Der Fluglaotse

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pleistoneun

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"Seit wann haben Sie das Düsenfieber?", fragte der Marinearzt den Fluglotsen. Er hörte die Frage nicht, er war im Laufe seiner Lotsenlaufbahn volltaub mit toter Chochlea geworden. In der Medizin werden immer solche Spezialausdrücke für ganz normale Krankheiten verwendet. In unserem Fall meint man lebloses Kriechgetier im mittleren Ohr. Das deutet auf eine unsachgemäße Innenohrfütterung hin, wodurch das Getier dann mit dem Leben und man selbst mit voller Taubheit bezahlt. Der Lotse zeigte an Bord des japanischen Flugzeugträgers "Jo Mei" alle obligatorischen Symptome für das gefürchtete Düsenfieber: Schläfrigkeit, Bruxismus und verkohltes Gesicht. Ja, es geht eben nicht ohne Fachausdrücke. Aus diesem Grunde wurde er vom Marinearzt für ein paar Jahre mit laotischem Genesungsgebot landbeurlaubt.

Der Fluglotse besuchte im stillen thailändischen Hinterland den großen Meister des Nichtseienden und des Ätherischen, des Ausgeglichenen und des Ruhepols. Ja genau, dort draußen lagen die Antworten auf seine vielen Genesungsfragen und sie wurden ihm nach vielen asketischen Jahren auf wundersame Weise offenbart. Und wenn keine Fragen mehr an das kosmische Wissen da sind, kann dir kein Laotse der Welt mit deinem triebhaften Wunsch, endlich wieder im sündhaften, materiellen Leben zu suhlen, helfend zur Seite stehen.

Der gelernte Fluglotse ging zurück auf die schwimmende Festung "Jo Mei" und arbeitete fortan als übergeordneter Parkplatzchef in einem winzigen Büro. Immerhin. Die Zeit bei seinem Meister da draußen verhalf ihm, seine beruflichen Aufgabe und die laotischen Aspekte zu vereinen. Er galt als der einzige und deshalb beste "Jo-Meier" Fluglaotse.
 



 
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