Der Teppich des Zauberers

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flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
Der Teppich des Zauberers

Es war einmal ein Junge namens Adalbert, der wollte gern bei einem Zauberer in die Lehre gehen. Dieser verlangte jedoch, dass der Junge zuerst eine Prüfung ablegen solle. Er sollte ihm einen ganz besonderen Teppich zum Geschenk machen. Keinen fliegenden Teppich, oh nein, deren hatte der Zauberer schon etliche. Was das Besondere an dem Teppich sein sollte, das überließ der Zauberer seinem Lehrling.
Er nahm ihn bei sich auf, damit er sich allerlei Kunststücke abgucken könne, ließ ihn jedoch nie etwas ausprobieren. So verschränkte Adalbert die Hände auf dem Rücken und sah und hörte aufmerksam zu.
Bald konnte er einige Zaubersprüche auswendig, wagte aber nicht, sie auszusprechen, denn er wusste, wozu der Zauberer im Zorn fähig war. Er wollte nicht als Wasserkessel oder ähnliches enden.
Nach vielen Jahren meinte der Junge, nun genug zu wissen, um einen besonderen Teppich herstellen zu können. Er ging vor die Stadt, da sah er eine unbewachte Schafherde. Die kam ihm sehr gelegen. Rasch verwandelte er die Schafe in ein weiches Vlies. Dann rief er mit einem komplizierten Zauberspruch fünfzehn Menschen zu sich, die stets und ständig ihre Meinung zu allem Möglichen änderten, jedem zu Munde redeten und somit unberechenbar waren. Durch ihr Verhalten hatten sie alle Freunde verloren, waren aber „zu etwas gekommen“. Mit einem noch schwierigeren Spruch verwandelte Adalbert diese Unbeständigen, die ihr Fähnlein in jeden Wind gehangen hatten, in Windrosen und bannte diese Ornamente auf das Vlies.
Nun hatte er einen ganz besonderen Teppich als Geschenk für den Zauberer. Der betrachtete das gelungene Werk, nickte anerkennend und gab Adalbert die Erlaubnis, von nun an zu zaubern, was er wollte, wo er wollte und wann er wollte.
Irgendwann sind sie beide gestorben, der alte Zauberer und der junge. Auch der beste Zauberer kann sich nicht unsterblich machen. Der Teppich aber, der ja schließlich die Kraft vieler Leben in sich barg, überdauerte Jahrhunderte. Er wechselte mehrfach den Besitzer und heute liegt er in meiner Stube. Wenn ihr mich besuchen kommt, könnt ihr die fünfzehn Windrosen nachzählen!
 

Katjuscha

Mitglied
Die Windrosen auf deinem Teppich

Hallo Flammarion,

das ist ein zauberhaftes Märchen - im wahrsten Sinne des Wortes. Aber mir scheint es wohl eher als ein Märchen für Erwachsene, da Kinder wahrscheinlich nicht viel mit den sprachlichen Bildern anfangen können oder sich keine wirkliche Vorstellung machen können, was an solchen Menschen so schlimm ist, dass man sie in einen Teppich verzaubern kann. Aber mir gefällt das Märchen wirklich gut - bin ja auch kein Kind mehr - leider!

Liebe Grüße von Katja
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hallo

katjuscha, danke für deine anteilnahme. ich fand es schon als kind ziemlich schrecklich, wenn eine person meines vertrauens in kürzester zeit ihre meinung änderte. ich erinnere mich noch gut daran, wie ich dastand mit: "Aber jestern haste doch jesaacht . . ." und dann unwirsch zurückkam: "Det wa jestan. Basta." brrr, ich finde das schlimm. wenn jemand im laufe der zeit von irgend einer ansicht abweicht, weil er einsichtiger geworden ist, mehr kenntnisse erlangt hat o.ä., dann kann ich damit leben, aber heute so und morgen so? es ging noch krasser, eine nachbarstochter sagte zu mir über eine begebenheit, dass sie genauso in ordnung ist. zu meiner cousine sagte sie, dass sie nicht recht wüßte, was sie davon halten sollte und zu ihrer mutter sagte sie: "Über den Quatsch sag ick jar nischt." nu rede du mit die Kuh französisch. ganz lieb grüßt
 

herb

Mitglied
Revanche

Hallo oldicke,

da du so nett warst, mir meine geschichte hochzupushen,
dachte ich, schau ich mal, ob ich was finde, mich zu
revanchieren, und ich finde eine herrliche geschichte, die schon in philosophischen ebenen des buddhismus sich bewegt, smile, im ernst, die geschichte ist echt gut, und ich denke gerade kinder verstehen sie oft besser als erwachsene, denn
ihnen steht zum verständnis das "intellekt" der erwachsenen nicht im wege

herzlich
 

Katjuscha

Mitglied
Konfliktverhalten

Klar merken Kinder, wenn jemand ständig seine Meinung ändert. Ich denke, das ist meist der erste Fehler, den Kinder an Erwachsenen feststellen. Und man muss manchmal gut aufpassen, um nicht selbst manchmal so zu sein. Denn man muss diesen Menschen zu Gute kommen lassen, dass sie es meist allen Recht machen wollen und sich deshalb so vertricken. Das ist natürlich ein unakzeptables Konfliktverhalten, aber leider menschlich - vor allem bei Frauen und Politikern.

