müsste klarer herauskommen.

Und noch mal zu „Ei und Teller“: Übertrieben ausgedrückt könnte man sagen: In der linken Hand halte ich den Teller und rechts die Pfanne mit dem Ei.

"Und damit bekommt das Gräfchen
Ei und Teller vor das Näschen."

„Ei und Teller“ sind durch das „und“ getrennte Dinge. Ei „auf“ dem Teller bringt die zwei zusammen. Es kommt primär auf das Essen an, also könnte man den Teller auch weglassen und dem Gräfchen ein gebratenes Ei vorsetzen. Dass dieses nicht blank auf dem Tisch liegt, setzt ein Leser voraus. Ich hoffe, Du verstehst, was ich meine.

Zudem hat man die Vorstellung, dass das Gräfchen (noch) auf der Schulter sitzt; wie soll er da vom Teller essen?

Ich staune selbst, was man alles aus so einem „Ei und Teller“ herauslesen kann...

Ich selbst schreibe oft mehrere Versionen eines Gedichtes, bis ich das habe, was mir vorschwebt.
Versuch doch auch mal eine weitere Variante...

Herzlichst
Udo
 
Hallo, Udo und Ralf!

Zuallererst: Je mehr ich mir die Sache mit dem Präsens überlege, desto mehr bin ich eurer Meinung. Da wird wohl doch im Laufe der Zeit die Vergangenheitsform Einzug halten.

Udo: Um dahinter zu kommen, welche „Prämisse“ dieses Werk transportieren soll, muss man die Zeilen mehrmals lesen.
Grundaussage: „Größe“ ist nicht von Größe und Autorität nicht von Titeln abhängig.
Das müsste klarer herauskommen.
Das erinnert mich jetzt ein bisschen an den kleinen Dialog, den Ralf und ich haben/hatten in bezug auf der Suche nach dem Sinn und der Hauptaussage. Ich verstehe aber grundsätzlich schon, dass Ihr eine Haupt- oder Grundaussage sucht (Bin ja schliesslich auch Deutscher! ;)). Und genau wie bei einigen anderen Dingen, über die wir schon "geredet" haben, könnte man auch hier noch deutlicher werden. Ob mir diese Deutlichkeit genau im bezug auf dies hier dann am Ende auch wichtig sein wird, weiss ich allerdings noch nicht.

Ralf: ich empfehle dir aber dennoch dich mit dem was udo sagt intensiv auseinanderzusetzen.
Ich kann ansonsten nur noch schreiben, dass ich immer noch zu dem stehe, was in einer der ersten Antworten dieses Threads schon erwähnt wurde, nämlich, dass ich das Gedicht keineswegs als fertig ansehe. Also, von daher macht Euch keine Sorgen, ich feile da noch ein wenig rum.

lg
Alex
 

Tinka

Mitglied
Du hattest um Anregungen gebeten - voila:

Ich kann mich, was die Schwierigkeit den "Bodensatz" dieses Textes zu ergründen, den Anderen nur anschließen!

Du weißt, was du transportieren wolltest! Versuche vielleicht noch einmal, den Text daraufhin selbstkritisch abzuklopfen ("Wird hier klar, was ich ausdrücken wollte?/Wie würde ich das verstehen, wenn ich nicht der Verfasser wäre?) und ihn dann entsprechend zu ändern. (Ist mit eigenen Texten sehr schwer, da man ja weiß, was man damit sagen wollte - es fehlt einem die Distanz des "Fremdlesers")

Mit dem Rythmus stimmte es nach wie vor leider nicht! Hier ein kleiner aber vielleicht hilfreicher Tipp:

Lies den Text einmal laut und klopfe dabei mit dem Fuß - ähnlich einem Musiker - den Rythmus, d.h. die betonten Silben. Dann merkst du recht schnell, wo es noch "holpert"!

Gruß Tinka
 
R

rmdp

Gast
an euch alle ihre lieben...

so befremdlich das mit dem fussrythmus für den aussenstehenden klingen mag...(nicht für euch weil ihr innenstehende seid)...ich klopfe tatsächlich - vor allem bei reimarbeit mit einem imaginären fuss manchmal rythmisch im kopf. sehr gut bemerkt tinka und eine excellente anregung für alex, wenn er diese methode bisher nicht anwendet.

vlg
euer ralfi
 
Hallo,

Die "Fussmethode" ist mir tatsächlich bekannt (auch wenn es vielleicht nicht so aussieht!)

Die Stellen, an denen der "Fuss" aus dem Takt kommen kann, sind die Zeilenanfänge. In relativ unregelmässigen Abständen wird der Reim am Ende einer Zeile nämlich von einem oder zwei Silben getragen. Das kann, das gebe ich zu, im Prinzip zu Problemen führen.

