Es ist ein Bestandteil meines Lebens, Dinge zu ignorieren. Meine Ignoranz umfasst alles, davon bin ich überzeugt. Wenn ich über die Straße gehe, schaue ich nicht nach Autos. Sie bremsen immer.
Fast immer. Dieses Auto braust einfach auf mich zu, und überfährt mich.
Das Licht des Tages beginnt zu verblassen, ich richte mich mit Mühe auf. Jede Bewegung fällt mir schwer, dennoch stehe ich auf der Straße und schaue auf meinen Kadaver herunter.
Ich bin tot.
Aber ich steige nicht in den Himmel hinauf, fahre auch nicht in die Hölle ein. Etwas sollte geschehen. Darauf wird man nicht vorbereitet. Davon erzählt einem keiner etwas. Es passiert einfach.
Ich gehe die Straße weiter. Eigentlich war ich auf dem Weg nach Hause. Das sollte ich nun fortsetzen. Doch es reizt mich nicht, meine Familie zu sehen. Immerhin bin ich tot und sie nicht. Das entfremdet.
Pläne sollte ich schmieden. Mein neues Leben nutzen. Nun ja, ob es ein Leben ist, muss sich erst herausstellen. An der nächsten Kreuzung steht das Mörderauto. Hat der Fahrer doch etwas bemerkt und grübelt nun, was er tun soll? Meine Hand durchdringt ohne Probleme die Scheibe des Autos. Sie zerbricht nicht. Ich spüre nichts. Ein Geist bin ich also.
Auf der Rückbank steht ein Einkaufskorb. Ohne Nachzudenken greife ich den Sixpack Bier. Er lässt sich anheben, bleibt aber an der Scheibe innen hängen. Das Auto fährt los, das Bier fällt zurück in den Korb und meine Hand bleibt ohne dass ich ein Gefühl des Kontaktes mit dem Auto registrierte, bei mir.
Wieder stehe ich auf der Straße. Die Einsamkeit lässt mich kalt. Dieses Viertel ist mein Zuhause. Hier kenne ich die Bäume am Straßenrand und die Pflastersteine, die ihren Lebensraum begrenzen.
Das Licht kehrt zurück. Mein Zeitempfinden unterliegt einer Störung, fürchte ich. Um diese Zeit fahre ich sonst zur Arbeit. Meine Beine tragen mich zur Bushaltestelle. Es stehen auch heute keine Leute davor, nur ich, wie sonst, und wie sonst interessiert es mich nicht.
Heute hält der Bus. Das tut er selten. Für Einen unterbricht der Busfahrer nicht sehr oft seine letzte Tour vor der Frühstückspause. Diesen Witz hat er mir erzählt, auf einer Nachmittagsfahrt, seiner letzten vor dem Feierabend.
Ich überlege, ob mich der Busfahrer sehen kann. doch als er die Türen öffnet, schaut er überrascht durch mich hindurch in das Wartehäuschen.
Er gibt verwirrt Gas und ich stehe die ganze Zeit neben ihm, bis wir den S-Bahnhof erreichen.
Als die Leute auszusteigen beginnen, schiebe ich meinen Zeigefinger in seine Stirn. Das Weiche darin zuckt. Dann bricht der Fahrer zusammen. So kurz vor dem Frühstück.
Ich habe noch eine Erinnerung. Sie treibt mich die Stufen zum Bahnsteig hinauf. Die Menschen stehen in ihrer Gedankenwelt verborgen herum. Gleich holt sie der Zug ab. Sie steigen ein und fahren ihrem Leben entgegen. Mancher vergisst das Aussteigen.
Es ist leicht, sie zu finden. Sie steht im selben Abteil, in das ich jeden Tag nur deswegen einsteige, weil sie es benutzt.
Ihr Lächeln traf mich manchmal, ich schluckte es herunter. Dafür gab sie mit ihrem Körper an und meine Seitenblicke reduzierten die Zeit auf eine Erregung, die immer weniger mit Körperlichkeit zu tun hatte, dafür umso berechnender wurde.
Der Sommer bestimmt die Auswahl ihrer Kleidung. Ich trete an sie heran. Auch sie sieht mich nicht. Das Haar hat keinen Duft, obwohl ich ihr so nahe bin. In ihrem Nacken sind die Träger ihrer Bluse zusammengebunden. Mit dem Zeigefinger und dem Daumen drücke ich durch das Band, es reißt und das Vorderteil klappt nach unten. Ihre Brüste springen hervor. Sie schreit.
