Dauersingle

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anbas

Mitglied
Dauersingle

Manchmal wünschte ich mir, ich wäre schwul. Das würde zumindest die lästige Fragerei beenden, ob ich immer noch solo wäre. Es ist ja rührend, wie viele Menschen sich deswegen Sorgen um mich machen, aber das ewige, oft von erwartungsvollen Blicken begleitete, Gefrage geht mir doch ziemlich auf die Nerven.

Die erwartungsvollen Blicke wollen nämlich eine Erfolgsmeldung hören. Ich enttäusche sie regelmäßig. Anschließend ist es völlig egal, was ich dann noch sage: Die Nerverei hört nicht auf. Fast immer folgt die Frage nach dem Warum.

Sage ich wahrheitsgemäß, dass ich gerne alleine lebe, so wird mir nicht geglaubt. "Das sagst du jetzt, wo du das Andere noch gar nicht richtig kennen gelernt hast", wird mir außerdem entgegnet. Stimmt, ich habe das noch nicht so wirklich erlebt. Aber muss ich denn alles einmal erlebt haben? Sicherlich nicht. So werde ich höchst wahrscheinlich auch nicht zum Mond fliegen, Bungee springen oder ein Sadomaso-Studio besuchen. Eine Reihe meiner inzwischen wieder geschiedenen Bekannten sieht das übrigens ähnlich - sie sind jetzt teilweise auch sehr gerne alleine.

Gleiche Warum-Frage, andere - auch relativ ehrliche - Antwort: "Ich habe noch nicht die Richtige gefunden!" Oh, oh, ganz schlecht! Das gibt vielleicht ermahnende Blicke. Ich solle nicht so hohe Ansprüche stellen, wird mir dann nachdrücklich empfohlen. - Na, da wird sich aber meine Vielleicht-Irgendwann-Doch-Zukünftige sicherlich freuen, wenn ich ihr mitteile, dass wir nur deswegen zusammen sind, weil ich meine Ansprüche heruntergeschraubt habe. Das sind die Art von Komplimente, die einen wirklich einsam machen und zusätzlich sehr alt aussehen lassen.

Am besten fahre ich noch, wenn ich diese Warum-Frage mit "Ich genieße meine Freiheit" beantworte. Besonders auffällig viele verheiratete Männer nicken mir dann anerkennend zu. OK, ich räume aber ein, dass dieser Eindruck auch etwas mit selektiver Wahrnehmung zu tun haben könnte. Außerdem funktioniert diese Taktik nur kurzfristig. Zumindest stelle ich fest, dass ich nun immer häufiger süffisant lächelnd gefragt werde, ob ich immer noch meine Freiheit genießen würde.

Nee, nee, da wäre es dann doch wirklich viel einfacher zu sagen, dass ich schwul sei. Heutzutage sind Schwule ja weitgehend salonfähig geworden. Sogar zum Bürgermeister haben es manche von ihnen schon gebracht. Gut, Mutti wäre etwas traurig, weil ich ihr keine Enkelkinder machen würde. Aber dafür wüsste sie ja dann, dass sie sich wegen meines anhaltenden Singledaseins keine Sorgen mehr machen muss. Auch für die Verwandtschaft würde es weitgehend in Ordnung sein, wenn da ein Schwuler unter ihnen wäre. Ein bisschen exotisch zwar und gut für hinterrücks geführte Tuscheleien, aber harmlos. Der tut nichts, wird vielleicht sogar mal Bürgermeister.

Dagegen wäre ein schwules Pärchen schon etwas ganz anderes. Es würde wahrscheinlich gar nicht gut ankommen, wenn da auf Omas achtzigsten plötzlich ihr Enkel mit einem anderen Mann herumknutschen würde.

Nee, nee - ein schwuler Single ist schon OK. Aber ein schwules Pärchen?
Nee, nee - da fragt man dann doch lieber gar nicht erst nach, ob der Junge noch immer alleine ist.
 

Retep

Mitglied
Hallo ambas,

finde den Text o.k., habe mich amüsiert.
Wunderte mich zuerst darüber, dass ein Schwuler nicht gefragt würde, ob er noch immer alleine sei. Am Ende hast du das aber aufgeklärt.

Gruß

Retep
 

anbas

Mitglied
Hallo Retep,

danke für die Rückmeldung. Schön, dass Dir der Text gefällt.

Gruß

Andreas
 
K

KaGeb

Gast
Hi anbas,

war in letzter Zeit seltener hier aktiv (gesundheitliche Gründe), doch bin ich jetzt auf Deinen Test gestoßen, der mich zwiespaltet. Einerseits finde ich die Aussage ok, aber nicht die Art der Umsetzung. Mal ein paar Beispiele (die "für mich" nicht rund erscheinen:

Vorschläge (rot=Vorschlag)

Manchmal wünsch[strike]t[/strike]e ich mir, [strike]ich wäre schwul[/strike] [red]schwul zu sein[/red]. Das würde zumindest die lästige Fragerei beenden, ob ich immer noch solo [strike]wäre[/strike][red]bin[/red]. Es ist ja rührend, wie viele Menschen sich [strike]deswegen[/strike] Sorgen um mich machen, aber das ewige[strike], oft von erwartungsvollen Blicken begleitete,[/strike] Gefrage geht mir doch ziemlich auf die Nerven.