Allerdings:

Nehmt Wilhelm Busch's "Max und Moritz", z.B. Auch hier findet sich dieser Wechsel in einsilbigem und zweisilbigem Reim, der im Grunde natürlich erst einmal nicht in den Lesefluss hineinpassen will, da man auf Deutsch z.B. keine zwei betonten Silben o.ä. aussprechen möchte.
Trotzdem lässt sich dieses Geschichtengedicht, wenn ich es mal so nennen darf, flüssig lesen.
Warum? Weil zwischen zwei betonten Silben, wenn wir bei diesem Beispiel bleiben, auch eine kontextindizierte Pause stehen kann.
Lasst mich ein Beispiel aus dem Text nehmen. Da dies ebenfalls ein Geschichtengedicht sein soll, ist Charakterentwicklung ein Teil des ganzen. Also gehen wir in die 2. Strophe, Zeilenwechsel 1. zu 2. Zeile:

Die Mutter streichelt zärtlich und
Voller Stolz durch Gräfchens Haar
Und braucht, das macht die Sache rund,
Dafür genau ein Fingerpaar.
Hier haben wir zwei betonte Silben in "und" und "Vol-", die aufeinander folgen. Ich gebe zu, dass die Pause, die hier notwendig wird beim Lesen zwischen "und" und "Vol-" forciert ist, doch soll sie das auch sein. Denn die Mutter soll eine zu ihrem Sohn zärtliche, aber eben auch auf ihren Sohn stolze Frau sein. Dieser Stolz wird durch die Pause, die durch das Versmass einfach kommt im Sprechen an dieser Stelle akzentuiert.
Nehmen wir ein anderes Beispiel:

Doch steht des Dieners Haar zu Berge.
Kann's kaum glauben, was er hört.
"Die Grösse fehlt nicht jedem Zwerge!"
Er schnaubt und schreit: "Wie unerhört!" -
Hier gehen wir an den Übergang zwischen 3. und 4. Zeile. Zwei unbetonte Silben folgen aufeinander und der Fuss könnte ins Schleudern kommen. Fügt doch einmal beim Fussklopfen eine "leeren" Klopfer ein. Plötzlich wird das Wort "schnaubt" in seiner Betonung noch verstärkt und die Wut des Dieners kommt deutlicher heraus.
Und dann habe ich noch ein drittes Beispiel:

So spricht der Koch, der Diener geht,
Gräfchen Balduin zu sagen,
Das Ei sei auf dem Weg. Auch steht
Ihm an, über den Koch zu klagen.
1. auf 2. Zeile und 2. auf 3. Zeile sind hier wohl die Problemfälle. Hier handelt es sich um Pausen, die beim "normalen" Reden (also nicht beim Gedicht-Laut-Lesen) schlicht gemacht werden und stören mich einfach nicht.
Das heisst, sie haben keinerlei Signifikanz. Ich weiss nicht, wie es Euch geht, aber ich werde beim Lesen eines Textes immer vom Kontext in Betonung usw beeinflusst, und mir geht es hier strikt darum, ob etwas stört im Redefluss oder nicht. Was stört und was nicht, ist allerdings viel zu subjektiv, als dass ich mich da auf Absoluta einlassen und Euch erzählen möchte, wie es Euch da geht.

Ich sage es nocheinmal: Hier soll eine Geschichte in Gedichtform erzählt werden. Und als solche hat sie definitiv ihre Schwachpunkte, über die auch ausführlich geschrieben wurde. Für die Kritik, die in diesen Bereich kam, bin ich sehr dankbar, und ich hoffe, das ist auch klargeworden!
Auf der anderen Seite kann ich die "Holprigkeits"-Diskussion nur auf eine Art verstehen: Gott weiss, ich bin manchmal wirklich blind in solchen Dingen, aber irgendwie gefällt mir eben nicht, dass mir hier jeder sagt, dass das Gedicht holpert, ohne aber auf eine bestimmte Stelle zu zeigen. Ich nehme das als ein weiteres Indiz für die Subjektivität, die ich oben angesprochen habe.

Am Ende kann ich aber Lehren ziehen aus dem Ganzen:
1. Was ich flüssig lesen kann, lesen andere u.U. nicht so flüssig. Dies führt natürlich zu einer strengeren metrischen Form (aus all den falschen Gründen, meiner Meinung nach) für dieses und zukünftige Gedichte, die sich auf die oben angesprochenen potentiellen Problemfälle bezieht (etwas, das, wie gesagt, sogar einen Wilhelm Busch nur bedingt interessiert hat manchmal). Denn wohl jeder Deutschsprachige liest aufgrund seines Dialektes, schon einen simplen Satz anders.
2. Oder aber Ihr redet von etwas ganz anderem, was mich natürlich ziemlich blöd dastehen lassen würde...
;)

Ich habe ja schon geschrieben, dass ich das Gedichtchen noch einmal anschauen will, und ich denke, das wird auch jetzt erst einmal passieren. Mal schauen, was Ihr zu sagen haben werdet, wenn ich mit dieser Überarbeitung fertig bin.