Das Geräusch verliert sich, als ich über das Weitere nachzudenken beginne.
Noch eine Frau.
Das Symbol des Unterganges.
Mehrmals muss ich mich neu orientieren, bis ich die richtigen Züge finde.
Dann stehe ich auf dem Platz. Das Parlament steht wie eine Einladung der Ewigkeit darauf.
Als ich es betrete, fällt mir die Ruhe auf. Obwohl viele Menschen die Münder bewegen. Vielleicht bleibt mir zuwenig Zeit.
Sie ist im Plenarsaal. Ich hatte nicht damit gerechnet. Dennoch sitzt sie in ihrem Sessel. Eine Königin aus einer Zeit, deren Triumphe dem Vergessen geopfert wurden. Das Geschrei und die Lügen durchdringen mit Leichtigkeit und trotz des Fehlens aller Töne den Bau um mich herum und tragen die Kuppel mit ihrer Macht.
Als sie in einer Pause den Saal verlässt, folge ich. Hinter ihr betrete ich den Vorraum zur Toilette. Da ich sie nicht hören kann, beobachte ich die Kabinentür. Sie kommt heraus und stellt sich vor den Spiegel. Der Friseur hat die Spuren des Alters aus ihrem Haar entfernt, doch das Rot in ihren Augen und die Falten darunter zeigen die Frau in einem Moment des Zerfalls.
Obwohl ich genau hinter ihr stehe, richtet sich der Fokus ihrer Pupillen nicht auf mich.
Mit beiden Händen fahre ich durch den Turmbau ihres Haares.
Sie erschrickt, Grauen reißt ihr die Hände vors Gesicht.
Ich gehe.
In dem Park bewegen sich Leute auf mich zu. Sie sehen mich. Sie sehen mich an. Dann haben sie mich eingekreist. Sind es Jäger?
Einer tritt vor. Mit dem Zeigefinger durchbohrt er meine Brust. Seine Augen sind Glas und Himmel.
Mein Blick klärt sich. Meine Haut spürt ein Bett, in dem ich liege. Der Geruch ist voll Reinigungsmittel, es ist sehr hell. Ich bin in einem Krankenhausbett. Eine Schnur ragt von meiner Hand hinauf zu einem Tropf. Auf der anderen Seite sitzt jemand.
Eine Frau.
Sie.
Ihr Haar trägt jetzt das Silber einer Majestät, ihre Augen sind nichts als Entsetzen.
Fast immer. Dieses Auto braust einfach auf mich zu, und überfährt mich.
Das Licht des Tages beginnt zu verblassen, ich richte mich mit Mühe auf. Jede Bewegung fällt mir schwer, dennoch stehe ich auf der Straße und schaue auf meinen Kadaver herunter.
Ich bin tot.
Aber ich steige nicht in den Himmel hinauf, fahre auch nicht in die Hölle ein. Etwas sollte geschehen. Darauf wird man nicht vorbereitet. Davon erzählt einem keiner etwas. Es passiert einfach.
Ich gehe die Straße weiter. Eigentlich war ich auf dem Weg nach Hause. Das sollte ich nun fortsetzen. Doch es reizt mich nicht, meine Familie zu sehen. Immerhin bin ich tot und sie nicht. Das entfremdet.
Pläne sollte ich schmieden. Mein neues Leben nutzen. Nun ja, ob es ein Leben ist, muss sich erst herausstellen. An der nächsten Kreuzung steht das Mörderauto. Hat der Fahrer doch etwas bemerkt und grübelt nun, was er tun soll? Meine Hand durchdringt ohne Probleme die Scheibe des Autos. Sie zerbricht nicht. Ich spüre nichts. Ein Geist bin ich also.
Auf der Rückbank steht ein Einkaufskorb. Ohne Nachzudenken greife ich den Sixpack Bier. Er lässt sich anheben, bleibt aber an der Scheibe innen hängen. Das Auto fährt los, das Bier fällt zurück in den Korb und meine Hand bleibt ohne dass ich ein Gefühl des Kontaktes mit dem Auto registrierte, bei mir.
Wieder stehe ich auf der Straße. Die Einsamkeit lässt mich kalt. Dieses Viertel ist mein Zuhause. Hier kenne ich die Bäume am Straßenrand und die Pflastersteine, die ihren Lebensraum begrenzen.
Das Licht kehrt zurück. Mein Zeitempfinden unterliegt einer Störung, fürchte ich. Um diese Zeit fahre ich sonst zur Arbeit. Meine Beine tragen mich zur Bushaltestelle. Es stehen auch heute keine Leute davor, nur ich, wie sonst, und wie sonst interessiert es mich nicht.
