Das Märchen von Peesikus und anderen

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flammarion

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Teammitglied
Das Märchen von Peesikus und anderen

Es war einmal ein Wichtel namens Ole Olaf Oskar Otto Olbrichzy, der lebte in einer kleinen Hafenstadt. Da er entfernt mit den Wassermännern in Elbe und Donau verwandt war, hatte es ihn zum Wasser hingezogen.
Im Sommer war es in dieser Hafenstadt auch recht nett, aber der Winter konnte mitunter sehr kalt sein. Manchmal war der kleine Hafen völlig zugefroren und die Schiffe konnten nicht auslaufen. Dann erzählten sich die Einwohner lange, fantasievolle Geschichten.
Ole hörte gerne zu, wenn solche Geschichten erzählt wurden. Aber er wusste nie genau, was einfach nur Geschichten sind oder was davon echt wahr ist.
Zum Beispiel saß er einmal bei der Fischerfamilie Olesen auf dem Kamin und hörte, wie die Großmutter das Märchen vom Teufel mit den drei goldenen Haaren erzählte. Danach gab es ein Gespräch, worüber er lange nachdenken musste. Als die Großmutter das Märchen zu Ende erzählt hatte, fragte die jüngste Enkelin: „Wachsen denn dem Teufel die Haare wieder nach?“
Da nahm der Großvater die Pfeife aus dem Mund und brummte: „Der Teufel hat gar keine goldenen Haare. Er hat nur blonde, weil er ja mal ein Engel war, und weiße, weil er ja schon so alt ist. Also auf seinem Kopf mischen sich blonde und weiße Haare wie bei der Heideschulzen Anna aus dem Nachbarort“.
Alles kicherte verhalten. Die Heideschulzen Anna war eine alte Frau, die aber noch nicht völlig ergraut war. Obwohl sie die Siebzig weit überschritten hatte, prangten auf ihrem Haupt noch immer einige blonde Strähnen.
Dann polterte die Großmutter: „Das ist ja ganz was Neues. Wann hast du denn den Teufel das letzte Mal gesehen, dass du das alles so genau weißt?“
„Ach, dazu muss man doch den Teufel nicht gesehen haben. Das ergibt die Logik. Wenn du nur einmal logisch denken würdest, wäre dir das auch klar“, schmunzelte der Alte.
„Hm, Logik, alles klar. Logik nützt aber nur im Zusammenhang mit Wissen. Der Teufel lebt in der Hölle, oder?“
„Hm“.
„In der Hölle ist es rußig, oder?“
„Hm“.
„Da wird der Teufel auch rußig, stimmt s?“
„Hm“.
„Also hat er schwarze Haare. Und weil der Teufel wasserscheu ist, hat er sich auch all die Zeit nicht gewaschen, der dreckige Dreckskerl, der. Da ist von blond und weiß nichts mehr zu sehen! Außerdem glaube ich, dass er vom Herrgott schwarze Haare bekommen hat, damit er farblich besser in seine Umgebung passt“.
Der Opa legte die Stirn in Falten und dachte nach, was er darauf wohl Gescheites antworten könnte.
Der Vater neckte: „Na, Opa, da saß die Logik mal wieder in deiner Pfeife, was?“
Die Großmutter aber nahm ihre Nadelarbeit – ein warmes Kopftuch für die Schwiegertochter sollte es werden - wieder in die Hand und begann zu singen „Bald nun ist Weihnachtszeit . . .“
Alle stimmten in das Lied mit ein, sogar der Opa.
Im Kamin knackten die brennenden Holzscheite und ließen die dick verschneite Welt draußen vergessen. Am Fenster glitzerten die Eisblumen in der untergehenden Sonne wie Diamanten und Rubine. Ole lächelte versonnen. Wenn es auch dieses Schauspiel immer wieder gab, es war doch wunderschön.
