Der Priesterjunkie

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Kaiser Nero

Mitglied
"Halleluja", schrief der dicke, alte verrückt gewordene Priester von der Kanzel, als er sich seine Kutte vom Leib riss und seinen vom Weihrauchduft umhüllten Körper der Kirchengemeinde offenbarte. Während sich die Ministranten vor Lachen kaum halten konnten und die alten Frauen sich ihre Kopftücher vor die Augen hielten, stand der Priester splitternackt über den mehr oder weniger Gläubigen und goß sich Weihwasser über sein Haupt, bis ihm seine Haare völlig durchnässt ins Gesicht hingen. Die 2 ältesten Messdiener versuchten den offenbar verwirrten Priester von der Kanzel zu zerren und ihm seine Gewänder über zu ziehen, doch dieser schmetterte ihnen nur erzürnt sein Kreuz entgegen; und die Weihrauchglut gleich nach.
Rätselraten war unter der Kirchengemeinde angesagt. Niemand wusste was als nächstes kommt und niemand wusste was überhaupt mit dem ansonsten so gottesfürchtigen und demütigen Priester los war. Niemand? Doch. Einer wusste davon. Der kleine 8-jährige Ministrant Ludewig Stalingrad. Ludewig hatte dem Pfarrer Meskalintropfen in den Wein gegeben, welche er gestern erst gekauft hatte, über deren Qualität er aber noch nichts wusste und also diese am Priester testete. Anscheinend schienen sie zu wirken; und wie. Ludewig freute sich erstmal. Tja, damit lässt sich sicher einiges verdienen, schließlich gieren die anderen Ministranten ja nur so nach Drogen, und vielleicht, ja, vielleicht hat ja auch der Herr Pfarrer seine Freude mit den Zaubertröpfchen.
Dessen Trip schien gar nicht enden zu wollen. Er las, ja schrie, mittlerweile verschiedenste Bibelstellen von der Kanzel. "Und sie zogen aus am Mittag. Ben-Hadad aber trank und berauschte sich im Zeltlager, er und die Könige, die 32 Könige, die ihm halfen.", hallte es durch die ganze Kirche. Er schwang das Weihrauchfässchen und forderte prompt die alten Frauen im Kirchenchor auf, "Highway to hell" anzustimmen. Der verdutzte und ratlose Chorleiter kam nicht einmal dazu dem Priester zu antworten, da schlug dieser schon mit seinem kleinen handlichen Kreuz auf den armen Mann ein, aufdas dieser die Umrisse das gekreuzigten Heilands auf seiner Brust wieder fan. "Lufzifer, Luzifer, mein Fürst der Finsterniss", keuchte er und griff mit der Hand in den Hostienteller, um sich sogleich den Mund mit dem Leib Christi vollzustopfen.
Der Trip des Priester schien nun am Höhepunkt angelangt zu sein. Er sprang von der Kanzel und humpelte aus der Nase blutend und nackt zum Altar. Einige Leute waren inzwischen gegangen, andere versuchten die Polizei oder Rettung anzurufen, aber niemand traute sich auch nur in die Nähe des Pfarrers.
Nachdem dieser beinahe die ganze Flasche Messwein ausgetrunken hatte, kletterte er auf das Kreuz, und versuchte Jesus loszuschrauben, um sich selbst auf das Kreuz zu hängen.
Ludewig Stalingrad aber saß fasziniert und grinsend neben den anderen Ministranten. Da hatte er aber verdammt guten Stoff bekommen, da wird morgen im Kindergarten was los sein.
Plötzlich fiel ein Schuss und der Pfarrer fiel ca. 1 Meter vom Kreuz und blieb auf der Stufe zum Altar liegen. Ein Jäger des Dorfes hatte ein Betäubungsmittel auf den Geistlichen abgeschossen. Dieser lag nun nackt, verschwitzt und seelenruhig in der Kirche. Einige Männer zogen ihm sein Gewand über und schafften ihn in die Sakristei, wo er nun die nächsten Stunden schlafen würde. Die Kirchengemeinde beschloss über den Vorfall zu schweigen, um den Ruf der Kirche in der Öffentlichkeit nicht noch mehr zu schädigen. Niemand außer den Beteiligten an diesem Sonntag solle von diesem Vorfall jemals erfahren.
Der kleine Ludewig zog sein Ministrantengewand aus, schraubte sein Fläschchen zu und betrachtete es stolz. Ludewig Stalingrad wusste, dass auch er einmal Priester werden will. Ein Priesterjunkie.
 

Zeder

Administrator
Teammitglied
Hallo Kaiser Nero,
das ist göttlich! Dein Text läuft ab wie ein grotesker Film, keine Regiefehler, ein einwandfreies Drehbuch.
(Mein Zwerchfell tut jetzt noch weh vom Lachen).
Wird es noch weitere Filme dieser Art geben? Warte gespannt!

Viele Grüße,
 

Kaiser Nero

Mitglied
jaja, werd mal wieder was posten. mehr solcher geschichten gibts ja auf meiner homepage. irgendwie gefällt mir der schluss der geschichte nicht, aber mein jugendlicher profilierungstrieb hat mich wohl dazu gebracht, die geschichte gleich zu posten, anstatt nochmals einige mail daran rumzufeilen.

mfg,
jürgen
 



 
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