Der Intrigant

4,30 Stern(e) 6 Bewertungen

Walther

Mitglied
Der Intrigant


Es ist der Mensch ein Intrigant.
Nicht jeder zwar, doch ist bekannt,
Dass mancher drunter, Hand aufs Herz,
Das Sticheln liebt, ganz ohne Scherz,

Und auch das üble Nachgerede.
Er liebt den Hinterhalt, die Fehde,
Die, mit dem Messer im Gewand,
Ganz gerne meuchelt unerkannt.

Er ist geschlechtlich meistens weiblich.
Er leugnet alles unbeschreiblich
Und streitet Tat und Handeln ab.
Sein falsches Lächeln macht nie schlapp,

Die Stimme säuselt eklig süß.
Er sagt zum Sterbenden noch „Tschüß“
Und ruft den Arzt oder die Rettung,
Entzieht sich schlau jeder Verkettung.

Er ist das Unglück in Person.
Wo Friede ist, da sägt er schon
An Stühlen, sorgt für böses Blut.
Er kann sonst nichts. Das kann er gut.

Es gibt ihn hier, den Intrigant,
Es gibt ihn da, und unbekannt
Ist er am Werk im Hintergrund.
Er zischelt, lästert, hechelt und

Erfreut sich an der Frucht der Tat,
Die er selbst angerichtet hat.
Er macht das heimlich, still und leise,
Schlägt seiner Missgunst eine Schneise.
 

Thylda

Mitglied
Lieber Walther

Ein Volltreffer. Gut beobachtet und schön eingefangen. Jetzt muß man nur noch lernen, sich nicht wieder von Intriganten provozieren zu lassen. Gern gelesen.

Liebe Grüße
Thylda
 

anbas

Mitglied
Hallo Walther,

gefällt mir auch sehr gut. Ein paar Stellen gibt's, an denen es aus meiner Sicht besser sein könnte:

Und ruft den Arzt oder die Rettung,
Entzieht sich schlau jeder Verkettung.
Bei "oder" und "jeder" müssen entgegen - zumindest meinem alltäglichen - Sprachgebrauch die jeweils zweiten Silben betont werden, um im Rhytmus zu bleiben. Abgesehen von der für mich zumindest nicht so glücklichen Lesart, entsteht bei mir dadurch auch das Flair einer Büttenrede.

Erfreut sich an der Frucht der Tat,
Die er selbst angerichtet hat.
"Tat" und "hat" das eine hat ein langes "a" das andere ein kurzes. Finde ich vom Reim her eher unglücklich. Hier eine Idee, ein Ansatz, aus dem sich vielleicht was machen lässt:

Erfreut sich an der Frucht der Tat,
Die [blue]bald entspringt aus seiner Saat[/blue].
Soweit meine ersten Eindrücke.

Liebe Grüße

Andreas
 

Walther

Mitglied
Lb Thylda,

vielen Dank für Deiner positive Bewertung meiner Verse. Große Dichtung ist das nicht, aber es erleichtert das Herz. :)

LG W.

Lb Anbas,

zuerst einmal herzlichen Dank für ausführliche Kritik und Vorschläge. In der Tat fallen die beiden Verse aus dem Rahmen.
Die Stimme säuselt eklig süß.
xXxXxXxX
Er sagt zum Sterbenden noch „Tschüß“
xXxXxXxX
Und ruft den Arzt oder die Rettung,
xXxXXxxXx
Entzieht sich schlau jeder Verkettung.
xXxXXxxXx

Er ist das Unglück in Person.
xXxXxXxX
Wo Friede ist, da sägt er schon
xXxXxXxX
An Stühlen, sorgt für böses Blut.
xXxXxXxX
Er kann sonst nichts. Das kann er gut.
xXxX/xXxX
Ich habe mein gefürchtetes und belächeltes Silbenbild drunter gelegt. Aus ihm erkennst Du wahrscheinlich auch meine Antwort: In der Tat ist der Rhythmus in beiden Versen im 3. Takt daktylisch. Allerdings stört das nicht, weil die folgende Zeile im gleichen Rhythmus schwingt. Einfach wie ge-icks-t vorlesen, Du bemerkt sicher, was ich meine.

