Der Banküberfall

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casagrande

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Der Banküberfall


Eigentlich hätte ich am Öljetty in der Lagune von Lagos sein sollen. Aber der Fahrer war nicht gekommen und so landete ich im Büro. Ich war noch dabei eine Fahrgelegenheit zu organisieren, als es zu einer irren Aufregung kam. Draußen war eine große Schießerei. Die Vermutung der Sekretärin:
„Es ist ein Überfall auf die Bank am Ende der Straße!“
Die Schießerei entwickelt sich. Nun hört man auch automatische Waffen und der Lärm kommt näher. Ich bin kein Experte, aber für mich hört sich das schon erschreckend nahe an. Die Schwarzen schnattern aufgeregt und alle drängen sich ins Büro , auch die auf demselben Grundstück lebenden Familien. Kopfloses Durcheinanderrennen. Ob wohl das Gartentor gut verschlossen ist? Aber keiner traut sich hinaus um nachzusehen. Es ist eigentlich immer nur angelehnt! Aber der Torwächter sagt natürlich, es ist abgeschlossen, sonst muss er hinaus. Das Gartentor ist eine Blechtüre die die zwei Meter hohen Gartenmauern schließt. So sie denn mit der vorhandenen Kette gesichert ist.
Inzwischen sind mehr als dreißig Personen in den drei Büroräumen. Wohl auch viele von der Straße. Normalerweise sind fünf Leute hier drinnen. Drei Schwarze, ein alter Engländer und ich. Der Engländer ist ein Haudegen mit mehr als dreißig Jahren lokaler Erfahrung. Aber auch er flattert nervös herum. Das steckt mich an. Wenn schon er Bedenken hat, dann scheint es nicht ganz so harmlos zu sein! Dann entfernt sich ein Teil der Schießerei, der andere Teil, ganz nahe, hat auf Dauerfeuer gestellt. Dann ist allgemeine Ruhe.
Das Ganze hat nicht mehr als dreißig Minuten gedauert. Für meine Nerven waren es Stunden! Entspanntes Palaver der Schwarzen. Ob wirklich einige unter den Tischen saßen, wie sie behaupten, ich habe es nicht gesehen.
Scherzchen, wie:
"wenn man den Schuss hört, weiß man, dass man nicht tot ist" geben die Möglichkeit die Angst abzulachen.
Aber warum das Dauerfeuer am Schluss?
Man klärt mich auf:
„Gefangene werden in diesem Land nicht gemacht! Die Gefängnisse sind voll und darum kommen die Gangster entweder auf der Flucht um oder werden aus Notwehr erschossen. Was soll man die Typen zehn Jahre durchfüttern? Das war das Dauerfeuer am Ende, das war eine Exekution der Gangster!“.
Später erzählt mir der Fahrer, der doch noch auftaucht und der generell alles weiß, was auf der Straße passiert, dass es ein Überfall auf die Bank an der Hauptstraße war, ungefähr dreihundert Meter von unserem Büro entfernt. Die Bankräuber haben die Wache erschossen und eine Menge Geld erbeutet. Und sind dann entkommen. Die Polizei ist zu spät gekommen. Und warum sie geschossen hat, das weiß man nicht. Wahrscheinlich, um den Leuten zu imponieren oder zur Abschreckung.
Und überhaupt:
„Wenn ein solcher Überfall erfolgreich ausgeführt wurde, dann ist es meist eine angekündigte Aktion. Dann kommen die Polizisten auch nicht aus ihrer Station heraus, so wie in diesem Fall, auch wenn sie angerufen werden. Sie kommen, wenn alles vorbei ist und schießen dann herum.“
Auf der Fahrt zum Jetty kommen wir in einen Stau und der Grund dafür sind auch wir. Denn als wir an das Ende des Staus kommen, dort, wo ein Verkehrshelfer mit rudernden Bewegungen die Autofahrer auffordert, doch weiter zu fahren, bleibt mein Fahrer stehen und fragt ihn, was denn auf der anderen Seite passiert ist, wo eine Menschentraube den Blick versperrt. Ein Bus ist von der Autobahn abgekommen, durch die Marktstände hindurch in einen dreißig Meter entfernten Tümpel gerast. Die Passagiere wären draußen, der Bus abgesoffen. Klar, dass auch alle anderen vor und hinter uns dasselbe wissen wollen. Klar dass der Stau damit nicht kürzer wird.
Die Nachricht über das Busunglück stand nächsten Tag mit Photo in der Zeitung, der Banküberfall war nicht erwähnt.
 

Ohrenschützer

Mitglied
Gedanken

Hallo casagrande,

Deine Kurzgeschichte wirkt auf mich staccato-artig, handlungsorientiert, alles nicht gerade Passierende wird auch nicht erwähnt (was an und für sich weder schlecht noch gut ist). Für mich ist diese Beschränkung auf das Wesentliche schon einen Tick zu konsequent, ein bisschen wenig Anhaltspunkt für meine Vorstellungskraft; für mein Empfinden hängt der Banküberfall somit ein bisschen in der Luft (das ist das Wesen einer Kurzgeschichte, ich weiß).

Mir sind einige Beistrichfehler aufgefallen und ein paar ungewöhnliche Ausdrücke:
die Tür schließt die Gartenmauern (schließt an sie an)
Normal (normalerweise) sind fünf Leute hier drinnen
drei Schwarze und ein alter Engländer und ich (drei Schwarze, ein alter Engländer und ich)
für die Nerven waren es Stunden (bei dieser Anspannung wirkte es wie Stunden)
wie sie gegenseitig behaupten (wie sie sich gegenseitig versichern)
was auf der Straße passiert (ist),


Die „Teilung“ der Schießerei war auf den ersten Moment frappierend, besser gesagt, wie es umschrieben war; vielleicht könntest es in der Art „dann entfernte sich ein Teil der Geräusche“ anlegen. Und was bitte ist ein Öljetty?

Ich verstehe auch nicht ganz, was der Stau und das Busunglück am Ende soll, außer als Darstellungsobjekt, was in die Zeitung kommt und was nicht. Die Schilderung der aufgescheuchten Menschen finde ich recht treffend und amüsant. Ich vermisse nur noch eine Art Grundaussage; aufgrund dessen habe ich die Vermutung, dass die Geschichte kein Objekt deiner Phantasie sein könnte...

Schönen Gruß
 

Ohrenschützer

Mitglied
Hallo Rudolf!

Danke für deine Erläuterungen per eMail; das hat viel Licht in die Sache gebracht. So falsch bin ich also nicht gelegen!

Werde mich bei Gelegenheit intensiver mit deinem "Tipp" beschäftigen, und berichte dir dann noch über meine bescheidene Meinung, so du Wert darauf legst.

Nochmals liebe Grüße
 



 
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