R
Rote Socke
Gast
Liebe Doro,
wieder ein sehr bewegender Text und sehr selbstkritisch vom Prot geschildert. Das hat was.
Ich habe versucht einige Vorschläge zu machen. Doch der Textfluss erlaubt kaum winzige Änderungen aus fremder Hand. Dewegen bin ich auch sehr sparsam mit Vorschlägen gewesen.
Du musst es selbst entscheiden. Verstehe es als Hinweise.
LG
Volkmar
Gestern habe ich alte Fotos angeschaut. Irgendwann [strike] habe[/strike] [blue] hatte ich alle Bilder die mir besonders wichtig sind [/blue][strike] die[/strike] an eine Wand gehängt, [strike] die mir besonders wichtig sind[/strike]. Heute sitze ich schon den ganzen Tag vor dieser Wand, und mir scheint, ich betrachte eine Kollage meines Lebens. In der Mitte hängt ein großes Bild, das immer wieder meinen Blick auf sich zieht, alles andere darum scheint nebensächlich. Es ist das Bild deines Gesichtes.
Dein Gesicht, wie es lacht, verzerrt, grimassierend. [red] (Lachen, verzerren, grimmasierend – hm, zu viel des Guten und unklar an dieser Stelle, weil erst später klar wird, worum es geht.)[/red] Es sieht aus, als ob die Muskeln darin nur unter größter Mühe zum Lachen gebracht werden konnten. Und doch lacht es schöner, aufrichtiger, herzlicher als ein anderes es je könnte. Es ist dein Lachen, das mich mein Leben lang begleitet hat. Dieses Lachen, das ich oft nicht verstanden habe, weil es Winzigkeiten, Unwichtigkeiten betraf.
Ich habe dich beneidet dafür, dass es so wenig [strike] bedarf[/strike] [blue] bedurfte[/blue], um dich zum Lachen zu bringen, obwohl es dir doch wie alles Andere so schwer gefallen [strike] ist[/strike] [blue] war[/blue].
Ich war auch erleichtert darüber, dass du trotz allem gelacht hast.
Und ich habe mich geschämt für dein Lachen, manchmal. Heute schäme ich mich dafür, dass ich mich geschämt habe.
Heute hängt dein Bild in der Mitte, ganz groß. Damit jeder es sieht. Damit jeder weiß, du gehörst zu meinem Leben. [red] (Umbruch)[/red]
Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn du jetzt mit deinem Rollstuhl hier wärst und es sehen könntest. Du würdest dich freuen und lachen. Dieses Lachen, das ich so liebe. Ja, ich liebe es, so wie ich dich liebe, schon immer geliebt habe, ich habe es nur nie wirklich gewusst.
Ich dachte sogar, ich würde dich hassen, einfach dafür, dass du da warst. Du, mein behinderter Bruder, hast die ganze Aufmerksamkeit bekommen. Für mich blieb nicht viel übrig.
Heute verstehe ich das. Heute bin ich kein kleines Kind mehr, und ich weiß, dass du diese viele Zeit gebraucht hast, einfach um ein normales Leben führen zu können. Du bist zur Schule gegangen, hast einen Beruf gelernt, sogar Sport getrieben. Aber du hast immer Hilfe dazu gebraucht.
Ich nicht. Ich bin eben nicht behindert. [red] (Umbruch)
[/red]
Als Kind habe ich mir manchmal gewünscht, behindert zu sein, um die selbe Aufmerksamkeit zu erhalten wie du. Aber ich habe es mir in Wahrheit nicht wirklich gewünscht, ich wollte nie so sein wie du.
Du hattest auch Freundinnen. Einmal bin ich in dein Zimmer gekommen. Ich wollte wissen, was du mit deiner damaligen Freundin tust. Erst habe ich an der Tür gelauscht, dann bin ich einfach herein gegangen. Ihr hattet euch umarmt, von Rollstuhl zu Rollstuhl. Es war dir so peinlich, als ich auf einmal in der Tür stand. Mir war es noch peinlicher, aber ich habe mich nie entschuldigt. Ich war damals 10 Jahre alt, ein neugieriges Kind.
Ich habe mich für so vieles geschämt. Dass ich nicht wollte, dass du zu meiner Einschulung kommst, dass ich dich auf meinen Geburtstagen nicht dabei haben wollte. So vieles, zu vieles.
