Der Geigenspieler

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Nachtigall

Mitglied
Der Geigenspieler


Aus brennenden Augen
lächelt er leutselig.
Daneben, im stumpfen Fell,
liegt träge sein dürrer Hund.
Fast schüchtern die Schale
und ein Schild aus Pappe:
„Musik aus dem Banat“

Einzigartige Laute
streuen bittere Mandeln
zwischen die Noten.
Beinahe ungehörig
fügsam der Geigenbogen,
flüsternd wie die Gebete
frommer alter Frauen.

Vom Kirchturm glimmt golden
die versinkende Sonne.
Ich spüre seine Heimat und Temeswar
und alle Sonnenuntergänge.
Purpur legt sich auf die Blüten,
die Not der Armut
und den Ruf der Vergangenheit.
 
M

mako

Gast
Dieser Geigenspieler...

...ich bleibe stehen und lausche den Klängen der Wehmut, Wenn sie enden, werfe ich einige Münzen in den Hut, um mehr zu hören.

Gefällt mir sehr, liebe Nachtigall.

Gruß
Mako
 

B.Wahr

Mitglied
Musik

Hallo, liebe Nachtigall,

Du zauberst Musik in die LL. Und Besinnlichkeit und Betroffenheit. Mit nur wenigen Zeilen schaffst Du dieses "Dabeisein und Nachvollziehen" des Lesers. Jedenfalls bei mir.

Immer wieder staune ich über die Aussagekraft Deiner Gedichte. Und genieße sie.

Auch Deine Themenwahl ist für mich erfrischend vielseitig!

Schreib, wenn Du kannst - immer wieder!

Ganz liebe Grüße
B.Wahr
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Nachtigall,

was meinst Du mit:
"Purpur legt sich auf die Blüten,
verschönt die Not der Armut" ?

Ein touristischer Blick auf die Armut, die zumindest schöne Sonnenaufgänge geniessen darf?
Mhm.
Das zieht den Text in meinen Augen etwas runter.

cu
lap
 

Nachtigall

Mitglied
Freue mich!

Lieber B.Wahr,

danke, ein wirklich schönes Lob. Werde versuchen meine Vielseitigkeit beizubehalten.

Ein Lächeln
Alma Marie
 

Nachtigall

Mitglied
Lieber lapismont,

eine Beobachtung ist eine Beobachtung.
Der wunderbare Sonnenuntergang ließ für Momente die Armut verschwinden und nur das schöne Geigenspiel zu. Das hat mich verzaubert.
Man muß lernen den Menschen zu sehen und das was ihn ausmacht, nicht immer nur seine Umstände, das Oberflächliche. Doch das passt ja so gut und schnell ist die Schublade aufgerissen.
Seine Armut macht ihn sicher bescheiden, sie ist jedoch kein Makel. So möchte ich das verstanden wissen.
Ich taste hier nicht die Würde dieses Menschen an, indem ich ihm die Armut ans Bein binde und mit dem Finger darauf zeige.
Mit dem Finger muß man auf ANDERE zeigen.

Danke für Deinen Kommentar.

Freundliche Grüße
Alma Marie
 

carolin

Mitglied
Dein Gedicht hat mir von den Worten sehr gefallen und sicher sind es mehr deine Empfindungen als die des Geigers.Mir ist etwas änliches passiert.Jedoch mit anderem Ausgang.Habe solch einen Geiger und andere Musiker als Freunde gewonnen und habe mehr Reichtum,Verachtung für unsere Lebensweise ,Stolz, Menschlichkeit, Lebenstüchtigkeit und Wärme gefunden, als bei Menschen die in unserer westlichen Welt leben.Am Anfang hatte ich änliche Empfindungen mußte jedoch vieles ins richtige Licht setzen, Mitleid macht manchmal andere kleiner als sie sind.Aber deine Worte gefallen mir trotzdem als Ausdruck deiner Empfindungen und in ihrer Poesie sehr gut.
 

Nachtigall

Mitglied
Hallo liebe Carolin,

danke für Dein Lob. Darüber freue ich mich.
Was den Inhalt betrifft, so irrst Du.
Leider hat lapismont hier falsche Gedanken eingebracht, die so nicht in meinem Text stehen und auch mit meinem Text nichts zu schaffen haben. Es ist weder von Urlaubsstimmung noch von Sonnenaufgängen die Rede.

