Der Vampirjäger

2,00 Stern(e) 1 Stimme
Als der Vampirjäger Franz Marik sich aus seinem Bett erhob, stöhnte er auf. Er wurde nicht jünger. In einem Alter von 70 Jahren, spürte man schon mal die Knochen im Leib. Dennoch war er relativ fit. Er war froh, dass er in den letzten Jahren, mit nicht so vielen Vampiren kämpfen musste. Irgendwann einmal würde er den Kürzeren ziehen. Das lag hoffentlich noch weit zurück. Ein lautes Klopfen an der Tür ließ Marik aufhorchen.
„Mach auf, Marik! Mach auf! Er ist wieder da! Er ist wieder da!“
Es war ein alter Bauer aus dem Dorf, mit dem Namen Buric Kartow. Marik öffnete ihm die Tür. Ein verängstigter und kreidebleicher Mann stand dem Vampirjäger gegenüber.
„Beruhig dich doch, Buric. Du bist ja völlig aufgelöst.“
„Aber ich hab ihn gesehen. Er ist wieder da! Oh Gott, steh uns bei.“
„Jetzt mal ganz von vorne. Wer ist wieder da?“
„Der Graf. Der alte Graf. Graf Dracula ist wieder da.“
„Das kann nicht sein. Er wurde vor Jahrhunderten vernichtet.“
„Aber ich hab ihn gesehen. Er stand heute Nacht direkt vor mir.“
„Und das soll ich dir glauben? Du lebst doch offensichtlich noch. Und getrunken hast du auch. Deine Schnapsfahne richt man bis hier hin.“
„Aber ich spreche die Wahrheit. Frag mich nicht wieso, er lief vor mir davon. Er lief den Weg zur alten Burg hoch.“
„Das ist unmöglich. Es kann nicht der Graf gewesen sein.“
„Aber ich habe seine Vampirzähne gesehen und ein blutrotes D stand auf seiner Stirn. Es kam mir so vor als hätte es auch aufgeleuchtet, als er mich entdeckt hatte.“
„Ein blutrotes D sagst du?“
„Ja, bei Gott.“
Bei Marik fiel der Groschen. Was Buric gesehen hatte, konnte nicht der echte Dracula gewesen sein, der war vor Jahrhunderten von einem seiner Vorfahren vernichtet worden. Aber er musste ein Nachkomme des alten Grafen sein, sonst wäre ihm nicht das blutrote D auf der Stirn erschienen.
„Nun, ich beginne dir zu glauben. Ich möchte, dass du nach Hause gehst. Sag auch den anderen aus dem Dorf, dass sie die kommende Nacht ihr Heim nicht verlassen sollten. Es herrscht Vampir-Alarm.“
„Oh Gott, warum immer wir.“
„Weil Rumänien nun mal das Land der Vampire ist. Wir müssen es hinnehmen und können es nicht ändern. Doch ich werde ihn zur Strecke bringen, wie ich es auch mit vielen anderen getan habe. Das verspreche ich dir.“
Buric stand auf und verabschiedete sich von Marik. Dieser schloss die Tür hinter dem Bauern, welcher in der tiefen Nacht verschwand.
„Ich glaube die Luft beginnt hier zu brennen. Es muss etwas getan werden!“, sprach Marik zu sich selber. Er warf einen Blick aus dem Fenster. Die Nacht war schon hereingebrochen. Um zur Burg zu gelangen, musste er durch den Wald hindurch. Franz Marik warf sich seinen Umhang um und setzte seinen Hut auf. Als Waffe steckte er einen alten Eichenpfahl ein, den er von seinen Vorfahren geerbt hatte. Viele Vampire waren schon durch ihn gestorben, und dieser Blutsauger sollte der nächste sein. Um im dunklen Wald etwas zu sehen, durfte auch seine Taschenlampe nicht fehlen. So gerüstet machte sich, der alte Vampirjäger Franz Marik, auf den Weg.