Heute Nacht habe ich geträumt, dass ich mich bei dir entschuldigt habe. Ich habe geweint, und du hast mir deine Hand auf meine Schulter gelegt, wie du es immer tatest, wenn ich weinte, und du mich trösten wolltest. Worte waren ja immer noch viel schwerer für dich als ein Lachen. Also hast du es in schwierigen Momenten gar nicht erst versucht.
Du hast mir so oft die Hand auf die Schulter gelegt, und ich habe sie meistens abgeschüttelt, weil ich dachte, dass du mir sowieso nicht helfen könntest. Denn ich hatte ja wirkliche, richtige Probleme, von denen du keine Ahnung hattest.
Du hast mir doch geholfen, denn du warst immer für mich da. Hast mich immer geliebt und mich trösten wollen, wenn es mir schlecht ging. Deine Hand auf meiner Schulter war in Wahrheit mehr Trost als alles Andere. Hörst du mich? Ich liebe dich.
Ich würde dich so gerne noch einmal „Haa-aa-aa- loo Kleiei-ei-ei-nes“ sagen hören [blue] und[/blue] dein Gesicht dabei ansehen, wie es [blue] versucht hat, [/blue] diese wenigen Worte [strike] versucht[/strike] heraus zu bringen. Wie sich [blue] dabei[/blue] dein Mund schräg nach unten [strike] aufreißt[/strike] [blue] auftat[/blue] [strike] dabei[/strike], dein ganzer Körper angestrengt [blue] arbeitete[/blue] und erst in dem Moment, wo ich mich schon ungeduldig abgewendet [strike] habe[/strike] [blue] hatte[/blue], tatsächlich die Worte heraus [strike] bringt[/strike] [blue] kamen[/blue], die [blue] aber[/blue] kaum zu verstehen [strike] sind[/strike]. Du sagtest immer: „Kleines“, denn du warst mein 9 Jahre älterer Bruder.
Ich habe dir nie sagen können, wie sehr ich dich liebe. Denn ich habe es [strike] selbst[/strike] jetzt erst begriffen. [strike] Aber ich habe[/strike] [blue] Doch mir bleibt[/blue] nur noch dein Gesicht an der Wand.
wieder ein sehr bewegender Text und sehr selbstkritisch vom Prot geschildert. Das hat was.
Ich habe versucht einige Vorschläge zu machen. Doch der Textfluss erlaubt kaum winzige Änderungen aus fremder Hand. Dewegen bin ich auch sehr sparsam mit Vorschlägen gewesen.
Du musst es selbst entscheiden. Verstehe es als Hinweise.
LG
Volkmar
Gestern habe ich alte Fotos angeschaut. Irgendwann [strike] habe[/strike] [blue] hatte ich alle Bilder die mir besonders wichtig sind [/blue][strike] die[/strike] an eine Wand gehängt, [strike] die mir besonders wichtig sind[/strike]. Heute sitze ich schon den ganzen Tag vor dieser Wand, und mir scheint, ich betrachte eine Kollage meines Lebens. In der Mitte hängt ein großes Bild, das immer wieder meinen Blick auf sich zieht, alles andere darum scheint nebensächlich. Es ist das Bild deines Gesichtes.
Dein Gesicht, wie es lacht, verzerrt, grimassierend. [red] (Lachen, verzerren, grimmasierend – hm, zu viel des Guten und unklar an dieser Stelle, weil erst später klar wird, worum es geht.)[/red] Es sieht aus, als ob die Muskeln darin nur unter größter Mühe zum Lachen gebracht werden konnten. Und doch lacht es schöner, aufrichtiger, herzlicher als ein anderes es je könnte. Es ist dein Lachen, das mich mein Leben lang begleitet hat. Dieses Lachen, das ich oft nicht verstanden habe, weil es Winzigkeiten, Unwichtigkeiten betraf.
Ich habe dich beneidet dafür, dass es so wenig [strike] bedarf[/strike] [blue] bedurfte[/blue], um dich zum Lachen zu bringen, obwohl es dir doch wie alles Andere so schwer gefallen [strike] ist[/strike] [blue] war[/blue].
Ich war auch erleichtert darüber, dass du trotz allem gelacht hast.
Und ich habe mich geschämt für dein Lachen, manchmal. Heute schäme ich mich dafür, dass ich mich geschämt habe.