Der Abend war noch jung und Ole hoffte, dass er noch eine Geschichte zu hören bekommen würde. Diese Hoffnung wurde zum Teil erfüllt. Der Vater sprach nämlich: „Wisst ihr, was mir neulich einer erzählt hat? Er hätte einen Nachbarn . . .“
„Den hat ja fast jeder“, warf der Opa ein.
„Ja, aber der Nachbar hatte einen Schleierschwanz . . .“
Der Großvater prustete: „Dieter, halt an dich, so was gibbet doch gar nicht!“
„Doch, Papa, Schleierschwänze sind Zierfische. Gibbet in de Zoohandlung und man tut se in ein Aquarium“.
„Schön, mein Sohn“.
„Ja, schön sehen sie aus. Aber dieser Schleierschwanz, der antwortete seinem Besitzer. Früher hatte er ja mal einen Papagei, aber der ist ihm weggeflogen. Da hatte er sich eben diesen bunten Fisch gekauft, weil man aus einem Aquarium voll Wasser eben nicht so leicht entfliegen kann“.
„Kluger Mann“.
„Ja, aber es kommt noch besser. Der Hansiken, so hieß der Schleierschwanz, plapperte nicht einfach so drauf los wie n Papagei, sondern man konnte sich mit ihm richtig unterhalten. Er beantwortete fast jede Frage!“
„Sehr beeindruckend. Sag mal, mein Sohn, wie sieht denn so n Schleierschwanz aus?“
„Na, der hat glitzernde Schuppen, is etwa zehn Zentimeter lang und fünf Zentimeter dick und hat einen langen Schwanz, der wie ein Schleier runterhängt. Daher ja auch der Name“.
„Aha. Dann weiß ich, wo er den herhat“.
„Ach ja? Woher hat er den denn?“
„Von meinem alten Kumpel Kalle. Der hat ein Aquarium voller Fische, die genau so aussehen und jeden Tanz können. Sowie sie Musik hören, tanzen sie drauf los. Hab ich selber gesehen, als ich bei ihm war“.
„Das sah bestimmt ganz toll aus“.
„Das will ich meinen! Die Schwänze wedelten auf und nieder und hin und her, so schnell konnte man kaum kucken, du!“
„Und die Schuppen funkelten und blitzten in allen Farben“.
Der Großvater wendete sich seinem Sohn zu und fragte erstaunt: „Ach, hast du meinen alten Kumpel auch besucht?“
„Nee, aber ich kann mir das gut vorstellen“.
Die Mutter verkniff sich das Lachen und bat die Familie in die Küche zum Abendbrot. Sie dachte schmunzelnd: Was ist schon ein Winterabend ohne handfestes Seemannsgarn?
Die Kinder huschten den Erwachsenen voran in die Küche und setzten sich an den gedeckten Tisch.
Ole aber kletterte vorsichtig vom Kamin herunter und wollte sich in ein anderes Haus begeben. Auf der Straße traf er drei kleine Wichtel, die auf einer Katze ritten. „Hallo, Fluschus, Huschelwutz und Wuschelhutz, wo wollt ihr denn hin?“, sprach er sie an.
„Wir wollen zu dem Wasserfall, der zu bestimmten Zeiten nach oben fließt. Heute um Mitternacht ist es wieder einmal soweit, seine Zeit ist heran“.
„Aber das schafft ihr doch nicht mit der Katze, die läuft ja viel zu langsam“, gab Ole zu bedenken.
„Nein, sie bringt uns nur zu Peesikus“.
„Wie heißt der?“
„Peesikus“.
„Ein sonderbarer Name. Wer ist das denn?“
„Ein Baum, der galoppiert wie ein Pferd. Er wird uns ganz schnell ans Ziel bringen“.
„Ach so. Na, dann viel Vergnügen!“

