Das "b"

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Vera-Lena

Mitglied
Das „b“

Plötzlich steigt die Achtelnote
unter Lisas frecher Pfote
aus dem Flügel, und sie steht
in der Luft wie festgenäht.
Und ihr Ausdruck? Sie hat keinen.
Sollte sie nicht schelmisch scheinen?
War Verträumtheit nicht ihr Ziel?
Folgten ihr der Noten viel,
müsste sie mit frischem Tosen
im Konzertsaal flink umkosen
ein verzücktes Publikum,
„b“ heißt sie, steht dumm herum.

Ach, der Mozart, wenn er wüsste,
wer hier nachgibt dem Gelüste,
einfach nur mal draufzuschlagen
an Musikspiel-Welt-Festtagen.

Dieses Wesen hüpft von dannen.
Jetzt geht’s weiter ohne Pannen.
Lisas Frauchen greift die Tasten
zärtlich, ihre Finger hasten
so gefühlvoll, gleichen Kätzchen,
ähnlich ihrem Seidenschätzchen,
Lisa, voller Drang und Leben.

Mozarts Klänge nun erstreben
Frohsinn, Innigkeit und Weh,
mittendrin klingt stolz das „b“.
 

george

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

dieser Text erinnert mich etwas an andere große Künstler neben dir, die am Klavier Katzen besungen haben; ein herrlicher Text. Nur die Zeile mit den Katzenbrüdern macht mir inhaltlich Schwierigkeiten ...

Grüße
Jürgen
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieger george,

danke für Deine Antwort!:)

Es ist nur eine Katze in dem Text der ersten Strophe. Die Brüder beziehen sich auf die Achtelnote(in diesem Falle ein "b"), die ja in Musikstücken sehr oft in geschlossenen Formationen auftreten. Eine Achtelnote kommt selten allein. Schade, dass ich das Notenbild nicht hierhin schreiben kann, es sind diese schwarzen Köpfchen mit einem sie verbindenden Strich darüber oder darunter und sie müssen ziemlich schnell gespielt werden.

Lisa, die Katze der Solopianistin, hatte sich in den Konzertsaal geschlichen und dem Flügel einen Ton entlockt, um dann selbst erschrocken wieder zu verschwinden. Das könnte eine Zeitungsmeldung gewesen sein, ist aber keine.

Es freut mich sehr, dass Dir der Text gefällt.

Dir einen schönen Sonntag!

Ganz liebe Grüße von Vera-Lena
 

LuMen

Mitglied
musikalische Poesie

Hallo Vera-Lena,

Dein Gedicht dürfte in erster Linie Musikkenner ansprechen, zu denen ich nicht unbedingt gehöre. Dennoch finde ich die Verse amüsant und gut gereimt.
Nur mit den "Brüdern" habe ich wie George trotz Deiner Erläuterungen etwss Schwierigkeiten. Vielleicht ist George wie mir aufgefallen, dass das "nachholend" metrisch nicht passt? Man könnte vielleicht sagen "..im Verein mit Brüdern viel.."

Herzliche Grüße

LuMen
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber LuMen,

danke für Deine Antwort und den Tip. Ich werde jetzt die angesprochene Zeile umändern:

Folgten ihr der Noten viel

werde ich jetzt schreiben.

Ja, es stimmt,ein Musiker weiß, was damit gemeint ist, wenn eine Note in der Luft stehen bleibt, insofern, wäre ich nicht darauf gekommen, dass man das mit der Katze verwechseln könnte.
Wenn der Musiker einen Ton stehen lässt zB vor dem Schlussakord, ist das für das Publikum eine Qual, denn jeder Mensch spürt die Harmonie, die einem Musikstück inne wohnt, und kein Konzertbesucher würde aufstehen und den Saal verlassen, bevor nicht dieser erlösende Akkord gespielt wurde.

Es ist schade, dass ich da so ganz wieder in mich hineinvertieft war und nicht daran dachte, dass man das nicht unbedingt verstehen kann.