Die Nacht war hereingebrochen über das kleine rumänische Dorf. Alles schien ruhig zu sein im Ort. Doch die Fassade bröckelte. Dies wusste auch Franz Marik. Unruhig bewegte er sich aus dem Ort hinaus. Eigentlich war er ja zu alt für die Vampirjagd, doch die Menschen brauchten seinen Schutz. Sie verließen sich auf ihn. Es war kalt. Marik zog sich seinen Hut tief ins Gesicht. Schnell hatte er den normalen Weg hinter sich gelassen und stand vor dem Eingang des Waldes. Er atmete noch einmal tief durch, dann ließ er sich von der Dunkelheit des Waldes verschlucken.

Der Weg zum Schloss war anstrengend. Über die Jahre waren die Wege zugewachsen, so dass sich Marik durch einiges an Sträuchern und Büschen kämpfen musste. Niemand hatte sich je getraut den Weg zum Schloss zu pflegen. Die Angst vor den Vampiren war einfach viel zu groß. Die Nacht war dunkel und nicht ein Geräusch war zu hören. Es schien fast so als hätte alles Leben die Flucht aus dem Wald angetreten. Marik fühlte sich unwohl. Er hatte das Gefühl nicht mehr alleine zu sein. Für solche Dinge hatte er immer einen starken Riecher. Mehrmals hielt er inne um in die Nacht hineinzuhorchen. Es blieb still, und doch gab es in ihm diesen Druck und diese Spannung. Hatte er einen Fehler begannen? Hätte er nicht ohne Rückendeckung in den Wald gehen sollen? Marik schaute auf die Uhr. Nicht mehr lange, dann herrschte die Geisterstunde. Dieser dunkle Wald, war Franz Marik nicht mehr geheuer. Das Gefühl in einer großen Falle zu stecken, wollte nicht weichen.

FLAPP! FLAPP! FLAPP! „Verdammt! Was war das?“, sprach Marik zu sich selbst. Mit seiner Taschenlampe in der Hand, drehte er sich einmal um 360 Grad. Woher kamen diese Geräusche mitten aus der Nacht? FLAPP! FLAPP! FLAPP! Da war es schon wieder. Es war nicht zu orten woher. Marik zog seinen Pfahl aus der Tasche. Egal, ob Vampir oder nicht, er musste sich ja schließlich mit irgendetwas wehren, sollte es zu einem Angriff kommen. Marik leuchtete in die Dunkelheit. Seine Taschenlampe erfasste tatsächlich eine Bewegung. Es flog etwas auf ihn zu. Im letzten Moment warf sich der Vampirjäger zu Seite. Das seltsame Flugobjekt verfehlte ihn nur knapp. Was war das gewesen? Nur kurz war es im Lichtkegel aufgetaucht, zu kurz um es genau zu erkennen. Doch Marik war nun vorgewarnt. Der unbekannte Angreifer war wieder in der Dunkelheit verschwunden. Franz Marik erhob sich. Vom Angreifer war weder etwas zu sehen, noch zu hören. Vorsichtig bewegte sich der alte Marik weiter durch den Wald voran.

