Der Fahrer

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bookwriter

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Der Mensch lebt solang
wie die Vernunft in ihm.
von mir... :)


Ein tiefschwarzer Mercedes fuhr vor. Eine der verdunkelten Scheiben wurde
nach unten gekurbelt. "Tach Chefchen!", wurde Berlin förmlich ins Gesicht
geworfen.
Seine ausdrucklose Mine veränderte sich auch jetzt nicht. Er bewegte langsam
und bedeutend seine rechte Hand nach vorn, lockerte die Faust und gab dem
Fahrer des Luxuswagens mit einer Fingerbewegung zu verstehen, heraus zu
kommen. Dessen Blick bewegte sich von Berlins Hand aufwärts, an dem
dunklen, makellosen Armani-Anzug entlang zu dessen Augen. Dieser stand
noch immer unverändert neben dem Wagen auf dem von der Mittagssonne
aufgeheizten Straßenrand, der zu jener Zeit seltsam leer war. Das nachtfarbene
Augenglas des Chauffeurs wurde zögernd von der Nase gehoben und bewegte
sich ebenso gemächlich in die Brusttasche der gleichfarbigen Kluft. Eine
Schweißperle rann dem Brillenträger herab. Dieser schluckte einen Angst
erfüllten Klos herunter, öffnete die schwere Fahrertür, stieg aus und kam mit
bedächtigen Schritten zu Berlin, der immer noch mit dem gleichsam leeren
Ausdruck zu der Stelle blickte, wo sich vor wenigen Sekunden der Fahrer
befand.
"Hören Sie mir genau zu, Jack! Ich werde Ihnen das nur einmal sagen; und ich
wünsche mir, dass Sie dies für Ihre folgenden Vulgaritäten beachten. Tun Sie
dies nicht, werden Sie für den Rest Ihres erbärmlichen Lebens in die Gosse
zurückkehren, wo ich Sie hergeholt habe." Der Brustkorb des erfolgreichsten
Immobilienunternehmers in den Staaten bewegte sich auf und ab, als der
mehrfache Millionär tief Luft holte. Sein Gegenüber stand nahezu regungslos da;
nur Daumen und Zeigefinger schnippten leise - während der Arm lässig an der
Seite hing - und drückten die Wut aus, die in ihm hochstieg.
'Seit einem halben Jahr schikaniert er mich. Wie diese Natter mich anschaut. Umbringen
könnte ich ihn...', dachte er.
"Ich bin nicht Ihr 'Chefchen', verstehen Sie mich?" Berlin wandte seinen Kopf
ohne, dass sich ein Muskel in seinem Gesicht bewegte, etwas nach rechts zu dem
Fahrer. "Es würde mich entzücken, wenn Sie mich zukünftig als 'Mr. B'
ansprechen; und dann würde ich es vorziehen, von Ihnen ein sauberes
Amerikanisch zu hören. Ihr Unterweltler-Slang ist nicht erwünscht." Seine
Stimme hatte keinerlei Unterton während er sprach. Jack wusste nie, wie die
Stimmung seines Gastes war. Nur selten hatte der sonst so freundliche Fahrer
seinen Boss durch die verkehrsreiche Stadt gefahren. Mit Fahrt zu Fahrt
veränderte Jack sich. Immer mehr wurde er von dem Unternehmer zum
Negativen beeinflusst. Seine Freundin war schon lange in D.C.
"Natürlich, Sir. Ich werde mich bemühen", antwortete er. Berlin erwiderte nichts,
während Jack die Tür des Gastabteils öffnete. Diese wurde lautlos geschlossen,
nachdem der Großunternehmer auf der hinteren, ledernen Sitzbank Platz
genommen hatte.
Der Chauffeur schritt um die Motorhaube des Wagens herum und berührte
dabei leicht, den sauberen, kratzfreien Lack mit den Fingerspitzen und stieg
schließlich auch ein. Er startete den sanft schnurrenden Motor; und wurde von
dem Geräusch in leichte Erregung versetzt, die ihn erzittern ließ.
"Nun machen Sie schon!", hörte Jack von hinten. Es war nicht mehr dieser
erschreckend gleichgültige Ton. Nun hörte er abstoßende Verachtung heraus.
Der Fahrer erwiderte nichts, schaute durch den Rückspiegel zu seinem Gast und
schreckte etwas zusammen, als er bemerkte, dass dieser ihn mit leicht zusammen
gekniffenen Augen beobachtete.
'Schau nur! Solange du kannst. Irgendwann wird hoffentlich irgendein Bekloppter dich
vor dem Hauptgebäude abfangen und mit ein paar Schüssen niederstrecken. Dann ist
dein beschissenes Millionärs-Leben endlich zu Ende. Wenn ich doch nur irgendwie...'
In dem Moment bog ein Tanklaster in die Main Street, auf der sich der schwarze
Mercedes befand, ein. Das silberne Blech der mit Diesel gefüllten Tankröhre
glänzte blendend in der Sonne. Eine Idee huschte durch Jacks Gedanken, eine
fiktive Träumerei, klar und doch nur kurz. Der Wagen beschleunigte etwas. Er
wusste nicht, ob es sein Fuß war, der sich eigenmächtig der Macht seines
Besitzers entzog oder ob es der Verstand war, der sich scheinbar gleichsam mit
der Idee verflüchtigte. Merkwürdig verlassen war die Straße. Keine Fahrzeuge.
Keine Passanten.
'Vielleicht...'
Konnte er es tun? Der Wagen fuhr weiter gerade auf den Lastkraftwagen zu, der
anscheinend eine Panne hatte; denn mitten auf der Kreuzung blieb er stehen.
Dass das Fahrzeug vor ihnen Schwierigkeiten hatte in die Einfahrt einer
Tankstelle zu kommen, konnte Jack nicht sehen. Zu sehr war er mit sich und der
Fiktion beschäftigt.
"Was tun Sie?", rief der Unternehmer, doch Jack konnte ihn nicht hören; und so
nahm er auch nicht die Verunsicherung in Berlins Stimme wahr.
Der nächste Gang und das Aufheulen des Motors verkündete die Nachricht:
'Nun ist Schluss!'
Der Abstand verringerte sich von Sekunde zu Sekunde. Ein Lachen aus Jacks
Mund durchfuhr die Totenstille. Er konnte seine Stimme nicht wieder erkennen.
War er das? War er der Wahnsinnige, der direkt auf den Tankwagen zusteuerte?
Doch was war das?
Die Explosion erschütterte die alten Backsteinbauten in der Umgebung; und die
Gemüter der Menschen, die die Nachricht von einer Radiosprecherin bekamen:
"...meinte, dass drei Menschen ums Leben kamen: Der Fahrer eines Tanklasters,
und zwei Weitere. Anscheinend hatte der Fahrer des dunklen Mercedes die
Kontrolle über den Wagen verloren und raste direkt und ungebremst in den
Tank, der sofort explodierte. Zum Glück, meinte der Experte, waren die Behälter
der Tankstelle nicht auch explodiert. Und nun das Wetter..."