Dir noch einen schönen Sonntag und liebe Grüße!:)
Vera-Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Rolf-Peter,

danke für Deine Antwort und danke für das Katzen-Notenbild einschließlich der Mäuse! Das kannte ich nicht,ein hübscher Einfall,ganz allerliebst.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

Rudolfus

Mitglied
Hallo Vera-Lena,

in der Tat originell und charmant, Deine Katzenmusik. Und dabei durchaus das Verständnis des Lesers herausfordernd! Mir fehlen Klopfstocks einfühlsame Auslegungen...

Zwei bescheidene Anmerkungen:
Der Reim auf Tasten lautet sinnvollerweise hasten. Mit hasten verbinden wir allerdings Unruhe, Unrast, Hektik, während es in Deinen Versen mit Gefühl und Harmonie verbunden wird. Das Reimwort und seine semantische Bedeutung im Kontext beißen sich meines Erachtens. Ein anderes Reimwort auf Tasten will mir allerdings nicht in den Sinn.

Das Partizip "gleichend" - wäre es als gebeugte Verform nicht sinnvoller ("gleichen")?

Weiterhin so wunderschöne Verse und eine gute Nacht wünscht

Rudolfus Agricola
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo Rudolfus,

danke Für Deine Antwort!:)

auch wenn ein Stück sanft und zärtlich klingt, kann es stellenwiese ein rasches Tempo haben. Stell Dir mal ein paar perlende schnelle Töne vor. Ich denke, das verträgt sich schon mit dem "Hasten".

Leider muss es auch "gleichend" heißen, denn es handelt sich ja hier nicht um ein Verb. Das Verb ist ja schon vergeben mit dem "hasten".

Freut mich, dass auch Du die Klopfstock vermisst.

Dir eine gute Nacht!:)
Liebe Grüße von Vera-Lena
 

Rudolfus

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

das gefühlvolle Hasten - nun gut, beim Beethoven vielleicht, nicht aber bei Mozart. Da ist es kein Hasten, sondern etwas Quirliges, Temperamentvolles, Lebensfrohes, allenfalls von Ferne Abgründiges andeutend. Aber wir wollen keine Haare bzw. Noten Spalten.
Zu dem Partizip "gleichend". Da im Anschluss daran noch einmal mit dem "ähnlich" ein Vergleich auftaucht, könnte ich mir das Mittelwort doch als finite Verbform forstellen, und zwar, wenn ein kleines Komma nach "gefühlvoll" eingefügt würde. Dann wäre die Aussage intensiviert und es schlösse sich ein Vergleich an.
Ich bin gespannt auf Deine Antwort und wünsche Dir einen sonnigen Tag. Hörst Du ihn schon, den Vorfrühling, wie er durch Hofmannsthals kahle Alleen läuft und in der Ferne mit Mörikes blauem Band winkt?

Herzlich-sonnige Grüße

ein hustender, schnaubender, triefender Rudolfus
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Rudolfus,

manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Mir hatte das "d" in "gleichend" auch nicht richtig gefallen, weil es die Melodie beim Sprechen etwas beeinträchtigt: Das "K" hinter dem "d" ist doch ein kleiner Stolperer für die Zunge.

Aber jetzt sehe ich, der Satz verträgt durchaus zwei Verben. Ich bin froh über Deinen Vorschlag. Danke! Ich ändere es sofort.:)

Mit dem gefühlvollen Hasten meine ich eigentlich, dass ein begnadeter Pianist in jegliches Spiel auch ein tiefes Empfinden einfließen lassen kann.

(Kleiner Tip: Der Film "Martins-Passion", eine Dokumentation über den Brasilianischen Pianisten Martins, sehr sehenswert, hat mich zutiefst ergriffen)

Ich wünsche Dir von Herzen gute Besserung und des Frühlings blaues Band.....

Liebe Grüße von Vera-Lena
 



 
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