Der Mensch ist ein Mörder...blutbefleckt und hasserfüllt...

Der Prolog und das erste Kapitel, viel Spaß:

Prolog: Was die anderen nicht glauben …

Langsam öffnen sich die Augen des Mannes. Das Zimmer nimmt bekannte Formen an, Möbel, Bilder, Licht und Schatten. Die Silhouetten
lassen Details erkennen. Schlaftrunken setzt sich der Mann auf, er kennt das Zimmer. Sein Schlafzimmer. Noch etwas unbeholfen, wie nach einer stark durchzechten Nacht läuft der Mann auf dem Holzboden. Die nackten Füße kleben ein wenig am Holz. Der Mann geht einen Gang entlang, der augenscheinlich zum Badezimmer führt. Ja, sein Badezimmer.
Stillschweigend lässt er das kühle Wasser über seine Hände laufen. Dieses Gefühl, es erweckt seinen ganzen Körper. Einen Schwall des erfrischenden Nass lässt er sich über sein Gesicht laufen. Der Schlaf lößt sich von seinen Augen und der Mann findet neue Lebensgeister. Seine trockenen Lippen werden von den glänzenden Perlen umspielt und landen dann in dem weißen Marmorwaschbecken. Mit einem tiefen Atemzug verlässt der Mann die obere Etage des Hauses und tritt die morsche Treppe herab. Das Wohnzimmer genauso leer … sein Wohnzimmer. Nichts ist zu hören, der Raum wird nur von einem seltsam anmutenden Licht durchflutet. Es schimmert rötlich durch die Vorhänge.
Er wollte die Gardinen nicht … es war nicht seine Entscheidung.
Langsam tritt der Mann zu dem Fenster, dessen Vorhänge das Licht nur ansatzweise durchlassen. Seine Hände ergreifen die roten Gardinen … doch er zögert. Etwas hindert ihn daran, den Blick durchs Fenster zu werfen. Wieso?
Er schafft es nicht, sein Wille ist zu schwach, sein Körper nicht in der Lage, den Anordnungen des Geistes zu Wiederstehen.
Ist es nicht so? Werden Gedanken nicht oft stundenlang im Kopf durchgearbeitet, bevor wir eine körperliche Aktion tätigen.
Etwas aktiv anpacken, spontan sein.
Mark Twain sagte: Schlagfertigkeit ist etwas, was uns erst 24 Stunden später einfällt!
Ist Schlagfertigkeit, einen guten Spruch auf den Lippen zu haben nicht eine Abwandlung von Spontanität?
Doch sebst Tiere planen, überlegen und duchdenken ihr Vorgehen.
Ist es dann gut, spontan zu handeln, Dinge einfach zu tun, die Konsequenzen nicht berücksichtigen?
Und hat uns die Geschichte nicht gelehrt, das Spontanität schneller zum Ende führen kann als Vorsicht?
Der Mann hat sein Vorgehen durchdacht und kam zu dem Schluss, die Vorhänge sollten das Fenster weiterhin verdecken, was auch immer sich hinter dem Fenster verbergen mag. Sein Weg führt ihn durch das großräumige Wohnzimmer, allerlei Dinge verzieren den Raum.
Etwas edel, etwas modern und etwas … man könnte sagen "Antik" oder würde das Wort "Alt" besser zutreffen?
Der Mann findet seinen Weg durch das Wohnzimmer in die Küche.
Es riecht … es wird gekocht. Ja, es riecht gut, er sieht den Topf.
Der eiserne Topf der auf dem Herd steht, der Deckel verhindert, das man den Inhalt sehen kann. Ohne darüber nachzudenken greift die Hand hastig nach dem Deckel, heiß!
Die Finger zischen zurück … war das ein Beweis, ein Beweis das Denken besser ist? Ein Beweis dafür das spontane, unüberlegte Handlungen schmerzvoll sein können, sogar tödlich?
Doch was verbirgt sich unter dem Deckel, allein am Geruch deuten?
Es riecht nach … Dampf, nach kochendem Wasser, ein Geruch den nur die wenigsten Wahrnehmen, da sich die Nase oft von anderen, dominanteren Gerüchen ablenken lässt. Der Mann sucht nach einem Tuch, etwas das die Hitze nicht gar so unerträglich erscheinen lässt. Doch er findet nichts.
Die Küche ist so leer, weiß, eckig, jede Fließe ohne jeglichen Kratzer oder eine Spur von Flecken. Sauber und steril wie ein Operationsraum, doch so leer.
Nichts weiter als der kochende Topf der ein Geheimnis verbirgt das ungelöst bleibt. Denn alles war nur ein Traum … das richtige Leben erwartet dich bereits ...

Kapitel 1: Aufgewacht!

Diesmal öffneten sich die Augen schlagartig.