Es besteht bei Reimlyrik immer ein wenig der Widerspruch zwischen Sprachfluß und Rhythmus. Hier aber ich der natürlichen Sprache den Vorzug gegeben - und noch einen guten Grund dafür. :D

Auch im zweiten Fall hast Du natürlich recht. Das ist der einzige quasi unreime Reim in 7 Strophen. Nun ist das keine Spitzenlyrik und will dies gar nicht sein. Als Alternative könnte gehen:
Erfreut sich an der Frucht der Tat,
Wenn sie erwächst/entspringt aus seiner Saat.
Du siehst schon, warum ich damit Bauchweh habe. Das wirkt gestelzt, und genau dieser Ton ist nicht der des Rests.

LG W.
 
H

Heidrun D.

Gast
Ein Gedicht, das mitten aus dem Leben gegriffen scheint, mit aparten Beobachtungen!

Ich möchte aber Andreas Recht geben; an den von ihm bezeichneten Stellen holpert es auch in meinen Ohren ein wenig ... Mein Vorschläge dazu:

Die Stimme säuselt eklig süß.
Er sagt zum Sterbenden noch „Tschüß“
[blue]Und ruft nach Ärzten, selbst der Rettung,
Entzieht sich schlau jedweder Kettung.[/blue]

und untenherum könntest du ruhig dem Vorschlag von Andreas folgen ... ;)

Herausragend wahrhaftig finde ich übrigens:
Die Stimme säuselt eklig süß.
Er sagt zum Sterbenden noch „Tschüß“
:D
Heidrun
 

Walther

Mitglied
Der Intrigant


Es ist der Mensch ein Intrigant.
Nicht jeder zwar, doch ist bekannt,
Dass mancher drunter, Hand aufs Herz,
Das Sticheln liebt, ganz ohne Scherz,

Und auch das üble Nachgerede.
Er liebt den Hinterhalt, die Fehde,
Die, mit dem Messer im Gewand,
Ganz gerne meuchelt unerkannt.

Er ist geschlechtlich meistens weiblich.
Er leugnet alles unbeschreiblich
Und streitet Tat und Handeln ab.
Sein falsches Lächeln macht nie schlapp,

Die Stimme säuselt eklig süß.
Er sagt zum Sterbenden noch „Tschüß“
Und ruft den Arzt sowie die Rettung,
Entzieht sich so schlau der Verkettung.

Er ist das Unglück in Person.
Wo Friede ist, da sägt er schon
An Stühlen, sorgt für böses Blut.
Er kann sonst nichts. Das kann er gut.

Es gibt ihn hier, den Intrigant,
Es gibt ihn da, und unbekannt
Ist er am Werk im Hintergrund.
Er zischelt, lästert, hechelt und

Erfreut sich an der Frucht der Tat,
Wenn sie erwächst aus feiner Saat.
Er macht das heimlich, still und leise,
Schlägt seiner Missgunst eine Schneise.
 

Walther

Mitglied
Liebe Estrella,

danke für die Blumen, die ich aber eher nicht verdient habe. Das ist dichterische Hausmannskost, also nichts Weltbewegendes.

LG W.

Lb. Heidrun, lb. Anbas,

wenn man zwei Stimmen von Lupianern hört, die ihr Handwerk verstehen, sollte man ins Grübeln kommen. :D Das habe ich getan, und obige Version entstand.

Ich hoffe, den Überlegungen und Hinweisen so gerecht geworden zu sein, und danke nochmals sehr für Vorschläge und Geduld!

LG W.
 

anbas

Mitglied
Na, es geht doch :D!!!!