Noch mal vielen lieben Dank für die anregende Diskussion! Ich bin immer noch überrascht und, wie gesagt, auch dankbar dafür, einen meiner Texte als Startpunkt einer solchen Diskussion zu sehen!!

lg
Alex
 
R

rmdp

Gast
zitiere:

Am Ende kann ich aber Lehren ziehen aus dem Ganzen:
1. Was ich flüssig lesen kann, lesen andere u.U. nicht so flüssig. Dies führt natürlich zu einer strengeren metrischen Form (aus all den falschen Gründen, meiner Meinung nach) für dieses und zukünftige Gedichte, die sich auf die oben angesprochenen potentiellen Problemfälle bezieht (etwas, das, wie gesagt, sogar einen Wilhelm Busch nur bedingt interessiert hat manchmal). Denn wohl jeder Deutschsprachige liest aufgrund seines Dialektes, schon einen simplen Satz anders.


auf den kopf getroffen liebr alex...und vergiss nicht der rythmus ändert sich mit der epoche und auch dem zeitgeist (ich liebe das wort genauso wenig wie ernest gombrich, der ihm jegliche bedeutung abspricht) aber lass uns der nun wirklich sehr interessant ausartenden diskussion folgendes werkstück hinzufügen:

Die Mutter streichelt zärtlich und
Voll Stolz durch Gräfchens Haar
Und braucht, das macht die Sache rund,
Dafür genau ein Fingerpaar..



wir ändern den rythmus:

Die Mutter streichelt zärtlich -
und voll stolz durch gräfchens haar
und braucht -
das macht die sache rund
genau dafür (dazu?)ein fingerpaar


der absatz wurde nur geringfügig mit den tempi abgerundet und vor allem mit dem weglassen von "er" bei "voll", weil das ein lästiges anhängsel ist und dem winzigen switch zwischen "genau und dafür" verändert...(ich sehe in der sache "rund" die gerade (runde) zahl 2)ist doch wie in der musik...sag mir was du dazu meinst. (ich würde dafür mit dazu verwenden was aber eine rein methodistische frage ist....

dein ralfi
 
Hallo Ralf,

naja, wenn ich ehrlich sein soll, die "Zeitgeist"-Diskussion ist eine Diskussion, um die mich nicht so sehr kümmere. Du hast ja selbst auch schon angesprochen, dass der Dichter seinen eigenen Ein- und Angaben folgen sollte. Und ich stimme dem zu.
Mit anderen Worten: Ich verstehe, dass Du den Ausdruck, wie viele andere auch, nicht magst.

Deinen Vorschlag zum Vers finde ich nicht schlecht. Was mir allerdings beim Lautlesen auffällt ist der regelmässige betont-unbetont Wechsel bei den Silben. Ich nehme stark an, dass das gewollt ist, aber da sind wir eben wieder bei der Diskussion von oben. 16 Strophen in unablässigem Wechsel zwischen unbetonter und betonter Silbe. Das scheint mir eben zu monoton auf Dauer.
Was ich meinte mit der strengeren metrischen Form ist nicht, dass ich die beschriebenen Kontextpausen weglasse und mich der Monotonie hingebe, sondern versuche, jene Pausen so eindeutig wie möglich zu machen. Also z.B.

So spricht der Koch, der Diener geht,
Gräfchen Balduin zu sagen,
Wahrscheinlich müsste man dann vielleicht erklären, wie das Gedicht zu lesen ist, aber das lässt sich ja bewerkstelligen! ;)

Für die erste Strophe alleine gesehen allerdings sind die Detailideen in deiner Version sehr interessant, finde ich. Danke dafür! Ich muss mir das durch den Kopf gehen lassen!

lg,
Alex
 
R

rmdp

Gast
es gibt lyrik und prosa die vorgetragen und solche die besser gelesen werden sollte, weil im bezug auf ersteres die modulation von fall zu fall ein nicht zu unterschätzendes ausdrucksmittel ist - ich würde sagen ein "geschmacksverstärker"...ewta sogar wie ein satyrisches dramulett...das gräfchen eignet sich m.e.n. dazu.

schönen abend
dein ralf
 



 
Oben Unten