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Duschen
Ein Kind, das Grausamkeit erfährt, Sadismus, Ablehnung und Zynismus; ein Kind, das schweigt, weil es nicht zu sprechen wagt, sich mitzuteilen auch gar nicht gewöhnt ist, so ein Kind zieht sich wahrscheinlich weiterhin in sich zurück und es denkt vielleicht: später..später, wenn ich groß bin, werde ich alles tun, was ich will.Es tröstet sich mit dem Zauberwort später. Das Zauberwort aber entpuppt sich als ein fatales Wort, denn das Kind hatte auch gelernt, das Leben zu verschieben auf später und dieses später fand mit großer Versäumnis statt.Das Kind mußte sich dreinfinden und es gab vor, wenigstens kooperativ zu sein, nein, Liebe täuschte es nicht vor und erwartete sie doch. Es war ein Staatskind. Es bemühte sich, alle möglichen verinnerlichten Erwartungen in es zu erfüllen, das funktionierte nicht.Es verlor sich dabei selbst aus dem Gedächtnis. Doch der Körper, das Haus, das man sich ist, hatte alles gespeichert.
Das Kind wuchs auf in der Zeit nach dem großen Morden und dem anschließenden Schweigen. Trotzdem erfuhr es allmählich vieles, wußte eben auch mehr, als Kindern zugedacht ist. Es identifierzte sich mit den Opfern.
Später wurde über diese Zeit dann doch noch viel gesprochen, die Kinder der Opfer und Täter taten es, die Opfer teilweise, die Täter kaum.Es nahm großen Anteil, obwohl es seine Vorfahren gar nicht gekannt hatte, auch nicht wusste, auf welcher Seite...Es redete nicht mit und blieb an der Seite der Opfer.
Doch immer wieder, wenn ich dusche, überkommt mich ein unangenehm bis trostloses Gefühl. Ich muß dann daran denken, daß es Duschen gegeben hat, aus denen Gas strömte. Und auch in den Krankenhäusern hatte das Duschen oft etwas mit Tod oder Todesgefahr zu tun, denn alle Menschen, die operiert wurden, mussten, soweit sie es konnten, am Vorabend der Operation duschen und es war manchmal sehr bedrückend, wenn ich glaubte, jemand würde die Operation eher nicht überstehen, die Antworten waren hilflos, verlogen, denn wir hatten diesbezüglich keine Ausbildung und keine Unterstützung. Es hat ein jeder Mensch seine letzte Einsamkeit und nackt ist sie vollständig.Beim Duschen denke ich von Zeit zu Zeit an den Tod. Er kommt.
Ein Kind, das Grausamkeit erfährt, Sadismus, Ablehnung und Zynismus; ein Kind, das schweigt, weil es nicht zu sprechen wagt, sich mitzuteilen auch gar nicht gewöhnt ist, so ein Kind zieht sich wahrscheinlich weiterhin in sich zurück und es denkt vielleicht: später..später, wenn ich groß bin, werde ich alles tun, was ich will.Es tröstet sich mit dem Zauberwort später. Das Zauberwort aber entpuppt sich als ein fatales Wort, denn das Kind hatte auch gelernt, das Leben zu verschieben auf später und dieses später fand mit großer Versäumnis statt.Das Kind mußte sich dreinfinden und es gab vor, wenigstens kooperativ zu sein, nein, Liebe täuschte es nicht vor und erwartete sie doch. Es war ein Staatskind. Es bemühte sich, alle möglichen verinnerlichten Erwartungen in es zu erfüllen, das funktionierte nicht.Es verlor sich dabei selbst aus dem Gedächtnis. Doch der Körper, das Haus, das man sich ist, hatte alles gespeichert.
Das Kind wuchs auf in der Zeit nach dem großen Morden und dem anschließenden Schweigen. Trotzdem erfuhr es allmählich vieles, wußte eben auch mehr, als Kindern zugedacht ist. Es identifierzte sich mit den Opfern.
Später wurde über diese Zeit dann doch noch viel gesprochen, die Kinder der Opfer und Täter taten es, die Opfer teilweise, die Täter kaum.Es nahm großen Anteil, obwohl es seine Vorfahren gar nicht gekannt hatte, auch nicht wusste, auf welcher Seite...Es redete nicht mit und blieb an der Seite der Opfer.
Doch immer wieder, wenn ich dusche, überkommt mich ein unangenehm bis trostloses Gefühl. Ich muß dann daran denken, daß es Duschen gegeben hat, aus denen Gas strömte. Und auch in den Krankenhäusern hatte das Duschen oft etwas mit Tod oder Todesgefahr zu tun, denn alle Menschen, die operiert wurden, mussten, soweit sie es konnten, am Vorabend der Operation duschen und es war manchmal sehr bedrückend, wenn ich glaubte, jemand würde die Operation eher nicht überstehen, die Antworten waren hilflos, verlogen, denn wir hatten diesbezüglich keine Ausbildung und keine Unterstützung. Es hat ein jeder Mensch seine letzte Einsamkeit und nackt ist sie vollständig.Beim Duschen denke ich von Zeit zu Zeit an den Tod. Er kommt.