Der Wandersmann

AndiDLX

Mitglied
Das morsche Holz knirschte weich unter seinen eiffrig schwingenden Schuhsohlen, wie er den verlassenen Waldweg folgte. Aus seinem weichen Mund kletterte eine vogelgleichende Melodie, die weit durch die grünen Blätterfronten flog, so elegant wie ein Adler und sichtete dabei die Unendlichkeit der magisch anmutenden Welt. Weit war er gewandert, kleine und große Städte liefen an ihm vorbei, er hielt Unterschlupf in warmen und kalten Nieschen, aß und trank von herzlichen Mitmenschen, um nach ehrlichem Dank seinen Weg fortzusetzen. Der tränenblaue Himmel blickte liebäugelnd auf den Vagabunden und lächelte ihm frohen Herzens zu. Die Vögel sangen mit dem Gutherzigen im Chor von Hoffnung, von Sehnsucht, von Reise, von dem Wissen eines Zuhauses, einer Heimat. Unaufhaltsam erhob sich der eine Fuß, schwang die eine Hand an seinem Leib entlang, senkte sich der eine Fuß wieder, bis der andere in bunte Höhe flog, um wieder Bodenständigkeit zu fühlen.
Plötzlich verstimme sich sein Summen, ein giftiges Krächzen drückte sich aus seiner vorher gleichmütigen Kehle, ein kratzender, dicker Klops. Seine Beine verloren ihren Rythmus, sanken zu Boden, waren erstarrt. Ein Fluß blockierte seinen Weg und kein Brücke war in Sicht. Das gegenüberliegende Ufer wurde durch reissende Fluten, die in kristallendem Strudelspiel lachten, trotz der Nähe in weite Ferne gerückt.
In seinem nassen Auge reflektierte sich das Auf und Ab der Wellen und Wasserfäden, die Arme stützten das felsenschwere Kinn und er ruhte. Er blickte seinen Weg zurück, blickte zum Ufer, blickte in die weite Sehnsucht seiner Suche, sah nur das Ziel vor Augen, klagte bitterlich und frohr zitternd dem umhüllenden Abend entgegen. Oft erhob sich die Sonne empor, bückte sich dem Mond folgend nieder, ettliche Male, Auf und Ab, wie die Berge und Täler des Wassers, doch er saß weiterhin im Gras und träumte von seinem Ziel. Der Wind flüsterte ihm leise Worte zu, sprach ihm Hoffnung zu, er solle Aufstehen und kämpfen. Doch er bewegte sich nicht. Seine dem Ziel nahen Augen besahen zornig das Wasser, das floss und weiterfloss, nie ein Ende fand, immer neues Wasser anzog, bis in die Ewigkeit. Der Fluß trug Schuld, ohne ihn könnte die Wanderschaft weitergehen. Spitzige Steine schmiss er dem Unhold entgegen, stand auf und schrie ihn an, er solle weichen, er solle ihn herrüber lassen; doch der Fluß lachte und floss weiter, wie er es immer tat. Seine Kraft schwand, er aß und trank seit langer Zeit nicht mehr, müde Nässe quoll aus seinem Inneren wie er halbbewußtlos hin und her wankte. Seine Augen vielen zu, sein Mund viel zu, sein Ziel schwimmte vor seinem träumerischen Auge; er fiel in das aufsprudelnde Wasser. Wie im Mutterleib, voll Liebe und Sicherheit umarmte ihn der Fluss, küsste ihn, ließ den Wandersmann an der Oberfläche gleiten, jener schlaftrunken wie einer im himmlischen Sternenglanz auf der fließenden Masse entlang trieb.
Nach vielen Kilometern vefing er sich in ein Netz, neben ihm mengten sich die aufschluckenden Fische, doch der Einsame schlief weiter und träumte von seiner geliebten Oase. Der Fischer zog ihn auf das schwappende Boot und zeigte den noch immer schlafenden als überraschenden Fang zuhause und alle konnten die Verwunderung nicht fassen. Als der Wandersmann die Augen öffnete war er kein Wandersmann mehr, sondern Heimkehrer, nach jahrelanger Suche fand er endlich was sein Herz verlangte; Heimat. Der zurückgekehrte Sohn wurde unter fließenden Flüssen an Freudentränen in die Arme geschlossen. Manchmal ist das Ende der Anfang.
 

anemone

Mitglied
Der Wanderer

hallo AndyDLX,

nur ein paar gravierende Rechtschreibfehler:
seine Kraft schwand, statt schwindete
sein Mund fiel zu, statt viel zu
seine Augen fielen zu, ebenso
Mutterleib, statt Mutterlaib
 



 
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