Gefällt mir deutlich besser. An einer Stelle bin ich noch ein wenig unschlüssig, wie es von der Betonung her besser klingt. Deine aktuelle Fassung:
Und ruft den Arzt sowie die Rettung,
Entzieht sich [blue]so schlau[/blue] der Verkettung.
Ich überlege, ob Folgendes besser klingt:
Und ruft den Arzt sowie die Rettung,
Entzieht sich [blue]schlau so[/blue] der Verkettung.
Aber wahrscheinlich geht beides.

Liebe Grüße

Andreas
 

Thylda

Mitglied
Lieber Walther

Große Dichtung ist natürlich ein hohes Ziel. Aber auch große Dichter haben uns Texte hinterlassen, die vielleicht nicht großartig im dichterischen Sinne waren, aber doch die Stimmung toll eingefangen haben.

Viele Steine, müde Beine, Aussicht keine, Heinrich Heine
Und der eine oder andere süße Kommentar hat mir noch einen Extra-schmunzler entlockt ;)

Liebe Grüße
Thylda
 

revilo

Mitglied
Er ist geschlechtlich meistens weiblich..........das ist eine geniale Wortschöpfung.........so herrlich chauvinistisch.....und dabei so possierlich, dass die Damen noch nicht einmal meckern können..........
klassebeifallapplausjubel.........LG revilo
 

Walther

Mitglied
Lb. anbas,

kein Thema. Diesen geballten Argumenten kann man sich kaum entziehen. :) Also habe ich meinen Schatten vor mich gelegt und bin mal eben so drübergesprungen. ;)

Zu Deinen beiden Formulierungsalternativen: In der Tat gingen beide, aber der Sinn verschiebt sich ein wenig durch die Umstellung. Durch die Hebung an dieser Stelle wird einmal das "so" und das andere Mal das "schlau" betont. Ich habe mich dann für die erstere der beiden Alternativen entschieden, weil sie mir schlüssiger schien und das Bild "Haltet den Dieb" etwas aufnimmt.

Danke und Gruß W.

Lb. Thylda,

es erfreut, daß wir Dich erheitern konnten. Das ist doch die halbe Miete bei der Kunst: Heiter lebt sich's einfach schöner.

Es wäre grad superduper, wenn der liebe Petrus oben da ein Einsehen hätte mit uns. :D Ein kleiner Sonnenstrahl pro Nase wär was Feines ...

LG W.

Lb. Revilo,

in der Tat kann man das so lesen. Wer mag, kann ja "meistens" durch "häufig" oder "öfter" ersetzen. :D

Du bist und bleibst ein Schlitzohr! ;)

Danke und Gruß W.
 

Sta.tor

Foren-Redakteur
Hallo Walther,

auch mir gefällt Deine Momentaufnahme ausgesprochen gut.
Aber S4Z4 bleibt problematisch und wartet noch auf Perfektionierung. Finde ich zumindest.

Was hältst Du von "listig"? Das beschreibt doch die perfide Schlauheit und passt von der Betonung her auch.

Viele Grüße vom
Sta.tor ;)
 

Walther

Mitglied
Der Intrigant


Es ist der Mensch ein Intrigant.
Nicht jeder zwar, doch ist bekannt,
Dass mancher drunter, Hand aufs Herz,
Das Sticheln liebt, ganz ohne Scherz,

Und auch das üble Nachgerede.
Er liebt den Hinterhalt, die Fehde,
Die, mit dem Messer im Gewand,
Ganz gerne meuchelt unerkannt.

Er ist geschlechtlich meistens weiblich.
Er leugnet alles unbeschreiblich
Und streitet Tat und Handeln ab.
Sein falsches Lächeln macht nie schlapp,

Die Stimme säuselt eklig süß.
Er sagt zum Sterbenden noch „Tschüß“
Und ruft den Arzt sowie die Rettung,
Entzieht sich listig der Verkettung.

Er ist das Unglück in Person.
Wo Friede ist, da sägt er schon
An Stühlen, sorgt für böses Blut.
Er kann sonst nichts. Das kann er gut.

