Das große Schlachten

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george

Mitglied
Das große Schlachten

Anfang April im Morgengrau'n
die Bäume waren grad am Tau’n,
gerade als der Tag anbricht,
ging’s los fast ohne jede Warnung,
um Fleisch ging’s nicht,
es war nur Tarnung.

Man glaubt es kaum, statt um das Essen,
ging’s um der Reime Maß und messen
konnt’ man fast nicht die Höh’ der Wogen,
gezackt, gezickt mit Feuerschweifen,
die Flaute ging, ganz ungelogen,
schnell über in ein großes Keifen.

Es gab zwar keine Wurst und Kraut,
doch Blut gab’s viel, leicht anverdaut.
Da flogen satt die Fetzen, Sätze
- drei Mods, die lagen da auf Bahren -,
die Admis litten an der Krätze
- und alles wegen Kommentaren.

Der eine Autor zog das Messer.
Der and’re wusst’ es noch viel besser:
Er schoss sich selbst zuerst ins Bein,
dann warf er Daktylen auf alle,
zwei Mods, die zogen Köpfe ein.
Nur Schakim, die sitzt in der Falle.

Statt Flaute gibt’s jetzt Plaudersturm,
die Käpt'ns klettern in den Turm.
Gefüllt mit Blut wird jede Feder,
geworfen auf die Grüngazette,
bestaunen tut die Schlacht ein jeder
von U-Boot, Kreutzer, Suffragette.

Die Sympathie ist klar verteilt,
egal, wer da auch noch so keilt:
Ich lese lieber Hirn im Reim,
den Worte-, Verse-, Strophentanz,
als Kommentare voll von Schleim.
Das Schüsselwort heißt Toleranz.


6.4.2004
 
L

label

Gast
hallo George,

danke für dein Gedicht, das nicht nur flüssig und gut gereimt ist, sondern mir auch endlich Aufschluss gibt was da eigentlich vorging, als ich unvermutet auch etwas auf die Fingerchen bekam.

Trefflich hast du die Kluft zwischen den Lagern der Formal- und Inhaltsverfechter herausgearbeitet, beleuchtest mit feiner Ironie und mit Verständnis für beide Seiten der aufgebrachten Gemüter.
Nicht NUR aus diesem Grunde empfinde ich deine letzte Zeile als besonders gelungen, sondern auch als perfekten Abschluss für diesen gut gezeichneten Spannungsbogen.


DHL
In diesem Sinne grüßt freundlich
label
 

george

Mitglied
Liebe label,

ich habe keine Ahnung, wofür du die Finger gestreichelt bekamst, aber es scheint so zu sein, dass Stürme unregelmäßig alle paar Monate kommen, dazwischen gibt es Flauten, gestört von regelmäßigen Monatszyklen Einzelner. Doch bei einer gewissen Intelligenz können harte Diskussionen können ja durchaus zu einer Weiterentwicklung führen. Der Sturm in der Schlacht legt sich ja, wenn die meisten ermattet sind - und sei es durch Blutverlust...

Auch ein grünes Orchester ist eben nur wirklich gut, wenn es viele verschiedene Instrumente hat. [Da müssen nicht gleich alle ohne Reime kommentieren.] Nur Geigen???? Das Interessante liegt ja gerade in der Unterschiedlichkeit... Wenn allerdings alle Instrumente gleichzeitig (!!) verschiedene Melodien sehr laut spielen, wird's schwierig. Tja, und wenn dann der Konflikt um die Melodie von den Tubaspielern ausgetragen wird...

Ich habe ein (selbstverständlich vollkommen hypothetisches) Schlachten oder eine See-Schlacht beschrieben, von der ich hoffe, dass die Toleranz sich letzten Endes durchsetzt.

Kleinere Korrekturen in den Reimen habe ich gemacht.

Herzliche Grüße
Jürgen
 
S

Sandra

Gast
Das hast du schön gesagt, Jürgen. Wirklich schön :) Auf keinen Fall hätt ich es - nein, ich hätte es sicher nicht besser machen können. Die Toleranz, die bei dir zwischen den Zeilen durchschimmert, wäre mir ganz sicher beim Reimen verloren gegangen. Ich tu mich beim Reimen etwas schwer - du weißt ;)
Sehr gelungen deine Zeilen und es hat Spaß gemacht, sie zu lesen.

Lieben Gruß und gut's Nächtle

Sandra
 
L

Larissa

Gast
Hallo George,

dein Gedicht gefällt mir.

Liebe Grüße
Larissa
 

george

Mitglied
Liebe Sandra,

Tollwut, Tollheit und Toleranz liegen manchmal ganz nahe beeinander. Vielleicht sind es ja notwendige Stufen einer evolutionären Entwicklung???

Glaub' ich nicht, dass du nicht reimen kannst. Versuch's halt. Bis vor einem Jahr habe ich das als todlangweilig empfunden.

Herzliche Grüße
Jürgen
 

LuMen

Mitglied
wen´s juckt, der soll sich kratzen..

Hallo george,

lustig und flott gereimt, dazu anscheinend auch noch mit großem Wahrheitsgehalt!
Ich nehme an, dass es in der vorletzten Strophe, vorletzte Zeile, "bestaunen" (statt bestauen) heißen soll.

Gruß
LuMen
 

george

Mitglied
Lieber LuMen,

vielen Dank für den Hinweis aus den Schreibfehler. Der Text ist selbstverständlich vollkommen aus der Luft gegriffen.

Herzliche Grüße
Jürgen

P.S.: Lumen = Masseinheit für Lichtquellen. Der theoretische Maximalwert ist 683 lm/W. Interessanterweise muss die Lichtquelle dann grün leuchten (bei 550 nm)! Ich folge also deinem Leuchten und korrigiere...
 

Vera-Lena

Mitglied
Schleim

Lieber george,

um Dir den vollgeschleimten Kommentar zu ersparen, belasse ich es bei diesem Schlachtengemälde auf dem Lupenfelde mit Schwerverletzten, Verwundeten und abstoßend Eite(r)lkeit-Kranken bei einer schlichten Bewertung.

In stiller Heldenverehrung
Vera-Lena
 

george

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

danke für deinen Kommentar. Wir verneigen unser Haupt zusammen vor den Helden des Kampfes. Wie blöd, dass die meisten Helden tot sind und nix davon haben...
Lieber leben! Oder heißt es nicht: "Auferstanden aus Ru-eimen?"

Herzlichen Gruß
Jürgen
 



 
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