Es interessierte ihn, was spielte sich in dem Zimmer ab, indem er lag.
Eine Stimme, eine zarte Stimme, feminin, weiblich...
Eine Frau bemühte sich schnell einen Pullover überzuziehen.
Braune Haare, die bei jeder Bewegung in der Luft wehten.
Nicht für die Arbeit, dafür war er nicht schick genug, für die Hausarbeit, ja … dafür reichte er aus. Der Mann dem das Treiben innerhalb seines Hauses, so viel wert ist aufzuwachen, doch nicht aufzustehen.
"Schatz, du kannst dich jetzt ruhig auch mal aus dem Bett bewegen".
Der Mann drehte sich noch einmal herum, er wollte nicht aufstehen, wieso auch, der Alltagstrott würde ihn auch einholen, wenn er noch einige Minuten liegen bleiben würde. "Wie ein kleines Kind, also wirklich Josh" sagte die Frau mit einem Grinsen auf dem Gesicht und richtete ihre Hose.
"Ja … ja..." sagte der Mann und winkte mit der Hand … eine gleichgültige Geste. Die Frau verließ lachend das Zimmer. Neckereien die die Beziehung auflockerten, den Ernst nahmen, die ein echtes Leben von einem Menschen forderte.

Die Decke fest an den Körper gekuschelt wollte er wieder einschlafen, er wollte wieder zurück in diese Haus, zurück in diese Küche und wissen was sich in dem Topf befand.
Doch er konnte nicht, die richtige Welt hatte ihn zurückgeholt.
Das laute Lachen seiner beiden Kinder war zu hören, ein Wagen fuhr vor, Mom sagte "bye". Er liebte seine Familie und auch wenn die Verpflichtungen oft unerträglich waren, so liebte er sein Leben, jedenfalls dachte er das.
Auf dem Weg ins Bad durchdachte er noch mal das geträumte.
"Komisch..." murmelte er sich zu, als er den Spiegelschrank öffnete um seinen Rasierer zu holen. Er seifte sein Gesicht ein, fuhr mit der Hand über die Wangen, fühlte die Stoppel und sah wie sich das cremige Weiß auf seinem Gesicht verteilte. Dann griff er nach seinem Rasierer, konstante Bewegungen folgten. Auf und ab, schließlich taten Schnitte weh, also war Vorsicht geboten.
Veranlasst Schmerz Leute zur Vorsicht?
Ein Mensch der auf eine heiße Herdplatte fässt, würde er das wieder tun? oder würde er sich versichern das der Ofen aus ist?
Also ist Vorsicht eine Folge von Schmerz, eine Folge von eigenen Erfahrungen, doch Menschen können sich doch mitteilen.
Eltern bringen Kindern ihre Erfahrungen näher, erzählen ihnen, was schmerzhaft sein kann und wieso man aufpassen muss. Unterscheidet uns das von den Tieren? Können Tiere sich Erzählungen weitergeben und andere Artgenossen warnen? Wenn ja, welchen Vorteil hat es, wenn man den Erzählungen keine Glauben schenkt, können erste eigene Versuche die letzten sein?
Josh erinnerte sich daran, wie sein Vater ihm gezeigt hatte, wie es geht, wie man sich ohne Schnitte rasieren konnte. Zuvor waren einige blutigen Versuche nötig, die Josh allein tätigte, bis sein Vater half.
Bald war sein Gesicht wieder weich und frei von Stoppeln, die seine Frau beim Küssen pikten.
Er putzte sich die Zähne, ging Duschen und zog sich dann ein T-Shirt und eine Jogginghose an. Alltagskleidung, immerhin war heute Sonntag.
Ein Ruhetag, Josh stieg g die Treppe hinab, das Zimmer war hell erleuchtet, er mochte das Licht, es strahlte Glück und Geborgenheit aus.
"Schatz, wo sind die Kinder?" Schule war heute keine, ging ihm durch den Kopf.
"Bei Eric, sie spielen mit Jenny und Martin, aber das weißt du doch" rief die Stimme durch den Raum.
Er überlegte, "achja … stimmt" sein Körper nahm auf dem weichen Sessel Platz. Die Finger gleiten über den weichen Stoff.
"Dann sind wir ja allein!" sagte er mit einem frechen Unterton.
Die Frau kam grinsend ins Wohnzimmer. Nun sah er sie in voller Pracht, eine schöne Frau, eine Frau die er liebte, seine Frau.
Die braunen Haare waren von leichten Blondtönen durchtrieben. Ihre blauen Augen strahlten und ihr lieblicher Mund schien nach Aufmerksamkeit zu schreien. Auch ihre Figur...nach zwei Kindern eine wunderbare Taille, nicht ganz sowie vor der Geburt des ersten Kindes, aber trotzdem wunderschön. "Was?...was schaust du so?" fragte sie neugierig. Der Mann stand hastig aus seinem Sessel auf, packte sie und fiel in eine tiefe Umarmung..."weißt du das ich dich unglaublich liebe"
Die Frau hauchte ihm ins Ohr "so weit gehst du jetzt schon für Sex?"