Beste Grüße von Katja
 
N

niclas van schuir

Gast
Hallo Icke, nur ein kurzer Kommentar, der alles sagt: "Zauberhaft!"
LG, Nic
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
oh,

danke, danke, ihr lieben. ich brauche also nicht zu erwähnen, dass der zauberer natürlich ein ganz böser ist? das wollte ich nach katjuschas erster kritik nämlich noch einfügen. ganz lieb grüßt
 

Stern

Mitglied
liebe flammarion,

deine Geschichte ist wunderbar und deine Sprache begeistert mich wieder. Diesmal habe zumindest ich nix daran auszusetzen, dieses Märchen im Forum Kindergeschichten vorzufinden ;) .
Ick bin bejeistert!

Liebe Grüße

Natalie
 
P

Parsifal

Gast
Liebe flammarion,

wenn ich mich mit einer Geschichte eingehender beschäftige, ist das immer ein gutes Zeichen. Nimm es mir deshalb bitte nicht übel, wenn ich einige Stellen (hoffentlich zu ihrem Vorteil) ändere. Zunächst ist mir aufgefallen, daß Adalbert gleich zu Anfang eine Prüfung ablegen muß, mit der der Zauberer feststellen will, ob er überhaupt für den Beruf geeignet ist. Daß er geeignet ist, erfährt man erst gegen Ende, denn erst „nach vielen Jahren“ stellt er den Teppich her. Das ist ein logischer Bruch. Mit der Überreichung des Teppichs an den Zauberer erfolgt die Freisprechung des Lehrlings – und das sollte ja eigentlich die Aufnahmeprüfung sein.

Und hier meine Fassung:

Adalbert war etwas bange, als er vor dem Haus des Zauberers Abraxas stand. Fast hätte ihn der Mut verlassen, aber er wollte auch ein berühmter Zauberer werden, und so zog er tapfer an dem Griff des Klingelzuges. Knarrend öffnete sich die Tür, und Adalbert trat zögernd ein. Der Zauberer Abraxas saß in einem Lehnstuhl, über ein dickes Zauberbuch gebeugt. Langsam hob er den Kopf und sah Adalbert an.
„Was führt dich zu mir?“ fragte er mit freundlicher Stimme.
„Ich möchte auch gern Zauberer werden“, sagte Adalbert, „und ich wollte fragen, ob du vielleicht einen Lehrling brauchen kannst.“
„Soso, Zauberer möchtest du werden? Hast du denn schon einmal zu zaubern versucht?“
„Ja, ich kann ein paar Kartenkunststücke“, antwortete Adalbert eifrig. „Soll ich sie dir mal zeigen?“
Der Zauberer lächelte. „Ich kenne alle Kartenkunststücke, die es gibt. Du wirst noch viele von mir lernen, aber dazu brauchst du geschickte Finger. ...

Hier könnten nun verschiedene Stufen des Lernens folgen, die in dem Gesellenstück (Teppich) gipfeln.

Die Windrose als Symbol für Unbeständigkeit leuchtet mir nicht ganz ein; eine Wetterfahne würde meiner Meinung nach eher passen, vielleicht aber auch Blätter, die im Wind tanzen, schwankende Gräser oder Schilf.

Liebe Grüße
Parsifal
 

Renee Hawk

Mitglied
Stimmt! Es sind 15 Windrosen *gg*.

Hallo Flammi,

schöne Geschichte, hat mir gefallen. Ich warte nun gespannt auf das "geflügelte Pferd", welches sich von der Wand löst und in deinem Wohnzimmer galoppiert.

liebe Grüße
Reneè
 

tirasrapkeve

Mitglied
Hallo Christa,
Es freut mich sehr, hier eine so schöne und interessante Geschichte von Dir zu lesen. Sie gefällt mir sehr gut, auch die Symbolik ist außgesprochen lebhaft. Vielleicht solltest du ein paar Dialoge einbauen und den fünfzehn Menschen damit mehr Charakter verleihen. Auch wird mir nicht ganz klar wie diesen fünfzehn Menschen, die Du sehr negativ beschreibst, geholfen wird. Oder soll es eine Art Strafe für ihr bisheriges Leben sein, auf dem Teppich verewigt zu werden? Viele liebe Grüsse. Tiras.
 

flammarion

Foren-Redakteur
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hm,

vielen dank, lieber parsival, für deine wertvollen hinweise. ich werde die geschichte mit sicherheit noch einmal überarbeiten. sie entstand in wenigen minuten und ich habe sie gleich so in die lupe geworfen. in meiner antwort an renee erfährst du, warum. ganz lieb grüßt
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
ja,

liebe renee, das pferd! daran habe ich gar nicht gedacht, ich war so mit dem teppich beschäftigt, der ja das einzige ist, was mir zu füßen liegt, nicht so wie bei dir deine hübschen katzen. an obiger geschichte kannste doch wohl sehen, was neid so für blüten treiben kann, oder? die geschichte war ein schellschuß aus der hüfte, jetzt aber werde ich sie überarbeiten und hoffe, dass n richtig schönes märchen draus wird. vielen dank, du gute. übrigens staune ich, dass du noch weißt, wieviele rosetten in meinen teppich gewebt sind. icke mußte zählen! ganz lieb grüßt
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hallo,

tiras, ja, natürlich als strafe. ich finde solch ein verhalten unmöglich, heute so und morgen anders oder zu dem einen so und zu dem anderen anders. das gehört meiner meinung nach bestraft. ganz lieb grüßt
 



 
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