Während des Gesprächs war die Katze gemächlich weiter gelaufen und Ole immer nebenher. Nun musste er eine andere Richtung einschlagen, um zum Haus des Hafenwächters zu gelangen. Er hatte dem dort ansässigen Hauselfen versprochen, bei der Arbeit zu helfen.
Zuerst räumten sie den Dachboden auf und säuberten ihn. Dann fegten sie den Gehweg und streuten Sand, damit der Hafenwächter nicht ausrutscht, wenn er vom Stammtisch heimkehrt. Zuletzt putzte Ole alle im Hause befindlichen Schuhe.
Im Morgengrauen gesellte sich die Katze zu ihm, die mit den drei kleinen Wichteln zu Peesikus unterwegs war.
„Na, was glaubst du, sind die drei unternehmungslustigen Gesellen rechtzeitig zu dem Wasserfall gekommen, um das Wasser bergauf fließen zu sehen?“
„Miau, nein, kann ich mir nicht vorstellen. Peesikus wollte als Bezahlung eine Blume, die das ganze Jahr voll erblüht ist. Von so einer Blume hatten die drei kleinen Leute noch nie was gehört und wussten nicht, wo man danach suchen sollte, miau. Alles Bitten und Betteln half nicht, der Rennbaum blieb bei seinem Wunsch. Da mussten sie dann auf Heuschrecken reiten. Aber ob die den Weg in der verbliebenen Zeit geschafft haben, miau, ist fraglich“.
„Na, da werde ich die drei in den nächsten Tagen mal besuchen. Wenn sie ihr Ziel nicht erreicht haben, werden sie sehr traurig sein und Trost brauchen“.
„Miau, ich werde heute Nachmittag schon nach ihnen sehen. Dann haben sie bestimmt ausgeschlafen und können mir was erzählen, miau. Und mir etwas zu essen geben, miau“.
Am anderen Tag traf er die Katze und fragte sie, ob sie schon bei den drei kleinen Wichteln war.
„Miau, ja, war da. Es geht den dreien gut. Sie haben zwar nicht den Wasserfall rückwärts spritzen sehen, aber man hat ihnen berichtet, wie toll es war, als das Wasser meterhoch über den Berg gischtete und das Flussbett unten trocken wurde, miau. Gruselig, so ein trockenes Flussbett, miau!“
„Aber dann kam das Wasser zurück, oder?“
„Miau, ja, kam zurück. Soll einen Knoten um sich selber geschlagen haben und dann zurückgepurzelt sein, miau. Klatsch-patsch rein in das trockene Flussbett. Da ist die Modderpampe nach allen Seiten gespritzt, miau. Einige Zuschauer wurden ganz schön mistig, miau“.
Die Katze putzte sich sogleich bei dieser unappetitlichen Erinnerung. Ole schmunzelte: „Na, dann ist ja wohl nicht dringend nötig, dass ich sie besuche“.
„Nein, miau. Aber sie wollen jetzt nach der Ewigblühenden suchen, so heißt die Blume, die der Rennbaum haben wollte. Miau, es wäre vielleicht gut, wenn du sie begleiten würdest“.
„Das ist eine gute Idee, das werde ich tun. Woher weißt du denn den Namen der Blume?“
„Die Wichtel haben danach gefragt und irgendwer hat geantwortet, miau“.
„Haben sie auch nach dem Weg gefragt oder wo in etwa die Blume zu finden ist?“
„Miau, ja, haben sie. Soll in der Nähe von Norwegen sein“.
„Oh, das ist ja eine ziemlich genaue Angabe“, spöttelte Ole.
„Hm, ein weiter Weg. Ich werde euch nicht tragen, miau, vor allem dich nicht, du bist viel zu schwer!“
„Nein, nein, du musst uns nicht tragen. Pass hier schön auf unsere Häuser auf, damit tust du uns einen viel größeren Gefallen“.
„Mach ich, miau. Dann Adieu, Ole“.
„Adieu, Katze“.
So verabschiedeten sie sich von einander und Ole ging zu den drei kleinen Wichteln, damit sie zusammen nach der Ewigblühenden suchen können.
Sie nahmen zusammen noch eine kräftige Mahlzeit ein und packten dann ein kleines Bündel, damit es ihnen auf der langen Reise an nichts mangelt. Das Wichtigste – ihre magischen Gegenstände – steckten sie sich in die Hosentaschen, damit sie im Falle eines Falles rasch bei der Hand waren.
Nun machten sie sich auf den Weg in Richtung Norden. In dem dick verschneiten Land trafen sie auf niemanden, den sie nach dem Ort fragen konnten, wo sich die Ewigblühende befindet. Nach etlichen Tagen einsamer Wanderung kamen sie zu einem Baum, in welchem offenbar jemand wohnte. Der Baum hatte hell erleuchtete Fenster. Sie klopften an, denn sie wollten die Gelegenheit nutzen, sich in einem warmen Raum ein wenig auszuruhen.