Dann suchte Josh die Lippen seiner Frau und fing an sie zu küssen.
Die Lippen der beiden verschmolzen, ihre Zungen fingen an einen wilden Tanz zu tanzen. Er legte seine Hände um ihre Hüften, fühlte ihren Körper. Sie schloss die Augen, genoss die Zuneigung ihres Mannes, die einfach im Stress des Alltags verloren ging. Nurnoch selten gab es solche Momente, doch beide wollten sie dann völlig auskosten, bis auf den letzten Tropfen. Die beiden torkelten immer noch in den Kuss vertieft in Richtung Couch. Das Ehepaar fiel auf das weiche Polster und die weibliche Hand vergrub sich in den braunen Haaren ihres Ehemannes.
"Jill, ich will dich jetzt..." hauchte er in ihr Ohr, bevor er anfing den Hals, der so gut duftete, zu küssen. Doch Jill, seine Ehefrau, entschied sich für die Vernunft und nicht für die Leidenschaft.
Sie klopfte ihm auf die Brust "nein, nein Josh … in einer halben Stunde kommen Frank und Martha!"
"Egal … die können ruhig ein wenig vor der Tür warten..." entfleuchte es ihm, während einem Kuss und einem Griff unter ihren Pullover.
"Nein, Josh, sein nicht albern!" mit diesen Worten entwendete sie sich den Berührungen ihres Mannes und sprang vom Sofa auf.
Nur kurz, ganz kurz fühlte er die weiche Haut.
Genervt drehte er sich auf den Rücken und schaute seine Frau an.
"Weißt du, ich will Martha sowieso nicht hier haben."
Sie verdrehte den Kopf, "Achso, dein Kumpel kann herkommen, aber wenn seine Frau … die übrigens gleichzeitig meine beste Freundin ist, herkommen möchte, das ist dir dann nicht recht, oder wie darf ich das verstehen?"
Er überlegte kurz..."richtig Schatz" war seine freche Antwort.
Einen Moment später flog ihm schon ein Couchkissen ins Gesicht und seine Frau machte sich auf, in die Küche um das Frühstück vorzubereiten, das die beiden Paare miteinander einnehmen wollten.
Frustriert drückte Josh sich das Kissen ins Gesicht.
Dann setzte er sich auf und kratzte sich am Kopf.
"Also eigentlich hat Martha ja ein tolles Paar..." trieb er es auf die Spitze und freute sich auf die Reaktion seiner Frau.
Diese streckte den Kopf kurz ins Wohnzimmer und grinste "Ja, die beiden sind schon ein tolles Paar!"
Aus Langeweile trieb es Josh in die Garage. Es roch nach Benzin, auf dem Werkzeugtisch lagen allerlei Dinge im Durcheinander. In der Garage war es dunkel, kaum Luft, eine stickige Atmosphäre.
Josh sah den Rasenmäher, den er schon seit 2 Wochen reparieren wollte.
Doch er war kein Handwerker, er war Journalist, das einzige mit dem er gut umgehen kann, ist mit einem Stift und einem Blatt Papier bzw. einer Tastatur wie er immer korrigierte. Frank war da anders, er war ein typischer "Homemade" Heimwerker. Er sollte den Rasenmäher reparieren. Josh blickte mit den smaragdgrünen Augen in dem Raum umher, dessen größter Platz von dem Pick-Up benötigt wurde, den sich Josh zu seinem 30 Geburtstag kaufte.
Er fing an mit einem Nagel zu spielen, sein Finger drehte den eisernen Helfer im Kreis und Josh fing an eine Fernsehmelodie zu summen.
Tja, was Langeweile mit einem macht, dachte er zu sich selbst.
Langeweile … ein Wort das etwas beschreibt, was nicht existent ist.
Wie würde ein Mensch Langeweile definieren. Wenn nichts zu tun ist, wenn nichts los ist oder wenn jeden Tag das gleiche passiert.
Doch ist Langeweile nicht einfach eine Umschreibung für Faulheit.
Gibt es nicht immer etwas zu tun auf dieser Welt, nicht immer irgendwas zu erledigen, etwas zu verbessern oder jemandem zu helfen?
Langeweile ist nur ein Wort das die Wahrheit vertuscht.
Die Wahrheit, die sagt was wirklich los ist, worauf man wirklich Lust hat. Und wenn jemand sagt "Mir ist langweilig" das ist das nur eine Umschreibung für "Ich bin zu faul, mir eine Beschäftigung zu suchen"
Doch welcher Mensch hegt schon solche Gedanken?