[strike]Die erwartungsvollen Blicke wollen nämlich eine Erfolgsmeldung hören[/strike] [blue](Blicke wollen hören?). [/blue]Ich enttäusche [strike]sie[/strike] regelmäßig. [strike]Anschließend ist es[/strike][red]Es ist[/red] völlig egal, was ich [strike]dann noch[/strike] sage: Die Nerverei hört nicht auf. Fast immer folgt die Frage nach dem Warum.

Sage ich [strike]wahrheitsgemäß[/strike], dass ich gerne alleine lebe, so wird mir nicht geglaubt.[blue](neuer satzanfang)[/blue] "Das sagst du jetzt, wo du das Andere noch gar nicht richtig kennen gelernt hast", wird mir außerdem entgegnet. Stimmt, ich habe das noch nicht so wirklich erlebt. Aber muss ich denn alles einmal erlebt haben? Sicherlich nicht. [strike]So werde ich höchst wahrscheinlich auch nicht[/strike] [red]Ich werde nicht[/red] zum Mond fliegen, [red]kein[/red] Bungee springen oder ein Sadomaso-Studio besuchen. [blue](neue zeile)[/blue]
Eine Reihe meiner [strike]inzwischen[/strike] wieder geschiedenen Bekannten sieht das [strike]übrigens[/strike] ähnlich - sie sind jetzt [strike]teilweise[/strike] auch sehr gerne alleine.

Gleiche Warum-Frage, andere - auch relativ ehrliche - Antwort: [blue](neue Zeile)[/blue]"Ich habe noch nicht die Richtige gefunden!" Oh, oh, ganz schlecht! Das gibt [strike]vielleicht[/strike] ermahnende Blicke. Ich soll[strike]e[/strike] nicht so hohe Ansprüche stellen, wird mir [strike]dann[/strike] nachdrücklich empfohlen. - Na, da wird sich aber meine Vielleicht-Irgendwann-Doch-Zukünftige
freuen, wenn ich ihr [strike]mitteile[/strike] [red]erkläre[/red], dass wir nur deswegen zusammen sind, weil ich meine Ansprüche heruntergeschraubt habe. Das sind die [strike]Art von[/strike] Komplimente, die einen wirklich einsam machen und [strike]zusätzlich sehr [/strike]alt aussehen lassen.

Am besten fahre ich noch, wenn ich diese Warum-Frage mit "Ich genieße meine Freiheit" beantworte. Besonders auffällig viele verheiratete Männer nicken mir dann anerkennend zu. OK, ich räume aber ein, dass dieser Eindruck auch etwas mit selektiver Wahrnehmung zu tun haben könnte. [blue]musst Du noch mal drüber!!![/blue]



Außerdem funktioniert diese Taktik nur kurzfristig. Zumindest stelle ich fest, dass ich nun immer häufiger süffisant lächelnd gefragt werde, ob ich immer noch meine Freiheit [strike]genießen würde[/strike] [red]genieße[/red].

Nee, nee, da [strike]wäre[/strike] [red]ist[/red] es [strike]dann [/strike]doch [strike]wirklich[/strike] viel einfacher zu sagen, dass ich schwul [strike]sei[/strike] [red]bin[/red]. Heutzutage sind Schwule ja [strike]weitgehend[/strike] salonfähig [strike]geworden[/strike]. Sogar zum Bürgermeister haben es manche [strike]von ihnen[/strike] schon gebracht. Gut, Mutti wäre [strike]etwas[/strike] [red]wahrscheinlich[/red] traurig, weil ich ihr keine Enkelkinder [strike]machen würde[/strike] [red]mache[/red]. Aber dafür wüsste sie ja [strike]dann[/strike], dass sie sich wegen meines anhaltenden Singledaseins keine Sorgen mehr machen muss. Auch für die Verwandtschaft [strike]würde[/strike] [red]wäre[/red] es weitgehend in Ordnung [strike]sein[/strike], wenn da ein Schwuler unter ihnen wäre. Ein bisschen exotisch zwar und gut für hinterrücks geführte Tuscheleien, aber harmlos. Der tut nichts, wird vielleicht sogar mal Bürgermeister.

Dagegen wäre ein schwules Pärchen schon etwas ganz anderes. Es würde wahrscheinlich [strike]gar[/strike] nicht gut ankommen, wenn [strike]da[/strike] auf Omas [strike]achtzigsten[/strike] [red]Achzigstem[/red] plötzlich ihr Enkel mit einem anderen Mann [strike]herumknutschen würde[/strike] [red]herumknutscht[/red].