Es gibt ihn hier, den Intrigant,
Es gibt ihn da, und unbekannt
Ist er am Werk im Hintergrund.
Er zischelt, lästert, hechelt und

Erfreut sich an der Frucht der Tat,
Wenn sie erwächst aus feiner Saat.
Er macht das heimlich, still und leise,
Schlägt seiner Missgunst eine Schneise.
 
L

label

Gast
lieber Walther

gut eingefangen und ins Schwarze getroffen, das Wesentliche solcher Zustände/Situationen hast du präzise und gekonnt verreimt.

Da weiblichen Wesen gewöhnlich die körperlichen Kräfte fehlen um sich mit Gewalt durchzusetzen, machen Sie es dann eben so.
Die Evolution des Durchsetzungswillens hat aber auch so manches männliche Wesen beglückt :D

ja, gefällt mir gut
label
 

anbas

Mitglied
Es ist toll zu beobachten, wie ein guter Text immer besser wird. Ja, mit "listig" hat das Gedicht noch mal viel gewonnen.

Aber - auch, wenn ich jetzt Haue kriege, sach ichs trotzdem - mit etwas Abstand fielen mir beim Lesen die zum Schluß sehr gehäuft auftretenden "Er" ziemlich unangenehm auf (Irgendwie sind wohl jetzt die groben Schlaglöcher weg, nun sind die kleineren Hubbel zu bemerken ;)).

Liebe Grüße

Andreas
 

Rhea_Gift

Mitglied
hühnerhofgetuschel
auftritt: der Hahn
ein Hahn ein wort
oder auch mal ein schlag
friss oder stirb
denn gesagt ist gesagt
er nimmt dich aufs korn
schockiertes gegacker
gespreiztes gefieder
ein messer blitzt
zwischen den sprossen
im mieder
von hinten durch die brust
ins auge gestoßen -

da ist mir ein hahnenkampf
immer noch lieber!

:)
 

Walther

Mitglied
Der Intrigant


Es ist der Mensch ein Intrigant.
Nicht jeder zwar, doch ist bekannt,
Dass mancher drunter, Hand aufs Herz,
Das Sticheln liebt, ganz ohne Scherz,

Und auch das üble Nachgerede.
Er liebt den Hinterhalt, die Fehde,
Die, mit dem Messer im Gewand,
Ganz gerne meuchelt unerkannt.

Er ist geschlechtlich meistens weiblich.
Er leugnet alles unbeschreiblich
Und streitet Tat und Handeln ab.
Sein falsches Lächeln macht nie schlapp,

Die Stimme säuselt eklig süß.
Er sagt zum Sterbenden noch „Tschüß“
Und ruft den Arzt sowie die Rettung,
Entzieht sich listig der Verkettung.

Das Unglück ist er in Person:
Wo Friede ist, da sägt er schon
An Stühlen, sorgt für böses Blut.
Er kann sonst nichts. Das kann er gut.

Es gibt ihn hier, den Intrigant,
Es gibt ihn da, und unbekannt
Ist er am Werk im Hintergrund.
Er zischelt, lästert, hechelt und

Erfreut sich an der Frucht der Tat,
Wenn sie erwächst aus feiner Saat.
Das macht er heimlich, still und leise,
Schlägt seiner Missgunst eine Schneise.
 

Walther

Mitglied
Lb. Label,

danke für diesen freundlichen Eintrag. Ich mag das Intrigieren nicht, und so kam es zu diesem Text.

LG W.

Lb. anbas,

Deinen Hinweis habe ich aufgegriffen und den Text noch etwas umgestaltet. Jetzt sollte das beschriebene Problem wenigstens eingedämmt sein. ;)

In der Tat macht Textarbeit die meisten Texte besser - wenn auch nicht alle. Dieser hat auf jeden Fall stark gewonnen. Dafür bedanke ich mich bei Dir und den anderen Eintragenden sehr.

LG W.

Lb. Rhea_Gift,

das sind nette Verse, für die ich Dir danke.

LG W.
 



 
Oben Unten