Ein Monat später:
"Tach Chefchen!", hörte Berlin aus dem Wagen. Der Tag war wieder heiß, doch
die Menschen trieb es nun auf die Straßen.
Was veranlasste ihn, nicht die Beherrschung zu verlieren? Er wusste es fast selber nicht. Er hatte sich auch nicht weiter den Kopf darüber zerbrochen. Eines war ihm klar: Das Erlebnis hatte Spuren hinterlassen. Nicht nur im Lack des Wagens, sondern auch in Berlin.
Der Anblick eines Wagens, der in einen Dieseltank raste, war nun wirklich nicht
seine Vorstellung von einem erholsamen Feierabend.
Der Unternehmer stand wie einst auf dem Fußgängerweg neben dem schwarzen
Mercedes und beobachtete die eifrig schlendernden Leute.
Der Millionär beugte sich nach vorn, um den Fahrer richtig sehen zu können und
sagte: "Hallo, Jack!" Der Mann lächelte seinen Fahrer an. Dieser lächelte zurück.
"Was gibt’s Neues?" Er stieg ein.
Der Chauffeur legte die 'Times' beiseite, aus der er noch vor wenigen Momenten
las.
"Die haben mittlerweile die Opfer des "Diesel-Unglücks" identifiziert. Es soll ein
Ehepaar gewesen sein, dass einer Sekte angehörte. Die Beiden haben doch
tatsächlich geglaubt, dass sie durch diese Selbstmordaktion mit Knalleffekt
in eine höhere Bewusstseinsebene gelangen würden. Das sagt jedenfalls der
Sektenführer, der übrigens mehrere Male in deren Testament erwähnt
wird. -Was es nicht alles gibt? ... Und wohin soll's gehen, Boss?"
Berlin öffnete die Tür und stieg neben dem Fahrer ein.
"Ach... Kennen Sie ein gutes Restaurant? Ich hab so richtig Hunger. Und nenn
mich Pete!"
Jack nickte und fuhr los.
 

Rainer

Mitglied
hallo bookwriter,

um nicht zu hart zu sein:
der größte logikfehler besteht darin, daß du den dieseltransporter explodieren läßt. da muss schon ein großer meteorit drauffallen, damit das passiert.
zum rest kann ich wenig unhartes sagen, deshalb empfehle ich dir die schreibwerkstatt.
es ist noch kein bookwriter vom himmel gefallen...:)

gruß

rainer
 
L

" Le Lecteur"

Gast
Hi Bookwriter,

ich habe dein Werk gelesen, allerdings zweimal.
Vorab möchte ich dir sagen, dass ich ebenfalls zu den Anfängern gehöre, und ich mich deshalb nicht als großer Kritiker zeigen will.
Meine Meinung als Leser würde ich dir aber gerne mitteilen.
Den Grundgedanken deines Textes habe ich erkannt, nur am Verständnis mangelt es.
Was mich beim Lesen beschäftigt hat, ist der letzte Teil, ab:
>> Die Explosion erschütterte ... <<
Du könntest den Schluß klarer schreiben.
Damit verbunden ist meine Frage: Warum dieser Sinneswandel im Verhältnis zwischen den Hauptfiguren?
Vielleicht kannst du mich da aufklären.
Was mir noch aufgefallen ist:
- Du verwendest Passiv-Formen, die du nach meinem Empfinden
weglassen könntest ( z.B.: ... wurde zögernd von der Nase gehoben und bewegte sich ...(Unbedingt weglassen!);
... geöffnet wurde ...(Zeile 47))

- Inhaltlich amüsiert mich, dass der Unternehmer, den Fahrer auffordert, diesen "Unterwelt-Slang" zu unterlassen , aber darum bittet mit "Mister B." angesprochen zu werden.

- " Er umging ..."
In diesem Fall solltest du etwas wählen, dass die momentane Gefühlslage des Fahrers trifft.
Vielleicht:" Er schlenderte(gleichgültig, trotzig, etc.)um den Wagen und ..."

Aber wie gesagt, sind das einige Dinge, die mir als Leser aufgefallen sind.Wenn du deine Texte mit Abstand betrachtest, fallen dir sicher selbst einige Dinge auf.
 



 
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