Der Brezeljunge von Burg

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Talarmar

Mitglied
Der Brezeljunge von Burg​


Schwedische Truppen sind eingeschlossen.
Tillys Soldateska rennt Schloss Burg hart an.
Die Mauern werden sehr stark beschossen.
Ein blutiger Kampf - Mann gegen Mann.
„Ihr wisst meine Herren wovon ich rede,
Tillys Handschuh klatscht auf den Lageplan,
„Auf Burg hungert seit Tagen der Schwede,
noch ein zwei Wochen dann greifen wir an.

Geschlachtet die letzten Hühner und Sauen,
leer sind Speicher, Keller und Kammern.
Keiner macht halt vor Kindern und Frauen,
es herrscht Hunger und großes Jammern.
Die Belagerung geht schon mehrere Wochen,
gar viele hat schon geholt Gevatter Tod.
Peststank kommt durch die Mauern gekrochen,
noch niemals herrschte dort solch eine Not.

Der Weg nach Solingen ist abgeschnitten.
Auch Wermelskirchen ist sehr gut blockiert.
Der Schwede kann nur ums Leben bitten,
ansonsten auf der Burg ein Jeder krepiert.
Meine Generale, noch ein, zwei Wochen,
halten sie es aus dort ohne jeglichen Fraß.
Dann ist uns das Gemäuer und ihre Knochen,
bei Gott, das Warten macht keinen Spaß.“

Bei der Burg öffnet sich jetzt eine Pforte.
Heraus kommt der kleine Brezeljunge Willy.
Mit großen Brezeln und ohne viel Worte,
verlangt er dreist zu sprechen - Graf Tilly.
Der große Feldherr lässt ihn wohlwollend vor.
„Bursche kommt er einem immer so keck?“
Spöttisch zupft er den Kleinen am Ohr:
„Was soll ich denn Kerl mit diesem Gebäck?“

„Nicht Backwerk nur, auch Wurst und Wein.
Der ganze Korb voll Leckereien und Spezen.
Mein Kommandant lädt herzlich dazu ein,
dazu noch starkes Bier und hier diese Brezen.
Er meinte bei unserem reichlichen Überfluss,
bevor es uns vielleicht könnte verderben,
gönnte er Euch ein wenig von dem Genuss,
Ihr solltet doch nicht vor Hunger hier sterben.

Solange unsere Nachschubwege unentdeckt,
zur Versorgung von Speisen und sogar Bier,
seid Ihr es Herr, der hier vor Hunger verreckt,
ja, Ihr Graf von Tilly und bestimmt nicht wir!“
Der Knirps lässt einen verdutzten Tilly zurück,
mit einem prallen Korb, voll mit Spezereien.
Entfernt hat er sich schon ein recht gutes Stück,
da hört er den zornigen Feldherrn laut schreien:

„Ihr wisst meine Herren wovon ich rede,
Tillys Handschuh klatscht auf den Lageplan,
auf Burg prasst seit Wochen der Schwede,
packt ein, wir fackeln jetzt Magdeburg an!“
Diesmal wurde der große Tilly bezwungen,
mit den allerletzten Lebensmitteln als List
und dank einem pfiffigen Brezeljungen,
jetzt das Ende von Magdeburg besiegelt ist.

Für die Art Finten ist nicht mehr reif die Zeit.
Auch Brezeljungen gibt es lange nicht mehr.
Doch weiterhin gibt es die Abscheulichkeit,
gebraucht wird immer noch die Gegenwehr.
Der Große triezt den Kleinen bis er platt ist,
allein ist er zu viel schwach zum Widerstand.
Gegenwehr treibt keiner der sich Satt frisst.
Solidarität, nur hinter vorgehaltener Hand.

©RT​
 

Schakim

Mitglied
Solidarität

Guten Morgen, Talarmar!


Lange Abhandlung für einen Sinn,
dessen Anfang in der letzten Zeile ruht.
Da frage ich: Warum nicht zu Beginn?
Wo bleibt denn da der Mut?
Jetzt schlängeln wir uns hier durch Deine Poesie,
vielleicht sogar noch solidarisch irgendwie ...
Wär' es nicht ohne Brezeln auch gegangen?
Doch mit Brezeln hast Du meine Neugier erst gefangen!
Jedenfalls scheinst Du ein Freund von Ritterdichtung
und führst den Poetenkreis in eine andere Richtung!

Deshalb, lieber Talarmar,
meine Solidarität zu Dir liegt offen!
Ist doch klar!


Ich wünsche Dir einen federleicht beschwingten Tag!
Schakim
 
Na Talamar,
wenn mir da nicht heimelich wird. Thartun, Burg - was kommt als nächstens? Ach, vor allem die erste Strophe in Verbindung mit der vorletzten hat mir am besten gefallen. Dieses Bild mit dem energisch auf den Tisch klatschenden Handschúh hat etwas wunderbar ironisches. Dieses Energische, was darin steckt, schätze ich mal.