Die Farbe "Purpur" hat etwas mit Würde zu tun und viele andere Worte deuten darauf hin, daß hier ein Mensch im Mittelpunkt steht, ausgehend natürlich von meiner Beobachtung und meinen Empfindungen.
Was daran ist schlimm, den wunderbaren Tönen des Geigers zu folgen und sich von seiner Kunst in seine Heimat mitnehmen zu lassen?
Mal stehen bleiben und zuhören sollte man sowieso öfters.

Freundliche Grüße
Alma Marie
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Liebe Alma Marie,

ich habe natürlich nicht falsche, sondern meine Gedanken eingebracht.

cu
lap
 

Nachtigall

Mitglied
Lieber Lapismont,

da spricht nichts dagegen. Doch mit meinen Gedanken und dem Text hatte das nichts zu tun. Du ziehst eine Schlußfolgerung, die so nicht da steht. Steht Dir natürlich auch frei. Nur solltest Du diese dann nicht mir anlasten. Sie ist DEIN Produkt.


Ein Lächeln
Alma Marie
 
C

caruso

Gast
Liebe Alma Marie,

die Melancholie der Verse greifen ein in die Wirklichkeit des Daseins und man hört den Geigenspieler spielen, man lauscht den Tönen seines Instrumentes und fühlt sich getragen in diese Landschaft und am Ende möchte man mit ihm beisammen sitzen und ihm die Wehmut nehmen dürfen....

LG von einem nachdenklichen caruso
 

Nachtigall

Mitglied
wieder da?

Oh hallo Caruso,

danke für Deine Gedanken und die kleine Geschichte. Freue mich über Deine Worte, freue mich überhaupt von Dir zu lesen.

Ein Lächeln
Alma Marie
 

coco

Mitglied
hallo Nachtigall,

weißt du, ich denke, in deinem text wird deutlich, dass manche menschen, die wir als arm bezeichnen und damit das materielle ansprechen, sehr viel reicher sind, als wir alle annehmen...reicher an gaben, die wir manchmal nicht oder nicht mehr besitzen, weil das materielle zu viel macht bekommen hat in unserem leben.
reich ist der, der diese gaben hat und uns momente schenken kann, in denen wir uns der schönheit des lebens wieder bewusst werden...

liebe grüsse von coco
 

Nachtigall

Mitglied
Hallo liebe Coco,

nicht sehr viele Leser lesen so genau wie Du. Dafür danke ich Dir. Freue mich über Deine Worte.
Der innere Reichtum von dem Menschen abgeben ist für mich ein sehr interessantes Thema.

Viele Grüße
Alma Marie
 

Asfalon

Mitglied
"Einzigartige Laute
streuen bittere Mandeln
zwischen die Noten.
Beinahe ungehörig
fügsam der Geigenbogen,"


Diese Formulierung finde ich einfach wundervoll, ein ganz großes Lob für diese wirklich beeindruckende Momentaufnahme.
 
C

caruso

Gast
ciao coco,

nur wer das "Gesetz der Zahl" kennt und anwendet ist wirklich reich *lächel*
Schönen Sonnentag, caruso


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Liebe Alma Marie,

bin zurück bei meinen Wurzeln in Deutschland, aber ich vermisse die 10 Jahre Italien sehr, LG Enzio
 

Vera-Lena

Mitglied
Steigerung

Liebe Alma Marie,

ein wundervoller Text! Vor allem fasziniert mich, wie Du das Thema zu steigern verstehst. Zuerst erfährt man die vordergründigen Dinge, wie man sie in jedem Stadtzentrum erleben kann, aber dann geht es in die Tiefe und Du machst deutlich, dass dieser Mensch in seiner Heimat ein viel höheres Ansehen genießt als in der Fremde, dass er auch von uns anders betrachtet werden würde, wenn wir ihn bei sich zu Hause erleben könnten.
Deine poetischen, warmherzigen Zeilen sind erquickend und wohltuend.

Einen schönen Wochenanfang wünsche ich Dir.:)))))
Ganz liebe Grüsse Vera-Lena
 

Nachtigall

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

danke für Deine Gedanken. Es kommt schon darauf an in welchem "Licht" man etwas betrachtet oder man gesehen wird, da hast Du recht.
Dein Kommentar hat mir viel Freude bereitet.

Eine tolle Sommerwoche und herzliche Grüße

Alma Marie
 
S

Stoffel

Gast
liebe Nachtigall,

auch ich blieb berührt "stehen", las und lauschte. Sehr schön beschrieben von einem Menschen, der nicht nur mitleidig "Armut" sieht, nicht richtig hinhört und einen Euro wirft, sondern empfindet.:)

lG
schönen Tag
Stoffel
 



 
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