Je tiefer er in den Wald ging, desto dunkler wurde es noch. Zum Glück hatte er die Taschenlampe. Marik hob sie an und leuchtete nach vorne. FLAPP! FLAPP! FLAPP! FLAPP! FLAPP! Da war es wieder. Dieses Geräusch, und dieses Mal klang es intensiver als je zuvor, als ob mehrere dieser Gestalten sich auf den Weg zu ihm gemacht hatten. Plötzlich erlosch das Licht der Taschenlampe. Egal wie Marik an ihr rüttelte, er brachte sie nicht mehr zum leuchten. Wie sollte er jetzt den Weg finden? Er sah die Hand vor Augen nicht. Die Orientierung war fort. In Panik lief er einfach los. Er hatte die Situation nicht mehr unter Kontrolle. Ein harter Schlag traf sein Gesicht. Marik war hart gegen einen Baum gelaufen. Er merkte, dass Blut aus seiner Nase lief und schmeckte die rote Flüssigkeit auch in seinem Mund. Der Vampirjäger sah seine Chancen schwinden. Was sollte er jetzt tun? FLAPP! FLAPP! FLAPP! Es war lauter geworden. So langsam war sich Marik sicher, dass es Fledermäuse waren, welche ihn verfolgten. Vampire und Fledermäuse, dies passte einfach am besten zusammen. Da Fledermäuse auch im Dunkeln gut sehen konnten, stellte Franz Marik ein leichtes Ziel dar. Fest umklammert hielt Marik seinen Pfahl. FLAPP! FLAPP! Ein stechender Schmerz im Rücken. Irgendetwas hatte sich dort festgekrallt. Marik wusste, dass es nun um Leben und Tod ging. Aus der Stille der Nacht vernahm er die Worte: „Ja, meine kleinen Freunde. Holt ihn euch. Zerreist ihn!“

Marik lag am Boden. Immer mehr der kleinen Flugmonster krallten sich an seinem Rücken fest. „Nur nicht der Hals“, dachte Marek,“ Nur nicht der Hals.“ „Wenn sie deine Schlagader erwischen ist es vorbei.“ Es waren unerträgliche Schmerzen, welche der Vampirjäger ertragen musste. Die Fledermäuse verursachten mit ihren Krallen tief Wunden an seinem Rücken. Marik konnte kaum etwas von ihnen erkennen. Er begann automatisch sich auf den Rücken zu drehen. Ein Schutzmechanismus, um die Fledermäuse von ihm zu vertreiben. Doch es war ein Fehler, denn nun landete auch eines der Tiere auf seinem Oberkörper und krallte sich in seinem Bauch fest. Marik griff in einem letzen Akt der Verzweiflung zu und bekam die Fledermaus mit der linken Hand zu fassen. Ihm fiel wieder ein, dass er seinen Pfahl noch immer in der rechten Hand hielt. Sofort drückte er ihn nach vorne und traf die Kehle des kleinen Biestes. Blut spritze hervor und Marik bekam etwas davon ins Gesicht. Ein kreischendes Geräusch drang aus dem Maul, dann war es still. Eine weniger, doch es war nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Tiere ließen nicht von ihm ab und bissen immer wieder zu. Marik wirbelte seinen Pfahl herum und erwischte noch eine Fledermaus am Kopf. Das bekamen auch die anderen mit und zwei von ihnen verbissen sich in Mariks Arm. Der Vampirjäger musste seinen Pfahl unter Schmerzen fallen lassen. Nun hatte er seine wichtigste Waffe verloren. Eine ganze Horde der Fledermäuse hatte sich inzwischen in ihn verbissen. Marek merkte wie seine Kräfte schwanden. Er war einfach zu alt für diesen Kampf. Es waren zu viele Gegner. Immer wieder erschienen schwarze Flecken vor seinen Augen. Er musste viel Blut verloren haben. Noch bevor Marik das Bewusstsein verlor, ging ihm ein letzter Gedanke durch den Kopf. „Wer hätte das gedacht, dass ich einmal nicht durch einen Vampir sterbe.“ Franz Marik rutschte hinein in die tiefe des Todes.

Die Fledermäuse ließen von ihrem Opfer ab und erhoben sich in die Lüfte. Der Vampir schritt an den leblosen Körper des Mannes heran. Er war übel zugerichtet. Ein starrer glasiger Blick lag in seinem Gesicht. „Du erledigst keinen Vampir mehr!“, sprach er. „Ich Buric Kartow habe dich vernichtet.“ Wie leicht war es gewesen, Marik in die Fall zu locken. Gerne hätte er den Vampirjäger selbst getötet, doch seine kleinen Helfer waren effektiver und es war ungefährlicher für ihn. Langsam beugte sich Buric über die Leiche und begann ihr Blut zu schlürfen.
 



 
Oben Unten