Es stellte sich heraus, dass in dem Baum Blafürmer wohnten, eine völlig neue Art von Waldgeistern, die mit dem Westwind und den Glühwürmchen verwandt waren. Sie baten die Wichtel herein und bewirteten sie mit ihren Lieblingsspeisen: Blütenduft und Honig. Das Mahl wurde dankend angenommen und dann erzählten die Wichtel, wonach sie suchten. Leider hatten die Blafürmer noch nie von dieser Blume gehört, aber sie riefen nach dem Westwind – der könnte sie ja vielleicht bei seinem Wehen um die Welt gesehen haben. Und richtig, der Westwind wusste, wo diese herrliche Blume blüht. Er beschrieb den Ort genauestens und die Wichtel machten sich wieder auf den Weg.
Bald begegnete ihnen ein Elch. Den baten sie, sie auf seinem Rücken zu der Blume zu bringen. Zuerst lehnte der Elch ab, aber dann wurde er doch neugierig, was das für eine Blume sein könnte und wie sie wohl aussieht und ob man sie vielleicht essen könnte? Davon verriet er aber nichts, sondern neigte seinen Kopf zur Erde, damit die Wichtel aufsitzen können. Nun ging es im zügigen Galopp auf der dicken Schneedecke dahin und innerhalb eines Tages kamen sie in ein kleines Tal. Inmitten dieses Tales wuchs ein Strauch mit grünen Blättern und großen Blüten. Es war wunderlich anzuschauen, wie hier mitten im kalten Winter eine Wiese grünte und darauf ein Strauch mit Blüten von Schneeglöckchen, Stiefmütterchen, Rosen, Astern, Dahlien und Nelken! Ganz obenauf trug der Strauch einen Weihnachtsstern in voller Pracht. All das war von einem süßen Duft umgeben, der die Blafürmer gewiss für Wochen satt gemacht hätte.
Die Wichtel rissen Mund und Nase auf und waren bass erstaunt über dieses Wunder. Sogar der Elch vergaß seinen Appetit und glotzte die Pflanze an. Nein, so was kann man nicht essen! Und das nicht nur wegen der vielen, vielen Stacheln, mit denen der Strauch ausgerüstet war.
Plötzlich erschien ein Elf, der ganz dick in einen weißen Pelzmantel eingehüllt war. Er sprach: „Ich bin der Wächter dieses Gewächses und muss euch fragen, zu welchem Zwecke ihr hier her gekommen seid“.
Ole räusperte sich und trat vor: „Nun, lieber Elf, es ist peinlich, dir zu sagen, dass wir hergekommen sind, weil ein gewisser Rennbaum namens Peesikus den Strauch gerne sein eigen nennen möchte. Aber es ist selbstverständlich, dass wir diese zauberhafte Pflanze nicht entwurzeln werden, nicht um alles in der Welt!“
Der Elf lächelte: „Peesikus kann herkommen und die Ewigblühende anschauen. Mehr als anschauen und den Duft genießen, ist nicht erlaubt“.
„Den Duft genießen, oh ja! Dürfen auch die Blafürmer herkommen? Für sie ist Duft Speise“.
„Ja, die dürfen auch herkommen, aber nicht alle auf einmal“. Er trat näher an Ole heran und flüsterte: „Achtet bitte auf euren Elch. Seine Verfressenheit – seht nur, er beginnt schon, die Wiese kahl zu fressen – könnte ihn vergessen lassen, dass dieser Strauch ein Wunder ist. Es wäre schade, wenn er oder einer seiner Artgenossen die Blüten abknabbert“.
Ole versprach, den Elch mit sich zu nehmen und darauf zu achten, dass er nie wieder an diesen Ort zurückkehren wird und auch anderen Tieren nichts verrät.
Sie schritten alle noch einmal um den Strauch herum, dann verabschiedeten sie sich von dem Elf und stiegen wieder auf den Elch und galoppierten zu den Blafürmern. Die waren sehr erfreut und einige von ihnen flogen sogleich los, um den herrlichen Duft zu kosten.
Ole berichtete Peesikus von der Ewigblühenden und der spurtete sofort los, um das Wunder mit eigenen Augen zu schauen. Er blieb Zeit seines Lebens in dem kleinen Tal und bewachte zusammen mit dem Elf den Strauch.
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Na Christa - da sind aber wieder mal die Pferde so richtig mit dir durchgegangen!
Dass Du gut und lebendig (auch humorvoll) schreiben kannst, muss ich dir ja nicht erst erzählen.
Die Sache mit den Teufelshaaren hat mir zum Beispiel ausgesprochen gut gefallen.
Aber alles in allem: Meiner Meinung nach reicht der Stoff für mindestens drei Geschichten. Könntest Du mit diesem Vorschlag leben?

