Der Schreiberlehrling ( frei nach Goethe)

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zanzara

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Haben nicht die alten Meister,
die in Versen weiterleben,
uns gezeigt, wie kluge Geister
sinnvoll Wort und Form verweben.
Ihre Wort und Werke,
sind mir Musenhauch
und mit Geistesstärke
dichte ich jetzt auch.

Knacke, zwacke
manches Wörtchen,
das am Örtchen
es der Metrik streng sich füge
und befreit von jeder Macke
höchsten Ansprüchen genüge.

Und nun komm, du alte Feder,
stürze dich hinein ins Blaue,
Worte setzen kann ein jeder,
schau, was ich mich heute traue:
Nehm mir zwei Quartette
für die Thesen her,
reih noch zwei Terzette
an synthesenschwer.

Knacke, zwacke
manches Wörtchen,
das am Örtchen
es der Metrik streng sich füge
und befreit von jeder Macke
höchsten Ansprüchen genüge.

Silben rennen auf und nieder
woll‘n bei elf noch nicht verweilen,
ob ich ordne, ob ich glieder,
sprengen sie mir alle Zeilen.
Treibe ich die Endung
mit dem Häkchen fort
fehlt mir zur Vollendung
nun ein passend‘ Wort.

Muse, Muse,
reich die Hände,
das am Ende
ich nicht schluse
und im Dichterwahngetümmel
grausam Wort um Wort verstümmel.

Ach, es will nicht recht gelingen,
schon beginnt der Kopf zu schmerzen,
Reim und Sinn in Form zu bringen,
Ausdrucksschwächen auszumerzen.
Ich bin wie von Sinnen,
der Verzweiflung nah,
es gibt kein entrinnen,
hämisch lacht Prosa.

Und es holpert,
wie ich leide!
Und es stolpert!
Ich beneide
all die sprachlichen Artisten,
die solch Klippen überlisten.

Schlaflos hock ich vorm Papiere,
Rilke grinst aus dem Regale,
blick verschämt auf mein Geschmiere,
schwör, dass ich nie wieder prahle.
Naht die Morgenröte,
ich will nur ins Bett,
doch da regt sich Goethe:
Bleib noch! Sei so nett.
 
H

Heidrun D.

Gast
Ja, ja, ein Sonett fügt sich nicht so einfach dem lyrenden Geist ;).

Dein Gedicht dafür umso besser.

Liebe Grüße
Heidrun
 



 
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