Josh tat es nicht, er spielte noch ein wenig mit dem Eisennagel, bis es an der Tür klopfte. Das müssen sie sein, dachte er und ging in Richtung Tür.
"Schatz, machst du mal auf!?" rief es aus der Küche.
"Schon dabei!" gab Josh zurück und griff nach der Klinke.
Die Tür öffnete sich und wie erwartet war das Ehepaar vor der Tür, das Ehepaar im selben Alter wie Josh und Jill. "Frank und… Franks Frau" sagte Josh mit einer "bitte eintreten" Geste.
"Ist auch nett, dich zu sehen, Josh" sagte Martha mit einem sarkastischen Unterton. Die beiden traten ein, Josh konnte sehen, das die Sonne hell schien. Die Sonnenstrahlen reflektierten sich auf den Autos die in der ruhigen Wohngegend standen. Die Kinder genossen die Wärme und einige verschafften sich mit einem Eis Abkühlung.
"So was, so früh und schon so heiß" entgegnete Josh Frank und schloss die Tür. "Tja, vielleicht Erderwärmung oder dieser Treibhauseffekt … naja oder es ist einfach Sommer" scherzte Frank und machte es sich auf dem Sofa gemütlich. Frank hatte volle schwarze Haare, einen drei Tage Bart, ein wenig zu viel Bier in den letzten Jahren gaben zur Folge, das ein Bauchansatz den knapp 1.80 großen Mann zierten.
"So, wo sind eure Racker?" fragte Frank und schaute sich in dem so ungewöhnlich stillen Haus um.
"Bei Freunden" antwortete Josh und machte den Fernseher an.
"Was läuft?" war wieder eine Frage von Frank, so unterhielten sich die Männer, es gab keine langen Unterhaltungen, kurze Fragen und kurze Antworten … das Konzept funktionierte.
"Keine Ahnung, vielleicht ein Spiel der Mets?" nebenbei zappte Josh durch einige Programme.
"Nein, zu früh" sagte Frank und nahm sich einen Kaugummi.
Josh sah seinen Freund kauen..."hey, wieso kaust du jetzt, wir essen gleich?"
Frank blickte ihn fragend an "na und, solange darf ich ja wohl noch kauen"
"Na schön, dann gib mir wenigstens einen" sagte Josh und hielt ihm die offene Hand hin. Während die beiden Männer in konstanten immer gleichbleibenden Bewegungen ihre Münder bewegten und auf irgendein uninteressantes Fernsehprogramm starrten, unterhielten sich die Frauen über die neuesten News. So war es, ein normaler Tag in Josh Harold´s leben. Langweilig? oder vielleicht war nur zu Faul, Aufregung zu suchen. Doch wer sagt einem, ob Aufregung das Leben nicht nur leidiger machen würde.
Das Essen verlief unter lautem Gelächter, einer angeheiterten Stimmung. Sogar Martha und Josh konnten sich gut leiden.
Die Unterhaltungen waren schön, doch alles muss ein Ende haben und so wurde es nach einer Stunde Zeit, das sich die vier Leute wieder trennten.
"Danke Jill … Josh" sagte Martha mit ihren blonden Haaren und dem zierlichen Körper, doch sie hatte einen strengen Blick, wie eine Lehrerin die Josh früher in Geschichte hatte. War deswegen Antisymphatie vorhanden?
Frank verabschiedete sich nur mit einem stillen freundlichen Nicken und die beiden stiegen dann in das Auto ein, das nur wenige Meter vom Haus parkte. Die Tür schloss sich und die Uhr zeigte 12:04 an.
"Also noch genug Zeit, bis die Kinder wieder kommen" grinste Jill, striff sich eine Strähne aus dem Gesicht und breitete die Arme für ihren Ehemann aus.
Dieser verstand natürlich und umschloss sie mit seiner Leidenschaft, die Leidenschaft, die er zwar vergessen hatte, die aber immer noch in ihm brodelte. Wie eine Gasflamme, die nur darauf wartete aufgedreht zu werden.
Nach einigen Minuten der körperlichen Liebe, brachte es beide in Ekstase. Still und wortlos lagen die beiden auf dem Sofa, die Körper ganz nah, die Wärme war noch zu spüren, schwitzend und umhüllt in wohliges ruhiges Atmen.
"Du könntest mit deinem Geschrei perfekt in einem Horrorfilm mitspielen, weißt du das?" scherzte er und streichelte ihr mit dem Handrücken über die Wange.
Nach einiger Zeit der Ruhe, des befriedigten Wohlbefindens trieb der Alltag die beiden dazu, sich anzuziehen und wieder dem ganz "normalen" zu widmen.
Gerade als Josh die Zeitung von draußen holen wollte, die schon seit Stunden im Garten lag, fiel ihm ein, das er Frank´s Hilfe bei dem Rasenmäher völlig vergessen hatte. "Scheiße, jetzt kann ich mich um das Ding kümmern" murmelte er und suchte die Zeitung.