Gruß Ralph
der nach Wochen endlich wieder online ist.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
vielen

dank, lieber ralph.
du weißt aber auch, dass ich die sachen nicht so breit auswalzen kann, das liegt mir nicht.
ganz lieb grüßt
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das Märchen von Peesikus und anderen

Ole, ein angesehener Wichtel, traf auf der Straße drei kleine Wichtel, die auf einer Katze ritten. „Hallo, Fluschus, Huschelwutz und Wuschelhutz, wo wollt ihr denn hin?“, sprach er sie an.
„Wir wollen zu dem Wasserfall, der zu bestimmten Zeiten nach oben fließt. Heute um Mitternacht ist es wieder einmal soweit, seine Zeit ist heran“.
„Aber das schafft ihr doch nicht mit der Katze, die läuft ja viel zu langsam“, gab Ole zu bedenken.
„Nein, sie bringt uns nur zu Peesikus“.
„Wie heißt der?“
„Peesikus“.
„Ein sonderbarer Name. Wer ist das denn?“
„Ein Baum, der galoppiert wie ein Pferd. Er wird uns ganz schnell ans Ziel bringen“.
„Ach so. Na, dann viel Vergnügen!“

Während des Gesprächs war die Katze gemächlich weiter gelaufen und Ole immer nebenher. Nun musste er eine andere Richtung einschlagen, um zum Haus des Hafenwächters zu gelangen. Er hatte dem dort ansässigen Hauselfen versprochen, bei der Arbeit zu helfen.
Zuerst räumten sie den Dachboden auf und säuberten ihn. Dann fegten sie den Gehweg und streuten Sand, damit der Hafenwächter nicht ausrutscht, wenn er vom Stammtisch heimkehrt. Zuletzt putzte Ole alle im Hause befindlichen Schuhe.
Im Morgengrauen gesellte sich die Katze zu ihm, die mit den drei kleinen Wichteln zu Peesikus unterwegs war.
„Na, was glaubst du, sind die drei unternehmungslustigen Gesellen rechtzeitig zu dem Wasserfall gekommen, um das Wasser bergauf fließen zu sehen?“
„Miau, nein, kann ich mir nicht vorstellen. Peesikus wollte als Bezahlung eine Blume, die das ganze Jahr voll erblüht ist. Von so einer Blume hatten die drei kleinen Leute noch nie was gehört und wussten nicht, wo man danach suchen sollte, miau. Alles Bitten und Betteln half nicht, der Rennbaum blieb bei seinem Wunsch. Da mussten sie dann auf Heuschrecken reiten. Aber ob die den Weg in der verbliebenen Zeit geschafft haben, miau, ist fraglich“.
„Na, da werde ich die drei in den nächsten Tagen mal besuchen. Wenn sie ihr Ziel nicht erreicht haben, werden sie sehr traurig sein und Trost brauchen“.
„Miau, ich werde heute Nachmittag schon nach ihnen sehen. Dann haben sie bestimmt ausgeschlafen und können mir was erzählen, miau. Und mir etwas zu essen geben, miau“.

