Der Tod und der Schneider

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Talarmar

Mitglied
Der Tod und der Schneider​


In des Waldes tiefsten Stellen
Wo das Käuzchen furchtbar schreit,
Wo die wilden Hunde bellen
Ist der Tod auch nicht sehr weit.

Lauert heimlich hinter Büschen,
Hämisch hinter jedem Blatt,
Spielt mit jedem gern Verstecken
Solang der noch sein Leben hat.

Mancher lustige Geselle,
Mancher brave Wandersmann,
Blieb schon tot an dieser Stelle
Weil der Tod das Spiel gewann.

Jeder dacht er hätt’s geschafft,
Der Gevatter sei besiegt.
Sie wehrten sich mit aller Kraft.
Am Ende er doch jeden kriegt.

Eines Tages kam ein Schneider
Durch den großen dunklen Tann.
Macher wunderschöner Kleider,
Manchen Preis er schon gewann.

Wollt zur nahen Stadt zum Feste.
Im Gepäck, Nadel und Zwirn,
Einige Bündel Kleiderreste,
Mit guten Plänen im Gehirn.

Doch der Tod saß im Verstecke,
Als der Schneider pfeifend naht.
Sprang hervor hinter der Hecke
Seine Sense schon parat.

Doch da reißt es laut und kräftig.
Erschrocken guckt der Knochenmann.
An seinem Mantel, der sehr prächtig,
Hängt die halbe Hecke dran.

Schaurig klingt des Todes Fluch.
Sein schöner Umhang der ist hin.
Denn ein großes Stück vom Tuch
Hängt in der Dornenhecke drin.

Doch unser Schneider der ist helle,
Nimmt sofort beim Tode Maß,
Schwingt voll Eifer seine Elle
Er fast ganz den Tod vergaß.

Und mit Nadel und mit Faden
Geht der Schneider flink zur Hand.
Schnell beseitigt er den Schaden
Er dann auch sehr flink verschwand.

Folgen wollt der Tod ihm schnell,
Doch er stellt fest, dass es nicht geht.
Denn unser pfiffiger Gesell
Hatte ihn gut festgenäht.

Wütend zerrt er seine Kleider
Womit er fest hängt in der Hecke.
Fluchend schimpft er auf den Schneider,
Doch der war längst schon um die Ecke.

©RT​
 
S

Stoffel

Gast
Hallo Talamar,

das ist wirklich ein schmunzeliges Gedicht.
Mir war nur erst nicht klar, wieso DORT der Tod lauert. Wahrscheinlich ist "DORT" da, wo sich viele verirren?

"so lang er noch sein Leben hat"
da bin ich etwas gestolpert. Denn das "er" in der Zeile bezieht sich ja auf manchen Wandersmann und nicht auf den Tod.
Dann müsste es doch eher "der" heissen?

Nur ne Kleinigkeit, aber sonst wirklich klasse.Finde ich.

lG
Stoffel
 

Talarmar

Mitglied
Hallo Stoffel

Danke für das schöne Lob. Du hast Recht, das "d" hatte sich der Tod wohl unter den Nagel gerissen. Aber ich habe es ihm entrissen und schon wieder an die richtige Stelle gesetzt.

Liebe Grüsse Talarmar
 
S

Stoffel

Gast
naja..
man muss es natürlich rythmisch anpassen..
"der..dieser..jener.." oder so.
Aber es muss den Bezug auf eben den Wanderer, Verirrten..haben..

ok..
super Gedicht,
da steckt echt was drin..:)
(könnt ma fast eine Geschichte draus machen..von der "Schippe gesprungen"..oder so *lach*)

lG
Stoffel
 

Ohrenschützer

Mitglied
Hallo Talarmar!

Gratulation zu diesem lustigen Gedicht, ich hab mich sehr amüsiert. Mir gefällt auch gut, dass du versucht hast, es in eine ziemlich strenge Form zu verpacken. Dass der Inhalt trotzdem treffend erzählt wird, ist wahrlich eine Kunst, die du beherrschst.

Ein paar Beckmessereien hätte ich als Verbesserungsvorschläge anzubringen. Die Beistrichsetzung ist noch ein wenig inkonsequent: In den Strophen 1, 2 und 3 jeweils am Ende der dritten Zeile, weiter unten dann auch nach hinter der Hecke, seine Elle, den Schaden. Ach ja, und nach Doch unser Schneider.

Unreine Reime wie „kräftig“ auf „prächtig“ stören mich eigentlich weniger als die Rhythmusdurchbrechung in der Zeile
Im Gepäck, Nadel und Zwirn,
Einige Bündel Kleiderreste
Mit guten Plänen im Gehirn.


Als Alternative schlage ich beispielsweise vor, das „Gepäck“ wegzulassen und „einige“ zu ersetzen:
Mit Nadel und mit feinem Zwirn
Ein paar Bündel Kleiderreste
Und guten Plänen im Gehirn.


Aber da gäbe es sicherlich noch andere Varianten.

Die Passage Sprang hervor hinter der Hecke würde ich aus inhaltlichen und rhythmischen Gründen ändern auf aus seiner Hecke.

Er fast ganz den Tod vergaß ist mir persönlich ein bisschen zu versch(r)oben; vielleicht findet folgende Abwandlung Gefallen: Den Tod er drüber fast vergaß.

Ein wenig störend ist auch, dass gegen Ende die Zeitformen stark zwischen Gegenwart und Mitvergangenheit wechselt – aufgefallen ist es mir erst wirklich bei Er dann auch sehr flink verschwand. Da kann ich aber keine Lösungsvorschläge bieten, weil man das ganze Gedicht ummodellieren müsste.

Sehr lustig fand ich auch den Schluss, wo mir eingefallen ist, dass der Schneider glücklicherweise „um die Ecke“ war und nicht gebracht wurde!

Ich hoffe, du kannst mit meiner Kritik etwas anfangen, liebe Grüße
 

Talarmar

Mitglied
Hallo Ohrenschützer

Es ist als Lautmalerei schon mal so über den Äther gegangen und ich denke mir wenn man es hört, fällt es gar nicht so ins Gewicht. Ich versuche trotzdem weiter daran zu feilen und zu murksen, weil es ja mein (lach) Kind ist. Danke für Dein Interesse und die Verbesserungsvorschläge an dieser kleinen Episode vom Schüppensprung.

Mit liebem Gruß Talarmar
 

Herr Müller

Mitglied
Ansprechend

Hallo Talarmar,

nachdem mich Stücke von Dir wie z.B. "Politik ohne Risiko"
völlig überfordert haben, finde ich endlich ein Stück von Dir, welches mich anspricht. Gefällt mir. :)
 



 
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