Der Tod

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björn lindt

Mitglied
Der Tod, er thront in allen atmend’ Dingen,
in Baum und Tier als seltsam schwarzer Schemen,
will leise schleichend dort in jede Pore dringen
und selbst uns Menschen unser Leben nehmen.

Als wollt’ er jedes Erdentreiben niederringen,
als einzig konsequenter Richter sich bequemen.
Er will die urgewalt’ge Schöpferkraft bezwingen,
mit seinem harten Schicksalsspruch verfemen.

Ergießen sich die Säfte grün und rot
und tränken unsre rankend’ Schicksalsreben,
so speist dieselben hier Gevatter Tod,

beschenkt bald Baum und Tier mit neuem Leben
und hält als Richter alles stets im Lot,
um selbst der Schöpfungskraft sich hinzugeben.
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo björn

Wir meinen, dass "sich hingeben" im heutigen Sprachgebrauch eher mit FICKEN zu tun hat und auch weitere Ausdrücke, zum Beispiel "sich bequemen" ebenso wie "verfemen" in äusserst fragwürdiger Weise gebraucht wurden.
Wir meinen, das Sonett ist ein "Blender", denn uns scheint, Du hast die altertümliche Sprache nicht vollends im Griff und überdies erscheint es uns ohnehin fragwürdig, in diesem Stile zu schreiben.

Ergebenst

JoteS
(Als Kritikerpapst bitte mit "Eure Heiligkeit" anzusprechen) ;)
 

björn lindt

Mitglied
Na dann kann sich Eure Heiligkeit mal seinem Knie hingeben - oder eben selbiges ****.
Was hat eine solche Antwort noch mit Kritik zu tun?
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Falsch. Du hast es einfach nicht im Griff. Es gibt sich immer die Frau hin, niemals der Mann. Den weiblichen Part übernimmt hier aber das Knie. Richtig müsste es also heissen:

"Na dann möge sich seiner Heiligkeit Knie ihm hingeben!"

Siehste wohl: Es reicht nicht, altertümlich daher zu schnorren, mann muss sich auch ein wenig mit dem soziokulturellen Kontext des Gesagten auskennen und spätestens da ist eben gerne mal ganz schnell Ende Gelände mit der Qualität.

Gruss

J.
 

Franzi

Mitglied
Einen größeren Quatsch habe ich ja noch nie gehört, dass sich immer die Frau hingibt. Eindimensional betrachtet, in altertümlichen soziokulturellen Kontexten gesehen, zu Zeiten der Jäger und Sammler, mag das ja so gewesen sein, aber heutzutage geben sich auch Männer hin und und ich glaube, sie tun dies allzu gerne ...
Ganz schön überkommene Denkstrukturen für einen neuzeitlichen Kritikerpapst, finde ich. Ganz schön viel Schnee von gestern.
Gruß, Franzi
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Was JoteS wohl sagen will, ist, dass der Text inhaltlich arg konfus ist und dies hinter altertümlichen Wendungen verstecken möchte.

Der Tod wird hier personifiziert. Es geht um Richter, Schicksal, Schöpferkraft und alles kreuz und quer.
Der Tod will die Schöpferkraft bezwingen und mit einem Schicksalsspruch ächten?
Was soll das sein?
Und warum ist der Tod zum Schluss ein hingebungsvoller Richter, gerade hat er doch seine plötzliche Geliebte, die Schöpferkraft, verfemt?

So nett Sonette auch sind, ohne Inhalt sind sie out halt.
;)
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Aber Franzi-Emanzi

Wo ist Dein Problem. Gib zu: Du willst nur stänkern. Du hast sehr wohl gelesen und verstanden, dass ich von vergangenen Zeiten schrieb. ;)

Gruss

J.
 

Franzi

Mitglied
Lieber Jote,
ich will überhaupt nicht stänkern. Ich finde nur, deine Art zu kritisieren, sehr übertrieben, wenn ich Forenredakteur wäre, würdest du von mir wegen deiner beleidigenden Art einen Verweis kriegen! :box:
Tschaui, Franzi
 

mitis

Mitglied
Mein fall ist das Sonett auch nicht. Am meisten stört mich die verwendung von "abkürzungen" des metrums willen (das wird übrigens häufig auch in anderen gereimten werken praktiziert). Es klingt einfach hässlich:

atmend’ Dingen,
Als wollt’ er
urgewalt’ge Schöpferkraft
unsre rankend’ Schicksalsreben
Auch mit dieser Strophe hab ich mein Problem:

Ergießen sich die Säfte grün und rot
und tränken unsre rankend’ Schicksalsreben,
"ergießen" ist indikativ, "tränken" konjunktiv - ich seh keinen grund für die verwendung dieser zwei verschiedenen formen.

so speist dieselben hier Gevatter Tod,
"gevatter tod" ist als ausdruck für mich so irgendwo im barock angesiedelt.

ich glaube, das verfassen dieses gedichts war einfach ein persönliches experiment. so wirkt es auf mich jedenfalls.

lg mitis
 

mitis

Mitglied
du hast recht, franzi: ich nehme das zurück. "tränken" - ich dachte zuerst an den konjunktiv von trinken, aber es gibt natürlich auch das wort "tränken" - im sinn von "wasser geben". das ist hier sicher gemeint - so macht es auch sinn.
mir zeigt mein fehler in dieser einschätzung drei dinge:

1. ich habe zu flüchtig gelesen bzw. zu schnell "kritisiert".

2. das wort "tränken" ist halt auch ein eher älteres wort, an das ich in der flüchtigkeit nicht gedacht habe.

3. war ich zu dem zeitpunkt wahrscheinlich schon inhaltlich "ausgestiegen", das kann an mir liegen, aber auch am gedicht.

danke für deine bemerkung. ich muss da wohl sorgsamer umgehen.
trotzdem ändert sich nichts an meiner gesamteinschätzung des werkes.

lg mitis
 

Franzi

Mitglied
@mitis:
Weißt du, all diese 'älteren' Formen (Ode, Sonnett etc.) sind natürlich irgendwie überholt, das weiß sicher auch der Verfasser. Manche Leute stehen auf antike Möbel und richtig schöne alte stilvolle Häuser, manche sind spartanisch-puristisch-kühl eingerichtet (minimalistisch) und leben in untapezierten Betonbunkern, die sie schick finden. Das soll ja auch Jedem überlassen sein. Bei manch 'neuzeitlicher' Lyrik schleicht sich bei mir allerdings der Verdacht ein, dass der Urheber es auch wirklich nicht anders gekonnt hätte (wobei das Spärliche natürlich auch eine Kunst ist bzw. sein kann).
Generell finde ich Begriffe wie 'in', 'out', 'modern', 'aktuell' blablabla problematisch. Wer bestimmt das schon? Ich denke, unsere Gesellschaft zeichnet sich durch Vielfalt und Toleranz aus. Was sind das denn für Künstler, die sich dem Trend 'in' anpassen? Vielleicht gar keine? Wer settet den Trend? Der Schreiber oder der Leser?
Niemand würde gegen die Berechtigung denkmalsgeschützter Häuser wettern, darin wohnen wollen würde ich persönlich aber auch nicht unbedingt, aus bestimmten Gründen, aber ich kenne genügend Leute, die das toll finden. Also, was solls? Um sich zu üben, ist ein Sonnett doch eine tolle Sache.
LG, Franzi
 

MarenS

Mitglied
Für Jote:

Deine Vorstellung, dass Männer sich in der Liebe nicht hingeben in allen Ehren aber ein Mensch der sich beim Sex nicht hingeben kann genießt nicht in vollen Zügen, somit wären Männer also dumm es nicht zu tun. (Nicht umsonst nennt man in Frankreich einen erfüllenden Orgasmaus " la petite mort")
Hingebung hat nicht nur, wie du meinst, mit ficken zu tun (um deine klare Sprache zu nutzen). "Er pflegte seine kranke Frau hingebungsvoll bis zu ihrem Tod." ...wie könnte man das treffender formulieren als mit dem Wort, wenn man genau DAS meint?
Sprache ist vielfältig und sollte es bleiben und ich würde einen Teufel tun, jemandem einen Sprachgebrauch zu untersagen oder anzukreiden, der mir persönlich nicht passt. Davon nehme ich lediglich primitivste Ausdrucksweise aus, da ich sie als beleidigend für mein Auge ansehe.
Es gibt hier sehr viele Stilrichtungen und genau DAS macht die "Leselupe" aus. Schrieben wir alle im gleichen Stil wäre es gelinde gesagt kotzlangweilig. Worte, die heute seltener benutzt werden sind deshalb nicht einfach generell zu verteufeln und eine Kombination aus eben solchen Worten und sehr modernen Begriffen sind für mich eher interessant als ungut.