Am anderen Tag traf er die Katze und fragte sie, ob sie schon bei den drei kleinen Wichteln war.
„Miau, ja, war da. Es geht den dreien gut. Sie haben zwar nicht den Wasserfall rückwärts spritzen sehen, aber man hat ihnen berichtet, wie toll es war, als das Wasser meterhoch über den Berg gischtete und das Flussbett unten trocken wurde, miau. Gruselig, so ein trockenes Flussbett, miau!“
„Aber dann kam das Wasser zurück, oder?“
„Miau, ja, kam zurück. Soll einen Knoten um sich selber geschlagen haben und dann zurückgepurzelt sein, miau. Klatsch-patsch rein in das trockene Flussbett. Da ist die Modderpampe nach allen Seiten gespritzt, miau. Einige Zuschauer wurden ganz schön mistig, miau“.
Die Katze putzte sich sogleich bei dieser unappetitlichen Erinnerung. Ole schmunzelte: „Na, dann ist ja wohl nicht dringend nötig, dass ich sie besuche“.
„Nein, miau. Aber sie wollen jetzt nach der Ewigblühenden suchen, so heißt die Blume, die der Rennbaum haben wollte. Miau, es wäre vielleicht gut, wenn du sie begleiten würdest“.
„Das ist eine gute Idee, das werde ich tun. Woher weißt du denn den Namen der Blume?“
„Die Wichtel haben danach gefragt und irgendwer hat geantwortet, miau“.
„Haben sie auch nach dem Weg gefragt oder wo in etwa die Blume zu finden ist?“
„Miau, ja, haben sie. Soll in der Nähe von Norwegen sein“.
„Oh, das ist ja eine ziemlich genaue Angabe“, spöttelte Ole.
„Hm, ein weiter Weg. Ich werde euch nicht tragen, miau, vor allem dich nicht, du bist viel zu schwer!“
„Nein, nein, du musst uns nicht tragen. Pass hier schön auf unsere Häuser auf, damit tust du uns einen viel größeren Gefallen“.
„Mach ich, miau. Dann Adieu, Ole“.
„Adieu, Katze“.
So verabschiedeten sie sich von einander und Ole ging zu den drei kleinen Wichteln, damit sie zusammen nach der Ewigblühenden suchen können.
Sie nahmen zusammen noch eine kräftige Mahlzeit ein und packten dann ein kleines Bündel, damit es ihnen auf der langen Reise an nichts mangelt. Das Wichtigste – ihre magischen Gegenstände – steckten sie sich in die Hosentaschen, damit sie im Falle eines Falles rasch bei der Hand waren.
Nun machten sie sich auf den Weg in Richtung Norden. In dem dick verschneiten Land trafen sie auf niemanden, den sie nach dem Ort fragen konnten, wo sich die Ewigblühende befindet. Nach etlichen Tagen einsamer Wanderung kamen sie zu einem Baum, in welchem offenbar jemand wohnte. Der Baum hatte hell erleuchtete Fenster. Sie klopften an, denn sie wollten die Gelegenheit nutzen, sich in einem warmen Raum ein wenig auszuruhen.
Es stellte sich heraus, dass in dem Baum Blafürmer wohnten, eine völlig neue Art von Waldgeistern, die mit dem Westwind und den Glühwürmchen verwandt waren. Sie baten die Wichtel herein und bewirteten sie mit ihren Lieblingsspeisen: Blütenduft und Honig. Das Mahl wurde dankend angenommen und dann erzählten die Wichtel, wonach sie suchten. Leider hatten die Blafürmer noch nie von dieser Blume gehört, aber sie riefen nach dem Westwind – der könnte sie ja vielleicht bei seinem Wehen um die Welt gesehen haben. Und richtig, der Westwind wusste, wo diese herrliche Blume blüht. Er beschrieb den Ort genauestens und die Wichtel machten sich wieder auf den Weg.