"Wo wirft sie dieser Junge eigentlich immer hin, so ungenau kann doch keiner werfen" Als seine Hände durch das Gras fuhren, die Farne in der Nähe des Hauses beiseite drückte, wurde er immer wütender.
Wie gerne wäre er noch liegen geblieben, mit seiner Frau, wie gerne wäre er noch ein wenig abseits des "Normalen" gewesen. Als er so darüber nachdachte, riss ihn ein lauter Knall aus den Gedanken.
Er stand auf, seine Augen blickten nervös hin und her, immer wieder, doch sie konnten nichts erkennen. Nach einigen Sekunden, dann ergab es doch ein Bild. Mehrere Häuser weiter, dort lebte eine Familie die Josh nicht kannte, er pflegte sowieso nicht so viel Kontakt mit seiner Umgebung. Er ging in Richtung dieses Hauses und umso näher er kam, umso mulmiger und präsenter wurde das Gefühl in seinem Magen.
Dann, als er noch ca. 10 Meter von dem Garten des Hauses entfernt war, präsentierte sich ihm ein Anblick, den er nie zuvor hätte gedacht zu sehen. Ein Mann, der Besitzer des Hauses höchstwahrscheinlich hielt einen Revolver in der Hand. Das Metall schimmerte in der Sonne, doch was wirklich schockte, war das Ziel, auf das der Revolver gerichtet war.
Ein Körper, ruhig, ohne jegliche Bewegung lag auf dem Gras, das frisch gemäht schien. Einige Leute hatten sich versammelt, Schaulustige, wie Josh, die jenigen, deren Neugier den Anstand fremde Dinge, fremde Dinge bleiben zu lassen überrannt hatte.
Der Körper war klein, ein Junge, 14 oder 15 Jahre alt. Mehrere zerknüllte Zeitungen lagen neben der Hand des Jungen.
Das Gesicht lag im Dreck, der Körper war mit dem Rücken zu dem zitternden etwas rundlichen Mann mit der Waffe gewandt.
Das Gesicht des Mannes war wütend, seine Augen waren zusammengekniffen, auf seiner Stirn zeichneten sich Falten ab.
Am Hinterkopf des am Boden Liegenden klaffte ein großes rotes Loch.
Josh starrte auf den Jungen, er war Tod, noch nie zuvor hatte Josh eine Leiche gesehen. Dann begriff er, das es besser wäre in Deckung zu gehen und rannte hinter eines der am Straßenrand geparkten Wagen. Doch Niemanden sonst kümmerte es augenscheinlich das ein toter Teenager im Vorgarten des Mannes lag. Der Mann ging mit einem Grummeln wieder ins Haus, die Türe schloss sich und Josh fühlte die Erleichterung. Er lugte hinter dem Wagen hervor, keiner da, sagte er zu sich selbst in Gedanken. Die Leute gingen ihrem Treiben nach, am Garten nebenan unterhielten sich sogar noch zwei Männer. Josh begriff nicht, wieso nicht einer zu dem Jungen ging, an ihm rüttelte, sich um ihn sorgte. War es Angst? Angst getroffen zu werden, Angst zu sterben oder Angst der Einzige zu sein? Josh fasste sich ein Herz und ging mit vorsichtigem Schritt in den Vorgarten des Mannes. Der Junge, der mit einem Basketballtrikot und einer Short bekleidet war, lag immernoch regungslos am Boden. Um so näher er dem Körper kam, um so größer schien die Wunde zu werden. Ein großer Teil des Hinterkopfes schien weggeflogen zu sein. Josh schaute weg, atmete tief durch und tat sich dann den Anblick ein zweites Mal an. Die Wunde war rot oder braun, es war schwer zu definieren. Einige Haare klebten in der Wunde, Kopfhaare. Josh blickte auf das Haus, der Mann scheint tatsächlich drinnen zu bleiben, also beugte sich Josh zu dem Jungen und überlegte was er tun sollte. Er blickte zu den Leuten nebenan, diese unterhielten sich angeregt. "Hey, hey ihr, los holt die Polizei!" rief Josh den beiden Männern zu. Doch es kam keine Reaktion, niemand beachtete das Anliegen des Mannes. Er überwand seinen Ekel und drehte den Körper um. Als das mit Erde verdreckte Gesicht sichtbar für Josh war, bekam er das Gefühl nicht los, den Jungen zu kennen. Die Augen waren geschlossen und der Mund halb geöffnet. Josh rüttelte an dem Jungen, aber er wusste, es gab keine Hoffnung. Josh wurde langsam wütend über die beiden Männer, die keinerlei Reaktion zeigten. "Hey, ihr beiden, hier ist ein Mord passiert, habt ihr das nicht bemerkt, habt ihr Scheuklappen vor´m Gesicht oder was?"