Für Björn

Der Inhalt wäre nicht uninteressant aber ich habe schon um einiges bessere Sonette von dir gelesen. Es gibt Stellen, die ge(er)zwungen wirken und das hast du nicht nötig. Vielleicht magst du es nochmal überdenken?

Grüße von Maren
 

mitis

Mitglied
ich habe ja nichts gegen die form des sonettes gesagt, franzi. ich bin selbst eine, die auf "alte formen" prinzipiell steht.
nur haben sie für mich nur eine berechtigung (das ist vielleicht etwas zu strikt gesagt, besser: interessieren mich persönlich nur), wenn die alte form auch mit "neuem leben" erfüllt wird.
ich wohne selbst in einem denkmalgeschützten haus, finde es von der bausubstanz her toll und habe mich trotzdem modern darin eingerichtet - nach "heutigen/meinen bedürfnissen" eben.
und das eben hat björn mit seinem gedicht m.E. nicht geschafft.
dass er bei seinen wörtern um des metrums willen einfach "auslassungen" tätigt, kann ich nicht gut finden.
ein "neues sonett" macht für mich nun mal eher sinn, wenn es die heutige sprache und inhalte aus heutiger sicht widerspiegelt. "der tod" ist natürlich ein zeitloses thema, das ich auch gut finde. aber es gibt heute sehr viele neue zugänge zum thema tod.
aber ich fürchte, wir sind da wieder einmal in einer grundsatzdiskussion...
trotzdem nochmal danke für deinen hinweis von vorhin.
lg mitis
 

JoteS

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Franzi

Einspruch. Ein Sonett zum Beispiel ist, um bei Deinem Beispiel zu bleiben, ein bewährter Grundriss. Nicht mehr und nicht weniger. Nun kann man durchaus in ein Discount-Möbelhaus gehen, und diesen mit "Stilmöbeln" einrichten aber eines sei Dir gesagt: Grösstenteils ist deren Herstellern das Gespür für die richtigen Propotionen, fürs Material und die Verarbeitung leider völlig abhanden gekommen.
Das Ergebnis ist dann eben eine himmelschreiende Geschmacklosigkeit.
Nur wenigen gelingt es, sich mit viel Geld und Geschmack klassisch einzurichten und beim vorliegenden Gedicht fand ich das nicht vor. Mittelmässige Stilmöbel.

Sich modern einzurichten ist vielleicht etwas weniger problematisch, für den guten Geschmack garantiert es aber ebenso wenig und wenn Du schon den Trend ansprichst: Nichts schlimmer als das! Geschmack ist durch nichts zu ersetzen - schon gar nicht durch einen Trend und garantiert auch nicht durch scheinbar altbewährtes.

Gruss

J.
 

Franzi

Mitglied
@ mitis:

Dann spiegelst du als neuzeitlich Eingerichtete in einem denkmalgeschützten Haus doch genau das wieder, was in der Kunst selbstverständlich sein sollte: ein Nebeneinander von Gegensätzen und Stilmix und bis auf das, was Maren schon gesagt (das Ausklammern grober sprachlicher Verfehlungen im untersten Gürtelbereich) ein grundsätzliches Möglichsein von Allem!
Es lebe die Vielfalt!!
LG, Franzi
(natürlich hast du auch Recht mit deiner Meinung. In der Kunst gibt es m.E. keinen absoluten Maßstab).
 

mitis

Mitglied
geschmack, geschmacklosigkeit - wir kommen immer wieder zu diesem thema, findet ihr nicht?

trotzdem glaube ich, dass an björns gedicht nicht nur geschmacks-kriterien anzuwenden sind. wir sind uns offenbar (vielleicht sogar aus unterschiedlichen gründen) relativ einig, dass björns sonett nicht so gut rüberkommt.

dass er eine "klassische form" wählt, erleichtert uns offenbar unser "urteil". offenbar erwarten wir durch die verwendung einer klassischen form etwas ganz bestimmtes, das björn uns da nicht "geliefert" hat.

dieselbe frage stellt sich ja prinzipiell auch bei "modernen inszenierungen" von klassischen theaterstücken.

viel schwieriger ist es m. E. dann noch bei so genannten "freien/offenen formen".

lg mitis
 

Franzi

Mitglied
@ Jote:

kann nicht erkennen, dass ich dir in punkto Trend/Geschmack grundsätzlich widersprochen habe ...
LG, Franzi
 



 
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