Der Tag des Wurmes

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Inge Anna

Mitglied
Der Tag des Wurmes

Willkommen, ausgereifter Wein,
zum Überschluck-Empfang!
Auf geht's, mein Korkenzieherlein!
Dein Plopp hat guten Klang.
Pack's an, verehrter Sperrmüllfund,
denn knochentrocken ist mein Mund.

Vom Tag des Wurmes wasche ich
mir Lung' und Leber frei;
oh Moselquell, bespüle mich
und ziele nicht vorbei;
füll' mir den Laurent-Kirmes-Krug,
bis obenhin, zu langem Zug!

Der Wurm ist zäh, drum gieß' ich nach,
ersäufe, was da drückt.
Die Spritze war wohl etwas schwach,
hat gar das Viech beglückt.
Das darf nicht sein, der Wurm muss raus -
her mit dem Stoff, lauf' ich auch aus.

Da hängt der Wurm - ich würge ihn
durchs weinerliche Tor;
der Wurmstich nimmt mir jeden Sinn
für galgigen Humor.
Der Wurm des Tages windet sich,
im Weinkrampf - ebenso wie ich.​
 
K

Klopfstock

Gast
bitter.....

Oh, liebe Inge Anna:)
das ist ja ein Stück ganz bitterer Ironie - eine Ironie
auf den Schmerz, den Du hier als Wurm bezeichnest.
Den Wurm/Schmerz ersäufen, sich frei machen davon,
ihn herauswürgen "durchs weinerliche Tor". Hier könnte man einen Wort-Doppel-Sinn entdecken : Weinen mit Hilfe des
Weines, der die innere Erstarrung löst und einem erst
die Möglichkeit eines Tränenflußes gibt.
Die letzten beiden Zeilen des Gedichtes, die gehen einem schon nah.
Diesmal hast Du wohl weniger auf Heiterheit gesetzt, liebe Inge Anna, dafür aber um so mehr auf eine bittere Ironie.
Aber sehr gut gelungen, dieses Werk und ich habe gar nichts zu meckern, wie man so schön sagt :)

Dir einen schönen Abend
und ganz lieben Gruß
Irene :)
 
I

IKT

Gast
"Weinkrampf" - wie ironisch doppeldeutig! Gelungen, das Werk.
LG IKT
 

Inge Anna

Mitglied
Tag des Wurmes

Liebe Irene,
ich hatte eigentlich diesen Text in der Rubrik "Sonstiges" unterbringen wollen, mich aber dann anders entschieden. Nun, ich denke, was die ironische Seite angeht, lässt der gezogene Korken 'nen ergiebigen Flascheninhalt ins Kirmeskrüglein fließen. Ja, irgendwie musste dieser Wurm ins Freie gelangen, hat es auch geschafft. Übrigens hatte ich mal beim Annagen eines Pralinen-Ostereis 'ne Mehlwurmfamilie umzüngelt - oder heißt es umzingelt? Das war "Schocko à la Wurminello"; der Geschmack war wirklich sagenhaft. So ganz habe ich den Beigeschmack dieser Bitternis nie vom Gaumen fortspülen können. Da half auch kein Moseltröpfchen; werde mal zur Nahe übersiedeln. Ach, du liebe Zeit! Was betreibe ich hier eigentlich - Textbesohlung oder Wurmstichelei? Vermutlich beides (sowohl als auch).
Ich wünsche Dir einen wurmfreien Tag, danke fürs Kommentieren und sende herzliche Grüße
Inge Anna
 



 
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