Heute hält der Bus. Das tut er selten. Für Einen unterbricht der Busfahrer nicht sehr oft seine letzte Tour vor der Frühstückspause. Diesen Witz hat er mir erzählt, auf einer Nachmittagsfahrt, seiner letzten vor dem Feierabend.
Ich überlege, ob mich der Busfahrer sehen kann. doch als er die Türen öffnet, schaut er überrascht durch mich hindurch in das Wartehäuschen.
Er gibt verwirrt Gas und ich stehe die ganze Zeit neben ihm, bis wir den S-Bahnhof erreichen.
Als die Leute auszusteigen beginnen, schiebe ich meinen Zeigefinger in seine Stirn. Das Weiche darin zuckt. Dann bricht der Fahrer zusammen. So kurz vor dem Frühstück.
Ich habe noch eine Erinnerung. Sie treibt mich die Stufen zum Bahnsteig hinauf. Die Menschen stehen in ihrer Gedankenwelt verborgen herum. Gleich holt sie der Zug ab. Sie steigen ein und fahren ihrem Leben entgegen. Mancher vergisst das Aussteigen.
Es ist leicht, sie zu finden. Sie steht im selben Abteil, in das ich jeden Tag nur deswegen einsteige, weil sie es benutzt.
Ihr Lächeln traf mich manchmal, ich schluckte es herunter. Dafür gab sie mit ihrem Körper an und meine Seitenblicke reduzierten die Zeit auf eine Erregung, die immer weniger mit Körperlichkeit zu tun hatte, dafür umso berechnender wurde.
Der Sommer bestimmt die Auswahl ihrer Kleidung. Ich trete an sie heran. Auch sie sieht mich nicht. Das Haar hat keinen Duft, obwohl ich ihr so nahe bin. In ihrem Nacken sind die Träger ihrer Bluse zusammengebunden. Mit dem Zeigefinger und dem Daumen drücke ich durch das Band, es reißt und das Vorderteil klappt nach unten. Ihre Brüste springen hervor. Sie schreit.
Das Geräusch verliert sich, als ich über das Weitere nachzudenken beginne.
Noch eine Frau.
Das Symbol des Unterganges.
Mehrmals muss ich mich neu orientieren, bis ich die richtigen Züge finde.
Dann stehe ich auf dem Platz. Das Parlament steht wie eine Einladung der Ewigkeit darauf.
Als ich es betrete, fällt mir die Ruhe auf. Obwohl viele Menschen die Münder bewegen. Vielleicht bleibt mir zuwenig Zeit.
Sie ist im Plenarsaal. Ich hatte nicht damit gerechnet. Dennoch sitzt sie in ihrem Sessel. Eine Königin aus einer Zeit, deren Triumphe dem Vergessen geopfert wurden. Das Geschrei und die Lügen durchdringen mit Leichtigkeit und trotz des Fehlens aller Töne den Bau um mich herum und tragen die Kuppel mit ihrer Macht.
Als sie in einer Pause den Saal verlässt, folge ich. Hinter ihr betrete ich den Vorraum zur Toilette. Da ich sie nicht hören kann, beobachte ich die Kabinentür. Sie kommt heraus und stellt sich vor den Spiegel. Der Friseur hat die Spuren des Alters aus ihrem Haar entfernt, doch das Rot in ihren Augen und die Falten darunter zeigen die Frau in einem Moment des Zerfalls.
Obwohl ich genau hinter ihr stehe, richtet sich der Fokus ihrer Pupillen nicht auf mich.
Mit beiden Händen fahre ich durch den Turmbau ihres Haares.
Sie erschrickt, Grauen reißt ihr die Hände vors Gesicht.
Ich gehe.
In dem Park bewegen sich Leute auf mich zu. Sie sehen mich. Sie sehen mich an. Dann haben sie mich eingekreist. Sind es Jäger?
Einer tritt vor. Mit dem Zeigefinger durchbohrt er meine Brust. Seine Augen sind Glas und Himmel.
Mein Blick klärt sich. Meine Haut spürt ein Bett, in dem ich liege. Der Geruch ist voll Reinigungsmittel, es ist sehr hell. Ich bin in einem Krankenhausbett. Eine Schnur ragt von meiner Hand hinauf zu einem Tropf. Auf der anderen Seite sitzt jemand.
Eine Frau.
Sie.
Ihr Haar trägt jetzt das Silber einer Majestät, ihre Augen sind nichts als Entsetzen.