Bald begegnete ihnen ein Elch. Den baten sie, sie auf seinem Rücken zu der Blume zu bringen. Zuerst lehnte der Elch ab, aber dann wurde er doch neugierig, was das für eine Blume sein könnte und wie sie wohl aussieht und ob man sie vielleicht essen könnte? Davon verriet er aber nichts, sondern neigte seinen Kopf zur Erde, damit die Wichtel aufsitzen können. Nun ging es im zügigen Galopp auf der dicken Schneedecke dahin und innerhalb eines Tages kamen sie in ein kleines Tal. Inmitten dieses Tales wuchs ein Strauch mit grünen Blättern und großen Blüten. Es war wunderlich anzuschauen, wie hier mitten im kalten Winter eine Wiese grünte und darauf ein Strauch mit Blüten von Schneeglöckchen, Stiefmütterchen, Rosen, Astern, Dahlien und Nelken! Ganz obenauf trug der Strauch einen Weihnachtsstern in voller Pracht. All das war von einem süßen Duft umgeben, der die Blafürmer gewiss für Wochen satt gemacht hätte.
Die Wichtel rissen Mund und Nase auf und waren bass erstaunt über dieses Wunder. Sogar der Elch vergaß seinen Appetit und glotzte die Pflanze an. Nein, so was kann man nicht essen! Und das nicht nur wegen der vielen, vielen Stacheln, mit denen der Strauch ausgerüstet war.
Plötzlich erschien ein Elf, der ganz dick in einen weißen Pelzmantel eingehüllt war. Er sprach: „Ich bin der Wächter dieses Gewächses und muss euch fragen, zu welchem Zwecke ihr hier her gekommen seid“.
Ole räusperte sich und trat vor: „Nun, lieber Elf, es ist peinlich, dir zu sagen, dass wir hergekommen sind, weil ein gewisser Rennbaum namens Peesikus den Strauch gerne sein eigen nennen möchte. Aber es ist selbstverständlich, dass wir diese zauberhafte Pflanze nicht entwurzeln werden, nicht um alles in der Welt!“
Der Elf lächelte: „Peesikus kann herkommen und die Ewigblühende anschauen. Mehr als anschauen und den Duft genießen, ist nicht erlaubt“.
„Den Duft genießen, oh ja! Dürfen auch die Blafürmer herkommen? Für sie ist Duft Speise“.
„Ja, die dürfen auch herkommen, aber nicht alle auf einmal, höchstens zehn“. Er trat näher an Ole heran und flüsterte: „Achtet bitte auf euren Elch. Seine Verfressenheit – seht nur, er beginnt schon, die Wiese kahl zu fressen – könnte ihn vergessen lassen, dass dieser Strauch ein Wunder ist. Es wäre schade, wenn er oder einer seiner Artgenossen die Blüten abknabbert“.
Ole versprach, den Elch mit sich zu nehmen und darauf zu achten, dass er nie wieder an diesen Ort zurückkehren wird und auch anderen Tieren nichts verrät.
Sie schritten alle noch einmal um den Strauch herum, dann verabschiedeten sie sich von dem Elf und stiegen wieder auf den Elch und galoppierten zu den Blafürmern. Die waren sehr erfreut und einige von ihnen flogen sogleich los, um den herrlichen Duft zu kosten.
Ole berichtete Peesikus von der Ewigblühenden und der spurtete sofort los, um das Wunder mit eigenen Augen zu schauen. Er blieb Zeit seines Lebens in dem kleinen Tal und bewachte zusammen mit dem Elf den Strauch.
 

Doska

Mitglied
Ganz entzückend. Diese Geschichte hat mir sogar noch besser gefallen, als die mit dem Feuervogel. Deine Protagonisten sind einfach zum Knuddeln.
 

sannasohn

Mitglied
norwegen

ach christa...wenn es nach mir geht hättest mehr von norwegen erzählen müssen....aba eigentlich nur weil ich das land so toll finde :D :D :D

nein ernsthaft, echt süße geschichte...

dein möchtegern enkel
:)
 



 
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