Die Männer drehten sich zu Josh um. "Hey Mann, keine Ahnung von was zu redest, aber hör auf uns mit deiner nervigen Stimme auf den Sack zu gehen, haste das verstanden du Grille!"
Josh konnte nicht begreifen, wie egal es einem Menschen sein konnte, das ein Junge Tod im Garten seines Nachbarn lag.
"Was?...Du weißt nicht, wovon ich rede, ist dir die Leiche nicht Beweis gen..." schlagartig verstummte er, als sich die Tür des Hausbesitzers öffnete. Die Türe schien sich in Zeitlupe zu öffnen, nach und nach wurde das grimmige Gesicht des Mannes von der immernoch strahlenden Sonne beleuchtet. "Hey du, was machst du auf meinem Grundstück?" rief er mit einer tiefen Stimme. Nur die Hälfte seines Körpers war durch den kleinen Türspalt zu erkennen, Josh fürchtete, der Mann würde ihn auch erschießen, vielleicht war es ja ein Irrer, der wahllos Leute tötete.
"Ähh … hören sie, ich will keinen Ärger, ich wollte … ich wollte nur dem Jungen helfen … bitte..." rechtfertigte Josh sich.
"Hau ab, der Junge hat´s nicht besser verdient, er klaut immer die Zeitungen die in der Früh nicht eingesammelt worden sind, da hab ich ihn eben dafür bestraft!" rief der Mann und zeigte mit seinem Revolver auf den Jungen.
"ok, ok … ich gehe...ich lasse den Jungen hier..." Josh hob die Arme nach oben, ließ den Jungen im Gras liegen und ging mit langsamen Schritten vom Grundstück des Mannes.
"Schneller!" schrie dieser wütend und seine kleinen Augen blitzten auf.
Der Finger betätigte den Abzug und ein lauter Knall ertöhnte.
Der Körper des Jungen zuckte auf. Josh fing an zu rennen, er wusste, der Mann hatte ein zweites Mal auf die Leiche des Jungen geschossen. Aber wieso … wieso tut da keiner was! dachte er und rannte so schnell er kann die Straße in Richtung seines Hauses entlang.
Keuchend und hechelnd stürmte er in das Haus und schmiss die Türe hinter sich zu. "So...so...krank!" brachte er heraus, bevor er die Tür entlangrutschte. Erschöpft...geschockt...schloss er die Augen.
Er roch den Geruch...diesen wohlriechenden bekannten Duft.
Es war der Körper seiner Frau, das liebliche Parfüm, das samtige Gefühl ihrer Haut, das sich langsam auf seine Fingerspitzen drückte.
Er riss die Augen auf und erkannte ihr Gesicht. Sie lag auf seiner Schulter, tief geschlossene Augen. "Jill!" schrie er fast schon panisch heraus und rüttelte ihren umso vieles zierlicheren Körper als den seinen.
Sie öffnete die Augen..."Josh...was ist denn los..." bekam sie heraus, bevor sie überhaupt realisierte, das sie im Wohnzimmer auf dem Sofa lag. Auch Josh begriff erst langsam. Er war nackt und auch seine Frau war es. Etwas verwirrt blickte er sich in dem hellen Zimmer um. Die Uhr war auf Punkt 1.00 Uhr gesprungen. Knapp eine Stunde...eine Stunde muss ich geschlafen haben...genau...das war alles nur ein Traum...erfunden...beruhigte er sich selbst. Er war eingeschlafen...nach dem Sex waren Er und seine Frau eingeschlafen, eine andere Erklärung gab und gibt es einfach nicht. Immer noch nachdenklich zog er sich an.
"Sag mal, was ist denn in dich gefahren, Schatz?" fragte ihn seine Frau während sie sich denn BH anzog. "Kennst du diesen Typen, den Dicken, der wohnt nur ein paar Häuser weiter..." fragte Josh neugierig.
"mhm … ach, meinst du zufällig Mr. Arnold?" sagte seine Frau und zog sich den Pullover über.
"Arnold … keine Ahnung wie der heißt, aber er hat..." dann verstummte er, nein, er sollte lieber nicht davon erzählen, es war schon ungewöhnlich genug wenn nur er davon wusste, außerdem sollte ihn seine Frau für keinen Verrückten halten.
"Was hat er...?" fragte seine Frau neugierig.
"nicht so wichtig" antwortete Josh und blickte auf die Uhr.
"Wo sind unsere Kinder?"
"bei Fre..."
"Das weiß ich, verdammt, ich meine wann sie zurück kommen!" rief er laut, angespannt und gestresst.
Seine Frau war überrascht, er war so aufbrausend, so anders als üblich.