Heute hängt dein Bild in der Mitte, ganz groß. Damit jeder es sieht. Damit jeder weiß, du gehörst zu meinem Leben. [red] (Umbruch)[/red]
Ich stelle mir vor, wie es wäre, wenn du jetzt mit deinem Rollstuhl hier wärst und es sehen könntest. Du würdest dich freuen und lachen. Dieses Lachen, das ich so liebe. Ja, ich liebe es, so wie ich dich liebe, schon immer geliebt habe, ich habe es nur nie wirklich gewusst.
Ich dachte sogar, ich würde dich hassen, einfach dafür, dass du da warst. Du, mein behinderter Bruder, hast die ganze Aufmerksamkeit bekommen. Für mich blieb nicht viel übrig.
Heute verstehe ich das. Heute bin ich kein kleines Kind mehr, und ich weiß, dass du diese viele Zeit gebraucht hast, einfach um ein normales Leben führen zu können. Du bist zur Schule gegangen, hast einen Beruf gelernt, sogar Sport getrieben. Aber du hast immer Hilfe dazu gebraucht.
Ich nicht. Ich bin eben nicht behindert. [red] (Umbruch)
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Als Kind habe ich mir manchmal gewünscht, behindert zu sein, um die selbe Aufmerksamkeit zu erhalten wie du. Aber ich habe es mir in Wahrheit nicht wirklich gewünscht, ich wollte nie so sein wie du.
Du hattest auch Freundinnen. Einmal bin ich in dein Zimmer gekommen. Ich wollte wissen, was du mit deiner damaligen Freundin tust. Erst habe ich an der Tür gelauscht, dann bin ich einfach herein gegangen. Ihr hattet euch umarmt, von Rollstuhl zu Rollstuhl. Es war dir so peinlich, als ich auf einmal in der Tür stand. Mir war es noch peinlicher, aber ich habe mich nie entschuldigt. Ich war damals 10 Jahre alt, ein neugieriges Kind.
Ich habe mich für so vieles geschämt. Dass ich nicht wollte, dass du zu meiner Einschulung kommst, dass ich dich auf meinen Geburtstagen nicht dabei haben wollte. So vieles, zu vieles.
Heute Nacht habe ich geträumt, dass ich mich bei dir entschuldigt habe. Ich habe geweint, und du hast mir deine Hand auf meine Schulter gelegt, wie du es immer tatest, wenn ich weinte, und du mich trösten wolltest. Worte waren ja immer noch viel schwerer für dich als ein Lachen. Also hast du es in schwierigen Momenten gar nicht erst versucht.
Du hast mir so oft die Hand auf die Schulter gelegt, und ich habe sie meistens abgeschüttelt, weil ich dachte, dass du mir sowieso nicht helfen könntest. Denn ich hatte ja wirkliche, richtige Probleme, von denen du keine Ahnung hattest.
Du hast mir doch geholfen, denn du warst immer für mich da. Hast mich immer geliebt und mich trösten wollen, wenn es mir schlecht ging. Deine Hand auf meiner Schulter war in Wahrheit mehr Trost als alles Andere. Hörst du mich? Ich liebe dich.
Ich würde dich so gerne noch einmal „Haa-aa-aa- loo Kleiei-ei-ei-nes“ sagen hören [blue] und[/blue] dein Gesicht dabei ansehen, wie es [blue] versucht hat, [/blue] diese wenigen Worte [strike] versucht[/strike] heraus zu bringen. Wie sich [blue] dabei[/blue] dein Mund schräg nach unten [strike] aufreißt[/strike] [blue] auftat[/blue] [strike] dabei[/strike], dein ganzer Körper angestrengt [blue] arbeitete[/blue] und erst in dem Moment, wo ich mich schon ungeduldig abgewendet [strike] habe[/strike] [blue] hatte[/blue], tatsächlich die Worte heraus [strike] bringt[/strike] [blue] kamen[/blue], die [blue] aber[/blue] kaum zu verstehen [strike] sind[/strike]. Du sagtest immer: „Kleines“, denn du warst mein 9 Jahre älterer Bruder.
Ich habe dir nie sagen können, wie sehr ich dich liebe. Denn ich habe es [strike] selbst[/strike] jetzt erst begriffen. [strike] Aber ich habe[/strike] [blue] Doch mir bleibt[/blue] nur noch dein Gesicht an der Wand.