Der Galgen

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Dichterwicht

Mitglied
Der Galgen


Schritt für Schritt
Bis zum letzten Tritt
Der letzte Atemzug
Verwelkt
Vergangen

Sekunden verrinnen
Den Tod näher zu rücken
Raues den Hals umarmt
Sich fest zuschnüren

Durch schwarzes Garn verhüllt
Das Sichtfeld ins Dunkel getaucht
Hastig
Nach Luft ringen
Bestimmt zu krepieren

Soll bis zum Ende stehen
Freiwillig aufgeben
Gezwungen die Ängste auszuhalten
Alleine alles zu ertragen

Die Schlinge fasst still zu
Schweigt
Erdrückt
Nichts erhallt den Raum
Mitgefühl
Verstorben

Das unendlich zähe Warten
Bis zur Geisterstunde
Schweigende Gedanken
Erhallen
Die Leere

Endlich gibt die Klappe frei
Lediglich Augenblicke
Zum schnellen Tod
Stützendes brach


Die Seele
Hinaufstrebend zum Himmel

Unschuldig
Zum Abkratzen gezwungen
Gewaltsam rausgerissen
Der Tod hat’s gesungen

Als die Lügner
Mich begafften
Hämisch beim Knacken
Lachten

Genugtuend
Mich anstarrten
Fotos schossen
Als meine Knochen knarrten

Als ich hing
Wie die Wäsche zum Trocknen
Ich baumelte
So wie sie mochten

Sie!
Sind wissenslos
Verschlossen sich
Der Wahrheit

Kauften sich gar ein erbärmlich Los
Vergaßen sie auf immer
Aber der Schwarze
Der war’s ja immer




=> Durch den Song „ 107 Steps“ aus dem Album „Selmasongs“ von Björk und der dazu gehörigen Szene aus dem Film „Dancer in the dark“ inspiriert.
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Dichterwicht,

der erste Teil ist beeindruckend skizziert.
Der zweite Teil erscheint mir zu lang, zu festgebissen am Thema. Richtig gut finde ich hier nur die Strophen zwei bis vier.
Im ersten Teil hast Du die Tötung bereits als etwas Verabscheuungs- und Menschenunwürdiges definiert, allein durch die Wortwahl.
Das Moralisierende des Schlusses kann da nicht mithalten.

cu
lap
 
M

mako

Gast
Hallo, Dichterwicht,

finde, dass beide Teile für sich als eigene Gedichte stehen könnten und ruhig auch sollten. Bei beiden Teilen wird für mich die Aussage deutlich, dass der Tod hier einen Unschuldigen trifft, was Du sicher mit dem zweiten Teil verdeutlichen wolltest.

Beeindruckende, intensive Bilder, die ich beim Lesen des ersten Teils sehe.
Der zweite Teil kommt "laxer" daher, nimmt dem ersten Teil daher die Wirkung.

Wie gesagt, jeder Teil für sich mit eigener Lesart. Ich finde beide Teile, wenn sie denn allein stehen, gut.

Eine Anmerkung zum Vers
"Sich fest zuschnüren" in der zweiten Strophe:
Soll sicher heißen:
"Sich fest zu schnüren"
Im ersten Fall liegt die Betonung auf zu (der Bezug zu "Raues" müßte dann heißen: zuschnürt).
Im zweiten Fall liegt die Betonung auf schnüren, dann wäre auch der Bezug zu "Raues" richtig, wenn Du es denn so gemeint hast?

Gruß
Mako
 

Rhea_Gift

Mitglied
Hi,

ich kenne den Film und Du hast diese Szene klasse im Gedicht eingefangen, echt gut! Finde auch das Moralisierende gut, wer den Film kennt, weiß, daß das zur ganzen Szene dazugehört... - auch wenn Du es insofern verändert hast, daß es sich durch den Schluß nicht mehr allein auf den Film bezieht.
Die Szene hat mich tief berührt(der ganze Film), das Gedicht hat dieses Gefühl genau wiedererweckt -
kurz und gut: klasse!!!

LG, Rhea
 

Dichterwicht

Mitglied
Vielen Dank für eure im wesentliche postive Kritik!
Ich freu mich sehr, dass euch mein Werk so anspricht!

Die besagte Szene im Film, hat mich sehr sehr berührt und gewisser maßen geschockt. Deswegen wollte ich meine hervorgerufenen Gefühle aufschreiben und so skizieren.
Daher bin ich sehr glücklich, dass du Rhea_Gift findest, dass ich diese Stimmung und Gefühle gut eingefangen habe und dass das Gedicht dir gefällt! Danke!!

Dieses Werk lag mir sehr am Herzen, da ich damit sehr viel gearbeitet und so viel Mühe darin gesteckt hab!


DANKE!

Gruß an euch alle und euch allen einen schönen kreativen Tag!
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Morgenstern schrieb: ,,Man sieht vom Galgen die Welt anders an.''

Das Gedicht bestätigt es.

Und doch zeigt es die Gedanken der anderen, nicht die des Gehenkten.

Heine schrieb: "... denn man macht aus deutschen Eichen
keine Galgen für die Reichen."

Und so scheint es weltweit zu sein.

Wobei heute der Galgen eher selten ist.
 



 
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