"so um 3!" sagte sie und ging danach lieber nach oben. Sie versuchte so leise wie möglich die Treppen raufzusteigen, keinen überflüssiges Geräusch. Eigentlich war ihr man nie so wütend und wenn dann verließ er das Haus für einige Minuten, damit die Kinder nichts mitbekamen.
Jill setzte sich auf das große Ehebett und hoffte ihr Mann würde sich bald wieder beruhigen..."villeicht der Stress in der Arbeit?" sprach sie leise aus, nachdenklich.
Josh saß inzwischen auf der Couch im Wohnzimmer. Er überlegte ob er den Weg zu dem Mann mit dem Revolver wagen sollte.
13.08 Uhr, der lange Zeiger hatte Acht mal die Position geändert.
Nach längerer Überlegung fasste Josh sich Mut und öffnete die Tür.
Ganz langsam, lugte heraus, alles war wie immer. Die Menschen taten das, was sie immer taten. Ein Nachbar, Mr. Groel, wusch den Wagen mit dem Gartenschlauch. Eigentlich sah die Straße schon zu Bilderbuchartig aus. Das hier jemand einen anderen Menschen erschießen würde?
Josh kam sich lächerlich vor, es war ein Traum, einen Traum sollte man nicht ernst nehmen. Es war kein Film, das Träume die Realität heraussagten, Hellseher die die Zukunft bereitlegten.
Genau diese Vermutung präsentierte sich ihm auch als er vor dem Garten des Mannes stand, der in seinem "Traum" einem Jungen kaltblütig in den Hinterkopf geschossen hatte. Es war nicht wie in seinem Traum.
Nicht einmal die beiden Männer die so nutzlos herumstanden, waren noch auf ihrem Platz. Es war eben nur ein Traum.
Fahrradklingeln veranlasste Josh sich umzudrehen.
Und dann verschwand auch der letzte Funke Zweifel.
Der "tote" Junge fuhr mit seinem Rad die Straße entlang.
Seine Shorts wehten im Wind, sein Gesicht zeigte ein Lachen.
"Es war nur ein Traum" murmelte er und ging mit einem Grinsen auf dem Gesicht wieder in Richtung seines Hauses.
Still war es im Haus, seine Frau war noch oben.
Er fühlte sich nicht gut, keine körperlichen Beschwerden, ein schlechtes Gefühl wegen seinem Ton. Seine Frau konnte ja nichts dafür.
Langsam tappte er die Stufen nach oben.
Die Schlafzimmertüre war einen Spalt geöffnet.
Er blickte durch die Tür, seine Frau saß auf dem Bett.
Ihr Gesicht war nach unten gerichtet. "Schatz?", leise und sanft war seine Stimme. Sie richtete ihr Gesicht nach oben, ihre Blicke trafen sich.
Es tat ihm Leid, jetzt, wo er sie sah, so traurig, sie war es nicht gewohnt, das er so extrem reagierte. "Es..." bevor er seinen Satz vollenden konnte, stand sie auf, gab ihm einen flüchtigen Kuss auf den Mund und ging in Richtung Wohnzimmer. Der Konflikt war beseitigt, jedenfalls kratze man an der Oberfläche.
Streit in einer Beziehung ist etwas normales, etwas völlig verständliches. Dann entschuldigt man sich, doch ist ein Konflikt geschlichtet, wenn man das Wort "Entschuldigung" ausspricht.
Einen Strauß Blumen schenkt, ein romantisches Entschuldigungsessen organisiert?
Ist es so leicht einen Streit beizulegen?
Was macht das Wort "Entschuldigung" so besonders.
Die Bedeutung, was sagt sie schon?
Es tut mir Leid, was tut einem Leid?
Der Streit? Der Grund der überhaupt zum Streit geführt hat?
Also was bedeutet "Entschuldigung"?
Sagt man dieses Wort nicht auch, wenn man jemandem in der U-Bahn auf den Fuß getreten ist. Ist ein "Tut mir Leid", das man sagt, wenn man jemanden im Kino anrempelt gleich zu setzen mit dem "Es tut mir Leid", nach einem Seitensprung oder dem "Es tut mir Leid" an die Eltern, des Mädchens, das man brutal vergewaltigt und ermordet hat?
Sollte die Sprache nicht ein weitaus kreativeres, nicht ganz so allumfassendes Wort finden, das die echten Emotionen ausdrückt, eine "Entschuldigung" die wichtig ist, auch als eine solche zu erkennen ist?
Oder liegt es an dem Menschen der die Worte ausspricht, dafür zu sorgen, dass es als ein gehobenes Wort gilt und nicht als eine alltägliche flüchtige Aussprache.
Es klopfte an der Tür, die Kinder standen vor der Tür.
Als Jill die Türe öffnete, warteten die beiden mit Eric. Einem Freund aus Josh´s Arbeit. Die beiden Sprösslinge rannten ins Haus.
