Der Sohn der Sonne - ein Märchen

Es war einmal ein Mann, der war arm aber klug.
Er war nicht gut gekleidet, bewohnte eine kleine Hütte auf dem Lande und auch sonst gab es nichts, daß darauf hinwies, daß das Schicksal es ausgesprochen gut mit ihm meinte.

Tagsüber " belebte " er die Straßen der nahegelegenen Stadt,
indem er seinen armseligen Strohhut vor sich stellte und darauf wartete, daß sich die Herzen der Leute mit Mitleid und sein Hut mit Münzen füllte.

Eines Tages kam ein vornehmer Fremder vorbei und sprach:
" Taugenichts ! Geh einer Arbeit nach, dann brauchst Du nicht zu betteln ! "
Da erwiderte der arme Mann: " Oh Herr, nicht für mich sammle ich, denn meine wenigen Felder ernähren mich doch zur Genüge.Ich sammle für den Tempel der Sonne, denn ich bin ein Sohn der Sonne ! "
Da lachte der Reiche und sprach: " Wohl bist Du ein armer Narr ! Das ist es, was Du bist ! Trotzdem gefällt mir Deine Art ! Komm, ich lade Dich zum Mittagessen ein.Aber zuvor mußt Du noch neue Kleider erhalten, denn sonst bleiben uns alle Türen verschlossen ! "
Gesagt - getan.Nun sah der Sohn der Sonne vornehmer als der vornehme Herr aus und der Reiche staunte nicht schlecht:
" Der Narr gleicht einem König ! Wie Kleider Leute machen ! "
Und beide gingen in das teuerste Wirtshaus der Stadt und liessen es sich wohl bekommen.
Als der Reiche aber zahlen wollte, bemerkte er, daß man ihm sein Geld gestohlen hatte.
Sogleich schrie er: " Oje, man hat mich bestohlen ! Wo ist der Dieb ?! "
" Ha " sprach der Besitzer des Wirtshauses " Euch kennen wir nicht und Eure Kleider sagen uns auch nicht, wer ihr seid ! Aber eines ist klar: Zechpreller seid Ihr ! Ruft die Polizei ! "
Da hielt der Arme inne.Ganz abwesend schien er zu sein.Nur der Reiche wurde immer nervöser.Der arme Mann betete, so leise, daß es nur der Reiche hören konnte, der unmittelbar neben ihm saß.
" Oh Sonne, verfinstere Dich ! "
Und tatsächlich auf einmal wurde es ganz dunkel.Da die Leute der Stadt die Gesetze des Himmels nicht kannten, wußten sie nicht, daß es ausgerechnet zu der Zeit eine Sonnenfinsternis gab.
Und als die Finstenis eintratt, konnten sich der Reiche und der Arme davonschleichen.Als es bald darauf wieder hell wurde, waren sie weit genug entfernt, so daß sie sich in Sicherheit befanden.
Der Fremde sprach:" Du bist wahrhaftig ein Sonnensohn ! Ich will es Dir lohnen ! "
Seitdem besitzt die Sonne ein Haus in der Stadt.Und ein " armer " Mann ist ihr Priester.
Wohl dem, der von himmlischer Herkunft ist !
 



 
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