Nee, nee - ein schwuler Single ist schon OK. Aber ein schwules Pärchen?
Nee, nee - da fragt man dann doch lieber gar nicht erst nach, ob der Junge noch immer alleine ist.
 

EviEngel

Mitglied
Lob

Das ist mal ein schöner Text.
Flott erzählt schnörkellos, leicht versändlich, mit Biss und Humor, prima.
Die Anmerkungen von KaGeb finde ich sehr wertvoll, mir selbst unterlaufen jedoch ähnliche umgagsprachliche Fehler.
Die Geschichte hat keine echte Pointe am Schluss, da steckt noch Potenzial.

Aber sonst :Top:

Gruß Evi
 

anbas

Mitglied
Dauersingle

Manchmal wünsche ich mir, ich wäre schwul. Das würde zumindest die lästige Fragerei beenden, ob ich denn immer noch solo bin. Es ist ja rührend, wie viele Menschen sich Sorgen um mich machen, aber die ewige Fragerei geht mir doch ziemlich auf die Nerven.

Erwartungsvolle Blicke signalisieren mir, wie sehr sich meine Umwelt nach einer Erfolgsmeldung sehnt. Doch ich enttäusche sie regelmäßig. Es ist völlig egal, was ich sonst noch sage: Die Nerverei hört nicht auf. Fast immer folgt die Frage nach dem 'Warum'.

Sage ich, dass ich gerne alleine lebe, so wird mir nicht geglaubt. "Das sagst du jetzt, wo du das Andere noch gar nicht richtig kennen gelernt hast", wird mir außerdem entgegnet. - Stimmt, ich habe das tatsächlich noch nicht so wirklich erlebt. Aber muss ich denn alles einmal erlebt haben? Sicherlich nicht. Ich werde auch nicht zum Mond fliegen, kein Bungee springen oder ein Sadomaso-Studio besuchen. Eine Reihe meiner wieder geschiedenen Bekannten sieht das ähnlich - die sind jetzt auch sehr gerne alleine.

Gleiche Warum-Frage, andere - auch relativ ehrliche - Antwort:
"Ich habe noch nicht die Richtige gefunden!" Oh, oh, ganz schlecht! Das zieht sofort ermahnende Blicke nach sich. Ich soll nicht so hohe Ansprüche stellen, wird mir nachdrücklich empfohlen. - Na, da wird sich aber meine Vielleicht-Irgendwann-Doch-Zukünftige freuen, wenn ich ihr erkläre, dass wir nur deswegen zusammen sind, weil ich meine Ansprüche heruntergeschraubt habe. Das sind die Komplimente, die einen wirklich einsam machen und alt aussehen lassen.

"Ich genieße meine Freiheit!" - Das kommt bisher noch am besten an. Vor allem verheiratete Männer nicken mir bei dieser Antwort anerkennend, manchmal auch etwas neidisch, zu. Allerdings scheint diese Taktik nur kurzfristig zu funktionieren. Zumindest stelle ich fest, dass mir in letzter Zeit häufiger süffisant lächelnd die Frage gestellt wird, ob ich denn immer noch meine Freiheit genießen würde.

Nee, nee, da ist es doch viel einfacher zu sagen, dass ich schwul bin. Heutzutage sind Schwule ja salonfähig geworden. Sogar zum Bürgermeister haben es manche von ihnen schon gebracht. Gut, Mutti wäre wahrscheinlich traurig, weil ich ihr keine Enkelkinder mache. Aber dafür wüsste sie ja, dass sie sich wegen meines anhaltenden Singledaseins keine Sorgen mehr machen muss. Auch für die Verwandtschaft wäre es weitgehend in Ordnung, wenn da ein Schwuler unter ihnen wäre. Ein bisschen exotisch zwar und gut für hinterrücks geführte Tuscheleien, aber harmlos. Der tut nichts, wird vielleicht sogar mal Bürgermeister.

Ein schwules Pärchen dagegen wäre schon etwas ganz anderes. Das fällt auf. Da wird noch genau hingeguckt. Und es würde wahrscheinlich gar nicht gut ankommen, wenn auf Omas Achtzigstem plötzlich ihr Enkel mit einem anderen Mann herumknutscht.

Nee, nee - ein schwuler Single ist schon OK. Aber ein schwules Pärchen?
Nee, nee - da fragt man dann doch lieber gar nicht erst nach, ob der Junge noch immer alleine ist.
 

anbas

Mitglied
Hallo KaGeb, hallo EviEngel,

ich danke Euch für Eure Rückmeldungen. Vor allem Dir, KaGeb, für die gründliche Überarbeitung. Die meisten Vorschläge habe ich übernommen. An einigen Stellen ziehe ich dann aber doch den saloppen Ton einem literarisch sauberen Schreibstil vor.

Liebe Grüße

Andreas
 



 
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