Der Kritiker

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Arkona

Mitglied
Als 14-jährige hatte ich einmal die Erlebnisse meines Vatrs als Zollmitarbeiter aufgeschrieben. Mein Papa konnte wunderbar erzählen. Das tat er fast ausschließlich sonntags am Frühstückstisch. Frühstückszeit war bei uns für gewöhnlich von ca. 10.00-12.00 Uhr. Diesmal zog sich unser Frühstück bis ungefähr 13.00 Uhr hin.
Keiner von uns vier Geschwistern hielt es am Tisch so lange aus, wie ich. Nach und nach hatten sich meine beiden Schwestern und mein kleiner Bruder mit irgendeiner Ausrede aus der Runde verabschiedet. Meine Mutter räumte fast unbemerkt den Tisch ab und bereitete in der Küche den Sonntagsbraten zu. Es war wohl der herrliche Bratenduft, der meinen Vater bewog, seine Erzählungen zu beenden und es sich mit der Sonntagszeitung im Sessel bequem zu machen.
An diesem Sonntag aßen wir gegen halb drei Mittag und ich mußte die eben gehörten spannenden Geschichten meines Vaters aufschreiben, bevor sie in Vergessenheit gerieten. Ein kleines gelbes Büchlein, das eigentlich als Poesiealbum gedacht war, schien mir gerade gut genug dafür zu sein.
Es waren so etwa fünf Geschichten, die ausschließlich von verschiedenen Begebenheiten auf dem sogenannten schwarzen Markt nach dem 2. Weltkrieg berichteten. Unter anderem ging es einmal um geschmuggelten ungerösteten Bohnenkaffee.
Ich hatte lange geschrieben und voller Stolz zeigte ich meinem Vater die zu Papier gebrachten Kurzgeschichten.
Nachdem er alle gelesen hatte, erwartete ich eigentlich, dass er mich auf eventuell gemachte Rechtschreibfehler hinwies. Aber ich hatte mich geirrt. Das Einzige, das er zu beanstanden hatte, war die Tatsache, dass ich betont hatte, dass ungerösteter Bohnenkaffee grün ist.
" Das weiß doch jeder Mensch!", sagte er und ich diskutierte mit ihm, bis er wütend wurde und mich beleidigte. Anscheinend hatte er inzwischen schlechte Laune bekommen, weil meine Mutter es an diesem Sonntag nicht geschafft hatte, einen Kuchen zu backen. Es war wiedermal eine dieser Heißhungerattacken, die meinen Vater bis zur Weißglut quälen konnten. Damals erkannte ich dies allerdings nicht. Mein Ego war für alle Zeit tief getroffen und ich habe niemals wieder auch nur den kleinsten Versuch unternommen, meinen großen Trum vom Schreiben eines Romans in die Tat umzusetzen.
 

Suse

Mitglied
ja, sowas kann sehr verletzend sein - vorallem wenn es dabei um eine person geht, die einem sehr nahe steht. aber ich glaube (...das deutest du ja auch an...), dass man mit der zeit lernt, solche situationen besser einzuschätzen und unschöne gefühlsregungen besser zu bewerten.

es gibt vieles, was man sich nicht zu sehr zu herzen nehmen muss, wenn man eine weile drüber nachdenkt.
 

Renee Hawk

Mitglied
Hallo Arkona,

es ist niemals zu spät einen Roman zu schreiben *zwinker* nimm den Stift und lege los.

Deine erste Erfahrung mit Kritik für den Sachinhalt war zwar niederschmetternd, aber er sollte dich nicht aufhalten deinen Traum zu verwirklichen.

liebe Grüße
Reneè
 
S

Stoffel

Gast
Hallo Arkona,

die Geschichte macht mich etwas traurig. Weil ich weiß, dass Kinder gelobt werden MÜSSEN. Man als Eltern nicht daran sparen sollte. Es motiviert die Kids zum weitermachen.

Bis zu der Stelle, wo er sagte, das ungerösteter Kaffee grün wäre (was bestimmt auch einige Erwachsene nicht mal wissen) dachte ich..es wäre positiv.
Weil es nur den EINEN "Fehler" gab.

Dann fange ich an, sauer auf Deinen Dad zu werden.Sorry.Ich habe eher mit DIR Mitleid.
Schreiben ist klasse..mach was draus.Ich fördere meine Kleine darin auch.

Bis dann
lG
Stoffel
 

Arkona

Mitglied
DANKE

Liebe Suse, lieber Renee, lieber Stoffel,

ganz herzlichen Dank für Eure Mut-mach-Zeilen. Die Erfahrungen als 14-jährige sind nun auf den Tag genau 35 Jahre her. Mein Vater war sehr dominant, aber ich habe ihm all seine Fehler und Macken verziehen. Wir sind ja alle nicht perfekt...
Auf alle Fälle werde ich einen Versuch starten und hoffe sehr, dass ich es in diesem Leben schaffe, meinen eigenen Roman in der Hand zu halten. Stelle ich mir umwerfend vor.

Liebe Grüße
Arkona
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
ja,

auch ich kann dich da nur ermutigen: pack es an! du kannst es.
damals hatten die leute andere vorstellungen von kindererziehung, sie setzten viel auf strenge und meinten, dass lob ein kind verdirbt. ein kind hatte zu parieren, sonst gab es dresche. schon in der bibel steht: wer seine kinder liebt, der züchtigt sie. nu mach was.
ganz lieb grüßt
 



 
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