Ausgezeichnet, Gruss, Marcus
 
L

Lotte Werther

Gast
Eine richtig schöne Ballade ist das.
Erinnerte mich beim Lesen an jene aus früheren Deutschstunden.

Lotte Werther
 

Udogi-Sela

Mitglied
Ja, Talarmar,

klasse hingebrezelt!

Mir scheint, Du wohnst ganz in der Nähe von Schloß Burg, oder? Jedenfalls kennst Du Dich aus.

-

"Gegenwehr treibt keiner der sich satt frisst.
Solidarität, nur hinter vorgehaltener Hand."

Wie wahr!

Herzlichst
Udo
 

Talarmar

Mitglied
Hallo Schakim

Wozu auch Mut,
wenn es mit Brezeln geht.
Zuckerbrot ist gut,
die Peitsche stets bei Fuße steht.
Trotzdem bin ich von den Socken,
mein Ziel erreicht,
ist doch wohl klar.
Ist doch ganz leicht,
mit Brezeln kann man Schakim locken,
so kommt Solidarität zu Talarmar.

Freue mich über Deine lieben Zeilen,
jetzt muss ich schnell zu Müller eilen.​
 

Talarmar

Mitglied
Hallo Herr Müller

Burger-Brezeln ganz ohne Salz,
so sind diese Brezeln nun einmal.
Sie passen nicht zu Griebenschmalz,
doch fürs Ergebnis ist’s egal.
Doch wenn es eine Lösung wär’,
dass Soldaten daraufhin abrücken,
Burger -Brezeln für das Militär,
den Pazifisten zum Entzücken.

Schön dass Du es prächtig findest

Talarmar​
 

Talarmar

Mitglied
Hallo Marcus,

gerade bei Balladen hat man die Möglichkeit lebendige Gemälde zu malen und alles in kraftvollen Wortbildern darzustellen. Freut mich, dass es bei Dir auch diese Bilder hervorgerufen hat.
Deine Auszeichnung ehrt mich.

Gruß, Talarmar
 

Talarmar

Mitglied
Hallo Lotte Werther,

waren doch schön, diese alten Deutschstunden, oder?
Mich hat es zumindest auf diesen Weg gebracht, ich liebe Balladen.
Auch Dir mein Dank für Lob und Bewertung.
Wünsch Dir einen Schönen Abend

Talarmar
 

Talarmar

Mitglied
Hallo Udo

Will ich wohl meinen, schließlich ist Burg ein Stadtteil von Solingen und hier habe ich mein Domizil seit man mich im zarten Alter von vierzehn Tagen nach hier verschleppte.

Während des 30jährigen Krieges 1618-1648 waren wechselnde Besatzungen auf Schloss Burg. Beschuss und Belagerung fand durch schwedische und kaiserliche Truppen statt.
Jedoch Johann Tserclaes Graf von Tilly hat sich nie in dieser Gegend herumgetrieben. Wohl aber hat er Magdeburg am 20. Mai 1631 zerstört. Am 30. April 1632 biss er dann in Ingolstadt selber ins Gras, durch eine Wunde die man ihm bei dem Gefecht in Rain am Lech sechzehn Tage zuvor zugefügt hatte. Sein Grab befindet sich in der Kirche von Altötting.
Wäre er vielleicht besser nach Burg an der Wupper gezogen.

Das ich es mit historischen Genauigkeiten nicht so genau nehme, ist unschwer an meinen Zitat von Alexandre Dumas zu erkennen.
„Hauptsache man macht ihr schöne Kinder“

Liebe Grüsse Rolf
 
S

Stoffel

Gast
Hallo,

ich war eher immer sone dröge Eierschecke, statt knackig-backige Brezen in Geschichte...*umpf*

Mein Respekt und ziehe das Hütlein
*schnellaufsetz*
so..werd ich nie reimen können..
aber Brezn ess ich gern..und gut;)

lG
Stoffel
 

Talarmar

Mitglied
Hallo liebe Stoffel,

bei diesen Burger Brezeln, nicht zu verwechseln mit den Bayrischen Brezn, würde gern und gut verputzen schön auf die Hüften gehen. Sie sind mindestens doppelt so groß und dabei auch noch süß.
Danke für Dein Reinschauen und für Dein Lob.
Wünsche Dir noch einen angenehmen Wochenausklang,

Talarmar
 
D

DeGie

Gast
Von der Aussage und der Dramaturgie her ganz OK.
Rhythmisch aber - wie öfter bei Dir - zuweilen Prosa mit Endreimen.
 

Talarmar

Mitglied
Hallo DeGie,

Dank für Deinen Besuch,
Du weißt es ist mein Fluch.
Ich erzähle Geschichten
eben mit Endreimdichten.
Ein erzählendes Gedicht,
was solls, mich stört es nicht.
Wenn auch der Rhytmus hinkt,
das ganze nicht so swingt,
so ist doch etwas Soul dabei,
besser als fromme Heuchelei.
Wenn ich so manches andere seh,
wie Du es sagst, ist schon OK.
Lieber so als sonderbar,
schönen Tag noch - Talarmar.
 



 
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