Ryan, ein braunhaariger aktiver Junge, etwas größer als seine Schwester, der mit seinen 7 Jahren schon sehr intelligent war.
Trotzdem noch für all die kleinen Dinge im Leben zu begeistern, die eine Kindheit ausmachen.
Das jüngere Kind, war Mona, blonde Haare die immer zu einem Zopf gebunden waren. Ein Sommerkleid und weiße Socken. Ihr Lächeln brachte Josh dazu, die Sorgen der Welt für einen kleinen Moment zu vergessen. Eigentlich waren seine Frau und die Kinder alles was er hatte.
Sein Ansporn zum Leben. Früh war sein Vater an einem Schlaganfall gestorben. Noch heute spricht Josh nicht gerne darüber.
Seine Mutter hatte nach dem Tod des Vaters viele Freunde, diese Zeit war für Josh eine der schlimmsten in seinem Leben. Überhaupt war alles nach dem Tode des Vaters anders. So ganz anders, als er es gewohnt war.
Geschwister hatte Josh nicht, alles was ihn immer am Leben gehalten hatte, seinen Lebensmut neu weckte, war das schreiben. Er träumte immer schon von einem Buch das er geschrieben hatte. Ein Buch mit einer Idee, die ihn berühmt machen würde, doch bisher schaffte er es nur in eine Zeitung. Er war ein guter Journalist, doch es war nicht sein Traum. Die 6jährige Mona und ihr Bruder erzählten im wilden Wirrwarr, was sie alles bei ihren Freunden gespielt hatten. Jill hörte zu, aufmerksam, wie es eine Mutter eben ist, wenn ihre Kinder sprachen.
Josh sprach noch kurz mit Eric, der sich dann wieder verabschiedete.
Er war auch Journalist bei der Zeitung, die Josh anstellte.
Am Montag war es wieder, soweit, die Arbeit würde rufen.
Schon Morgen … eine neue Woche mit neuen Verpflichtungen.
Der Sonntag verging ohne Vorkommnisse die erwähnenswert wären.
Die große Standuhr im Wohnzimmer die definitiv eine "Antiquität" war, schlug, 12 Uhr, Mitternacht. Im Garten war es still, nur die Grillen zirpten, ganz selten nur fuhr ein Wagen die Wohngegend entlang.
Das Haus lag in einem dunklen Schein, das Mondlicht war kaum durch die Vorhänge wahrzunehmen. Jill lag bereits im Bett, tief wanderten ihre Gedanken in Träumen umher. Nach einiger Zeit Fernsehen, die Ruhe genießen, stieg Josh langsam die Treppe nach oben. Auf halbem Weg stoppte er. Seine linke Hand lag auf dem Treppengeländer, dem glatten Holz, er konnte sich noch gut erinnern, wie stolz war doch der Vorbesitzer des Hauses auf diese Geländer.
"Das ist das beste und schönste Holz der Welt, ich bitte Sie, geben Sie gut Acht darauf, ja?"
Darauf hin nickte Josh, er hatte es dem Mann versprochen.
Doch was ist ein Versprechen an jemanden, der nicht mehr lebt, verfliegt das Versprechen, löst sich der Pakt?
Allem Anschein nach, denn eine Menge Kratzer zierten das Holz, die 7 Jahre, die das Ehepaar bereits in dem Haus wohnten hatten eben Spuren hinterlassen. Der "Traum" ging ihm nochmals durch den Kopf.
Wieder und wieder spielte sich diese Szene in seinem Kopf ab.
Nicht nur jetzt, auch beim Abendessen, gemeinsamen Fernsehen und beim Vorlesen der Gute-Nacht-Geschichte für die beiden Kinder.
Dieses grausame Schauspiel, der Junge der in der Realität Fahrrad fuhr,
lag mit dem Gesicht im Dreck und auf seinem Hinterkopf zeichnete sich eine klaffende Wunde ab. "Vergiss das, alles nur ein Traum" sagte er zu sich selbst, lies seine grünen Augen ein letztes Mal durch das in Dunkelheit gehüllte Wohnzimmer schweifen und stieg in Richtung Schlafzimmer. Auf dem Weg in sein Bett kam er am Zimmer der Kinder vorbei. Leise ging er hinein, es war ziemlich chaotisch, er musste sich einen Schrei verkneifen, als er auf einen Legostein oder dergleichen trat. Sein Sohn, der im Baseballteam spielte lag in dem kleinen Bett.
Der Brustkorb zeugte von den kleinen Atemzügen die der Junge machte.
Er beugte sich runter und gab seinem Sohn einen Kuss auf die Stirn.
"Hoffentlich wirst du sowas nie träumen, Craig" hauchte er und streichelte die braunen Haare.
Dann ging er in sein Bett und ohne ein letztes Wort zog er sich die Decke über den Körper, schloss die Augen und schlief ein.
 



 
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